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Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 5. Stuttgart, 1868.

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Guizots Essai sur l'histoire et sur l'etat actuel de l'instruction
publique en France
1816. Schon in den zwanziger Jahren beginnt
aber die Literatur sich ernsthaft der wirthschaftlichen Bildung zuzuwenden
und sie zu fordern. M. C. Renouard (Considerations sur les la-
cunes de l'education secondaire en France
1824); M. Gasc (Con-
siderations sur la necessite et les moyens de reformer le systeme uni-
versitaire
1829). Guizots Gesetzgebung von 1833, welche der Ge-
meinde ihre Selbständigkeit in Unterrichtssachen geben sollte und nur
zum Theil gab, richtete dann den Blick nach Deutschland, Holland und
England; namentlich V. Cousin hat in seinem Werk über Hollands
Unterrichtswesen (s. oben) und dann in dem Buche das diesem folgt
(De l'instruction publique dans quelques parties de l'Allemagne et
particulierement en Prusse
1840) neben der Freiheit der Gemeinde
auch das wirthschaftliche Bildungswesen nachdrücklich hervorgehoben, ein
Gedanke, den St. Marc Girardin (De l'instruction intermediaire
et de son etat dans le midi de l'Allemagne
1835) schon früher
betont hatte. Die Bestrebungen Salvandys hatten zwar eine specielle
Richtung auf die gelehrte Bildung; aber kurz vor der letzten Revolution
tritt die Forderung nach größerer Berücksichtigung der wirthschaftlichen
Bildung aufs neue hervor, als Vorläufer der Ereignisse der Jahre 1848
und 1850; namentlich heben wir hervor M. C. Desprets (Des col-
leges, de l'instruction professionelle et des facultes
1847) und die
zweite bedeutende Arbeit von St. Marc Girardin (De l'instruction
intermediaire et de ses rapports avec l'instruction secondaire
1847).
Vielleicht wäre schon damals etwas geschehen, wenn die Februar-Revo-
lution nicht alles öffentliche Leben auf das politische Gebiet hinüberge-
drängt hätte. Doch erhielt sich der Gedanke, und während diese ge-
waltige Revolution die Universite gar nicht unmittelbar berührte, ver-
sprach sie im Art. 13 der Verfassung von 1848 die education professio-
nelle.
Nur wußte niemand recht, was damit zu machen sei und welches
Verhältniß dieses Gebiet des Bildungswesens zur Universite haben solle.
Der Minister des Unterrichts, Parieu setzte daher durch Erlaß vom
4. Juni 1850 eine Commission nieder mit dem Auftrage: "de preparer
un plan d'organisation de l'enseignement professionel approprie
aux lycees et colleges communaux."
Der Bericht dieser Commission
blieb demgemäß im Wesentlichen bei der Aufnahme des, derselben dunkel
vorschwebenden deutschen Realschulwesens stehen, ohne zum Gewerbe-
schulwesen überhaupt hinzugelangen; der Unterschied beider ward nicht
klar; und so entstand das Gesetz von 1852 mit seinem Bifurcations-
system, das um so weniger den eigentlichen Ideen der Sache entsprach,
als sich die Berücksichtigung der wirthschaftlichen Bildung in der

Guizots Essai sur l’histoire et sur l’état actuel de l’instruction
publique en France
1816. Schon in den zwanziger Jahren beginnt
aber die Literatur ſich ernſthaft der wirthſchaftlichen Bildung zuzuwenden
und ſie zu fordern. M. C. Renouard (Considérations sur les la-
cunes de l’éducation secondaire en France
1824); M. Gasc (Con-
sidérations sur la nécessité et les moyens de réformer le système uni-
versitaire
1829). Guizots Geſetzgebung von 1833, welche der Ge-
meinde ihre Selbſtändigkeit in Unterrichtsſachen geben ſollte und nur
zum Theil gab, richtete dann den Blick nach Deutſchland, Holland und
England; namentlich V. Couſin hat in ſeinem Werk über Hollands
Unterrichtsweſen (ſ. oben) und dann in dem Buche das dieſem folgt
(De l’instruction publique dans quelques parties de l’Allemagne et
particulièrement en Prusse
1840) neben der Freiheit der Gemeinde
auch das wirthſchaftliche Bildungsweſen nachdrücklich hervorgehoben, ein
Gedanke, den St. Marc Girardin (De l’instruction intermédiaire
et de son état dans le midi de l’Allemagne
1835) ſchon früher
betont hatte. Die Beſtrebungen Salvandys hatten zwar eine ſpecielle
Richtung auf die gelehrte Bildung; aber kurz vor der letzten Revolution
tritt die Forderung nach größerer Berückſichtigung der wirthſchaftlichen
Bildung aufs neue hervor, als Vorläufer der Ereigniſſe der Jahre 1848
und 1850; namentlich heben wir hervor M. C. Desprets (Des col-
lèges, de l’instruction professionelle et des facultés
1847) und die
zweite bedeutende Arbeit von St. Marc Girardin (De l’instruction
intermédiaire et de ses rapports avec l’instruction secondaire
1847).
Vielleicht wäre ſchon damals etwas geſchehen, wenn die Februar-Revo-
lution nicht alles öffentliche Leben auf das politiſche Gebiet hinüberge-
drängt hätte. Doch erhielt ſich der Gedanke, und während dieſe ge-
waltige Revolution die Université gar nicht unmittelbar berührte, ver-
ſprach ſie im Art. 13 der Verfaſſung von 1848 die éducation professio-
nelle.
Nur wußte niemand recht, was damit zu machen ſei und welches
Verhältniß dieſes Gebiet des Bildungsweſens zur Université haben ſolle.
Der Miniſter des Unterrichts, Parieu ſetzte daher durch Erlaß vom
4. Juni 1850 eine Commiſſion nieder mit dem Auftrage: „de préparer
un plan d’organisation de l’enseignement professionel approprié
aux lycées et collèges communaux.“
Der Bericht dieſer Commiſſion
blieb demgemäß im Weſentlichen bei der Aufnahme des, derſelben dunkel
vorſchwebenden deutſchen Realſchulweſens ſtehen, ohne zum Gewerbe-
ſchulweſen überhaupt hinzugelangen; der Unterſchied beider ward nicht
klar; und ſo entſtand das Geſetz von 1852 mit ſeinem Bifurcations-
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als ſich die Berückſichtigung der wirthſchaftlichen Bildung in der

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[294/0322] Guizots Essai sur l’histoire et sur l’état actuel de l’instruction publique en France 1816. Schon in den zwanziger Jahren beginnt aber die Literatur ſich ernſthaft der wirthſchaftlichen Bildung zuzuwenden und ſie zu fordern. M. C. Renouard (Considérations sur les la- cunes de l’éducation secondaire en France 1824); M. Gasc (Con- sidérations sur la nécessité et les moyens de réformer le système uni- versitaire 1829). Guizots Geſetzgebung von 1833, welche der Ge- meinde ihre Selbſtändigkeit in Unterrichtsſachen geben ſollte und nur zum Theil gab, richtete dann den Blick nach Deutſchland, Holland und England; namentlich V. Couſin hat in ſeinem Werk über Hollands Unterrichtsweſen (ſ. oben) und dann in dem Buche das dieſem folgt (De l’instruction publique dans quelques parties de l’Allemagne et particulièrement en Prusse 1840) neben der Freiheit der Gemeinde auch das wirthſchaftliche Bildungsweſen nachdrücklich hervorgehoben, ein Gedanke, den St. Marc Girardin (De l’instruction intermédiaire et de son état dans le midi de l’Allemagne 1835) ſchon früher betont hatte. Die Beſtrebungen Salvandys hatten zwar eine ſpecielle Richtung auf die gelehrte Bildung; aber kurz vor der letzten Revolution tritt die Forderung nach größerer Berückſichtigung der wirthſchaftlichen Bildung aufs neue hervor, als Vorläufer der Ereigniſſe der Jahre 1848 und 1850; namentlich heben wir hervor M. C. Desprets (Des col- lèges, de l’instruction professionelle et des facultés 1847) und die zweite bedeutende Arbeit von St. Marc Girardin (De l’instruction intermédiaire et de ses rapports avec l’instruction secondaire 1847). Vielleicht wäre ſchon damals etwas geſchehen, wenn die Februar-Revo- lution nicht alles öffentliche Leben auf das politiſche Gebiet hinüberge- drängt hätte. Doch erhielt ſich der Gedanke, und während dieſe ge- waltige Revolution die Université gar nicht unmittelbar berührte, ver- ſprach ſie im Art. 13 der Verfaſſung von 1848 die éducation professio- nelle. Nur wußte niemand recht, was damit zu machen ſei und welches Verhältniß dieſes Gebiet des Bildungsweſens zur Université haben ſolle. Der Miniſter des Unterrichts, Parieu ſetzte daher durch Erlaß vom 4. Juni 1850 eine Commiſſion nieder mit dem Auftrage: „de préparer un plan d’organisation de l’enseignement professionel approprié aux lycées et collèges communaux.“ Der Bericht dieſer Commiſſion blieb demgemäß im Weſentlichen bei der Aufnahme des, derſelben dunkel vorſchwebenden deutſchen Realſchulweſens ſtehen, ohne zum Gewerbe- ſchulweſen überhaupt hinzugelangen; der Unterſchied beider ward nicht klar; und ſo entſtand das Geſetz von 1852 mit ſeinem Bifurcations- ſyſtem, das um ſo weniger den eigentlichen Ideen der Sache entſprach, als ſich die Berückſichtigung der wirthſchaftlichen Bildung in der

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Zitationshilfe: Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 5. Stuttgart, 1868, S. 294. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre05_1868/322>, abgerufen am 24.11.2024.