hatten wir viele Mühe, die Sachen vor den Besuchern zu schützen, die wir auch immer an der Pfostenwand unseres Schlafschuppens unheimlich rumoren hörten: die sogenannten "Haustiere" waren hier noch sehr unzivilisiert, die Kühe schleckten die Bruaken und Häute ab, so hoch sie aufgehängt waren, die Hunde wühlten an unserer Feuerstelle und schmatzten unausstehlich stundenlang, die Schweine frassen Alles, was nicht Holz oder Metall war, mit Vorliebe alte Tücher, und rückten denen, die ihre Indigestion hinaustrieb, in unverantwortlichster Weise schnobernd und schlingend zu Leibe. Frühzeitiges Aufstehen war Einigen von uns im Sertao schwerer gefallen als hier in der Fazenda. Hinter dem Zaun, den wir Gäste dann bald in grösseren Anzahl aufmerksam umstanden, wurden die Kühe gemolken, und eine Schale warmer Milch, mit Rapadura und Maisfarinha verrührt, däuchte uns der Gipfel irdischen Glücks.
Am 22. Dezember waren wir wieder in Bewegung. Bauchgrimmen und Verdauungsstörungen verschwanden allmählich; unser Magen vertrug die hart- näckigen Angriffe, die wir auf seine Wandungen richteten, nur im Gehen. Die Lagerplätze für die Nacht waren nun gegeben, eine grosse Annehmlichkeit und ein grosser Vorteil, da die Entfernungen ziemlich gross waren. Wir zogen über die Wasserscheide in das Gebiet des Rio Cuyaba. Ziemlich steile Hügel mit quarzigem Geröll; seit S. Manoel fand sich auch wieder Schiefer, fast vertikal gerichtet.
Am 23. Dezember ein wundervoller Morgen; an dem Bach, wo wir uns wuschen, spielte die Sonne durch das Gezweig; erfrischende Schattenkühle unter den Bäumen, draussen stechende Hitze. Alles grün im Gegensatz zur Trocken- zeit. Im Wanderschritt die Hügel hinauf und wieder hinunter. Weite Graseinöde. In den Einsenkungen krauses niedriges Walddickicht. Auch am nächsten Tage Sonnenschein. Wir schritten am Terrassenrand über die Zinnen der roten Forts, die wir auf dem Hinwege von unten bewundert hatten. Rechts in der Tiefe waldgefüllte Schluchten zwischen den napfkuchenähnlichen Bergwänden der Plateaustufen. Heiss, trocken, kein Lüftchen, sandig, ab und zu ein Wolken- schatten oder ein Raubvogel; sonst hier oben nur die tote Ebene.
An einer sumpfigen Lagune, deren schlechtes, warmes Wasser nach der einen Seite zum Rio dos Mortes, also dem Araguaygebiet, nach der andern zum Rio Manso, dem Nebenfluss des Cuyaba, hätte fliessen können, wenn es nämlich nicht wie eine grosse Pfütze stillgelegen hätte, feierten wir Weihnachten.
In Cuyaba beschenkt man sich nicht so allgemein wie in Deutschland am Weihnachtstage. Doch schicken die jungen Mädchen jungen Männern eine Platte Süssigkeiten, Doces, und erwarten ein Kleid oder dgl. als Gegengabe -- wenn sie nicht auf mehr spekulieren, meinte Perrot. Wir wollten unsern Christbaum haben und mussten uns, da es unter den krummen, krüppligen Erzeugnissen des Sertao nichts einer Fichte Aehnliches gab, einen machen. Wir setzten Holz- stäbchen als Zweige in einen kleinen graden Stamm und umwanden sie mit Unkraut, das den Eindruck der Fichtennadeln sehr gut wiedergab. Dann suchten
hatten wir viele Mühe, die Sachen vor den Besuchern zu schützen, die wir auch immer an der Pfostenwand unseres Schlafschuppens unheimlich rumoren hörten: die sogenannten »Haustiere« waren hier noch sehr unzivilisiert, die Kühe schleckten die Bruaken und Häute ab, so hoch sie aufgehängt waren, die Hunde wühlten an unserer Feuerstelle und schmatzten unausstehlich stundenlang, die Schweine frassen Alles, was nicht Holz oder Metall war, mit Vorliebe alte Tücher, und rückten denen, die ihre Indigestion hinaustrieb, in unverantwortlichster Weise schnobernd und schlingend zu Leibe. Frühzeitiges Aufstehen war Einigen von uns im Sertão schwerer gefallen als hier in der Fazenda. Hinter dem Zaun, den wir Gäste dann bald in grösseren Anzahl aufmerksam umstanden, wurden die Kühe gemolken, und eine Schale warmer Milch, mit Rapadura und Maisfarinha verrührt, däuchte uns der Gipfel irdischen Glücks.
Am 22. Dezember waren wir wieder in Bewegung. Bauchgrimmen und Verdauungsstörungen verschwanden allmählich; unser Magen vertrug die hart- näckigen Angriffe, die wir auf seine Wandungen richteten, nur im Gehen. Die Lagerplätze für die Nacht waren nun gegeben, eine grosse Annehmlichkeit und ein grosser Vorteil, da die Entfernungen ziemlich gross waren. Wir zogen über die Wasserscheide in das Gebiet des Rio Cuyabá. Ziemlich steile Hügel mit quarzigem Geröll; seit S. Manoel fand sich auch wieder Schiefer, fast vertikal gerichtet.
Am 23. Dezember ein wundervoller Morgen; an dem Bach, wo wir uns wuschen, spielte die Sonne durch das Gezweig; erfrischende Schattenkühle unter den Bäumen, draussen stechende Hitze. Alles grün im Gegensatz zur Trocken- zeit. Im Wanderschritt die Hügel hinauf und wieder hinunter. Weite Graseinöde. In den Einsenkungen krauses niedriges Walddickicht. Auch am nächsten Tage Sonnenschein. Wir schritten am Terrassenrand über die Zinnen der roten Forts, die wir auf dem Hinwege von unten bewundert hatten. Rechts in der Tiefe waldgefüllte Schluchten zwischen den napfkuchenähnlichen Bergwänden der Plateaustufen. Heiss, trocken, kein Lüftchen, sandig, ab und zu ein Wolken- schatten oder ein Raubvogel; sonst hier oben nur die tote Ebene.
An einer sumpfigen Lagune, deren schlechtes, warmes Wasser nach der einen Seite zum Rio dos Mortes, also dem Araguaygebiet, nach der andern zum Rio Manso, dem Nebenfluss des Cuyabá, hätte fliessen können, wenn es nämlich nicht wie eine grosse Pfütze stillgelegen hätte, feierten wir Weihnachten.
In Cuyabá beschenkt man sich nicht so allgemein wie in Deutschland am Weihnachtstage. Doch schicken die jungen Mädchen jungen Männern eine Platte Süssigkeiten, Doces, und erwarten ein Kleid oder dgl. als Gegengabe — wenn sie nicht auf mehr spekulieren, meinte Perrot. Wir wollten unsern Christbaum haben und mussten uns, da es unter den krummen, krüppligen Erzeugnissen des Sertão nichts einer Fichte Aehnliches gab, einen machen. Wir setzten Holz- stäbchen als Zweige in einen kleinen graden Stamm und umwanden sie mit Unkraut, das den Eindruck der Fichtennadeln sehr gut wiedergab. Dann suchten
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hatten wir viele Mühe, die Sachen vor den Besuchern zu schützen, die wir auch
immer an der Pfostenwand unseres Schlafschuppens unheimlich rumoren hörten:
die sogenannten »Haustiere« waren hier noch sehr unzivilisiert, die Kühe schleckten
die Bruaken und Häute ab, so hoch sie aufgehängt waren, die Hunde wühlten
an unserer Feuerstelle und schmatzten unausstehlich stundenlang, die Schweine
frassen Alles, was nicht Holz oder Metall war, mit Vorliebe alte Tücher, und
rückten denen, die ihre Indigestion hinaustrieb, in unverantwortlichster Weise
schnobernd und schlingend zu Leibe. Frühzeitiges Aufstehen war Einigen von
uns im Sertão schwerer gefallen als hier in der Fazenda. Hinter dem Zaun, den
wir Gäste dann bald in grösseren Anzahl aufmerksam umstanden, wurden die Kühe
gemolken, und eine Schale warmer Milch, mit Rapadura und Maisfarinha verrührt,
däuchte uns der Gipfel irdischen Glücks.
Am 22. Dezember waren wir wieder in Bewegung. Bauchgrimmen und
Verdauungsstörungen verschwanden allmählich; unser Magen vertrug die hart-
näckigen Angriffe, die wir auf seine Wandungen richteten, nur im Gehen. Die
Lagerplätze für die Nacht waren nun gegeben, eine grosse Annehmlichkeit und
ein grosser Vorteil, da die Entfernungen ziemlich gross waren. Wir zogen über
die Wasserscheide in das Gebiet des Rio Cuyabá. Ziemlich steile Hügel mit
quarzigem Geröll; seit S. Manoel fand sich auch wieder Schiefer, fast vertikal
gerichtet.
Am 23. Dezember ein wundervoller Morgen; an dem Bach, wo wir uns
wuschen, spielte die Sonne durch das Gezweig; erfrischende Schattenkühle unter
den Bäumen, draussen stechende Hitze. Alles grün im Gegensatz zur Trocken-
zeit. Im Wanderschritt die Hügel hinauf und wieder hinunter. Weite Graseinöde.
In den Einsenkungen krauses niedriges Walddickicht. Auch am nächsten Tage
Sonnenschein. Wir schritten am Terrassenrand über die Zinnen der roten Forts,
die wir auf dem Hinwege von unten bewundert hatten. Rechts in der Tiefe
waldgefüllte Schluchten zwischen den napfkuchenähnlichen Bergwänden der
Plateaustufen. Heiss, trocken, kein Lüftchen, sandig, ab und zu ein Wolken-
schatten oder ein Raubvogel; sonst hier oben nur die tote Ebene.
An einer sumpfigen Lagune, deren schlechtes, warmes Wasser nach der
einen Seite zum Rio dos Mortes, also dem Araguaygebiet, nach der andern zum
Rio Manso, dem Nebenfluss des Cuyabá, hätte fliessen können, wenn es nämlich
nicht wie eine grosse Pfütze stillgelegen hätte, feierten wir Weihnachten.
In Cuyabá beschenkt man sich nicht so allgemein wie in Deutschland am
Weihnachtstage. Doch schicken die jungen Mädchen jungen Männern eine Platte
Süssigkeiten, Doces, und erwarten ein Kleid oder dgl. als Gegengabe — wenn
sie nicht auf mehr spekulieren, meinte Perrot. Wir wollten unsern Christbaum
haben und mussten uns, da es unter den krummen, krüppligen Erzeugnissen des
Sertão nichts einer Fichte Aehnliches gab, einen machen. Wir setzten Holz-
stäbchen als Zweige in einen kleinen graden Stamm und umwanden sie mit
Unkraut, das den Eindruck der Fichtennadeln sehr gut wiedergab. Dann suchten
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Steinen, Karl von den: Unter den Naturvölkern Zentral-Brasiliens. Berlin, 1894, S. 149. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/steinen_naturvoelker_1894/189>, abgerufen am 06.10.2024.
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