seinem ordentlichen Richter entzogen werden, also durch keine Polizei ver- urtheilt werden kann, daß keine andere, als eine gesetzlich gültige Strafe ausgesprochen werden darf, und daß die Sicherheitspolizei die Verpflich- tung habe, den von ihr Ergriffenen in einer möglichst kurzen Frist vor den Richter zu stellen, der dann über die Fortdauer der Verhaftung u. s. w. entscheidet. Eben so ward das Hausrecht dahin bestimmt, daß der Polizei das Recht genommen wurde, als reine Sicherheitspolizei, also ohne gerichtlichen Befehl, das Haus zu betreten. Diese Grundsätze treten auf dem Continent bekanntlich zuerst in der Declaration des droits de l'homme et du citoyen vom 26. August 1789 auf, aber freilich noch in ganz abstrakter Form (art. 7: Un homme ne peut etre accuse, arrete ni detenu que dans les cas determines par la loi). Die folgenden Verfassungen behalten diesen allgemeinen Satz bei, ohne zum Hausrecht und zur Beschlagnahme überzugehen; die Charte vom 4. Juni 1814 und die von 1830 führen ihn wörtlich fort, und das Recht der drei andern sicherheitspolizeilichen Funktionen wird durch eigne Gesetze bestimmt. Allein der Grundgedanke, daß jenes Recht der persönlichen Freiheit eine der großen und unabweisbaren Grundlagen der staatsbürgerlichen Ordnung sei, erhält sich von da an dauernd im Bewußtsein der Völker, und den Ausdruck dieses Bewußtseins bildet dann die Aufnahme jenes abstrakten Princips fast in alle continentalen Verfassungen dieses Jahrhunderts. Dasselbe steht so fest, daß auch die neuesten Verfassungen, nicht nur Deutschlands, sondern auch die außer- deutschen, jenen Satz fast mit gleichen Worten wiederholen, wie das dänische Grundgesetz vom 3. Juni 1849 (VIII. §. 45 ff.), bis herab zum Grundgesetz von Serbien vom Jahre 1863 und Rumänien von 1866. Auf dieser Grundlage ließ sich dann allerdings leicht weiter bauen, und ein ausgebildetes System des Rechts der gerichtlichen Einzelpolizei errichten. Das ist nun zum Theil in einzelnen speziell dafür bestimmten Gesetzen geschehen; die Hauptbestimmungen jedoch bilden den Inhalt eines Theils der Strafproceßordnungen unseres Jahr- hunderts. Auch hier geht die französische Strafproceßordnung des Code d'Instr. crim. voran; ihr folgen dann langsam die der deutschen Staaten, welche jenes gerichtliche Polizeirecht sehr genau und gut ausgebildet haben. Und bei diesem System ist man nun in Betreff des gesetzlichen Polizeirechts formell stehen geblieben.
In der That aber war dabei ein sehr wesentliches Moment nicht klar gestellt, und das ist es, worauf es gerade für das Verwaltungs- recht ankommt. Unzweifelhaft nämlich gibt es eine Reihe von Fällen, in denen zwar wirklich geschehene Verbrechen vorliegen, in denen aber aus irgend einem Grunde ein gerichtlicher Auftrag an die Polizei nicht
ſeinem ordentlichen Richter entzogen werden, alſo durch keine Polizei ver- urtheilt werden kann, daß keine andere, als eine geſetzlich gültige Strafe ausgeſprochen werden darf, und daß die Sicherheitspolizei die Verpflich- tung habe, den von ihr Ergriffenen in einer möglichſt kurzen Friſt vor den Richter zu ſtellen, der dann über die Fortdauer der Verhaftung u. ſ. w. entſcheidet. Eben ſo ward das Hausrecht dahin beſtimmt, daß der Polizei das Recht genommen wurde, als reine Sicherheitspolizei, alſo ohne gerichtlichen Befehl, das Haus zu betreten. Dieſe Grundſätze treten auf dem Continent bekanntlich zuerſt in der Déclaration des droits de l’homme et du citoyen vom 26. Auguſt 1789 auf, aber freilich noch in ganz abſtrakter Form (art. 7: Un homme ne peut être accusé, arrêté ni détenu que dans les cas déterminés par la loi). Die folgenden Verfaſſungen behalten dieſen allgemeinen Satz bei, ohne zum Hausrecht und zur Beſchlagnahme überzugehen; die Charte vom 4. Juni 1814 und die von 1830 führen ihn wörtlich fort, und das Recht der drei andern ſicherheitspolizeilichen Funktionen wird durch eigne Geſetze beſtimmt. Allein der Grundgedanke, daß jenes Recht der perſönlichen Freiheit eine der großen und unabweisbaren Grundlagen der ſtaatsbürgerlichen Ordnung ſei, erhält ſich von da an dauernd im Bewußtſein der Völker, und den Ausdruck dieſes Bewußtſeins bildet dann die Aufnahme jenes abſtrakten Princips faſt in alle continentalen Verfaſſungen dieſes Jahrhunderts. Daſſelbe ſteht ſo feſt, daß auch die neueſten Verfaſſungen, nicht nur Deutſchlands, ſondern auch die außer- deutſchen, jenen Satz faſt mit gleichen Worten wiederholen, wie das däniſche Grundgeſetz vom 3. Juni 1849 (VIII. §. 45 ff.), bis herab zum Grundgeſetz von Serbien vom Jahre 1863 und Rumänien von 1866. Auf dieſer Grundlage ließ ſich dann allerdings leicht weiter bauen, und ein ausgebildetes Syſtem des Rechts der gerichtlichen Einzelpolizei errichten. Das iſt nun zum Theil in einzelnen ſpeziell dafür beſtimmten Geſetzen geſchehen; die Hauptbeſtimmungen jedoch bilden den Inhalt eines Theils der Strafproceßordnungen unſeres Jahr- hunderts. Auch hier geht die franzöſiſche Strafproceßordnung des Code d’Instr. crim. voran; ihr folgen dann langſam die der deutſchen Staaten, welche jenes gerichtliche Polizeirecht ſehr genau und gut ausgebildet haben. Und bei dieſem Syſtem iſt man nun in Betreff des geſetzlichen Polizeirechts formell ſtehen geblieben.
In der That aber war dabei ein ſehr weſentliches Moment nicht klar geſtellt, und das iſt es, worauf es gerade für das Verwaltungs- recht ankommt. Unzweifelhaft nämlich gibt es eine Reihe von Fällen, in denen zwar wirklich geſchehene Verbrechen vorliegen, in denen aber aus irgend einem Grunde ein gerichtlicher Auftrag an die Polizei nicht
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ſeinem ordentlichen Richter entzogen werden, alſo durch keine Polizei ver-
urtheilt werden kann, daß keine andere, als eine geſetzlich gültige Strafe
ausgeſprochen werden darf, und daß die Sicherheitspolizei die Verpflich-
tung habe, den von ihr Ergriffenen in einer möglichſt kurzen Friſt vor
den Richter zu ſtellen, der dann über die Fortdauer der Verhaftung
u. ſ. w. entſcheidet. Eben ſo ward das Hausrecht dahin beſtimmt, daß
der Polizei das Recht genommen wurde, als reine Sicherheitspolizei,
alſo ohne gerichtlichen Befehl, das Haus zu betreten. Dieſe Grundſätze
treten auf dem Continent bekanntlich zuerſt in der Déclaration des
droits de l’homme et du citoyen vom 26. Auguſt 1789 auf, aber
freilich noch in ganz abſtrakter Form (art. 7: Un homme ne peut
être accusé, arrêté ni détenu que dans les cas déterminés par la
loi). Die folgenden Verfaſſungen behalten dieſen allgemeinen Satz bei,
ohne zum Hausrecht und zur Beſchlagnahme überzugehen; die Charte
vom 4. Juni 1814 und die von 1830 führen ihn wörtlich fort, und das
Recht der drei andern ſicherheitspolizeilichen Funktionen wird durch
eigne Geſetze beſtimmt. Allein der Grundgedanke, daß jenes Recht der
perſönlichen Freiheit eine der großen und unabweisbaren Grundlagen
der ſtaatsbürgerlichen Ordnung ſei, erhält ſich von da an dauernd im
Bewußtſein der Völker, und den Ausdruck dieſes Bewußtſeins bildet
dann die Aufnahme jenes abſtrakten Princips faſt in alle continentalen
Verfaſſungen dieſes Jahrhunderts. Daſſelbe ſteht ſo feſt, daß auch die
neueſten Verfaſſungen, nicht nur Deutſchlands, ſondern auch die außer-
deutſchen, jenen Satz faſt mit gleichen Worten wiederholen, wie das
däniſche Grundgeſetz vom 3. Juni 1849 (VIII. §. 45 ff.), bis herab
zum Grundgeſetz von Serbien vom Jahre 1863 und Rumänien
von 1866. Auf dieſer Grundlage ließ ſich dann allerdings leicht weiter
bauen, und ein ausgebildetes Syſtem des Rechts der gerichtlichen
Einzelpolizei errichten. Das iſt nun zum Theil in einzelnen ſpeziell
dafür beſtimmten Geſetzen geſchehen; die Hauptbeſtimmungen jedoch
bilden den Inhalt eines Theils der Strafproceßordnungen unſeres Jahr-
hunderts. Auch hier geht die franzöſiſche Strafproceßordnung des Code
d’Instr. crim. voran; ihr folgen dann langſam die der deutſchen Staaten,
welche jenes gerichtliche Polizeirecht ſehr genau und gut ausgebildet
haben. Und bei dieſem Syſtem iſt man nun in Betreff des geſetzlichen
Polizeirechts formell ſtehen geblieben.
In der That aber war dabei ein ſehr weſentliches Moment nicht
klar geſtellt, und das iſt es, worauf es gerade für das Verwaltungs-
recht ankommt. Unzweifelhaft nämlich gibt es eine Reihe von Fällen,
in denen zwar wirklich geſchehene Verbrechen vorliegen, in denen aber
aus irgend einem Grunde ein gerichtlicher Auftrag an die Polizei nicht
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Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 4. Stuttgart, 1867, S. 136. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre04_1867/158>, abgerufen am 27.07.2024.
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