Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 7. Stuttgart, 1868.So blieben jene beiden Verhältnisse auch nach der Revolution, So blieben jene beiden Verhältniſſe auch nach der Revolution, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <div n="6"> <div n="7"> <pb facs="#f0294" n="276"/> <p>So <hi rendition="#g">blieben</hi> jene beiden Verhältniſſe auch nach der Revolution,<lb/> als der letzte und doch hochbedeutſame Reſt der alten Geſchlechter-Mark-<lb/> ordnung, und beſtehen noch gegenwärtig fort. Sie ſpielen aber in der<lb/> ganzen franzöſiſchen Markverfaſſung eine ſo bedeutſame Rolle, daß der<lb/> erwähnte <hi rendition="#aq">Code rural</hi> von 1791 ſie faſt zur Hauptſache ſeiner Beſtim-<lb/> mungen gemacht hat <hi rendition="#aq">(Tit. I. Sect. IV.)</hi> und ohne ſie irgendwie auf-<lb/> zuheben, ſich weſentlich damit beſchäftigt, die aus beiden entſpringenden<lb/> Rechtsverhältniſſe zu ordnen. Hier nun aber trat das allgemeine Princip<lb/> des freien Privateigenthums in eigenthümlicher Weiſe jenen Rechten<lb/> gegenüber in Geltung. Der Art. <hi rendition="#aq">I.</hi> der <hi rendition="#aq">Sect. IV.</hi> des Geſetzes vom<lb/> 28. September bis 6. Oktober nämlich erklärt, daß die <hi rendition="#aq">„servitude de<lb/> parcours de commune à commune, qui entraîne avec elle le droit<lb/> de vaine pâture, continuera provisoirement, fondés sur un titre<lb/><hi rendition="#i">ou sur une possession</hi> autorisée par les lois et <hi rendition="#i">les coutumes.</hi>“</hi> Die<lb/><hi rendition="#aq">vaine pâture</hi> <hi rendition="#g">allein</hi> (die nur innerhalb der Gemeinde beſteht), ſoll<lb/> nach den <hi rendition="#aq">règles et usages locaux</hi> ausgeübt werden, unter den ſehr<lb/> genauen Beſtimmungen, welche das Geſetz ſelbſt gibt. Namentlich ſind<lb/> alle künſtlichen Wieſen ſchon damals von beiden Dienſtbarkeiten aus-<lb/> geſchloſſen (<hi rendition="#aq">art.</hi> 9). Die Zahl des Viehes, zu dem jeder <hi rendition="#aq">Chef de famille</hi><lb/> als Minimum berechtigt iſt, iſt genau beſtimmt <hi rendition="#aq">(six bêtes à laine et<lb/> une vache avec son veau) — „sans entendre préjudicier aux lois,<lb/> coutumes et usages locaux et de temps immémorial, qui leur accor-<lb/> derait un plus grand avantage“ (art. 14).</hi> Dagegen tritt nun das<lb/> Recht des freien Eigenthums auf in dem Grundſatz der <hi rendition="#aq">clôture</hi> und<lb/> ſeinen Folgen. <hi rendition="#g">Jeder</hi> Grundbeſitzer hat das Recht, ſein Grundſtück<lb/><hi rendition="#g">einzuhegen</hi> — <hi rendition="#aq">„le droit de clore et de déclore ses héritages ré-<lb/> sulte essentiellement de celui de propriété“ (art. 4).</hi> So wie der<lb/> Einzelne ſein Grundſtück eingehegt hat, hört die <hi rendition="#aq">vaine pâture</hi> und der<lb/><hi rendition="#aq">parcours</hi> auf (Art. 5—7). Eingehegt (<hi rendition="#aq">clos</hi>) iſt das Grundſtück (<hi rendition="#aq">héri-<lb/> tage</hi>), wenn die Einhegung vier Fuß hoch iſt; auch genügt ein Graben<lb/> von vier Fuß Breite (Art. 6). Neben dieſer erſten Anerkennung des<lb/> Einzeleigenthums ſteht die zweite, daß jedes Recht der <hi rendition="#aq">vaine pâture</hi><lb/> zwiſchen Einzelnen <hi rendition="#g">ablösbar</hi> iſt, <hi rendition="#aq">rachetable</hi> (Geſetz vom 6. Oktober<lb/> 1791), wobei jedoch die <hi rendition="#aq">vaine pâture</hi> für die <hi rendition="#g">Gemeinden ſelbſt</hi> als<lb/> unablösbar erklärt wurde (<hi rendition="#aq">Cass.</hi> vom 27. Januar 1829. <hi rendition="#g">Block</hi> a. a. O.<lb/> Art. 141), ja das <hi rendition="#aq">Conseil municipal</hi> hat nicht einmal das Recht,<lb/> die <hi rendition="#aq">vaine pâture</hi> durch ſeinen Beſchluß zu <hi rendition="#g">beſchränken</hi> (<hi rendition="#aq">Cass.</hi> vom<lb/> 4. Mai 1848). Doch hat daſſelbe das Recht, die Anzahl des Viehes<lb/> zu beſtimmen, wenn keine <hi rendition="#aq">coutume locale</hi> entgegen ſteht (<hi rendition="#aq">Cod. rur.<lb/> art.</hi> 30). Nur hat man zugegeben, daß wenn die Intereſſenten die<lb/> Entſcheidung dem Präfekten übertragen, derſelbe dadurch zur Entſcheidung<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [276/0294]
So blieben jene beiden Verhältniſſe auch nach der Revolution,
als der letzte und doch hochbedeutſame Reſt der alten Geſchlechter-Mark-
ordnung, und beſtehen noch gegenwärtig fort. Sie ſpielen aber in der
ganzen franzöſiſchen Markverfaſſung eine ſo bedeutſame Rolle, daß der
erwähnte Code rural von 1791 ſie faſt zur Hauptſache ſeiner Beſtim-
mungen gemacht hat (Tit. I. Sect. IV.) und ohne ſie irgendwie auf-
zuheben, ſich weſentlich damit beſchäftigt, die aus beiden entſpringenden
Rechtsverhältniſſe zu ordnen. Hier nun aber trat das allgemeine Princip
des freien Privateigenthums in eigenthümlicher Weiſe jenen Rechten
gegenüber in Geltung. Der Art. I. der Sect. IV. des Geſetzes vom
28. September bis 6. Oktober nämlich erklärt, daß die „servitude de
parcours de commune à commune, qui entraîne avec elle le droit
de vaine pâture, continuera provisoirement, fondés sur un titre
ou sur une possession autorisée par les lois et les coutumes.“ Die
vaine pâture allein (die nur innerhalb der Gemeinde beſteht), ſoll
nach den règles et usages locaux ausgeübt werden, unter den ſehr
genauen Beſtimmungen, welche das Geſetz ſelbſt gibt. Namentlich ſind
alle künſtlichen Wieſen ſchon damals von beiden Dienſtbarkeiten aus-
geſchloſſen (art. 9). Die Zahl des Viehes, zu dem jeder Chef de famille
als Minimum berechtigt iſt, iſt genau beſtimmt (six bêtes à laine et
une vache avec son veau) — „sans entendre préjudicier aux lois,
coutumes et usages locaux et de temps immémorial, qui leur accor-
derait un plus grand avantage“ (art. 14). Dagegen tritt nun das
Recht des freien Eigenthums auf in dem Grundſatz der clôture und
ſeinen Folgen. Jeder Grundbeſitzer hat das Recht, ſein Grundſtück
einzuhegen — „le droit de clore et de déclore ses héritages ré-
sulte essentiellement de celui de propriété“ (art. 4). So wie der
Einzelne ſein Grundſtück eingehegt hat, hört die vaine pâture und der
parcours auf (Art. 5—7). Eingehegt (clos) iſt das Grundſtück (héri-
tage), wenn die Einhegung vier Fuß hoch iſt; auch genügt ein Graben
von vier Fuß Breite (Art. 6). Neben dieſer erſten Anerkennung des
Einzeleigenthums ſteht die zweite, daß jedes Recht der vaine pâture
zwiſchen Einzelnen ablösbar iſt, rachetable (Geſetz vom 6. Oktober
1791), wobei jedoch die vaine pâture für die Gemeinden ſelbſt als
unablösbar erklärt wurde (Cass. vom 27. Januar 1829. Block a. a. O.
Art. 141), ja das Conseil municipal hat nicht einmal das Recht,
die vaine pâture durch ſeinen Beſchluß zu beſchränken (Cass. vom
4. Mai 1848). Doch hat daſſelbe das Recht, die Anzahl des Viehes
zu beſtimmen, wenn keine coutume locale entgegen ſteht (Cod. rur.
art. 30). Nur hat man zugegeben, daß wenn die Intereſſenten die
Entſcheidung dem Präfekten übertragen, derſelbe dadurch zur Entſcheidung
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