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Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 5. Stuttgart, 1868.

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Stelle (Regierung) verichten, da die Landesaufsicht (Landrath etc.) gleich-
falls ohne feste Competenz ist. Die Tüchtigkeit des Lehrerstandes gleicht
aber alles aus.

Bayern. Die Grundlage der Organisation bildet die Beil. VI.
zur Verfassungsurkunde; dann als Ausführung die Formations-
Verordnung
vom 17. December 1825. Einzelne Bestimmungen s.
unten. Die Rechtsverhältnisse beruhen auf dem Gegensatz der zwei
unfertigen Gedanken, daß erstlich alle Schullehrer unter der Oberauf-
sicht des Staats stehen und daher auch von der Behörde angestellt
werden, zweitens daß sie trotzdem keine "pragmatische Stellung" (amt-
liche) haben. (Pözl, Verwaltungsrecht §. 186.) Das System ist folgendes:

I. Ministerium.
II. Kreisregierung. (vacat). Distriktsschulinspektor, eventuell
Visitationen durch Regierungs-
Commissäre.
III. Ortsschulorgane als "Lokalschulinspektion" mit Visitation. Zusam-
mengesetzt
aus Ortsvorsteher, Geistlichen und Gemeinderäthen
ohne Scheidung ihrer Funktionen. -- Verwaltung der Stiftungen
bloß unter der Gemeinde.

Hier mangelt vor allem Klarheit in den Funktionen, nament-
lich bei der Ortsschule; wodurch die Organe der letztern in der Un-
möglichkeit sind, Mängel der Ortsverwaltung selbständig zur Sprache
zu bringen, ohne sich selbst anzuklagen. Die Scheidung der Aufsicht
und der Ortsschulverwaltung erscheint als durchaus nothwendig. Die
Organisirung der Lokalinspektion noch jetzt nach der Instruktion vom
3. September 1808. Qualifikationslisten des Distriktsinspektors über
die ganze Localschulinspektion (Ministerial-Erlaß vom 9. März und
31. August 1833); Organisirung der Visitationen (Verordnung vom
1. April 1832). Pözl, Verwaltungsrecht §. 188. Approbation der
Schulbücher von den Bischöfen (Rescript vom 8. April 1852. Vgl.
Klemm bei Schmid, Encyklopädie I. S. 430--32).

Baden. Vor 1830 sehr große Ungleichartigkeit. Entscheidend
dann die Verordnung über das Volksschulwesen vom 15. Mai 1834,
welche auch jetzt noch die Grundlage des bestehenden, mit vielen einzelnen
Verordnungen erweiterten Rechts ist. Sammlungen von Offenburg
und Schmid nebst der Literatur bei Holtzmann in Schmid, Ency-
clopädie I. S. 387. -- Weitläuftiges und verwickeltes System der Schul-
behörden. Oberschulbehörde (Oberrath für Juden) mit Religions-
und Schulconferenzen; dann die Bezirksbehörden mit Bezirksvisitationen;
örtlich der Pfarrer als Schulinspektor mit dem Schulvorstand aus
der Gemeinde gebildet. Ueber oder neben der Oberschulbehörde wieder

Stelle (Regierung) verichten, da die Landesaufſicht (Landrath ꝛc.) gleich-
falls ohne feſte Competenz iſt. Die Tüchtigkeit des Lehrerſtandes gleicht
aber alles aus.

Bayern. Die Grundlage der Organiſation bildet die Beil. VI.
zur Verfaſſungsurkunde; dann als Ausführung die Formations-
Verordnung
vom 17. December 1825. Einzelne Beſtimmungen ſ.
unten. Die Rechtsverhältniſſe beruhen auf dem Gegenſatz der zwei
unfertigen Gedanken, daß erſtlich alle Schullehrer unter der Oberauf-
ſicht des Staats ſtehen und daher auch von der Behörde angeſtellt
werden, zweitens daß ſie trotzdem keine „pragmatiſche Stellung“ (amt-
liche) haben. (Pözl, Verwaltungsrecht §. 186.) Das Syſtem iſt folgendes:

I. Miniſterium.
II. Kreisregierung. (vacat). Diſtriktsſchulinſpektor, eventuell
Viſitationen durch Regierungs-
Commiſſäre.
III. Ortsſchulorgane als „Lokalſchulinſpektion“ mit Viſitation. Zuſam-
mengeſetzt
aus Ortsvorſteher, Geiſtlichen und Gemeinderäthen
ohne Scheidung ihrer Funktionen. — Verwaltung der Stiftungen
bloß unter der Gemeinde.

Hier mangelt vor allem Klarheit in den Funktionen, nament-
lich bei der Ortsſchule; wodurch die Organe der letztern in der Un-
möglichkeit ſind, Mängel der Ortsverwaltung ſelbſtändig zur Sprache
zu bringen, ohne ſich ſelbſt anzuklagen. Die Scheidung der Aufſicht
und der Ortsſchulverwaltung erſcheint als durchaus nothwendig. Die
Organiſirung der Lokalinſpektion noch jetzt nach der Inſtruktion vom
3. September 1808. Qualifikationsliſten des Diſtriktsinſpektors über
die ganze Localſchulinſpektion (Miniſterial-Erlaß vom 9. März und
31. Auguſt 1833); Organiſirung der Viſitationen (Verordnung vom
1. April 1832). Pözl, Verwaltungsrecht §. 188. Approbation der
Schulbücher von den Biſchöfen (Reſcript vom 8. April 1852. Vgl.
Klemm bei Schmid, Encyklopädie I. S. 430—32).

Baden. Vor 1830 ſehr große Ungleichartigkeit. Entſcheidend
dann die Verordnung über das Volksſchulweſen vom 15. Mai 1834,
welche auch jetzt noch die Grundlage des beſtehenden, mit vielen einzelnen
Verordnungen erweiterten Rechts iſt. Sammlungen von Offenburg
und Schmid nebſt der Literatur bei Holtzmann in Schmid, Ency-
clopädie I. S. 387. — Weitläuftiges und verwickeltes Syſtem der Schul-
behörden. Oberſchulbehörde (Oberrath für Juden) mit Religions-
und Schulconferenzen; dann die Bezirksbehörden mit Bezirksviſitationen;
örtlich der Pfarrer als Schulinſpektor mit dem Schulvorſtand aus
der Gemeinde gebildet. Ueber oder neben der Oberſchulbehörde wieder

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[119/0147] Stelle (Regierung) verichten, da die Landesaufſicht (Landrath ꝛc.) gleich- falls ohne feſte Competenz iſt. Die Tüchtigkeit des Lehrerſtandes gleicht aber alles aus. Bayern. Die Grundlage der Organiſation bildet die Beil. VI. zur Verfaſſungsurkunde; dann als Ausführung die Formations- Verordnung vom 17. December 1825. Einzelne Beſtimmungen ſ. unten. Die Rechtsverhältniſſe beruhen auf dem Gegenſatz der zwei unfertigen Gedanken, daß erſtlich alle Schullehrer unter der Oberauf- ſicht des Staats ſtehen und daher auch von der Behörde angeſtellt werden, zweitens daß ſie trotzdem keine „pragmatiſche Stellung“ (amt- liche) haben. (Pözl, Verwaltungsrecht §. 186.) Das Syſtem iſt folgendes: I. Miniſterium. II. Kreisregierung. (vacat). Diſtriktsſchulinſpektor, eventuell Viſitationen durch Regierungs- Commiſſäre. III. Ortsſchulorgane als „Lokalſchulinſpektion“ mit Viſitation. Zuſam- mengeſetzt aus Ortsvorſteher, Geiſtlichen und Gemeinderäthen ohne Scheidung ihrer Funktionen. — Verwaltung der Stiftungen bloß unter der Gemeinde. Hier mangelt vor allem Klarheit in den Funktionen, nament- lich bei der Ortsſchule; wodurch die Organe der letztern in der Un- möglichkeit ſind, Mängel der Ortsverwaltung ſelbſtändig zur Sprache zu bringen, ohne ſich ſelbſt anzuklagen. Die Scheidung der Aufſicht und der Ortsſchulverwaltung erſcheint als durchaus nothwendig. Die Organiſirung der Lokalinſpektion noch jetzt nach der Inſtruktion vom 3. September 1808. Qualifikationsliſten des Diſtriktsinſpektors über die ganze Localſchulinſpektion (Miniſterial-Erlaß vom 9. März und 31. Auguſt 1833); Organiſirung der Viſitationen (Verordnung vom 1. April 1832). Pözl, Verwaltungsrecht §. 188. Approbation der Schulbücher von den Biſchöfen (Reſcript vom 8. April 1852. Vgl. Klemm bei Schmid, Encyklopädie I. S. 430—32). Baden. Vor 1830 ſehr große Ungleichartigkeit. Entſcheidend dann die Verordnung über das Volksſchulweſen vom 15. Mai 1834, welche auch jetzt noch die Grundlage des beſtehenden, mit vielen einzelnen Verordnungen erweiterten Rechts iſt. Sammlungen von Offenburg und Schmid nebſt der Literatur bei Holtzmann in Schmid, Ency- clopädie I. S. 387. — Weitläuftiges und verwickeltes Syſtem der Schul- behörden. Oberſchulbehörde (Oberrath für Juden) mit Religions- und Schulconferenzen; dann die Bezirksbehörden mit Bezirksviſitationen; örtlich der Pfarrer als Schulinſpektor mit dem Schulvorſtand aus der Gemeinde gebildet. Ueber oder neben der Oberſchulbehörde wieder

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Zitationshilfe: Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 5. Stuttgart, 1868, S. 119. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre05_1868/147>, abgerufen am 28.04.2024.