beschwerten Pfeil, oder, wenn man will, einen zierlicheren Spiess mit grosser Kraft zu schleudern. Der am Schingu vorhandene Typus ist ein etwa 70 cm langer glatter, dünner Stock aus hartem Palmholz, der sich an dem einen, vorderen Ende zu einer mit einem Loch versehenen Griffplatte verbreitert und an dem andern, hintern Ende einen kleinen Haken trägt. Also kein Brett und Nichts von einer Rinne. Vgl. Abbildung 28 und 6, S. 109.
Der Pfeil wird hinten auf den Widerhaken eingesetzt, durch das Loch der Griffplatte steckt man den Zeigefinger, während die andern Finger Platte und Pfeil umschliessen; so liegt der Pfeil in seinem hintern Teil dem Wurfbrett fest an, mit kräftigem Schwung wird ausgeholt, das Wurfholz beschreibt einen Bogen nach vorn und oben und entsendet mit dieser Hebelbewegung den Pfeil, "dass es nur so saust". Die Wurfbretter sind aus hellem oder dunklem Palmholz gefertigt,
[Abbildung]
[Abbildung]
Abb. 28.
Wurfbrett ( nat. Gr.) und Spitzen von Wurfpfeilen.
sie sind schön geglättet und machen zum Teil einen eleganten Eindruck, zumal wenn ein buntes Federbündelchen von der Widerhakenschnur herabhängt. Die Platte hat eine Breite von etwa vorn 5 cm, hinten 6 cm und eine Länge von 15 cm; sie ist bikonkav ausgeschnitten, damit die Hand sie sicher umfasst. Der Stiel ist ungefähr vier mal so lang. Der Haken, dem der Wurfpfeil aufgesetzt wird, bei den Karaya ein Knochen, ist hier ein 21/2 cm langes Stöckchen, mit Baumwollfaden schräg angebunden. Für Kinder gab es Wurfbretter kleinen Formats.
Das geworfene Rohr ist bei unsern Indianern kein Spiess, sondern ein echter Uba-Pfeil und wird auch von ihnen Pfeil genannt. Nur die Befiederung ist gewöhnlich nachlässiger gearbeitet und nicht spiralig angeordnet. Knochen- spitzen und scharfe Holzspitzen kommen nicht vor. Das Charakteristische des Wurfpfeils ist umgekehrt -- eine, wie es scheint, in der deutschen Sprache nicht
beschwerten Pfeil, oder, wenn man will, einen zierlicheren Spiess mit grosser Kraft zu schleudern. Der am Schingú vorhandene Typus ist ein etwa 70 cm langer glatter, dünner Stock aus hartem Palmholz, der sich an dem einen, vorderen Ende zu einer mit einem Loch versehenen Griffplatte verbreitert und an dem andern, hintern Ende einen kleinen Haken trägt. Also kein Brett und Nichts von einer Rinne. Vgl. Abbildung 28 und 6, S. 109.
Der Pfeil wird hinten auf den Widerhaken eingesetzt, durch das Loch der Griffplatte steckt man den Zeigefinger, während die andern Finger Platte und Pfeil umschliessen; so liegt der Pfeil in seinem hintern Teil dem Wurfbrett fest an, mit kräftigem Schwung wird ausgeholt, das Wurfholz beschreibt einen Bogen nach vorn und oben und entsendet mit dieser Hebelbewegung den Pfeil, »dass es nur so saust«. Die Wurfbretter sind aus hellem oder dunklem Palmholz gefertigt,
[Abbildung]
[Abbildung]
Abb. 28.
Wurfbrett ( nat. Gr.) und Spitzen von Wurfpfeilen.
sie sind schön geglättet und machen zum Teil einen eleganten Eindruck, zumal wenn ein buntes Federbündelchen von der Widerhakenschnur herabhängt. Die Platte hat eine Breite von etwa vorn 5 cm, hinten 6 cm und eine Länge von 15 cm; sie ist bikonkav ausgeschnitten, damit die Hand sie sicher umfasst. Der Stiel ist ungefähr vier mal so lang. Der Haken, dem der Wurfpfeil aufgesetzt wird, bei den Karayá ein Knochen, ist hier ein 2½ cm langes Stöckchen, mit Baumwollfaden schräg angebunden. Für Kinder gab es Wurfbretter kleinen Formats.
Das geworfene Rohr ist bei unsern Indianern kein Spiess, sondern ein echter Ubá-Pfeil und wird auch von ihnen Pfeil genannt. Nur die Befiederung ist gewöhnlich nachlässiger gearbeitet und nicht spiralig angeordnet. Knochen- spitzen und scharfe Holzspitzen kommen nicht vor. Das Charakteristische des Wurfpfeils ist umgekehrt — eine, wie es scheint, in der deutschen Sprache nicht
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0276"n="232"/>
beschwerten Pfeil, oder, wenn man will, einen zierlicheren Spiess mit grosser<lb/>
Kraft zu schleudern. Der am Schingú vorhandene Typus ist ein etwa 70 cm<lb/>
langer glatter, dünner Stock aus hartem Palmholz, der sich an dem einen,<lb/>
vorderen Ende zu einer mit einem Loch versehenen Griffplatte verbreitert und<lb/>
an dem andern, hintern Ende einen kleinen Haken trägt. Also kein Brett und<lb/>
Nichts von einer Rinne. Vgl. Abbildung 28 und 6, S. 109.</p><lb/><p>Der Pfeil wird hinten auf den Widerhaken eingesetzt, durch das Loch der<lb/>
Griffplatte steckt man den Zeigefinger, während die andern Finger Platte und<lb/>
Pfeil umschliessen; so liegt der Pfeil in seinem hintern Teil dem Wurfbrett fest<lb/>
an, mit kräftigem Schwung wird ausgeholt, das Wurfholz beschreibt einen Bogen<lb/>
nach vorn und oben und entsendet mit dieser Hebelbewegung den Pfeil, »dass es<lb/>
nur so saust«. Die Wurfbretter sind aus hellem oder dunklem Palmholz gefertigt,<lb/><figure/><figure><head>Abb. 28. </head><p><hirendition="#g">Wurfbrett</hi> (<formulanotation="TeX">\frac{1}{13}</formula> nat. Gr.) <hirendition="#g">und Spitzen von Wurfpfeilen</hi>.</p></figure><lb/>
sie sind schön geglättet und machen zum Teil einen eleganten Eindruck, zumal<lb/>
wenn ein buntes Federbündelchen von der Widerhakenschnur herabhängt. Die<lb/>
Platte hat eine Breite von etwa vorn 5 cm, hinten 6 cm und eine Länge von<lb/>
15 cm; sie ist bikonkav ausgeschnitten, damit die Hand sie sicher umfasst. Der<lb/>
Stiel ist ungefähr vier mal so lang. Der Haken, dem der Wurfpfeil aufgesetzt<lb/>
wird, bei den Karayá ein Knochen, ist hier ein 2½ cm langes Stöckchen, mit<lb/>
Baumwollfaden schräg angebunden. Für Kinder gab es Wurfbretter kleinen<lb/>
Formats.</p><lb/><p>Das geworfene Rohr ist bei unsern Indianern <hirendition="#g">kein</hi> Spiess, sondern ein<lb/>
echter Ubá-Pfeil und wird auch von ihnen Pfeil genannt. Nur die Befiederung<lb/>
ist gewöhnlich nachlässiger gearbeitet und nicht spiralig angeordnet. Knochen-<lb/>
spitzen und scharfe Holzspitzen kommen nicht vor. Das Charakteristische des<lb/>
Wurfpfeils ist umgekehrt — eine, wie es scheint, in der deutschen Sprache nicht<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[232/0276]
beschwerten Pfeil, oder, wenn man will, einen zierlicheren Spiess mit grosser
Kraft zu schleudern. Der am Schingú vorhandene Typus ist ein etwa 70 cm
langer glatter, dünner Stock aus hartem Palmholz, der sich an dem einen,
vorderen Ende zu einer mit einem Loch versehenen Griffplatte verbreitert und
an dem andern, hintern Ende einen kleinen Haken trägt. Also kein Brett und
Nichts von einer Rinne. Vgl. Abbildung 28 und 6, S. 109.
Der Pfeil wird hinten auf den Widerhaken eingesetzt, durch das Loch der
Griffplatte steckt man den Zeigefinger, während die andern Finger Platte und
Pfeil umschliessen; so liegt der Pfeil in seinem hintern Teil dem Wurfbrett fest
an, mit kräftigem Schwung wird ausgeholt, das Wurfholz beschreibt einen Bogen
nach vorn und oben und entsendet mit dieser Hebelbewegung den Pfeil, »dass es
nur so saust«. Die Wurfbretter sind aus hellem oder dunklem Palmholz gefertigt,
[Abbildung]
[Abbildung Abb. 28. Wurfbrett ([FORMEL] nat. Gr.) und Spitzen von Wurfpfeilen.]
sie sind schön geglättet und machen zum Teil einen eleganten Eindruck, zumal
wenn ein buntes Federbündelchen von der Widerhakenschnur herabhängt. Die
Platte hat eine Breite von etwa vorn 5 cm, hinten 6 cm und eine Länge von
15 cm; sie ist bikonkav ausgeschnitten, damit die Hand sie sicher umfasst. Der
Stiel ist ungefähr vier mal so lang. Der Haken, dem der Wurfpfeil aufgesetzt
wird, bei den Karayá ein Knochen, ist hier ein 2½ cm langes Stöckchen, mit
Baumwollfaden schräg angebunden. Für Kinder gab es Wurfbretter kleinen
Formats.
Das geworfene Rohr ist bei unsern Indianern kein Spiess, sondern ein
echter Ubá-Pfeil und wird auch von ihnen Pfeil genannt. Nur die Befiederung
ist gewöhnlich nachlässiger gearbeitet und nicht spiralig angeordnet. Knochen-
spitzen und scharfe Holzspitzen kommen nicht vor. Das Charakteristische des
Wurfpfeils ist umgekehrt — eine, wie es scheint, in der deutschen Sprache nicht
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Steinen, Karl von den: Unter den Naturvölkern Zentral-Brasiliens. Berlin, 1894, S. 232. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/steinen_naturvoelker_1894/276>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.