Einzelnen auf Schadenersatz mit dem Klagfundament der Nichtbeachtung der Public Nuisances Act. Das Gericht entscheidet dann. Dieß an sich sehr schöne System des Polizeirechts würde schwerlich zu etwas nützen, wenn das Interesse der Bewohner nicht vermöge der Selbstverwaltung ohnehin für diese Sicherheitspolizei sorgte. In Frankreich dagegen ist diese ganze Polizei in den Händen des Maire, der nichts als Beam- teter ist. Hier ist von einer Selbstverwaltung keine Rede, wohl aber hat Frankreich dafür sein treffliches Beschwerdeverfahren, das dieselbe in so vielen Punkten ersetzen muß. In Deutschland ist das Verhältniß ein vielgestaltiges, indem in einigen Beziehungen die Gemeinden, in anderen wieder die amtlichen Polizeibehörden, zum Theil auch die Gendarmerie eingreifen. Es ist vor der Hand unthunlich, darüber etwas Gemein- gültiges zu sagen. Die Polizeihandbücher von Funke für Sachsen, Roller für Württemberg, Mayerhofer und zum Theil auch Stubenrauch für Oesterreich geben das Einzelne; in Preußen hat diese niedere Polizeiver- waltung sogar in ähnlicher Weise eine eigene Literatur, wie die der Justices of peace in England und der Juges de paix in Frankreich in den Mannels etc. Vergl. namentlich das Werk von K. v. Schmid über die Polizeiverfassung (siehe oben; 2. Aufl. 1866). Der wesent- lichste Fortschritt besteht jedoch in den Polizeistrafgesetzbüchern (Württemberg, Bayern), welche ein objektives Recht und Verfahren bestimmen. Aber auch deren sind nur wenige, so daß wir sagen müssen, daß diese Sicherheitspolizei in Deutschland ganz als eine örtliche Rechtsbildung angesehen werden muß.
Einzelnen auf Schadenerſatz mit dem Klagfundament der Nichtbeachtung der Public Nuisances Act. Das Gericht entſcheidet dann. Dieß an ſich ſehr ſchöne Syſtem des Polizeirechts würde ſchwerlich zu etwas nützen, wenn das Intereſſe der Bewohner nicht vermöge der Selbſtverwaltung ohnehin für dieſe Sicherheitspolizei ſorgte. In Frankreich dagegen iſt dieſe ganze Polizei in den Händen des Maire, der nichts als Beam- teter iſt. Hier iſt von einer Selbſtverwaltung keine Rede, wohl aber hat Frankreich dafür ſein treffliches Beſchwerdeverfahren, das dieſelbe in ſo vielen Punkten erſetzen muß. In Deutſchland iſt das Verhältniß ein vielgeſtaltiges, indem in einigen Beziehungen die Gemeinden, in anderen wieder die amtlichen Polizeibehörden, zum Theil auch die Gendarmerie eingreifen. Es iſt vor der Hand unthunlich, darüber etwas Gemein- gültiges zu ſagen. Die Polizeihandbücher von Funke für Sachſen, Roller für Württemberg, Mayerhofer und zum Theil auch Stubenrauch für Oeſterreich geben das Einzelne; in Preußen hat dieſe niedere Polizeiver- waltung ſogar in ähnlicher Weiſe eine eigene Literatur, wie die der Justices of peace in England und der Juges de paix in Frankreich in den Mannels etc. Vergl. namentlich das Werk von K. v. Schmid über die Polizeiverfaſſung (ſiehe oben; 2. Aufl. 1866). Der weſent- lichſte Fortſchritt beſteht jedoch in den Polizeiſtrafgeſetzbüchern (Württemberg, Bayern), welche ein objektives Recht und Verfahren beſtimmen. Aber auch deren ſind nur wenige, ſo daß wir ſagen müſſen, daß dieſe Sicherheitspolizei in Deutſchland ganz als eine örtliche Rechtsbildung angeſehen werden muß.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0195"n="173"/>
Einzelnen auf Schadenerſatz mit dem Klagfundament der Nichtbeachtung<lb/>
der <hirendition="#aq">Public Nuisances Act.</hi> Das Gericht entſcheidet dann. Dieß an ſich<lb/>ſehr ſchöne Syſtem des Polizeirechts würde ſchwerlich zu etwas nützen,<lb/>
wenn das Intereſſe der Bewohner nicht vermöge der Selbſtverwaltung<lb/>
ohnehin für dieſe Sicherheitspolizei ſorgte. In Frankreich dagegen iſt<lb/>
dieſe ganze Polizei in den Händen des Maire, der nichts als Beam-<lb/>
teter iſt. Hier iſt von einer Selbſtverwaltung keine Rede, wohl aber<lb/>
hat Frankreich dafür ſein treffliches Beſchwerdeverfahren, das dieſelbe in<lb/>ſo vielen Punkten erſetzen muß. In Deutſchland iſt das Verhältniß ein<lb/>
vielgeſtaltiges, indem in einigen Beziehungen die Gemeinden, in anderen<lb/>
wieder die amtlichen Polizeibehörden, zum Theil auch die Gendarmerie<lb/>
eingreifen. Es iſt vor der Hand unthunlich, darüber etwas Gemein-<lb/>
gültiges zu ſagen. Die Polizeihandbücher von Funke für Sachſen, Roller<lb/>
für Württemberg, Mayerhofer und zum Theil auch Stubenrauch für<lb/>
Oeſterreich geben das Einzelne; in Preußen hat dieſe niedere Polizeiver-<lb/>
waltung ſogar in ähnlicher Weiſe eine eigene Literatur, wie die der<lb/><hirendition="#aq">Justices of peace</hi> in England und der <hirendition="#aq">Juges de paix</hi> in Frankreich<lb/>
in den <hirendition="#aq">Mannels etc.</hi> Vergl. namentlich das Werk von K. v. <hirendition="#g">Schmid</hi><lb/>
über die Polizeiverfaſſung (ſiehe oben; 2. Aufl. 1866). Der weſent-<lb/>
lichſte Fortſchritt beſteht jedoch in den <hirendition="#g">Polizeiſtrafgeſetzbüchern</hi><lb/>
(Württemberg, Bayern), welche ein objektives Recht und Verfahren<lb/>
beſtimmen. Aber auch deren ſind nur wenige, ſo daß wir ſagen müſſen,<lb/>
daß dieſe Sicherheitspolizei in Deutſchland ganz als eine <hirendition="#g">örtliche<lb/>
Rechtsbildung</hi> angeſehen werden muß.</p></div></div></div></div><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/></body></text></TEI>
[173/0195]
Einzelnen auf Schadenerſatz mit dem Klagfundament der Nichtbeachtung
der Public Nuisances Act. Das Gericht entſcheidet dann. Dieß an ſich
ſehr ſchöne Syſtem des Polizeirechts würde ſchwerlich zu etwas nützen,
wenn das Intereſſe der Bewohner nicht vermöge der Selbſtverwaltung
ohnehin für dieſe Sicherheitspolizei ſorgte. In Frankreich dagegen iſt
dieſe ganze Polizei in den Händen des Maire, der nichts als Beam-
teter iſt. Hier iſt von einer Selbſtverwaltung keine Rede, wohl aber
hat Frankreich dafür ſein treffliches Beſchwerdeverfahren, das dieſelbe in
ſo vielen Punkten erſetzen muß. In Deutſchland iſt das Verhältniß ein
vielgeſtaltiges, indem in einigen Beziehungen die Gemeinden, in anderen
wieder die amtlichen Polizeibehörden, zum Theil auch die Gendarmerie
eingreifen. Es iſt vor der Hand unthunlich, darüber etwas Gemein-
gültiges zu ſagen. Die Polizeihandbücher von Funke für Sachſen, Roller
für Württemberg, Mayerhofer und zum Theil auch Stubenrauch für
Oeſterreich geben das Einzelne; in Preußen hat dieſe niedere Polizeiver-
waltung ſogar in ähnlicher Weiſe eine eigene Literatur, wie die der
Justices of peace in England und der Juges de paix in Frankreich
in den Mannels etc. Vergl. namentlich das Werk von K. v. Schmid
über die Polizeiverfaſſung (ſiehe oben; 2. Aufl. 1866). Der weſent-
lichſte Fortſchritt beſteht jedoch in den Polizeiſtrafgeſetzbüchern
(Württemberg, Bayern), welche ein objektives Recht und Verfahren
beſtimmen. Aber auch deren ſind nur wenige, ſo daß wir ſagen müſſen,
daß dieſe Sicherheitspolizei in Deutſchland ganz als eine örtliche
Rechtsbildung angeſehen werden muß.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 4. Stuttgart, 1867, S. 173. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre04_1867/195>, abgerufen am 27.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.