Stück gearbeitet. 42 cm lang, 19 cm breit und 14 cm hoch ist eine Durchschnitts- grösse; es gab kleine Dinger 21 x 10 cm und 7 cm hoch, auf denen zu sitzen ein Kunststück war. Weder von diesen einfachen noch von den kunstvolleren waren viele Exemplare vorhanden, sie fanden sich jedoch immer in dem Häuptlings- hause und wurden dem Gast angeboten. Die Sitzplatte erhielt zuweilen eine
[Abbildung]
[Abbildung]
Abb. 82.
Tujuju-Schemel. Kamayura. ( 1/8 nat. Gr.)
mehr ovale Form, die sich vorn und hinten in ein dreieckiges Schwanzstück ver- längerte, und stellte einen Fisch dar.
Am häufigsten sahen wir Vogelgestalten. So erwarben wir bei den Kamayura (Abb. 82) einen Tujuju-Storch, Mycteria americana, und bei den Mehinaku (Abb. 83) einen Nimmersatt, Tan- talus loculator, von den Brasiliern Jabiru oder Joao grande, der grosse Hans genannt. Die bei- den Tiere sind haupt- sächlich durch die Schnäbel unterschieden; der des Nimmersatt ist ibisähnlich gebogen. Mit Vorliebe stellte man die grössten und ansehn- lichsten Vögel dar. So
[Abbildung]
[Abbildung]
Abb. 83.
Nimmersatt-Schemel. Mehinaku. ( 1/8 nat. Gr.)
fanden wir bei den Mehinaku einen prächtigen Königsgeier, Sarcoramphus papa, oder roten Urubu. Die roten Warzen, die dieser prächtige Raubvogel zwischen dem Schnabel und den Augen hat, waren sorgfältig geschnitzt. Der hier abgebildete Schemel der Trumai (Abb. 84) soll den weissen Urubu darstellen; ihm fehlen die Warzen. Merkwürdigerweise hat man ihm zwei Hälse und Köpfe gegeben, sodass wir hier den Stuhl des Häuptlings in Gestalt eines Doppeladlers sehen; es sollen Männchen und Weibchen sein. Etwas prosaisch ist dem gegenüber die
Stück gearbeitet. 42 cm lang, 19 cm breit und 14 cm hoch ist eine Durchschnitts- grösse; es gab kleine Dinger 21 × 10 cm und 7 cm hoch, auf denen zu sitzen ein Kunststück war. Weder von diesen einfachen noch von den kunstvolleren waren viele Exemplare vorhanden, sie fanden sich jedoch immer in dem Häuptlings- hause und wurden dem Gast angeboten. Die Sitzplatte erhielt zuweilen eine
[Abbildung]
[Abbildung]
Abb. 82.
Tujujú-Schemel. Kamayurá. (⅛ nat. Gr.)
mehr ovale Form, die sich vorn und hinten in ein dreieckiges Schwanzstück ver- längerte, und stellte einen Fisch dar.
Am häufigsten sahen wir Vogelgestalten. So erwarben wir bei den Kamayurá (Abb. 82) einen Tujujú-Storch, Mycteria americana, und bei den Mehinakú (Abb. 83) einen Nimmersatt, Tan- talus loculator, von den Brasiliern Jabirú oder João grande, der grosse Hans genannt. Die bei- den Tiere sind haupt- sächlich durch die Schnäbel unterschieden; der des Nimmersatt ist ibisähnlich gebogen. Mit Vorliebe stellte man die grössten und ansehn- lichsten Vögel dar. So
[Abbildung]
[Abbildung]
Abb. 83.
Nimmersatt-Schemel. Mehinakú. (⅛ nat. Gr.)
fanden wir bei den Mehinakú einen prächtigen Königsgeier, Sarcoramphus papa, oder roten Urubú. Die roten Warzen, die dieser prächtige Raubvogel zwischen dem Schnabel und den Augen hat, waren sorgfältig geschnitzt. Der hier abgebildete Schemel der Trumaí (Abb. 84) soll den weissen Urubú darstellen; ihm fehlen die Warzen. Merkwürdigerweise hat man ihm zwei Hälse und Köpfe gegeben, sodass wir hier den Stuhl des Häuptlings in Gestalt eines Doppeladlers sehen; es sollen Männchen und Weibchen sein. Etwas prosaisch ist dem gegenüber die
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0347"n="287"/>
Stück gearbeitet. 42 cm lang, 19 cm breit und 14 cm hoch ist eine Durchschnitts-<lb/>
grösse; es gab kleine Dinger 21 × 10 cm und 7 cm hoch, auf denen zu sitzen<lb/>
ein Kunststück war. Weder von diesen einfachen noch von den kunstvolleren<lb/>
waren viele Exemplare vorhanden, sie fanden sich jedoch immer in dem Häuptlings-<lb/>
hause und wurden dem Gast angeboten. Die Sitzplatte erhielt zuweilen eine<lb/><figure/><figure><head>Abb. 82. </head><p><hirendition="#g">Tujujú-Schemel. Kamayurá</hi>. (⅛ nat. Gr.)</p></figure><lb/>
mehr ovale Form, die sich vorn und hinten in ein dreieckiges Schwanzstück ver-<lb/>
längerte, und stellte einen Fisch dar.</p><lb/><p>Am häufigsten sahen wir Vogelgestalten. So erwarben wir bei den Kamayurá<lb/>
(Abb. 82) einen Tujujú-Storch, Mycteria americana, und bei den Mehinakú (Abb. 83)<lb/>
einen Nimmersatt, Tan-<lb/>
talus loculator, von den<lb/>
Brasiliern Jabirú oder<lb/>
João grande, der grosse<lb/>
Hans genannt. Die bei-<lb/>
den Tiere sind haupt-<lb/>
sächlich durch die<lb/>
Schnäbel unterschieden;<lb/>
der des Nimmersatt ist<lb/>
ibisähnlich gebogen. Mit<lb/>
Vorliebe stellte man die<lb/>
grössten und ansehn-<lb/>
lichsten Vögel dar. So<lb/><figure/><figure><head>Abb. 83. </head><p><hirendition="#g">Nimmersatt-Schemel. Mehinakú</hi>. (⅛ nat. Gr.)</p></figure><lb/>
fanden wir bei den Mehinakú einen prächtigen Königsgeier, Sarcoramphus papa, oder<lb/>
roten Urubú. Die roten Warzen, die dieser prächtige Raubvogel zwischen dem<lb/>
Schnabel und den Augen hat, waren sorgfältig geschnitzt. Der hier abgebildete<lb/>
Schemel der Trumaí (Abb. 84) soll den <hirendition="#g">weissen</hi> Urubú darstellen; ihm fehlen<lb/>
die Warzen. Merkwürdigerweise hat man ihm zwei Hälse und Köpfe gegeben,<lb/>
sodass wir hier den Stuhl des Häuptlings in Gestalt eines Doppeladlers sehen;<lb/>
es sollen Männchen und Weibchen sein. Etwas prosaisch ist dem gegenüber die<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[287/0347]
Stück gearbeitet. 42 cm lang, 19 cm breit und 14 cm hoch ist eine Durchschnitts-
grösse; es gab kleine Dinger 21 × 10 cm und 7 cm hoch, auf denen zu sitzen
ein Kunststück war. Weder von diesen einfachen noch von den kunstvolleren
waren viele Exemplare vorhanden, sie fanden sich jedoch immer in dem Häuptlings-
hause und wurden dem Gast angeboten. Die Sitzplatte erhielt zuweilen eine
[Abbildung]
[Abbildung Abb. 82. Tujujú-Schemel. Kamayurá. (⅛ nat. Gr.)]
mehr ovale Form, die sich vorn und hinten in ein dreieckiges Schwanzstück ver-
längerte, und stellte einen Fisch dar.
Am häufigsten sahen wir Vogelgestalten. So erwarben wir bei den Kamayurá
(Abb. 82) einen Tujujú-Storch, Mycteria americana, und bei den Mehinakú (Abb. 83)
einen Nimmersatt, Tan-
talus loculator, von den
Brasiliern Jabirú oder
João grande, der grosse
Hans genannt. Die bei-
den Tiere sind haupt-
sächlich durch die
Schnäbel unterschieden;
der des Nimmersatt ist
ibisähnlich gebogen. Mit
Vorliebe stellte man die
grössten und ansehn-
lichsten Vögel dar. So
[Abbildung]
[Abbildung Abb. 83. Nimmersatt-Schemel. Mehinakú. (⅛ nat. Gr.)]
fanden wir bei den Mehinakú einen prächtigen Königsgeier, Sarcoramphus papa, oder
roten Urubú. Die roten Warzen, die dieser prächtige Raubvogel zwischen dem
Schnabel und den Augen hat, waren sorgfältig geschnitzt. Der hier abgebildete
Schemel der Trumaí (Abb. 84) soll den weissen Urubú darstellen; ihm fehlen
die Warzen. Merkwürdigerweise hat man ihm zwei Hälse und Köpfe gegeben,
sodass wir hier den Stuhl des Häuptlings in Gestalt eines Doppeladlers sehen;
es sollen Männchen und Weibchen sein. Etwas prosaisch ist dem gegenüber die
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Steinen, Karl von den: Unter den Naturvölkern Zentral-Brasiliens. Berlin, 1894, S. 287. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/steinen_naturvoelker_1894/347>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.