vom 9. Juni 1846, wozu eine Novelle vom 28. Februar 1861 gekom- men ist (Austria 1864, S. 149). Das Dienstprüfungswesen von Sachsen-Coburg beruht auf der Verordnung vom 24. April 1860; die Prüfung der Baugewerbtreibenden ist nach Aufhebung der Zunft- verfassung und Einführung des neuen Gewerbegesetzes vom 26. Juni 1863 durch Bekanntmachung vom 3. Februar 1864 geordnet (Austria 1864, Nro. 18). In Oldenburg ist die frühere Organisation der Dienstprüfungen vom 20. März 1830 durch die neue Organisation vom 21. August 1856 aufgehoben, und specielle Prüfungen für Steuer- ämter durch Gesetz vom 13. April 1864 als Complement des neuen Schifffahrtsgesetzes von 1856, so wie Prüfungen für Forstmänner durch Gesetz vom 14. April 1864 eingeführt (Austria ebend. S. 157 und 190). Sachsen-Weimar (Prüfungsordnung vom 11. Februar 1853); Anhalt-Dessau (Verordnung vom 22. Juli 1852). Aehnlich Braun- schweig (Verordnung vom 5. März und Instruktion vom 27. November 1850). In Mecklenburg bildet die Verordnung von 1837 die Grund- lage; reorganisirt wurde das ganze Prüfungswesen durch Verordnung von 1859, welche speciell Richteramtsprüfungen eingeführt hat. Die thierärztliche Prüfung ist durch Reglement vom 14. Juni 1858 und genauere Ausführung im Nachtrag vom 24. Oktober 1864 geordnet. In einigen kleineren Ländern wie Waldeck ist das örtliche Prüfungs- wesen dem preußischen Prüfungsrecht analog. Es ist klar, daß das hier Angeführte nur als Andeutung für eine selbständige Bearbeitung Werth hat; wir müssen die letztere für höchst wünschenswerth halten; manche weitere Beiträge siehe unten unter wirthschaftlicher Fachbildung.
Was nun das Prüfungswesen Frankreichs betrifft, so besteht das, was wir darüber haben finden können, in Folgendem. Eine all- gemeine Gesetzgebung gibt es nicht. Grundsatz ist, daß für die Medi- ciner das medicinische Doktorat Berufs- und Staatsprüfung zugleich ist; für die Lehrer gilt die Berufsprüfung der Facultes als Dienst- prüfung, eben so für die Juristen. Es wird für die letzteren angenom- men, daß jeder Jurist wenigstens Licencie en droit sein muß; die Be- dingungen dieser akademischen Grade unten bei der Darstellung der Facultes. Eine Richteramtsprüfung existirt unseres Wissens nicht; ein Gesetz über die Anstellung der Richter auch nicht. Nur über die An- stellung der Notaires ist bereits durch die Notariatsordnung vom Jahr XI vorgeschrieben, daß jeder Licencie en droit erst sechsjährige stage und dann ein "Zeugniß" der Befähigung von der Corporation der Notaires haben muß; eben so soll jeder Advokat nach der Advokaten- ordnung von 1822 dreijährige Stage (Conceptsdienst) und ein Zeug- niß der Befähigung von der Advokatenkammer beibringen. Für die
vom 9. Juni 1846, wozu eine Novelle vom 28. Februar 1861 gekom- men iſt (Auſtria 1864, S. 149). Das Dienſtprüfungsweſen von Sachſen-Coburg beruht auf der Verordnung vom 24. April 1860; die Prüfung der Baugewerbtreibenden iſt nach Aufhebung der Zunft- verfaſſung und Einführung des neuen Gewerbegeſetzes vom 26. Juni 1863 durch Bekanntmachung vom 3. Februar 1864 geordnet (Auſtria 1864, Nro. 18). In Oldenburg iſt die frühere Organiſation der Dienſtprüfungen vom 20. März 1830 durch die neue Organiſation vom 21. Auguſt 1856 aufgehoben, und ſpecielle Prüfungen für Steuer- ämter durch Geſetz vom 13. April 1864 als Complement des neuen Schifffahrtsgeſetzes von 1856, ſo wie Prüfungen für Forſtmänner durch Geſetz vom 14. April 1864 eingeführt (Auſtria ebend. S. 157 und 190). Sachſen-Weimar (Prüfungsordnung vom 11. Februar 1853); Anhalt-Deſſau (Verordnung vom 22. Juli 1852). Aehnlich Braun- ſchweig (Verordnung vom 5. März und Inſtruktion vom 27. November 1850). In Mecklenburg bildet die Verordnung von 1837 die Grund- lage; reorganiſirt wurde das ganze Prüfungsweſen durch Verordnung von 1859, welche ſpeciell Richteramtsprüfungen eingeführt hat. Die thierärztliche Prüfung iſt durch Reglement vom 14. Juni 1858 und genauere Ausführung im Nachtrag vom 24. Oktober 1864 geordnet. In einigen kleineren Ländern wie Waldeck iſt das örtliche Prüfungs- weſen dem preußiſchen Prüfungsrecht analog. Es iſt klar, daß das hier Angeführte nur als Andeutung für eine ſelbſtändige Bearbeitung Werth hat; wir müſſen die letztere für höchſt wünſchenswerth halten; manche weitere Beiträge ſiehe unten unter wirthſchaftlicher Fachbildung.
Was nun das Prüfungsweſen Frankreichs betrifft, ſo beſteht das, was wir darüber haben finden können, in Folgendem. Eine all- gemeine Geſetzgebung gibt es nicht. Grundſatz iſt, daß für die Medi- ciner das mediciniſche Doktorat Berufs- und Staatsprüfung zugleich iſt; für die Lehrer gilt die Berufsprüfung der Facultés als Dienſt- prüfung, eben ſo für die Juriſten. Es wird für die letzteren angenom- men, daß jeder Juriſt wenigſtens Licencié en droit ſein muß; die Be- dingungen dieſer akademiſchen Grade unten bei der Darſtellung der Facultés. Eine Richteramtsprüfung exiſtirt unſeres Wiſſens nicht; ein Geſetz über die Anſtellung der Richter auch nicht. Nur über die An- ſtellung der Notaires iſt bereits durch die Notariatsordnung vom Jahr XI vorgeſchrieben, daß jeder Licencié en droit erſt ſechsjährige stage und dann ein „Zeugniß“ der Befähigung von der Corporation der Notaires haben muß; eben ſo ſoll jeder Advokat nach der Advokaten- ordnung von 1822 dreijährige Stage (Conceptsdienſt) und ein Zeug- niß der Befähigung von der Advokatenkammer beibringen. Für die
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men iſt (Auſtria 1864, S. 149). Das Dienſtprüfungsweſen von
Sachſen-Coburg beruht auf der Verordnung vom 24. April 1860;
die Prüfung der Baugewerbtreibenden iſt nach Aufhebung der Zunft-
verfaſſung und Einführung des neuen Gewerbegeſetzes vom 26. Juni
1863 durch Bekanntmachung vom 3. Februar 1864 geordnet (Auſtria
1864, Nro. 18). In Oldenburg iſt die frühere Organiſation der
Dienſtprüfungen vom 20. März 1830 durch die neue Organiſation
vom 21. Auguſt 1856 aufgehoben, und ſpecielle Prüfungen für Steuer-
ämter durch Geſetz vom 13. April 1864 als Complement des neuen
Schifffahrtsgeſetzes von 1856, ſo wie Prüfungen für Forſtmänner
durch Geſetz vom 14. April 1864 eingeführt (Auſtria ebend. S. 157 und
190). Sachſen-Weimar (Prüfungsordnung vom 11. Februar 1853);
Anhalt-Deſſau (Verordnung vom 22. Juli 1852). Aehnlich Braun-
ſchweig (Verordnung vom 5. März und Inſtruktion vom 27. November
1850). In Mecklenburg bildet die Verordnung von 1837 die Grund-
lage; reorganiſirt wurde das ganze Prüfungsweſen durch Verordnung
von 1859, welche ſpeciell Richteramtsprüfungen eingeführt hat. Die
thierärztliche Prüfung iſt durch Reglement vom 14. Juni 1858 und
genauere Ausführung im Nachtrag vom 24. Oktober 1864 geordnet.
In einigen kleineren Ländern wie Waldeck iſt das örtliche Prüfungs-
weſen dem preußiſchen Prüfungsrecht analog. Es iſt klar, daß das
hier Angeführte nur als Andeutung für eine ſelbſtändige Bearbeitung
Werth hat; wir müſſen die letztere für höchſt wünſchenswerth halten;
manche weitere Beiträge ſiehe unten unter wirthſchaftlicher Fachbildung.
Was nun das Prüfungsweſen Frankreichs betrifft, ſo beſteht
das, was wir darüber haben finden können, in Folgendem. Eine all-
gemeine Geſetzgebung gibt es nicht. Grundſatz iſt, daß für die Medi-
ciner das mediciniſche Doktorat Berufs- und Staatsprüfung zugleich
iſt; für die Lehrer gilt die Berufsprüfung der Facultés als Dienſt-
prüfung, eben ſo für die Juriſten. Es wird für die letzteren angenom-
men, daß jeder Juriſt wenigſtens Licencié en droit ſein muß; die Be-
dingungen dieſer akademiſchen Grade unten bei der Darſtellung der
Facultés. Eine Richteramtsprüfung exiſtirt unſeres Wiſſens nicht; ein
Geſetz über die Anſtellung der Richter auch nicht. Nur über die An-
ſtellung der Notaires iſt bereits durch die Notariatsordnung vom Jahr
XI vorgeſchrieben, daß jeder Licencié en droit erſt ſechsjährige stage
und dann ein „Zeugniß“ der Befähigung von der Corporation der
Notaires haben muß; eben ſo ſoll jeder Advokat nach der Advokaten-
ordnung von 1822 dreijährige Stage (Conceptsdienſt) und ein Zeug-
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Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 5. Stuttgart, 1868, S. 188. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre05_1868/216>, abgerufen am 16.02.2025.
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