Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 7. Stuttgart, 1868.Da nun die drei Gesellschaftsordnungen ein wesentlich verschiedenes Unter denjenigen Lebensverhältnissen, für welche die Gesellschafts- Das Rechtsprincip der Geschlechterordnung für den Grundbesitz ist Das Rechtsprincip der Ständeordnung für den Besitz ist dagegen Das Rechtsprincip der staatsbürgerlichen Ordnung für den Besitz Da nun die drei Geſellſchaftsordnungen ein weſentlich verſchiedenes Unter denjenigen Lebensverhältniſſen, für welche die Geſellſchafts- Das Rechtsprincip der Geſchlechterordnung für den Grundbeſitz iſt Das Rechtsprincip der Ständeordnung für den Beſitz iſt dagegen Das Rechtsprincip der ſtaatsbürgerlichen Ordnung für den Beſitz <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <pb facs="#f0091" n="73"/> <p>Da nun die drei Geſellſchaftsordnungen ein weſentlich verſchiedenes<lb/> Princip haben, ſo iſt auch das <hi rendition="#g">Recht</hi> derſelben ein weſentlich ver-<lb/> ſchiedenes. Und es iſt klar, daß während die Grundſätze des Rechts,<lb/> die aus dem reinen Begriffe des Staats oder dem der Einzelperſönlich-<lb/> keit folgen, ewig <hi rendition="#g">dieſelben</hi> ſein müſſen, der Wechſel des Rechts nur<lb/> durch den Wechſel des geſellſchaftlichen Princips entſtehen kann. Der<lb/> Begriff der Geſellſchaft iſt daher die Grundlage <hi rendition="#g">aller</hi> Rechtsgeſchichte;<lb/> mithin auch desjenigen Rechts, welches wir als das der Entwährung<lb/> bezeichnet haben. Dle Elemente dieſer Rechtsbildung aber ſind folgende.</p><lb/> <p>Unter denjenigen Lebensverhältniſſen, für welche die Geſellſchafts-<lb/> ordnung das geltende Recht bildet, nehmen nun Grundbeſitz und Erwerb<lb/> die erſten Stellen ein. Eine Geſellſchaftsordnung iſt erſt dann als eine<lb/> fertige zu betrachten, wenn ſie die Verhältniſſe des Grundbeſitzes und<lb/> des Erwerbes ihrem Princip gemäß geordnet hat.</p><lb/> <p>Das Rechtsprincip der Geſchlechterordnung für den Grundbeſitz iſt<lb/> nun das, daß nur das Geſchlecht das Eigenthum des Grundbeſitzes<lb/> habe, während der Erwerb nur ſo weit als ein ehrenhafter gilt, als<lb/> er aus dem Grundbeſitz ſtammt. In der Geſchlechterordnung iſt daher<lb/> jeder, der einem Geſchlechte nicht angehört, unfähig zum Grundbeſitz,<lb/> und die gewerbliche Arbeit nimmt die Geſchlechterehre. Daher tritt jede<lb/> Geſchlechterordnung mit der Forderung auf, das Eigenthum jedes nicht<lb/> zum Geſchlecht Gehörigen entweder <hi rendition="#g">aufzuheben</hi> oder von dem Ge-<lb/> ſchlecht <hi rendition="#g">abhängig</hi> zu machen, die Perſon deſſelben dagegen als das<lb/> öffentlichen Rechts <hi rendition="#g">ledig</hi> hinzuſtellen. So erzeugt <hi rendition="#g">jede</hi> Geſchlechter-<lb/> ordnung von den Aſſyrern bis zur neueſten Zeit die Begriffe und öffent-<lb/> lichen Rechtsverhältniſſe des <hi rendition="#g">unfreien Beſitzes</hi> und der <hi rendition="#g">unfreien<lb/> Perſon</hi>.</p><lb/> <p>Das Rechtsprincip der Ständeordnung für den Beſitz iſt dagegen<lb/> ein doppeltes. Für den Grundbeſitz fordert es, daß er dem Berufe<lb/> gehöre, und erzeugt dadurch den körperſchaftlichen Grundbeſitz. Für<lb/> den gewerblichen Beſitz dagegen erkennt es die Berechtigung des <hi rendition="#g">Ge-<lb/> werbes</hi> an, wenn auch als untergeordnet unter die geiſtige Arbeit.<lb/> Das Gewerbe aber kann ohne freies Einzeleigenthum nicht beſtehen.<lb/> Die Ständeordnung nimmt daher das Einzeleigenthum <hi rendition="#g">am Erworbenen</hi><lb/> in ſein Rechtsſyſtem auf <hi rendition="#g">neben</hi> dem Geſammteigenthum am körper-<lb/> ſchaftlichen Beſitz. Sie iſt mithin ein großer Fortſchritt gegenüber der<lb/> Geſchlechterordnung; aber ſie macht dieſen Erwerb wieder von der Be-<lb/> rufskörperſchaft abhängig, und erzeugt daher die <hi rendition="#g">unfreie Arbeit</hi>,<lb/> als die Herrſchaft der Körperſchaft über die Arbeit des Einzelnen.</p><lb/> <p>Das Rechtsprincip der ſtaatsbürgerlichen Ordnung für den Beſitz<lb/> iſt dagegen der Ausdruck des allgemeinen Princips derſelben für die<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [73/0091]
Da nun die drei Geſellſchaftsordnungen ein weſentlich verſchiedenes
Princip haben, ſo iſt auch das Recht derſelben ein weſentlich ver-
ſchiedenes. Und es iſt klar, daß während die Grundſätze des Rechts,
die aus dem reinen Begriffe des Staats oder dem der Einzelperſönlich-
keit folgen, ewig dieſelben ſein müſſen, der Wechſel des Rechts nur
durch den Wechſel des geſellſchaftlichen Princips entſtehen kann. Der
Begriff der Geſellſchaft iſt daher die Grundlage aller Rechtsgeſchichte;
mithin auch desjenigen Rechts, welches wir als das der Entwährung
bezeichnet haben. Dle Elemente dieſer Rechtsbildung aber ſind folgende.
Unter denjenigen Lebensverhältniſſen, für welche die Geſellſchafts-
ordnung das geltende Recht bildet, nehmen nun Grundbeſitz und Erwerb
die erſten Stellen ein. Eine Geſellſchaftsordnung iſt erſt dann als eine
fertige zu betrachten, wenn ſie die Verhältniſſe des Grundbeſitzes und
des Erwerbes ihrem Princip gemäß geordnet hat.
Das Rechtsprincip der Geſchlechterordnung für den Grundbeſitz iſt
nun das, daß nur das Geſchlecht das Eigenthum des Grundbeſitzes
habe, während der Erwerb nur ſo weit als ein ehrenhafter gilt, als
er aus dem Grundbeſitz ſtammt. In der Geſchlechterordnung iſt daher
jeder, der einem Geſchlechte nicht angehört, unfähig zum Grundbeſitz,
und die gewerbliche Arbeit nimmt die Geſchlechterehre. Daher tritt jede
Geſchlechterordnung mit der Forderung auf, das Eigenthum jedes nicht
zum Geſchlecht Gehörigen entweder aufzuheben oder von dem Ge-
ſchlecht abhängig zu machen, die Perſon deſſelben dagegen als das
öffentlichen Rechts ledig hinzuſtellen. So erzeugt jede Geſchlechter-
ordnung von den Aſſyrern bis zur neueſten Zeit die Begriffe und öffent-
lichen Rechtsverhältniſſe des unfreien Beſitzes und der unfreien
Perſon.
Das Rechtsprincip der Ständeordnung für den Beſitz iſt dagegen
ein doppeltes. Für den Grundbeſitz fordert es, daß er dem Berufe
gehöre, und erzeugt dadurch den körperſchaftlichen Grundbeſitz. Für
den gewerblichen Beſitz dagegen erkennt es die Berechtigung des Ge-
werbes an, wenn auch als untergeordnet unter die geiſtige Arbeit.
Das Gewerbe aber kann ohne freies Einzeleigenthum nicht beſtehen.
Die Ständeordnung nimmt daher das Einzeleigenthum am Erworbenen
in ſein Rechtsſyſtem auf neben dem Geſammteigenthum am körper-
ſchaftlichen Beſitz. Sie iſt mithin ein großer Fortſchritt gegenüber der
Geſchlechterordnung; aber ſie macht dieſen Erwerb wieder von der Be-
rufskörperſchaft abhängig, und erzeugt daher die unfreie Arbeit,
als die Herrſchaft der Körperſchaft über die Arbeit des Einzelnen.
Das Rechtsprincip der ſtaatsbürgerlichen Ordnung für den Beſitz
iſt dagegen der Ausdruck des allgemeinen Princips derſelben für die
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