Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 6. Stuttgart, 1868.Druckers und Druckortes versehen und 24 Stunden vor dem Erscheinen Druckers und Druckortes verſehen und 24 Stunden vor dem Erſcheinen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <p><pb facs="#f0166" n="150"/> Druckers und Druckortes verſehen und 24 Stunden vor dem Erſcheinen<lb/> der Staatsanwaltſchaft übergeben werden muß, welche dann das Recht<lb/> der Beſchlagnahme hat. Iſt kein Verleger und Verfaſſer genannt, ſo<lb/> haftet der Drucker. Die „periodiſchen Publikationen“ ſind übrigens hier<lb/> (Kap. 8) von den übrigen Druckwerken geſchieden; das Recht zur Her-<lb/> ausgabe eines Journals iſt frei, doch muß vorläufige Anzeige geſchehen;<lb/> der Gerant iſt nach franzöſiſchem Muſter verantwortlich; vor der Aus-<lb/> gabe Einreichung eines Pflichtexemplars; Verpflichtung zur Aufnahme<lb/> öffentlicher Mittheilungen. Das Strafrecht iſt nun hier wie immer ein<lb/> doppeltes; das peinliche Strafrecht für die durch das Mittel der Preſſe<lb/> begangene Verbrechen iſt in dieſes Geſetz ausführlich aufgenommen,<lb/> obgleich es eigentlich ins peinliche Recht gehört; das Polizeiſtrafrecht<lb/> der Preſſe für Uebertretungen der polizeilichen Vorſchriften beſteht in<lb/> Bußen. Das <hi rendition="#g">Gericht</hi> iſt nach engliſch-ſchwediſchem Muſter in eine<lb/> Jury über den Thatbeſtand und in das Gericht für die Strafbeſtimmung<lb/> geſchieden; nach der Beſchlagnahme muß die Anzeige des weiteren Ver-<lb/> fahrens binnen 24 Stunden mitgetheilt werden. Das Beſondere dabei<lb/> iſt, daß den Geſchworenen vor ihrem Verdict die Erklärung vorgelegt<lb/> wird: „das Geſetz verlangt von den Richtern über die Thatſache nicht<lb/> eine Discuſſion oder eine Prüfung der „einzelnen Ausdrücke“ (<hi rendition="#aq">termini<lb/> isolati</hi>) des mehr oder weniger <hi rendition="#g">weiten Sinnes</hi>, der jedem derſelben<lb/> beigelegt werden könnte, ſondern legt ihnen die Verpflichtung auf, ſich<lb/> ſelbſt in der Stille und Sammlung zu fragen und in Aufrichtigkeit zu<lb/> prüfen, welchen Erfolg (<hi rendition="#aq">effetto</hi>) die Geſammtheit (oder der Zuſammen-<lb/> hang — <hi rendition="#aq">il complesso</hi>) der beklagten Druckſchrift auf ihren Geiſt ge-<lb/> macht habe“ ohne an die Anwendung der Strafe zu denken. Hier<lb/> iſt alſo das Geſchwornengericht zum Urtheil über den Geiſt der Preſſe<lb/> berufen, und dieſer als ſelbſtändige Thatſache behandelt. Die Strafe<lb/> ſelbſt iſt neben der gegen den Geranten eine <hi rendition="#g">Suspenſion des Jour-<lb/> nals</hi>, ſo lange die peinliche Strafe (<hi rendition="#aq">pena afflittiva</hi>) des erſten dauert,<lb/><hi rendition="#g">wenn</hi> er nicht einen andern Geranten aufſtellt. Man ſieht deutlich in<lb/> der Nutzloſigkeit der erſteren Beſtimmung die Unſicherheit des Princips;<lb/> jene Frage an die Jury iſt im Grunde die letzte Form des Beibehaltens<lb/> des Repreſſivſyſtems, die auch durch die folgenden Geſetze nicht weſentlich<lb/> gemildert iſt.</p> </div> </div> </div> </div> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </body> <back> </back> </text> </TEI> [150/0166]
Druckers und Druckortes verſehen und 24 Stunden vor dem Erſcheinen
der Staatsanwaltſchaft übergeben werden muß, welche dann das Recht
der Beſchlagnahme hat. Iſt kein Verleger und Verfaſſer genannt, ſo
haftet der Drucker. Die „periodiſchen Publikationen“ ſind übrigens hier
(Kap. 8) von den übrigen Druckwerken geſchieden; das Recht zur Her-
ausgabe eines Journals iſt frei, doch muß vorläufige Anzeige geſchehen;
der Gerant iſt nach franzöſiſchem Muſter verantwortlich; vor der Aus-
gabe Einreichung eines Pflichtexemplars; Verpflichtung zur Aufnahme
öffentlicher Mittheilungen. Das Strafrecht iſt nun hier wie immer ein
doppeltes; das peinliche Strafrecht für die durch das Mittel der Preſſe
begangene Verbrechen iſt in dieſes Geſetz ausführlich aufgenommen,
obgleich es eigentlich ins peinliche Recht gehört; das Polizeiſtrafrecht
der Preſſe für Uebertretungen der polizeilichen Vorſchriften beſteht in
Bußen. Das Gericht iſt nach engliſch-ſchwediſchem Muſter in eine
Jury über den Thatbeſtand und in das Gericht für die Strafbeſtimmung
geſchieden; nach der Beſchlagnahme muß die Anzeige des weiteren Ver-
fahrens binnen 24 Stunden mitgetheilt werden. Das Beſondere dabei
iſt, daß den Geſchworenen vor ihrem Verdict die Erklärung vorgelegt
wird: „das Geſetz verlangt von den Richtern über die Thatſache nicht
eine Discuſſion oder eine Prüfung der „einzelnen Ausdrücke“ (termini
isolati) des mehr oder weniger weiten Sinnes, der jedem derſelben
beigelegt werden könnte, ſondern legt ihnen die Verpflichtung auf, ſich
ſelbſt in der Stille und Sammlung zu fragen und in Aufrichtigkeit zu
prüfen, welchen Erfolg (effetto) die Geſammtheit (oder der Zuſammen-
hang — il complesso) der beklagten Druckſchrift auf ihren Geiſt ge-
macht habe“ ohne an die Anwendung der Strafe zu denken. Hier
iſt alſo das Geſchwornengericht zum Urtheil über den Geiſt der Preſſe
berufen, und dieſer als ſelbſtändige Thatſache behandelt. Die Strafe
ſelbſt iſt neben der gegen den Geranten eine Suspenſion des Jour-
nals, ſo lange die peinliche Strafe (pena afflittiva) des erſten dauert,
wenn er nicht einen andern Geranten aufſtellt. Man ſieht deutlich in
der Nutzloſigkeit der erſteren Beſtimmung die Unſicherheit des Princips;
jene Frage an die Jury iſt im Grunde die letzte Form des Beibehaltens
des Repreſſivſyſtems, die auch durch die folgenden Geſetze nicht weſentlich
gemildert iſt.
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