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Steinen, Karl von den: Unter den Naturvölkern Zentral-Brasiliens. Berlin, 1894.

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Ausser mehreren Frauen lebten unter den Nahuqua einige Mehinakumänner, deren
einen wir ja schon am Hafen getroffen hatten. Einer hatte sich die Wangen
derart bemalt, dass er mit schwarzer Farbe zwei innen mit Tüpfeln ausgefüllte
rechte Winkel angebracht hatte. Ich liess mir von ihm etliche Wörter in seiner
Sprache nennen und fand, dass sie mit dem von uns 1884 am Batovy auf-
gezeichneten Kustenau gleichlautend waren. Da ich von dieser Sprache eine
Wörterliste bei mir führte, konnte ich ihm sofort eine Reihe von Dingen nennen,
was ihn mit höchstem Staunen erfüllte. Er hielt mir nun eine lange, laute Rede,
hoffentlich freundschaftlichen Inhalts, und schien fest davon überzeugt, dass ich
jedes Wort verstehe.

Ich wollte den Leuten gern klar machen, dass es mir darauf ankomme,
Masken zu erhalten und versprach ihnen grosse Messer zur Belohnung. Offenbar
wurden meine Geberden aber so ausgelegt, dass wir einen Tanz bestellten. Die
Gesellschaft geriet in grosse Aufregung und führte uns nach einigen Vorbereitungen
auf den Platz hinaus, wo wir auf den schrecklichen Sitzbalken niederhocken mussten.
Zwei Personen besorgten die Musik. Der eine hockte auf dem Boden und schlug
den Takt mit einer langen Kuye, ein anderer stand hinter ihm, ein aus Stroh
geflochtenes hübsches Diademband um den Kopf und schwang eine Rassel. Drei
Tänzer traten auf, Federdiademe über der Stirn, um die Hüften den lang herab-
hängenden mehrfach ringsum gewickelten Schurz aus Buritistroh und die Arme
mit grünem Laub geschmückt. Sie hatten sich Blätterzweige, die balsamischen
Geruch verbreiteten, den Armen entlang angebunden, den Stiel nach oben, und
die Hände im grünen Laub versteckt. Sie stellten sich nebeneinander auf und jeder
stampfte in gebückter Haltung, die Arme ausstreckend und zusammenschlagend,
entfernte sich von seinem Nachbar, drehte sich und kehrte immer stampfend wieder
nach der Mitte zurück. Zum Takt der Kuye, der Rassel und des Stampfens
brüllten sie mit heller Stimme: "ho ho ho" oder "hu hu hu". Dann trat noch eine
Frau hinzu, eine der hässlichsten Alten und wanderte den dreien gegenüber, die
Hände auf die Brust gelegt, mit geknickten Knien taktgemäss vor- und rückwärts.

Eine zweite Tour des Tanzes wurde mit etwas lebhafteren Bewegungen,
indem ein Jeder die Zweige rasselnd zusammenschlug, ohne Anwesenheit der
Frau ausgeführt und von folgendem Gesang begleitet: "witeneru wayiwiti; wayiwitineru
witineruwe; awirinuyana
, awirinuyana; kanihayuha witineru".

Bald darauf wurde uns noch ein grosser Tanz im Flötenhause vorgeführt.
Die beiden Musiker mit Rasseln und Kuye sassen in der Mitte und die anderen,
sechzehn Mann stark, bewegten sich in einem Halbkreis ringsum, in dem die
eine Hälfte sich immer von der andern entfernte und immer zu ihr zurückkehrte.
Sie alle stampften beim Schreiten mit dem rechten Fuss auf und stiessen ein
gellend lautes: "ho ho ho" aus, wobei ein Jeder die Rassel, die er in der Hand
trug, mit einem heftigen Ruck in der Richtung nach den Musikern vorstiess.
So ging das ewig hin und her. Sie trugen elende Strohdiademe, die sie sich
in der Eile zusammengestellt hatten, und nur wenige hatten einen hübschen

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Ausser mehreren Frauen lebten unter den Nahuquá einige Mehinakúmänner, deren
einen wir ja schon am Hafen getroffen hatten. Einer hatte sich die Wangen
derart bemalt, dass er mit schwarzer Farbe zwei innen mit Tüpfeln ausgefüllte
rechte Winkel angebracht hatte. Ich liess mir von ihm etliche Wörter in seiner
Sprache nennen und fand, dass sie mit dem von uns 1884 am Batovy auf-
gezeichneten Kustenáu gleichlautend waren. Da ich von dieser Sprache eine
Wörterliste bei mir führte, konnte ich ihm sofort eine Reihe von Dingen nennen,
was ihn mit höchstem Staunen erfüllte. Er hielt mir nun eine lange, laute Rede,
hoffentlich freundschaftlichen Inhalts, und schien fest davon überzeugt, dass ich
jedes Wort verstehe.

Ich wollte den Leuten gern klar machen, dass es mir darauf ankomme,
Masken zu erhalten und versprach ihnen grosse Messer zur Belohnung. Offenbar
wurden meine Geberden aber so ausgelegt, dass wir einen Tanz bestellten. Die
Gesellschaft geriet in grosse Aufregung und führte uns nach einigen Vorbereitungen
auf den Platz hinaus, wo wir auf den schrecklichen Sitzbalken niederhocken mussten.
Zwei Personen besorgten die Musik. Der eine hockte auf dem Boden und schlug
den Takt mit einer langen Kuye, ein anderer stand hinter ihm, ein aus Stroh
geflochtenes hübsches Diademband um den Kopf und schwang eine Rassel. Drei
Tänzer traten auf, Federdiademe über der Stirn, um die Hüften den lang herab-
hängenden mehrfach ringsum gewickelten Schurz aus Buritístroh und die Arme
mit grünem Laub geschmückt. Sie hatten sich Blätterzweige, die balsamischen
Geruch verbreiteten, den Armen entlang angebunden, den Stiel nach oben, und
die Hände im grünen Laub versteckt. Sie stellten sich nebeneinander auf und jeder
stampfte in gebückter Haltung, die Arme ausstreckend und zusammenschlagend,
entfernte sich von seinem Nachbar, drehte sich und kehrte immer stampfend wieder
nach der Mitte zurück. Zum Takt der Kuye, der Rassel und des Stampfens
brüllten sie mit heller Stimme: »ho ho ho« oder »hu hu hu«. Dann trat noch eine
Frau hinzu, eine der hässlichsten Alten und wanderte den dreien gegenüber, die
Hände auf die Brust gelegt, mit geknickten Knien taktgemäss vor- und rückwärts.

Eine zweite Tour des Tanzes wurde mit etwas lebhafteren Bewegungen,
indem ein Jeder die Zweige rasselnd zusammenschlug, ohne Anwesenheit der
Frau ausgeführt und von folgendem Gesang begleitet: »witenéru wayiwíti; wayiwítinéru
witinerúwe; awirínuyána
, awirínúyána; kanihayúha witinerú«.

Bald darauf wurde uns noch ein grosser Tanz im Flötenhause vorgeführt.
Die beiden Musiker mit Rasseln und Kuye sassen in der Mitte und die anderen,
sechzehn Mann stark, bewegten sich in einem Halbkreis ringsum, in dem die
eine Hälfte sich immer von der andern entfernte und immer zu ihr zurückkehrte.
Sie alle stampften beim Schreiten mit dem rechten Fuss auf und stiessen ein
gellend lautes: »ho ho ho« aus, wobei ein Jeder die Rassel, die er in der Hand
trug, mit einem heftigen Ruck in der Richtung nach den Musikern vorstiess.
So ging das ewig hin und her. Sie trugen elende Strohdiademe, die sie sich
in der Eile zusammengestellt hatten, und nur wenige hatten einen hübschen

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[99/0131] Ausser mehreren Frauen lebten unter den Nahuquá einige Mehinakúmänner, deren einen wir ja schon am Hafen getroffen hatten. Einer hatte sich die Wangen derart bemalt, dass er mit schwarzer Farbe zwei innen mit Tüpfeln ausgefüllte rechte Winkel angebracht hatte. Ich liess mir von ihm etliche Wörter in seiner Sprache nennen und fand, dass sie mit dem von uns 1884 am Batovy auf- gezeichneten Kustenáu gleichlautend waren. Da ich von dieser Sprache eine Wörterliste bei mir führte, konnte ich ihm sofort eine Reihe von Dingen nennen, was ihn mit höchstem Staunen erfüllte. Er hielt mir nun eine lange, laute Rede, hoffentlich freundschaftlichen Inhalts, und schien fest davon überzeugt, dass ich jedes Wort verstehe. Ich wollte den Leuten gern klar machen, dass es mir darauf ankomme, Masken zu erhalten und versprach ihnen grosse Messer zur Belohnung. Offenbar wurden meine Geberden aber so ausgelegt, dass wir einen Tanz bestellten. Die Gesellschaft geriet in grosse Aufregung und führte uns nach einigen Vorbereitungen auf den Platz hinaus, wo wir auf den schrecklichen Sitzbalken niederhocken mussten. Zwei Personen besorgten die Musik. Der eine hockte auf dem Boden und schlug den Takt mit einer langen Kuye, ein anderer stand hinter ihm, ein aus Stroh geflochtenes hübsches Diademband um den Kopf und schwang eine Rassel. Drei Tänzer traten auf, Federdiademe über der Stirn, um die Hüften den lang herab- hängenden mehrfach ringsum gewickelten Schurz aus Buritístroh und die Arme mit grünem Laub geschmückt. Sie hatten sich Blätterzweige, die balsamischen Geruch verbreiteten, den Armen entlang angebunden, den Stiel nach oben, und die Hände im grünen Laub versteckt. Sie stellten sich nebeneinander auf und jeder stampfte in gebückter Haltung, die Arme ausstreckend und zusammenschlagend, entfernte sich von seinem Nachbar, drehte sich und kehrte immer stampfend wieder nach der Mitte zurück. Zum Takt der Kuye, der Rassel und des Stampfens brüllten sie mit heller Stimme: »ho ho ho« oder »hu hu hu«. Dann trat noch eine Frau hinzu, eine der hässlichsten Alten und wanderte den dreien gegenüber, die Hände auf die Brust gelegt, mit geknickten Knien taktgemäss vor- und rückwärts. Eine zweite Tour des Tanzes wurde mit etwas lebhafteren Bewegungen, indem ein Jeder die Zweige rasselnd zusammenschlug, ohne Anwesenheit der Frau ausgeführt und von folgendem Gesang begleitet: »witenéru wayiwíti; wayiwítinéru witinerúwe; awirínuyána, awirínúyána; kanihayúha witinerú«. Bald darauf wurde uns noch ein grosser Tanz im Flötenhause vorgeführt. Die beiden Musiker mit Rasseln und Kuye sassen in der Mitte und die anderen, sechzehn Mann stark, bewegten sich in einem Halbkreis ringsum, in dem die eine Hälfte sich immer von der andern entfernte und immer zu ihr zurückkehrte. Sie alle stampften beim Schreiten mit dem rechten Fuss auf und stiessen ein gellend lautes: »ho ho ho« aus, wobei ein Jeder die Rassel, die er in der Hand trug, mit einem heftigen Ruck in der Richtung nach den Musikern vorstiess. So ging das ewig hin und her. Sie trugen elende Strohdiademe, die sie sich in der Eile zusammengestellt hatten, und nur wenige hatten einen hübschen 7*

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Zitationshilfe: Steinen, Karl von den: Unter den Naturvölkern Zentral-Brasiliens. Berlin, 1894, S. 99. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/steinen_naturvoelker_1894/131>, abgerufen am 09.11.2024.