Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 5. Stuttgart, 1868.

Bild:
<< vorherige Seite

weitem am größten. Für jeden dieser drei Theile gilt aber ferner der
Satz, daß derselbe sich in ein System der Vorbildung und der Fach-
bildung scheidet; nur sind beide allerdings in jedem Theile nicht bloß
dem Namen, sondern auch dem Inhalte nach wesentlich anders. Das
Auftreten dieser Elemente erzeugt daher eine weitere, zweite Entwick-
lung des formalen Systems, und in diesem Theile ist es unabweisbar,
für bestimmte Richtungen und Anstalten bestimmte Namen zu acceptiren,
weil es sonst durchaus unmöglich bleibt, zu einem klaren, das Ganze
umfassenden Ueberblick zu gelangen, da hier die Gränzen schon an sich
oft nur sehr unsicher in der Wirklichkeit gezeichnet sind.

Das dritte und schwierigste Element der systematischen Auffassung
liegt nun aber wieder in dem höchsten Wesen aller Bildung, nach
welchem alle Formen und Stadien derselben wieder eins sind. Diese
innere geistige Einheit empfängt ihren Ausdruck in dem, was wir die
Uebergänge von einem bestimmten Zweige der Bildung zu einem
andern nennen. Diese Uebergänge nämlich erscheinen in doppelter Weise.
Entweder liegen sie schon in der bildenden Thätigkeit einer bestimmten
Anstalt selbst, oder sie sind in selbständigen, eigends die Funktion
des Ueberganges enthaltenden Anstalten gegeben. Sie sind von der
höchsten Wichtigkeit, weil sie die Träger der lebendigen und freien Be-
wegung bedeuten und sind; aber wie alle Uebergänge bedrohen sie die
formale Auffassung mit Verwirrung; jedoch nur so lange, als man ihre
Natur nicht kennt. Wir dürfen sie daher jetzt unbedenklich zulassen.

Auf dieser Grundlage nun wird es leicht sein, das formale Schema
des besonderen Theiles den einzelnen positiven Ausführungen vorauf-
zusenden. Die Ausfüllung der betreffenden Kategorien mit den ge-
gebenen Systemen der öffentlichen Bildungsanstalten eines einzelnen
Landes würden dann die statistische Gestalt, die Ausfüllung mit den
bezüglichen Gesetzen das öffentliche Recht des Bildungswesens geben.
Eine solche tabellarische Schematisirung hat das Recht, entweder als
Beginn oder als letzte Formulirung des Studiums zu gelten. Es kann
dieselbe nie genügen, aber es sollte auch niemals fehlen. Wir stellen
es daher dem positiven Recht und seiner Darstellung unbedenklich vor-
auf -- nicht als Wissenschaft, sondern als reine Form derselben, die
nicht mehr sein will als sie sein darf.


weitem am größten. Für jeden dieſer drei Theile gilt aber ferner der
Satz, daß derſelbe ſich in ein Syſtem der Vorbildung und der Fach-
bildung ſcheidet; nur ſind beide allerdings in jedem Theile nicht bloß
dem Namen, ſondern auch dem Inhalte nach weſentlich anders. Das
Auftreten dieſer Elemente erzeugt daher eine weitere, zweite Entwick-
lung des formalen Syſtems, und in dieſem Theile iſt es unabweisbar,
für beſtimmte Richtungen und Anſtalten beſtimmte Namen zu acceptiren,
weil es ſonſt durchaus unmöglich bleibt, zu einem klaren, das Ganze
umfaſſenden Ueberblick zu gelangen, da hier die Gränzen ſchon an ſich
oft nur ſehr unſicher in der Wirklichkeit gezeichnet ſind.

Das dritte und ſchwierigſte Element der ſyſtematiſchen Auffaſſung
liegt nun aber wieder in dem höchſten Weſen aller Bildung, nach
welchem alle Formen und Stadien derſelben wieder eins ſind. Dieſe
innere geiſtige Einheit empfängt ihren Ausdruck in dem, was wir die
Uebergänge von einem beſtimmten Zweige der Bildung zu einem
andern nennen. Dieſe Uebergänge nämlich erſcheinen in doppelter Weiſe.
Entweder liegen ſie ſchon in der bildenden Thätigkeit einer beſtimmten
Anſtalt ſelbſt, oder ſie ſind in ſelbſtändigen, eigends die Funktion
des Ueberganges enthaltenden Anſtalten gegeben. Sie ſind von der
höchſten Wichtigkeit, weil ſie die Träger der lebendigen und freien Be-
wegung bedeuten und ſind; aber wie alle Uebergänge bedrohen ſie die
formale Auffaſſung mit Verwirrung; jedoch nur ſo lange, als man ihre
Natur nicht kennt. Wir dürfen ſie daher jetzt unbedenklich zulaſſen.

Auf dieſer Grundlage nun wird es leicht ſein, das formale Schema
des beſonderen Theiles den einzelnen poſitiven Ausführungen vorauf-
zuſenden. Die Ausfüllung der betreffenden Kategorien mit den ge-
gebenen Syſtemen der öffentlichen Bildungsanſtalten eines einzelnen
Landes würden dann die ſtatiſtiſche Geſtalt, die Ausfüllung mit den
bezüglichen Geſetzen das öffentliche Recht des Bildungsweſens geben.
Eine ſolche tabellariſche Schematiſirung hat das Recht, entweder als
Beginn oder als letzte Formulirung des Studiums zu gelten. Es kann
dieſelbe nie genügen, aber es ſollte auch niemals fehlen. Wir ſtellen
es daher dem poſitiven Recht und ſeiner Darſtellung unbedenklich vor-
auf — nicht als Wiſſenſchaft, ſondern als reine Form derſelben, die
nicht mehr ſein will als ſie ſein darf.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0097" n="69"/>
weitem am größten. Für jeden die&#x017F;er drei Theile gilt aber ferner der<lb/>
Satz, daß der&#x017F;elbe &#x017F;ich in ein Sy&#x017F;tem der Vorbildung und der Fach-<lb/>
bildung &#x017F;cheidet; nur &#x017F;ind beide allerdings in jedem Theile nicht bloß<lb/>
dem Namen, &#x017F;ondern auch dem Inhalte nach we&#x017F;entlich anders. Das<lb/>
Auftreten die&#x017F;er Elemente erzeugt daher eine weitere, zweite Entwick-<lb/>
lung des formalen Sy&#x017F;tems, und in die&#x017F;em Theile i&#x017F;t es unabweisbar,<lb/>
für be&#x017F;timmte Richtungen und An&#x017F;talten be&#x017F;timmte Namen zu acceptiren,<lb/>
weil es &#x017F;on&#x017F;t <hi rendition="#g">durchaus</hi> unmöglich bleibt, zu einem klaren, das Ganze<lb/>
umfa&#x017F;&#x017F;enden Ueberblick zu gelangen, da hier die Gränzen &#x017F;chon an &#x017F;ich<lb/>
oft nur &#x017F;ehr un&#x017F;icher in der Wirklichkeit gezeichnet &#x017F;ind.</p><lb/>
          <p>Das dritte und &#x017F;chwierig&#x017F;te Element der &#x017F;y&#x017F;temati&#x017F;chen Auffa&#x017F;&#x017F;ung<lb/>
liegt nun aber wieder in dem höch&#x017F;ten We&#x017F;en aller Bildung, nach<lb/>
welchem <hi rendition="#g">alle</hi> Formen und Stadien der&#x017F;elben wieder <hi rendition="#g">eins</hi> &#x017F;ind. Die&#x017F;e<lb/>
innere gei&#x017F;tige Einheit empfängt ihren Ausdruck in dem, was wir die<lb/><hi rendition="#g">Uebergänge</hi> von einem be&#x017F;timmten Zweige der Bildung zu einem<lb/>
andern nennen. Die&#x017F;e Uebergänge nämlich er&#x017F;cheinen in doppelter Wei&#x017F;e.<lb/>
Entweder liegen &#x017F;ie &#x017F;chon in der bildenden Thätigkeit einer be&#x017F;timmten<lb/>
An&#x017F;talt &#x017F;elb&#x017F;t, oder &#x017F;ie &#x017F;ind in <hi rendition="#g">&#x017F;elb&#x017F;tändigen</hi>, eigends die Funktion<lb/>
des Ueberganges enthaltenden An&#x017F;talten gegeben. Sie &#x017F;ind von der<lb/>
höch&#x017F;ten Wichtigkeit, weil &#x017F;ie die Träger der lebendigen und freien Be-<lb/>
wegung bedeuten und &#x017F;ind; aber wie alle Uebergänge bedrohen &#x017F;ie die<lb/>
formale Auffa&#x017F;&#x017F;ung mit Verwirrung; jedoch nur &#x017F;o lange, als man ihre<lb/>
Natur nicht kennt. Wir dürfen &#x017F;ie daher jetzt unbedenklich zula&#x017F;&#x017F;en.</p><lb/>
          <p>Auf die&#x017F;er Grundlage nun wird es leicht &#x017F;ein, das formale Schema<lb/>
des be&#x017F;onderen Theiles den einzelnen po&#x017F;itiven Ausführungen vorauf-<lb/>
zu&#x017F;enden. Die Ausfüllung der betreffenden Kategorien mit den ge-<lb/>
gebenen Sy&#x017F;temen der öffentlichen Bildungsan&#x017F;talten eines einzelnen<lb/>
Landes würden dann die <hi rendition="#g">&#x017F;tati&#x017F;ti&#x017F;che</hi> Ge&#x017F;talt, die Ausfüllung mit den<lb/>
bezüglichen Ge&#x017F;etzen das öffentliche <hi rendition="#g">Recht</hi> des Bildungswe&#x017F;ens geben.<lb/>
Eine &#x017F;olche tabellari&#x017F;che Schemati&#x017F;irung hat das Recht, entweder als<lb/>
Beginn oder als letzte Formulirung des Studiums zu gelten. Es kann<lb/>
die&#x017F;elbe nie genügen, aber es &#x017F;ollte auch niemals fehlen. Wir &#x017F;tellen<lb/>
es daher dem po&#x017F;itiven Recht und &#x017F;einer Dar&#x017F;tellung unbedenklich vor-<lb/>
auf &#x2014; nicht als Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaft, &#x017F;ondern als reine Form der&#x017F;elben, die<lb/>
nicht mehr &#x017F;ein will als &#x017F;ie &#x017F;ein darf.</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[69/0097] weitem am größten. Für jeden dieſer drei Theile gilt aber ferner der Satz, daß derſelbe ſich in ein Syſtem der Vorbildung und der Fach- bildung ſcheidet; nur ſind beide allerdings in jedem Theile nicht bloß dem Namen, ſondern auch dem Inhalte nach weſentlich anders. Das Auftreten dieſer Elemente erzeugt daher eine weitere, zweite Entwick- lung des formalen Syſtems, und in dieſem Theile iſt es unabweisbar, für beſtimmte Richtungen und Anſtalten beſtimmte Namen zu acceptiren, weil es ſonſt durchaus unmöglich bleibt, zu einem klaren, das Ganze umfaſſenden Ueberblick zu gelangen, da hier die Gränzen ſchon an ſich oft nur ſehr unſicher in der Wirklichkeit gezeichnet ſind. Das dritte und ſchwierigſte Element der ſyſtematiſchen Auffaſſung liegt nun aber wieder in dem höchſten Weſen aller Bildung, nach welchem alle Formen und Stadien derſelben wieder eins ſind. Dieſe innere geiſtige Einheit empfängt ihren Ausdruck in dem, was wir die Uebergänge von einem beſtimmten Zweige der Bildung zu einem andern nennen. Dieſe Uebergänge nämlich erſcheinen in doppelter Weiſe. Entweder liegen ſie ſchon in der bildenden Thätigkeit einer beſtimmten Anſtalt ſelbſt, oder ſie ſind in ſelbſtändigen, eigends die Funktion des Ueberganges enthaltenden Anſtalten gegeben. Sie ſind von der höchſten Wichtigkeit, weil ſie die Träger der lebendigen und freien Be- wegung bedeuten und ſind; aber wie alle Uebergänge bedrohen ſie die formale Auffaſſung mit Verwirrung; jedoch nur ſo lange, als man ihre Natur nicht kennt. Wir dürfen ſie daher jetzt unbedenklich zulaſſen. Auf dieſer Grundlage nun wird es leicht ſein, das formale Schema des beſonderen Theiles den einzelnen poſitiven Ausführungen vorauf- zuſenden. Die Ausfüllung der betreffenden Kategorien mit den ge- gebenen Syſtemen der öffentlichen Bildungsanſtalten eines einzelnen Landes würden dann die ſtatiſtiſche Geſtalt, die Ausfüllung mit den bezüglichen Geſetzen das öffentliche Recht des Bildungsweſens geben. Eine ſolche tabellariſche Schematiſirung hat das Recht, entweder als Beginn oder als letzte Formulirung des Studiums zu gelten. Es kann dieſelbe nie genügen, aber es ſollte auch niemals fehlen. Wir ſtellen es daher dem poſitiven Recht und ſeiner Darſtellung unbedenklich vor- auf — nicht als Wiſſenſchaft, ſondern als reine Form derſelben, die nicht mehr ſein will als ſie ſein darf.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre05_1868
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre05_1868/97
Zitationshilfe: Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 5. Stuttgart, 1868, S. 69. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre05_1868/97>, abgerufen am 28.11.2024.