Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 5. Stuttgart, 1868.Das öffentliche Recht des Berufsbildungswesens hat daher dieselben Da nun die einzelnen Staaten jene drei großen gesellschaftlichen So allgemein nun auch, so hingestellt dieser Satz lauten mag, so Der öffentliche Charakter des Bildungswesens im Allgemeinen be- Das erste Moment ist offenbar die Bestimmung dessen, was der Hier nun gibt es drei Standpunkte, welche der Vergleichung zum Das öffentliche Recht des Berufsbildungsweſens hat daher dieſelben Da nun die einzelnen Staaten jene drei großen geſellſchaftlichen So allgemein nun auch, ſo hingeſtellt dieſer Satz lauten mag, ſo Der öffentliche Charakter des Bildungsweſens im Allgemeinen be- Das erſte Moment iſt offenbar die Beſtimmung deſſen, was der Hier nun gibt es drei Standpunkte, welche der Vergleichung zum <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <div n="6"> <p><pb facs="#f0194" n="166"/> Das öffentliche Recht des Berufsbildungsweſens hat daher dieſelben<lb/> Stadien zu durchlaufen, welche für die Entwicklung der Verwaltung<lb/> überhaupt gelten. Es wird daſſelbe naturgemäß in der Epoche der Ge-<lb/> ſchlechterordnung als ſtaatliches Recht ganz verſchwinden und das was<lb/> wir die Berufsbildung nennen, der Familie oder den Geſchlechtern ſelbſt<lb/> überlaſſen. Es wird in der ſtändiſchen Epoche, die eben auf dem Syſtem<lb/> der Berufe ruht, die Berufsbildung den ſtändiſchen Körperſchaften über-<lb/> laſſen und es wird erſt in der ſtaatsbürgerlichen Geſellſchaft ein für alle<lb/> Staatsbürger gültiges, aber auch für alle Staatsbürger gleiches Berufs-<lb/> bildungsrecht aufſtellen.</p><lb/> <p>Da nun die einzelnen Staaten jene drei großen geſellſchaftlichen<lb/> Epochen weder gleichmäßig durchgemacht, noch auch die Elemente der-<lb/> ſelben in gleicher Weiſe beibehalten oder beſeitigt haben, ſo ergibt ſich<lb/> wie für das geſammte Verwaltungsrecht, ſo auch für das Berufsbil-<lb/> dungsweſen, daß der Charakter des letzteren in jedem einzelnen Staate<lb/> in dem Verhältniß beſteht, in welchem der Staat gegenüber ſeinen ge-<lb/> ſellſchaftlichen Elementen das Princip des ſtaatsbürgerlichen Verwaltungs-<lb/> rechts zur Geltung gebracht hat.</p><lb/> <p>So allgemein nun auch, ſo hingeſtellt dieſer Satz lauten mag, ſo<lb/> bildet er dennoch die Grundlage aller Vergleichung des ſo tief verſchie-<lb/> denen Bildungsrechts in den einzelnen Staaten Europas. Und zwar<lb/> wird man hier das eigentliche Syſtem des Bildungsweſens und ſeinen<lb/> Charakter von dem des Prüfungsweſens ſcheiden müſſen.</p><lb/> <p>Der öffentliche Charakter des Bildungsweſens im Allgemeinen be-<lb/> ruht nämlich darauf, daß ſo wie die Verwaltung die öffentliche Bedeu-<lb/> tung des Berufes anerkennt, ſie auch die Berufsbildungsanſtalten nicht<lb/> mehr dem Zufall und der Einzelwillkür überlaſſen kann, ſondern ihnen<lb/> die Natur und das Recht <hi rendition="#g">öffentlicher Anſtalten</hi> verleihen muß.<lb/> Der Inhalt dieſes Rechts erſcheint dann durch die Entwicklung der<lb/> Momente, welche in dem Begriff einer öffentlichen Bildungsanſtalt liegen.</p><lb/> <p>Das erſte Moment iſt offenbar die Beſtimmung deſſen, was der<lb/> Staat als <hi rendition="#g">öffentlichen Beruf</hi> betrachtet. Das Syſtem der öffent-<lb/> lichen Berufe wird dann naturgemäß zum Syſtem der öffentlichen Bil-<lb/> dungsanſtalten ſelber werden. Denn die Verwaltung muß die Pflicht<lb/> anerkennen, diejenigen öffentlichen Bildungsanſtalten <hi rendition="#g">herzuſtellen</hi> und<lb/> zweitens in ihrer Bildungsthätigkeit zu <hi rendition="#g">ordnen</hi>, die für den aner-<lb/> kannten Beruf die geiſtigen Bedingungen liefern.</p><lb/> <p>Hier nun gibt es drei Standpunkte, welche der Vergleichung zum<lb/> Grunde liegen und welche wohl um ſo leichter verſtändlich ſein werden, als<lb/> die drei großen Culturvölker, England, Frankreich und Deutſchland, die-<lb/> ſelben ihrem ganzen öffentlichen Bildungsweſen zum Grunde gelegt haben.</p><lb/> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [166/0194]
Das öffentliche Recht des Berufsbildungsweſens hat daher dieſelben
Stadien zu durchlaufen, welche für die Entwicklung der Verwaltung
überhaupt gelten. Es wird daſſelbe naturgemäß in der Epoche der Ge-
ſchlechterordnung als ſtaatliches Recht ganz verſchwinden und das was
wir die Berufsbildung nennen, der Familie oder den Geſchlechtern ſelbſt
überlaſſen. Es wird in der ſtändiſchen Epoche, die eben auf dem Syſtem
der Berufe ruht, die Berufsbildung den ſtändiſchen Körperſchaften über-
laſſen und es wird erſt in der ſtaatsbürgerlichen Geſellſchaft ein für alle
Staatsbürger gültiges, aber auch für alle Staatsbürger gleiches Berufs-
bildungsrecht aufſtellen.
Da nun die einzelnen Staaten jene drei großen geſellſchaftlichen
Epochen weder gleichmäßig durchgemacht, noch auch die Elemente der-
ſelben in gleicher Weiſe beibehalten oder beſeitigt haben, ſo ergibt ſich
wie für das geſammte Verwaltungsrecht, ſo auch für das Berufsbil-
dungsweſen, daß der Charakter des letzteren in jedem einzelnen Staate
in dem Verhältniß beſteht, in welchem der Staat gegenüber ſeinen ge-
ſellſchaftlichen Elementen das Princip des ſtaatsbürgerlichen Verwaltungs-
rechts zur Geltung gebracht hat.
So allgemein nun auch, ſo hingeſtellt dieſer Satz lauten mag, ſo
bildet er dennoch die Grundlage aller Vergleichung des ſo tief verſchie-
denen Bildungsrechts in den einzelnen Staaten Europas. Und zwar
wird man hier das eigentliche Syſtem des Bildungsweſens und ſeinen
Charakter von dem des Prüfungsweſens ſcheiden müſſen.
Der öffentliche Charakter des Bildungsweſens im Allgemeinen be-
ruht nämlich darauf, daß ſo wie die Verwaltung die öffentliche Bedeu-
tung des Berufes anerkennt, ſie auch die Berufsbildungsanſtalten nicht
mehr dem Zufall und der Einzelwillkür überlaſſen kann, ſondern ihnen
die Natur und das Recht öffentlicher Anſtalten verleihen muß.
Der Inhalt dieſes Rechts erſcheint dann durch die Entwicklung der
Momente, welche in dem Begriff einer öffentlichen Bildungsanſtalt liegen.
Das erſte Moment iſt offenbar die Beſtimmung deſſen, was der
Staat als öffentlichen Beruf betrachtet. Das Syſtem der öffent-
lichen Berufe wird dann naturgemäß zum Syſtem der öffentlichen Bil-
dungsanſtalten ſelber werden. Denn die Verwaltung muß die Pflicht
anerkennen, diejenigen öffentlichen Bildungsanſtalten herzuſtellen und
zweitens in ihrer Bildungsthätigkeit zu ordnen, die für den aner-
kannten Beruf die geiſtigen Bedingungen liefern.
Hier nun gibt es drei Standpunkte, welche der Vergleichung zum
Grunde liegen und welche wohl um ſo leichter verſtändlich ſein werden, als
die drei großen Culturvölker, England, Frankreich und Deutſchland, die-
ſelben ihrem ganzen öffentlichen Bildungsweſen zum Grunde gelegt haben.
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