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Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 4. Stuttgart, 1867.

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begegnet werden soll. Es folgt daraus, daß das in diesem Sinne zu
Vollziehende nicht aus dem Urtheil eines Gerichtes, sondern aus der
freien und selbständigen Beurtheilung des Organes selbst hervorgehen
muß, welches eben zu handeln hat. Es folgt weiter, daß Natur und
Gränze solcher Vornahmen der Polizei daher auch von der Natur und
Gränze dieser Gefahr bedingt sein müssen. Es folgt endlich, daß das
Organ, welches solche Vornahmen seinerseits beschließt und durchführt,
auch für das, was es thut, für die in seiner Thätigkeit enthaltene
Beschränkung der staatsbürgerlichen Freiheit die Verantwortung
selbst zu übernehmen
hat. Und es ergibt sich mithin, daß hier
dieß Organ als ein selbstthätiges Organ der Verwaltung
auftritt, und eine im Wesen der inneren Verwaltung überhaupt lie-
gende, durch ihr Princip und durch ihre Objekte nicht etwa auf einem
einzelnen Punkte, sondern vielmehr in allen Gebieten der Verwaltung
gleichmäßig vorhandene und nothwendige Funktion der gesammten in-
neren Verwaltung ist. Diese Funktion nennen wir nun die Verwal-
tungspolizei
.

Es ergibt sich nun daraus zunächst, daß die gerichtliche Polizei
und die Verwaltungspolizei die beiden großen Grundformen aller Po-
lizei überhaupt sind. Die klare und bis ins Einzelne durchgeführte
Scheidung beider ist daher die erste Bedingung jeder förderlichen wissen-
schaftlichen Bearbeitung der eigentlichen Polizeilehre; ohne allen Zweifel
aber ist eine definitive Gestaltung dessen, was wir das Polizeirecht
nennen müssen, überhaupt nur durch diese strenge Unterscheidung mög-
lich, und speziell der Begriff der Sicherheitspolizei, wie wir ihn
als eigenes Gebiet der inneren Verwaltung im Folgenden aufstellen
müssen, ohne dieselbe undenkbar. Denn es scheint klar, daß in dem
ersten Falle das Recht der Polizei in den großen und allgemeinen
Grundsätzen des dienstlichen Gehorsams, im zweiten dagegen in
dem Recht der Polizeiverwaltung selber liege. Competenz und
Haftung übernimmt im ersten Falle das Gericht, im zweiten die Po-
lizei selbst. Demgemäß beruht auch das positive Recht des ersten Mo-
ments vorzugsweise auf den Strafproceßordnungen, das des zweiten
auf eigenen Gesetzen. Und es wäre daher bei der großen Einfachheit
dieser Begriffe überhaupt kein Zweifel darüber möglich, daß der Ausdruck
"gerichtliche Polizei" streng im obigen Sinne genommen werden müßte,
wenn nicht ein drittes Element, wieder mit eigenem Recht, hinzuträte.

Dieß Element besteht nun darin, daß die Verwaltungspolizei
ihrerseits auch ohne gerichtliche Aufforderung die allgemeine und spe-
zielle Verpflichtung hat, die Verbrecher zu verfolgen und sie den Ge-
richten zu überliefern. Sie ist daher hier in Wirklichkeit eine Polizei

begegnet werden ſoll. Es folgt daraus, daß das in dieſem Sinne zu
Vollziehende nicht aus dem Urtheil eines Gerichtes, ſondern aus der
freien und ſelbſtändigen Beurtheilung des Organes ſelbſt hervorgehen
muß, welches eben zu handeln hat. Es folgt weiter, daß Natur und
Gränze ſolcher Vornahmen der Polizei daher auch von der Natur und
Gränze dieſer Gefahr bedingt ſein müſſen. Es folgt endlich, daß das
Organ, welches ſolche Vornahmen ſeinerſeits beſchließt und durchführt,
auch für das, was es thut, für die in ſeiner Thätigkeit enthaltene
Beſchränkung der ſtaatsbürgerlichen Freiheit die Verantwortung
ſelbſt zu übernehmen
hat. Und es ergibt ſich mithin, daß hier
dieß Organ als ein ſelbſtthätiges Organ der Verwaltung
auftritt, und eine im Weſen der inneren Verwaltung überhaupt lie-
gende, durch ihr Princip und durch ihre Objekte nicht etwa auf einem
einzelnen Punkte, ſondern vielmehr in allen Gebieten der Verwaltung
gleichmäßig vorhandene und nothwendige Funktion der geſammten in-
neren Verwaltung iſt. Dieſe Funktion nennen wir nun die Verwal-
tungspolizei
.

Es ergibt ſich nun daraus zunächſt, daß die gerichtliche Polizei
und die Verwaltungspolizei die beiden großen Grundformen aller Po-
lizei überhaupt ſind. Die klare und bis ins Einzelne durchgeführte
Scheidung beider iſt daher die erſte Bedingung jeder förderlichen wiſſen-
ſchaftlichen Bearbeitung der eigentlichen Polizeilehre; ohne allen Zweifel
aber iſt eine definitive Geſtaltung deſſen, was wir das Polizeirecht
nennen müſſen, überhaupt nur durch dieſe ſtrenge Unterſcheidung mög-
lich, und ſpeziell der Begriff der Sicherheitspolizei, wie wir ihn
als eigenes Gebiet der inneren Verwaltung im Folgenden aufſtellen
müſſen, ohne dieſelbe undenkbar. Denn es ſcheint klar, daß in dem
erſten Falle das Recht der Polizei in den großen und allgemeinen
Grundſätzen des dienſtlichen Gehorſams, im zweiten dagegen in
dem Recht der Polizeiverwaltung ſelber liege. Competenz und
Haftung übernimmt im erſten Falle das Gericht, im zweiten die Po-
lizei ſelbſt. Demgemäß beruht auch das poſitive Recht des erſten Mo-
ments vorzugsweiſe auf den Strafproceßordnungen, das des zweiten
auf eigenen Geſetzen. Und es wäre daher bei der großen Einfachheit
dieſer Begriffe überhaupt kein Zweifel darüber möglich, daß der Ausdruck
„gerichtliche Polizei“ ſtreng im obigen Sinne genommen werden müßte,
wenn nicht ein drittes Element, wieder mit eigenem Recht, hinzuträte.

Dieß Element beſteht nun darin, daß die Verwaltungspolizei
ihrerſeits auch ohne gerichtliche Aufforderung die allgemeine und ſpe-
zielle Verpflichtung hat, die Verbrecher zu verfolgen und ſie den Ge-
richten zu überliefern. Sie iſt daher hier in Wirklichkeit eine Polizei

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[21/0043] begegnet werden ſoll. Es folgt daraus, daß das in dieſem Sinne zu Vollziehende nicht aus dem Urtheil eines Gerichtes, ſondern aus der freien und ſelbſtändigen Beurtheilung des Organes ſelbſt hervorgehen muß, welches eben zu handeln hat. Es folgt weiter, daß Natur und Gränze ſolcher Vornahmen der Polizei daher auch von der Natur und Gränze dieſer Gefahr bedingt ſein müſſen. Es folgt endlich, daß das Organ, welches ſolche Vornahmen ſeinerſeits beſchließt und durchführt, auch für das, was es thut, für die in ſeiner Thätigkeit enthaltene Beſchränkung der ſtaatsbürgerlichen Freiheit die Verantwortung ſelbſt zu übernehmen hat. Und es ergibt ſich mithin, daß hier dieß Organ als ein ſelbſtthätiges Organ der Verwaltung auftritt, und eine im Weſen der inneren Verwaltung überhaupt lie- gende, durch ihr Princip und durch ihre Objekte nicht etwa auf einem einzelnen Punkte, ſondern vielmehr in allen Gebieten der Verwaltung gleichmäßig vorhandene und nothwendige Funktion der geſammten in- neren Verwaltung iſt. Dieſe Funktion nennen wir nun die Verwal- tungspolizei. Es ergibt ſich nun daraus zunächſt, daß die gerichtliche Polizei und die Verwaltungspolizei die beiden großen Grundformen aller Po- lizei überhaupt ſind. Die klare und bis ins Einzelne durchgeführte Scheidung beider iſt daher die erſte Bedingung jeder förderlichen wiſſen- ſchaftlichen Bearbeitung der eigentlichen Polizeilehre; ohne allen Zweifel aber iſt eine definitive Geſtaltung deſſen, was wir das Polizeirecht nennen müſſen, überhaupt nur durch dieſe ſtrenge Unterſcheidung mög- lich, und ſpeziell der Begriff der Sicherheitspolizei, wie wir ihn als eigenes Gebiet der inneren Verwaltung im Folgenden aufſtellen müſſen, ohne dieſelbe undenkbar. Denn es ſcheint klar, daß in dem erſten Falle das Recht der Polizei in den großen und allgemeinen Grundſätzen des dienſtlichen Gehorſams, im zweiten dagegen in dem Recht der Polizeiverwaltung ſelber liege. Competenz und Haftung übernimmt im erſten Falle das Gericht, im zweiten die Po- lizei ſelbſt. Demgemäß beruht auch das poſitive Recht des erſten Mo- ments vorzugsweiſe auf den Strafproceßordnungen, das des zweiten auf eigenen Geſetzen. Und es wäre daher bei der großen Einfachheit dieſer Begriffe überhaupt kein Zweifel darüber möglich, daß der Ausdruck „gerichtliche Polizei“ ſtreng im obigen Sinne genommen werden müßte, wenn nicht ein drittes Element, wieder mit eigenem Recht, hinzuträte. Dieß Element beſteht nun darin, daß die Verwaltungspolizei ihrerſeits auch ohne gerichtliche Aufforderung die allgemeine und ſpe- zielle Verpflichtung hat, die Verbrecher zu verfolgen und ſie den Ge- richten zu überliefern. Sie iſt daher hier in Wirklichkeit eine Polizei

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Zitationshilfe: Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 4. Stuttgart, 1867, S. 21. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre04_1867/43>, abgerufen am 09.11.2024.