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Steinen, Karl von den: Unter den Naturvölkern Zentral-Brasiliens. Berlin, 1894.

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und zweiseitigem Dach begonnen. Da haben wir also geglaubt, noch etwas
Echtes in einem verlorenen Winkel zu sehen, und schon will es dahinsinken.
"Der erste Lichtblick", sagt Bastian, "wird auch der letzte sein."

Tumayaua, der zur Independencia mitging, veranstaltete gleichwohl den
offiziellen Abschied in Maigeri. Er überreichte mir zwei grosse Kürbisschalen.
Eine Weile darauf holte er mich herbei, fasste mich stürmisch am Arm, leitete
mich von der Hütte, laut ringsum rufend, zum Balken inmitten des Platzes und
drückte mich mit einer Art Begeisterung auf den Sitz nieder. Bald hockten dort
vier Karaiben in einer Reihe nebeneinander. Dann schleppte er einen der hübsch
geflochtenen Proviantkörbe, 3/4 m hoch, herbei und stellte ihn mit fröhlicher
Prahlerei als Geschenk vor uns hin. Das Hübscheste aber folgte noch. Eine
runde Matte wurde auf den Boden gelegt, der Häuptling rief, und aus den
Häusern kamen alle Frauen und Kinder im Laufschritt herbei und warfen einen
Beiju klatschend auf die Matte, ein Jedes sofort zurückrennend, um Platz zu
machen. Die hurtige Geschäftigkeit, mit der die Beijus herbeiflogen, war reizend.
Da lagen einige 16 Stück. "ale" hiess es und wir waren entlassen. Wir ergingen
uns natürlich in Lobpreisungen über die Gastlichkeit der Bakairi und beschlossen
im Stillen, uns in der Independencia glänzend zu revanchieren.

Da ein starkes Gewitter losbrach, blieben wir die letzte Nacht im Dorfe.
Es regnete draussen in Strömen und Tumayaua beschrieb seine Fahrten. Wir
alle sassen noch lange um's Feuer, das die Indianer wild aufflackern liessen,
indem sie rücksichtslos das Stroh bündelweise aus der Wand der Festhütte rissen.
Des schwarzen Gehrocks hatte sich Luchu als einzigen Kleidungsstückes bemächtigt,
ein Anderer hatte sich mit einer Angel das Ohr geschmückt. Meine vergangene
Zukünftige -- es schmerzt mich dies nicht verschweigen zu dürfen -- hatte mich
kaum eines Blickes gewürdigt.

Das Lied von der Weibertreue!

Die Bergfahrt unterschied sich in manchen Dingen nicht unerheblich von
unserer Thalfahrt. Wir hatten zumal des Nachts kräftige Regengüsse und
Gewitter. Der Fluss schwoll an, der Sandstrand, die Uferwände verschwanden
und auf weite Strecken strömte das Wasser mitten durch den Wald. Einige der
kleinen Stromschnellen waren nicht mehr zu sehen, die Cachoeira Taunay rauschte
und brodelte unverhältnismässig stärker. Andrerseits fiel der Fluss auch wieder
einmal, als wir zu den Bakairi kamen; das Wasser war gelb und mit zahlreichen,
durch die Flut vom Wasser abgespülten Bäumen eingefasst, von denen viele noch
in grüner Jugend prangten.

Während wir auf dieser Strecke sogar weniger Zeit gebrauchten als bei der
Thalfahrt, war das Rudern im angeschwollenen Fluss, obwohl wir jetzt gut trainiert
waren, für die überdies meist vom Fieber geschwächten Leute sehr anstrengend.
Die lange Stange, die auf der Thalfahrt das Vorwärtskommen wesentlich erleichtert
hatte, liess sich nicht mehr verwerten. Doch kamen wir in Begleitung der

und zweiseitigem Dach begonnen. Da haben wir also geglaubt, noch etwas
Echtes in einem verlorenen Winkel zu sehen, und schon will es dahinsinken.
»Der erste Lichtblick«, sagt Bastian, »wird auch der letzte sein.«

Tumayaua, der zur Independencia mitging, veranstaltete gleichwohl den
offiziellen Abschied in Maigéri. Er überreichte mir zwei grosse Kürbisschalen.
Eine Weile darauf holte er mich herbei, fasste mich stürmisch am Arm, leitete
mich von der Hütte, laut ringsum rufend, zum Balken inmitten des Platzes und
drückte mich mit einer Art Begeisterung auf den Sitz nieder. Bald hockten dort
vier Karaiben in einer Reihe nebeneinander. Dann schleppte er einen der hübsch
geflochtenen Proviantkörbe, ¾ m hoch, herbei und stellte ihn mit fröhlicher
Prahlerei als Geschenk vor uns hin. Das Hübscheste aber folgte noch. Eine
runde Matte wurde auf den Boden gelegt, der Häuptling rief, und aus den
Häusern kamen alle Frauen und Kinder im Laufschritt herbei und warfen einen
Beijú klatschend auf die Matte, ein Jedes sofort zurückrennend, um Platz zu
machen. Die hurtige Geschäftigkeit, mit der die Beijús herbeiflogen, war reizend.
Da lagen einige 16 Stück. „ále“ hiess es und wir waren entlassen. Wir ergingen
uns natürlich in Lobpreisungen über die Gastlichkeit der Bakaïrí und beschlossen
im Stillen, uns in der Independencia glänzend zu revanchieren.

Da ein starkes Gewitter losbrach, blieben wir die letzte Nacht im Dorfe.
Es regnete draussen in Strömen und Tumayaua beschrieb seine Fahrten. Wir
alle sassen noch lange um’s Feuer, das die Indianer wild aufflackern liessen,
indem sie rücksichtslos das Stroh bündelweise aus der Wand der Festhütte rissen.
Des schwarzen Gehrocks hatte sich Luchu als einzigen Kleidungsstückes bemächtigt,
ein Anderer hatte sich mit einer Angel das Ohr geschmückt. Meine vergangene
Zukünftige — es schmerzt mich dies nicht verschweigen zu dürfen — hatte mich
kaum eines Blickes gewürdigt.

Das Lied von der Weibertreue!

Die Bergfahrt unterschied sich in manchen Dingen nicht unerheblich von
unserer Thalfahrt. Wir hatten zumal des Nachts kräftige Regengüsse und
Gewitter. Der Fluss schwoll an, der Sandstrand, die Uferwände verschwanden
und auf weite Strecken strömte das Wasser mitten durch den Wald. Einige der
kleinen Stromschnellen waren nicht mehr zu sehen, die Cachoeira Taunay rauschte
und brodelte unverhältnismässig stärker. Andrerseits fiel der Fluss auch wieder
einmal, als wir zu den Bakaïrí kamen; das Wasser war gelb und mit zahlreichen,
durch die Flut vom Wasser abgespülten Bäumen eingefasst, von denen viele noch
in grüner Jugend prangten.

Während wir auf dieser Strecke sogar weniger Zeit gebrauchten als bei der
Thalfahrt, war das Rudern im angeschwollenen Fluss, obwohl wir jetzt gut trainiert
waren, für die überdies meist vom Fieber geschwächten Leute sehr anstrengend.
Die lange Stange, die auf der Thalfahrt das Vorwärtskommen wesentlich erleichtert
hatte, liess sich nicht mehr verwerten. Doch kamen wir in Begleitung der

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[132/0170] und zweiseitigem Dach begonnen. Da haben wir also geglaubt, noch etwas Echtes in einem verlorenen Winkel zu sehen, und schon will es dahinsinken. »Der erste Lichtblick«, sagt Bastian, »wird auch der letzte sein.« Tumayaua, der zur Independencia mitging, veranstaltete gleichwohl den offiziellen Abschied in Maigéri. Er überreichte mir zwei grosse Kürbisschalen. Eine Weile darauf holte er mich herbei, fasste mich stürmisch am Arm, leitete mich von der Hütte, laut ringsum rufend, zum Balken inmitten des Platzes und drückte mich mit einer Art Begeisterung auf den Sitz nieder. Bald hockten dort vier Karaiben in einer Reihe nebeneinander. Dann schleppte er einen der hübsch geflochtenen Proviantkörbe, ¾ m hoch, herbei und stellte ihn mit fröhlicher Prahlerei als Geschenk vor uns hin. Das Hübscheste aber folgte noch. Eine runde Matte wurde auf den Boden gelegt, der Häuptling rief, und aus den Häusern kamen alle Frauen und Kinder im Laufschritt herbei und warfen einen Beijú klatschend auf die Matte, ein Jedes sofort zurückrennend, um Platz zu machen. Die hurtige Geschäftigkeit, mit der die Beijús herbeiflogen, war reizend. Da lagen einige 16 Stück. „ále“ hiess es und wir waren entlassen. Wir ergingen uns natürlich in Lobpreisungen über die Gastlichkeit der Bakaïrí und beschlossen im Stillen, uns in der Independencia glänzend zu revanchieren. Da ein starkes Gewitter losbrach, blieben wir die letzte Nacht im Dorfe. Es regnete draussen in Strömen und Tumayaua beschrieb seine Fahrten. Wir alle sassen noch lange um’s Feuer, das die Indianer wild aufflackern liessen, indem sie rücksichtslos das Stroh bündelweise aus der Wand der Festhütte rissen. Des schwarzen Gehrocks hatte sich Luchu als einzigen Kleidungsstückes bemächtigt, ein Anderer hatte sich mit einer Angel das Ohr geschmückt. Meine vergangene Zukünftige — es schmerzt mich dies nicht verschweigen zu dürfen — hatte mich kaum eines Blickes gewürdigt. Das Lied von der Weibertreue! Die Bergfahrt unterschied sich in manchen Dingen nicht unerheblich von unserer Thalfahrt. Wir hatten zumal des Nachts kräftige Regengüsse und Gewitter. Der Fluss schwoll an, der Sandstrand, die Uferwände verschwanden und auf weite Strecken strömte das Wasser mitten durch den Wald. Einige der kleinen Stromschnellen waren nicht mehr zu sehen, die Cachoeira Taunay rauschte und brodelte unverhältnismässig stärker. Andrerseits fiel der Fluss auch wieder einmal, als wir zu den Bakaïrí kamen; das Wasser war gelb und mit zahlreichen, durch die Flut vom Wasser abgespülten Bäumen eingefasst, von denen viele noch in grüner Jugend prangten. Während wir auf dieser Strecke sogar weniger Zeit gebrauchten als bei der Thalfahrt, war das Rudern im angeschwollenen Fluss, obwohl wir jetzt gut trainiert waren, für die überdies meist vom Fieber geschwächten Leute sehr anstrengend. Die lange Stange, die auf der Thalfahrt das Vorwärtskommen wesentlich erleichtert hatte, liess sich nicht mehr verwerten. Doch kamen wir in Begleitung der

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Zitationshilfe: Steinen, Karl von den: Unter den Naturvölkern Zentral-Brasiliens. Berlin, 1894, S. 132. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/steinen_naturvoelker_1894/170>, abgerufen am 23.11.2024.