Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 7. Stuttgart, 1868.Wille des Einzelnen für Grund und Boden Rechtsverhältnisse erschaffe, Daran schließen sich nun als dritter Theil der vollen Grundent- Dieser Grundgedanke ist die Unterscheidung zwischen denjenigen Allerdings nun ist, da die Entschädigungsfrage bereits durch die Offenbar nämlich scheint die Aufhebung eines Rechtes, das einen Wille des Einzelnen für Grund und Boden Rechtsverhältniſſe erſchaffe, Daran ſchließen ſich nun als dritter Theil der vollen Grundent- Dieſer Grundgedanke iſt die Unterſcheidung zwiſchen denjenigen Allerdings nun iſt, da die Entſchädigungsfrage bereits durch die Offenbar nämlich ſcheint die Aufhebung eines Rechtes, das einen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <div n="6"> <div n="7"> <p><pb facs="#f0239" n="221"/> Wille des Einzelnen für Grund und Boden Rechtsverhältniſſe erſchaffe,<lb/> welche ſpäter dem Einzelwillen nicht mehr unterworfen, und <hi rendition="#g">daher<lb/> unfrei</hi> ſind. Vereinzelte Ausnahmen in <hi rendition="#g">Hannover</hi> (nach Geſetz vom<lb/> 23. Juli 1833), <hi rendition="#g">Naſſau</hi> (Geſetz vom 18. Juni 1853) und <hi rendition="#g">Anhalt-<lb/> Bernburg</hi> (Geſetz vom 31. Auguſt 1859. Vgl. <hi rendition="#g">Judeich</hi> S. 7).<lb/> Das ſind die elementaren Beſtimmungen für die künftige ſtaatsbürger-<lb/> liche Freiheit des Grundbeſitzes.</p><lb/> <p>Daran ſchließen ſich nun als dritter Theil der vollen Grundent-<lb/> laſtung die Grundſätze für die <hi rendition="#g">Entſchädigung</hi>. Und hier iſt aller-<lb/> dings die Uebereinſtimmung nicht vorhanden, welche in Beziehung auf<lb/> die Aufhebung jener Rechte allgemein feſtſteht. Dennoch geht durch<lb/> das Entſchädigungsrecht ein gemeinſamer Grundgedanke hindurch, von<lb/> dem die Abweichungen als Ausnahmen betrachtet werden müſſen.</p><lb/> <p>Dieſer Grundgedanke iſt die Unterſcheidung zwiſchen denjenigen<lb/> Laſten, für welche die Entſchädigung <hi rendition="#g">ausgeſchloſſen</hi> iſt, und den-<lb/> jenigen, für welche ſie <hi rendition="#g">geleiſtet</hi> werden muß; ſo daß, ſtreng genom-<lb/> men, nur die letzteren der Lehre von der Entwährung angehören.</p><lb/> <p>Allerdings nun iſt, da die Entſchädigungsfrage bereits durch die<lb/> Geſetze entſchieden iſt, dieſe Frage nicht eine unmittelbar praktiſche.<lb/> Dennoch ſind ihre Conſequenzen ſo bedeutſamer Natur, daß wir ſie<lb/> einen Augenblick berückſichtigen müſſen.</p><lb/> <p>Offenbar nämlich ſcheint die Aufhebung eines Rechtes, das einen<lb/> wirthſchaftlichen Ertrag hat, ohne Entſchädigung mit dem Weſen des<lb/> Eigenthums im Widerſpruche zu ſtehen; und nur wenn man von dieſem<lb/> einfachen Standpunkt ausgeht, läßt es ſich erklären, wenn ſelbſt in<lb/> unſerer Zeit, wie früher von <hi rendition="#g">Stahl</hi>, Rechtsphiloſophie <hi rendition="#aq">II.</hi> S. 336<lb/> und 538 ff., in neueſter Zeit von <hi rendition="#g">Roſcher</hi> (ſ. oben) die Entſchädigung<lb/><hi rendition="#g">unbedingt</hi> gefordert wird. Die frühere Literatur iſt über die Ent-<lb/> ſchädigungsfrage höchſt einſeitig. Die ganze Reihe von Schriftſtellern<lb/> über die Agrarverfaſſung ſeit der Mitte des vorigen Jahrhunderts be-<lb/> ſchäftigt ſich überhaupt nicht damit, ob die Entſchädigung eine Gränze<lb/> haben ſolle oder nicht, ſondern nur damit, <hi rendition="#g">wie</hi> ſie am zweckmäßigſten<lb/> hergeſtellt werden könne. Die Unklarheit über dieſen Punkt deckte man<lb/> mit der Bezeichnung zu, daß man für die Entwährung aller „wohl-<lb/> erworbenen Rechte,“ der <hi rendition="#aq">jura quaesita,</hi> Entſchädigung zu fordern habe,<lb/> indem man in dem Doppelſinn dieſes Wortes eine doppelte Entſchädi-<lb/> gung vorbehielt, da es jetzt darauf ankam, den Begriff des „wohler-<lb/> worbenen Rechtes“ genau zu beſtimmen. Und jener Theorie galt jedes<lb/> öffentlich <hi rendition="#g">anerkannte</hi> Recht zugleich für ein „wohlerworbenes.“ Die<lb/> verſchiedenen Geſetzgebungen kümmerten ſich jedoch theils gar nicht um<lb/> dieſe Diſtinktion, theils aber nahmen ſie wirklich <hi rendition="#g">vor</hi> 1848 die Ent-<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [221/0239]
Wille des Einzelnen für Grund und Boden Rechtsverhältniſſe erſchaffe,
welche ſpäter dem Einzelwillen nicht mehr unterworfen, und daher
unfrei ſind. Vereinzelte Ausnahmen in Hannover (nach Geſetz vom
23. Juli 1833), Naſſau (Geſetz vom 18. Juni 1853) und Anhalt-
Bernburg (Geſetz vom 31. Auguſt 1859. Vgl. Judeich S. 7).
Das ſind die elementaren Beſtimmungen für die künftige ſtaatsbürger-
liche Freiheit des Grundbeſitzes.
Daran ſchließen ſich nun als dritter Theil der vollen Grundent-
laſtung die Grundſätze für die Entſchädigung. Und hier iſt aller-
dings die Uebereinſtimmung nicht vorhanden, welche in Beziehung auf
die Aufhebung jener Rechte allgemein feſtſteht. Dennoch geht durch
das Entſchädigungsrecht ein gemeinſamer Grundgedanke hindurch, von
dem die Abweichungen als Ausnahmen betrachtet werden müſſen.
Dieſer Grundgedanke iſt die Unterſcheidung zwiſchen denjenigen
Laſten, für welche die Entſchädigung ausgeſchloſſen iſt, und den-
jenigen, für welche ſie geleiſtet werden muß; ſo daß, ſtreng genom-
men, nur die letzteren der Lehre von der Entwährung angehören.
Allerdings nun iſt, da die Entſchädigungsfrage bereits durch die
Geſetze entſchieden iſt, dieſe Frage nicht eine unmittelbar praktiſche.
Dennoch ſind ihre Conſequenzen ſo bedeutſamer Natur, daß wir ſie
einen Augenblick berückſichtigen müſſen.
Offenbar nämlich ſcheint die Aufhebung eines Rechtes, das einen
wirthſchaftlichen Ertrag hat, ohne Entſchädigung mit dem Weſen des
Eigenthums im Widerſpruche zu ſtehen; und nur wenn man von dieſem
einfachen Standpunkt ausgeht, läßt es ſich erklären, wenn ſelbſt in
unſerer Zeit, wie früher von Stahl, Rechtsphiloſophie II. S. 336
und 538 ff., in neueſter Zeit von Roſcher (ſ. oben) die Entſchädigung
unbedingt gefordert wird. Die frühere Literatur iſt über die Ent-
ſchädigungsfrage höchſt einſeitig. Die ganze Reihe von Schriftſtellern
über die Agrarverfaſſung ſeit der Mitte des vorigen Jahrhunderts be-
ſchäftigt ſich überhaupt nicht damit, ob die Entſchädigung eine Gränze
haben ſolle oder nicht, ſondern nur damit, wie ſie am zweckmäßigſten
hergeſtellt werden könne. Die Unklarheit über dieſen Punkt deckte man
mit der Bezeichnung zu, daß man für die Entwährung aller „wohl-
erworbenen Rechte,“ der jura quaesita, Entſchädigung zu fordern habe,
indem man in dem Doppelſinn dieſes Wortes eine doppelte Entſchädi-
gung vorbehielt, da es jetzt darauf ankam, den Begriff des „wohler-
worbenen Rechtes“ genau zu beſtimmen. Und jener Theorie galt jedes
öffentlich anerkannte Recht zugleich für ein „wohlerworbenes.“ Die
verſchiedenen Geſetzgebungen kümmerten ſich jedoch theils gar nicht um
dieſe Diſtinktion, theils aber nahmen ſie wirklich vor 1848 die Ent-
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