Wir müssen daher versuchen, diese Grundlage aufzustellen und dadurch zu einem Princip und System des öffentlichen Rechts der- selben zu gelangen. In der That ist dieselbe an sich sehr einfach, wenn man sie nur in ihrer gehörigen, organischen Verbindung mit dem ge- sammten Bildungswesen auffaßt.
II. Das System der gewerblichen und wirthschaftlichen Bildungsanstalten.
(Die Fortbildungs- und die Vorbildungsschulen.)
Das, was wir das System dieser Anstalten nennen, beruht natür- lich nicht auf einer äußerlichen Schematisirung. Es geht vielmehr aus dem Verhältniß jeder einzelnen Art derselben zu demjenigen hervor, von welchem sie selber erzeugt sind und für welches sie arbeiten. Nur das, was sie zu leisten haben, darf uns endgültig erklären, was sie sind und sein sollen. Und das ist das praktische Leben und sein Be- dürfniß nach einer, für die wirthschaftlichen Zwecke desselben geordneten und begränzten gewerblichen Bildung. Das praktische Leben aber zeigt uns bei der zu bildenden Masse den angehenden Gliedern der wirth- schaftlichen Volksthätigkeit zwei große Gruppen, welche der Bildung be- dürfen. Die erste dieser Gruppen hat schon ihre künftige Bestimmung gewählt und will für diese schon feststehende Lebensaufgabe eine Weiter- bildung, welche daher die Aufgabe hat, für dieselbe den Berufs- bildungsproceß abzuschließen. Diese Gruppe wird gebildet durch die bereits in ein bestimmtes Handwerk eingetretenen Handwerker, die nun wieder Lehrlinge oder Gesellen sein können. Die zweite Gruppe da- gegen besteht aus denen, welche ihre specielle wirthschaftliche Laufbahn überhaupt erst wählen wollen. Für diese hat die wirthschaftliche Bildung einen ganz anderen Charakter. Hier ist sie nicht mehr eine Weiter- bildung, sondern vielmehr eine eigentliche Vorbildung. Diese Vor- bildung selbst ist eben deßhalb keine einfache mehr. Sie kann ihrer- seits die allgemeine Vorbildung für das eigentliche wirthschaftliche Leben sein (Realschule); sie kann aber auch noch die Möglichkeit des Ueber- ganges in die gelehrte Bildung voraussetzen und muß daher gewisse Ele- mente derselben aufnehmen (Realgymnasium). Das sind die natürlichen Grundlagen dieses Systems, und mit ihr ist es nun wohl nicht mehr schwierig, dasselbe in feste Kategorien zu ordnen und damit -- wo möglich! -- zu einer Uebereinstimmung in Wort und Sinn der gebrauchten Ausdrücke zu gelangen, ohne welche, wie wir wiederholen dürfen, zu einer festen Ordnung des öffentlichen Rechts nicht zu gelangen ist.
I. Die erste Gruppe bezeichnen wir demnach als die der Fort- bildungsschulen für das wirthschaftliche Leben. Diese nun scheiden
Wir müſſen daher verſuchen, dieſe Grundlage aufzuſtellen und dadurch zu einem Princip und Syſtem des öffentlichen Rechts der- ſelben zu gelangen. In der That iſt dieſelbe an ſich ſehr einfach, wenn man ſie nur in ihrer gehörigen, organiſchen Verbindung mit dem ge- ſammten Bildungsweſen auffaßt.
II. Das Syſtem der gewerblichen und wirthſchaftlichen Bildungsanſtalten.
(Die Fortbildungs- und die Vorbildungsſchulen.)
Das, was wir das Syſtem dieſer Anſtalten nennen, beruht natür- lich nicht auf einer äußerlichen Schematiſirung. Es geht vielmehr aus dem Verhältniß jeder einzelnen Art derſelben zu demjenigen hervor, von welchem ſie ſelber erzeugt ſind und für welches ſie arbeiten. Nur das, was ſie zu leiſten haben, darf uns endgültig erklären, was ſie ſind und ſein ſollen. Und das iſt das praktiſche Leben und ſein Be- dürfniß nach einer, für die wirthſchaftlichen Zwecke deſſelben geordneten und begränzten gewerblichen Bildung. Das praktiſche Leben aber zeigt uns bei der zu bildenden Maſſe den angehenden Gliedern der wirth- ſchaftlichen Volksthätigkeit zwei große Gruppen, welche der Bildung be- dürfen. Die erſte dieſer Gruppen hat ſchon ihre künftige Beſtimmung gewählt und will für dieſe ſchon feſtſtehende Lebensaufgabe eine Weiter- bildung, welche daher die Aufgabe hat, für dieſelbe den Berufs- bildungsproceß abzuſchließen. Dieſe Gruppe wird gebildet durch die bereits in ein beſtimmtes Handwerk eingetretenen Handwerker, die nun wieder Lehrlinge oder Geſellen ſein können. Die zweite Gruppe da- gegen beſteht aus denen, welche ihre ſpecielle wirthſchaftliche Laufbahn überhaupt erſt wählen wollen. Für dieſe hat die wirthſchaftliche Bildung einen ganz anderen Charakter. Hier iſt ſie nicht mehr eine Weiter- bildung, ſondern vielmehr eine eigentliche Vorbildung. Dieſe Vor- bildung ſelbſt iſt eben deßhalb keine einfache mehr. Sie kann ihrer- ſeits die allgemeine Vorbildung für das eigentliche wirthſchaftliche Leben ſein (Realſchule); ſie kann aber auch noch die Möglichkeit des Ueber- ganges in die gelehrte Bildung vorausſetzen und muß daher gewiſſe Ele- mente derſelben aufnehmen (Realgymnaſium). Das ſind die natürlichen Grundlagen dieſes Syſtems, und mit ihr iſt es nun wohl nicht mehr ſchwierig, daſſelbe in feſte Kategorien zu ordnen und damit — wo möglich! — zu einer Uebereinſtimmung in Wort und Sinn der gebrauchten Ausdrücke zu gelangen, ohne welche, wie wir wiederholen dürfen, zu einer feſten Ordnung des öffentlichen Rechts nicht zu gelangen iſt.
I. Die erſte Gruppe bezeichnen wir demnach als die der Fort- bildungsſchulen für das wirthſchaftliche Leben. Dieſe nun ſcheiden
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Wir müſſen daher verſuchen, dieſe Grundlage aufzuſtellen und
dadurch zu einem Princip und Syſtem des öffentlichen Rechts der-
ſelben zu gelangen. In der That iſt dieſelbe an ſich ſehr einfach, wenn
man ſie nur in ihrer gehörigen, organiſchen Verbindung mit dem ge-
ſammten Bildungsweſen auffaßt.
II. Das Syſtem der gewerblichen und wirthſchaftlichen Bildungsanſtalten.
(Die Fortbildungs- und die Vorbildungsſchulen.)
Das, was wir das Syſtem dieſer Anſtalten nennen, beruht natür-
lich nicht auf einer äußerlichen Schematiſirung. Es geht vielmehr aus
dem Verhältniß jeder einzelnen Art derſelben zu demjenigen hervor,
von welchem ſie ſelber erzeugt ſind und für welches ſie arbeiten. Nur
das, was ſie zu leiſten haben, darf uns endgültig erklären, was ſie
ſind und ſein ſollen. Und das iſt das praktiſche Leben und ſein Be-
dürfniß nach einer, für die wirthſchaftlichen Zwecke deſſelben geordneten
und begränzten gewerblichen Bildung. Das praktiſche Leben aber zeigt
uns bei der zu bildenden Maſſe den angehenden Gliedern der wirth-
ſchaftlichen Volksthätigkeit zwei große Gruppen, welche der Bildung be-
dürfen. Die erſte dieſer Gruppen hat ſchon ihre künftige Beſtimmung
gewählt und will für dieſe ſchon feſtſtehende Lebensaufgabe eine Weiter-
bildung, welche daher die Aufgabe hat, für dieſelbe den Berufs-
bildungsproceß abzuſchließen. Dieſe Gruppe wird gebildet durch die
bereits in ein beſtimmtes Handwerk eingetretenen Handwerker, die nun
wieder Lehrlinge oder Geſellen ſein können. Die zweite Gruppe da-
gegen beſteht aus denen, welche ihre ſpecielle wirthſchaftliche Laufbahn
überhaupt erſt wählen wollen. Für dieſe hat die wirthſchaftliche Bildung
einen ganz anderen Charakter. Hier iſt ſie nicht mehr eine Weiter-
bildung, ſondern vielmehr eine eigentliche Vorbildung. Dieſe Vor-
bildung ſelbſt iſt eben deßhalb keine einfache mehr. Sie kann ihrer-
ſeits die allgemeine Vorbildung für das eigentliche wirthſchaftliche Leben
ſein (Realſchule); ſie kann aber auch noch die Möglichkeit des Ueber-
ganges in die gelehrte Bildung vorausſetzen und muß daher gewiſſe Ele-
mente derſelben aufnehmen (Realgymnaſium). Das ſind die natürlichen
Grundlagen dieſes Syſtems, und mit ihr iſt es nun wohl nicht mehr
ſchwierig, daſſelbe in feſte Kategorien zu ordnen und damit — wo möglich!
— zu einer Uebereinſtimmung in Wort und Sinn der gebrauchten
Ausdrücke zu gelangen, ohne welche, wie wir wiederholen dürfen, zu
einer feſten Ordnung des öffentlichen Rechts nicht zu gelangen iſt.
I. Die erſte Gruppe bezeichnen wir demnach als die der Fort-
bildungsſchulen für das wirthſchaftliche Leben. Dieſe nun ſcheiden
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Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 5. Stuttgart, 1868, S. 250. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre05_1868/278>, abgerufen am 16.02.2025.
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