Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 5. Stuttgart, 1868.ist, daher vollberechtigt neben der übrigen geistigen Welt auftreten soll, Was endlich drittens die allgemeine Bildung betrifft, so entsteht, Stein, die Verwaltungslehre. V. 3
iſt, daher vollberechtigt neben der übrigen geiſtigen Welt auftreten ſoll, Was endlich drittens die allgemeine Bildung betrifft, ſo entſteht, Stein, die Verwaltungslehre. V. 3
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <p><pb facs="#f0061" n="33"/> iſt, daher vollberechtigt neben der übrigen geiſtigen Welt auftreten ſoll,<lb/> und dadurch auf gleiche geſellſchaftliche Ehre und Geltung Anſpruch<lb/> hat. An ſie ſchließt ſich dann die allgemeine Bewegung in dieſer Rich-<lb/> tung, welche unſer Jahrhundert charakteriſirt.</p><lb/> <p>Was endlich drittens die allgemeine Bildung betrifft, ſo entſteht,<lb/> eigentlich freilich erſt mit dem Ende des vorigen Jahrhunderts, das<lb/> was wir die <hi rendition="#g">Preſſe</hi> nennen, anfangs noch in Buchform; jedoch auch<lb/> als Buch ſich von der ſtrengen Berufspreſſe der gelehrten Schriften,<lb/> namentlich in den mit der Mitte des vorigen Jahrhunderts entſtehenden<lb/><hi rendition="#g">Encyclopädien</hi> ablöſend. Die Encyclopädie iſt das für die allge-<lb/> meine Bildung beſtimmte Buch. Ihr folgen die „Briefe,“ Flug- und<lb/> Zeitſchriften, Leihbibliotheken, und mit dem Schluß dieſer Uebergangs-<lb/> periode treten die Tagesblätter auf, anfangs unfertig, aber ſchon<lb/> tüchtige Kräfte an ſich heranziehend. Dieſe Form der geiſtigen Arbeit<lb/> iſt es, welche vor allem auf dem Bedürfniß der allgemein und <hi rendition="#g">gleichen</hi><lb/> Beſtimmung aller zur Theilnahme an den großen geiſtigen Aufgaben<lb/> der Menſchheit baſirt iſt. Was die Volksſchule möglich macht, und<lb/> was die Realſchule im Einzelnen vollbringt, das fängt jetzt die Preſſe<lb/> an, für das Ganze zu leiſten. Der Charakter derſelben iſt aber, dem<lb/> Geiſte der Zeit entſprechend, noch weſentlich negativ. Das Wort,<lb/> welches ihre dermalige Funktion am beſten bezeichnet, und das ſomit<lb/> einen jetzt ſchon halb vergeſſenen hiſtoriſchen Sinn hat, iſt die „Auf-<lb/> klärung.“ Die „Aufklärung“ bedeutet <hi rendition="#g">nicht</hi> ſo ſehr die Verbreitung<lb/> von Kenntniſſen, ſondern vielmehr die lebendige Erweckung der geiſtigen<lb/> Selbſtthätigkeit, aus welcher die individuelle Selbſtändigkeit der Staats-<lb/> bürger, dieſer Kern der ſtaatsbürgerlichen Geſellſchaft, hervorgehen ſoll.<lb/> Sie iſt der Proceß des Losreißens vom blinden Autoritätsglauben, die<lb/> Vernichtung der Abhängigkeit von dem Denken und von den hiſtori-<lb/> ſchen Traditionen, auf denen die ſtaatlichen Einrichtungen beruhen,<lb/> von dem Aberglauben, der ſie begleitet. <hi rendition="#g">Hier</hi> iſt es, wo die Philo-<lb/> ſophie des vorigen Jahrhunderts in gewaltigſter Weiſe eingegriffen hat;<lb/> ihre größte Funktion beſtand nicht in ihren Syſtemen, ſondern in der<lb/> Grundlage derſelben, der freien Thätigkeit des <hi rendition="#g">Selbſtdenkens</hi>. Und<lb/> dieß Selbſtdenken iſt das geiſtige Element des Staatsbürgerthums, wie<lb/> der gewerbliche Erwerb das materielle iſt. Daher erſcheint die Auf-<lb/> klärung als das allgemeine Princip der allgemeinen Bildung, vom<lb/> Volke angeſtrebt, von der Philoſophie getragen, von der jungen Staats-<lb/> wiſſenſchaft anerkannt und ſelbſt vom Staate gefördert. Ihre Bedeutung<lb/> iſt mit den Verſuchen zu ihrer Definition gegeben, die ſelbſt als hiſto-<lb/> riſche Thatſachen für die Geſchichte des Bildungsweſens erſcheinen. So<lb/> nennt <hi rendition="#g">Mendelsſohn</hi> ſie „die Entwicklung der vernünftigen Erkenntniſſe<lb/> <fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#g">Stein</hi>, die Verwaltungslehre. <hi rendition="#aq">V.</hi> 3</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [33/0061]
iſt, daher vollberechtigt neben der übrigen geiſtigen Welt auftreten ſoll,
und dadurch auf gleiche geſellſchaftliche Ehre und Geltung Anſpruch
hat. An ſie ſchließt ſich dann die allgemeine Bewegung in dieſer Rich-
tung, welche unſer Jahrhundert charakteriſirt.
Was endlich drittens die allgemeine Bildung betrifft, ſo entſteht,
eigentlich freilich erſt mit dem Ende des vorigen Jahrhunderts, das
was wir die Preſſe nennen, anfangs noch in Buchform; jedoch auch
als Buch ſich von der ſtrengen Berufspreſſe der gelehrten Schriften,
namentlich in den mit der Mitte des vorigen Jahrhunderts entſtehenden
Encyclopädien ablöſend. Die Encyclopädie iſt das für die allge-
meine Bildung beſtimmte Buch. Ihr folgen die „Briefe,“ Flug- und
Zeitſchriften, Leihbibliotheken, und mit dem Schluß dieſer Uebergangs-
periode treten die Tagesblätter auf, anfangs unfertig, aber ſchon
tüchtige Kräfte an ſich heranziehend. Dieſe Form der geiſtigen Arbeit
iſt es, welche vor allem auf dem Bedürfniß der allgemein und gleichen
Beſtimmung aller zur Theilnahme an den großen geiſtigen Aufgaben
der Menſchheit baſirt iſt. Was die Volksſchule möglich macht, und
was die Realſchule im Einzelnen vollbringt, das fängt jetzt die Preſſe
an, für das Ganze zu leiſten. Der Charakter derſelben iſt aber, dem
Geiſte der Zeit entſprechend, noch weſentlich negativ. Das Wort,
welches ihre dermalige Funktion am beſten bezeichnet, und das ſomit
einen jetzt ſchon halb vergeſſenen hiſtoriſchen Sinn hat, iſt die „Auf-
klärung.“ Die „Aufklärung“ bedeutet nicht ſo ſehr die Verbreitung
von Kenntniſſen, ſondern vielmehr die lebendige Erweckung der geiſtigen
Selbſtthätigkeit, aus welcher die individuelle Selbſtändigkeit der Staats-
bürger, dieſer Kern der ſtaatsbürgerlichen Geſellſchaft, hervorgehen ſoll.
Sie iſt der Proceß des Losreißens vom blinden Autoritätsglauben, die
Vernichtung der Abhängigkeit von dem Denken und von den hiſtori-
ſchen Traditionen, auf denen die ſtaatlichen Einrichtungen beruhen,
von dem Aberglauben, der ſie begleitet. Hier iſt es, wo die Philo-
ſophie des vorigen Jahrhunderts in gewaltigſter Weiſe eingegriffen hat;
ihre größte Funktion beſtand nicht in ihren Syſtemen, ſondern in der
Grundlage derſelben, der freien Thätigkeit des Selbſtdenkens. Und
dieß Selbſtdenken iſt das geiſtige Element des Staatsbürgerthums, wie
der gewerbliche Erwerb das materielle iſt. Daher erſcheint die Auf-
klärung als das allgemeine Princip der allgemeinen Bildung, vom
Volke angeſtrebt, von der Philoſophie getragen, von der jungen Staats-
wiſſenſchaft anerkannt und ſelbſt vom Staate gefördert. Ihre Bedeutung
iſt mit den Verſuchen zu ihrer Definition gegeben, die ſelbſt als hiſto-
riſche Thatſachen für die Geſchichte des Bildungsweſens erſcheinen. So
nennt Mendelsſohn ſie „die Entwicklung der vernünftigen Erkenntniſſe
Stein, die Verwaltungslehre. V. 3
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |