Beschränkungen der individuellen Freiheit durch die Organe der Sicher- heitspolizei, welche durch die Bedrohung der öffentlichen Sicherheit und Rechtsordnung durch den Einzelnen gefordert werden.
Diese Bedrohung oder Gefährdung ist es nun, welche durch ihre zwei Grundformen die zwei Grundformen der polizeilichen Thätigkeit und damit die zwei Rechtssysteme der Einzelpolizei hervorruft.
Jene Gefährdung kann nämlich einerseits in der durch die Thätig- keit der Betreffenden erzeugten Straflosigkeit einer bereits geschehenen Rechtsverletzung liegen, oder sie kann in der Gefahr bestehen, daß eine solche Verletzung des öffentlichen oder Privatrechts durch bestimmte Handlungen des Einzelnen demnächst entstehe. Beide Fälle der Ge- fahr, obwohl ganz ungleichartiger Natur, hat die Polzei abzuwenden. In beiden Fällen kann sie in die Lage kommen, um der öffentlichen Sicherheit willen in die Rechtssphäre des einzelnen Individuums ein- greifen zu müssen. In beiden Fällen muß die Aktion, welche ihr noth- wendig erscheint, bis zu einem gewissen Grade ihrem einseitigen Er- messen aus den bereits im allgemeinen Theile aufgestellten Gründen überlassen werden. Aber da in beiden Fällen die Unverletzlichkeit des Einzelnen zugleich erhalten und vor Irrthum und Willkür der Polizei geschützt werden soll, so muß jene Gränze für das Ermessen der Polizei rechtlich festgestellt werden. Und diejenigen rechtlichen Bestimmungen nun, durch welche dieß geschieht, bilden das Recht der Einzelpolizei.
Dem Obigen gemäß zerfällt dieß Recht der Einzelpolizei daher in zwei große Abtheilungen. Die Polizei kann nämlich zuerst bei jenen Eingriffen in die persönliche Freiheit als das vollziehende Organ der Rechtspflege oder des Gerichts auftreten, und dann ist sie gerichtliche Polizei. Oder sie kann als Organ der öffentlichen Rechtssicherheit die Sicherung der letzteren durch solche Eingriffe herstellen, und dann ist sie Sicherheitspolizei. Das Recht beider Arten der Funktionen ist schon früher bezeichnet. Das Recht der gerichtlichen Polizei besteht darin, daß die Einzelpolizei hier keine andere Verpflichtung hat, als die der Aus- führung eines Befehles, und daher auch keine Haftung übernimmt. Das Recht der Verantwortlichkeit für das, den Befehl gebende Gericht ist von dem Strafproceß vorgeschrieben, oder in den Instruktionen der Staatsanwaltschaft enthalten, und die Haftung der Polizei besteht daher eben nur in der richtigen Ausführung des Befehles. Die Formen dieser Ausführung und die Gränze, bis zu welcher diese Ausführung in den Eingriffen in die persönliche Freiheit gehen kann, sind in den gesetzlichen Vorschriften über das gerichtliche Verfahren bestimmt, wie bei Verhaftung, Haussuchung u. s. w. Alle diese Vorschriften bilden kein Polizeirecht, ganz gleichgültig, ob sie von der Polizei oder von einem
Beſchränkungen der individuellen Freiheit durch die Organe der Sicher- heitspolizei, welche durch die Bedrohung der öffentlichen Sicherheit und Rechtsordnung durch den Einzelnen gefordert werden.
Dieſe Bedrohung oder Gefährdung iſt es nun, welche durch ihre zwei Grundformen die zwei Grundformen der polizeilichen Thätigkeit und damit die zwei Rechtsſyſteme der Einzelpolizei hervorruft.
Jene Gefährdung kann nämlich einerſeits in der durch die Thätig- keit der Betreffenden erzeugten Strafloſigkeit einer bereits geſchehenen Rechtsverletzung liegen, oder ſie kann in der Gefahr beſtehen, daß eine ſolche Verletzung des öffentlichen oder Privatrechts durch beſtimmte Handlungen des Einzelnen demnächſt entſtehe. Beide Fälle der Ge- fahr, obwohl ganz ungleichartiger Natur, hat die Polzei abzuwenden. In beiden Fällen kann ſie in die Lage kommen, um der öffentlichen Sicherheit willen in die Rechtsſphäre des einzelnen Individuums ein- greifen zu müſſen. In beiden Fällen muß die Aktion, welche ihr noth- wendig erſcheint, bis zu einem gewiſſen Grade ihrem einſeitigen Er- meſſen aus den bereits im allgemeinen Theile aufgeſtellten Gründen überlaſſen werden. Aber da in beiden Fällen die Unverletzlichkeit des Einzelnen zugleich erhalten und vor Irrthum und Willkür der Polizei geſchützt werden ſoll, ſo muß jene Gränze für das Ermeſſen der Polizei rechtlich feſtgeſtellt werden. Und diejenigen rechtlichen Beſtimmungen nun, durch welche dieß geſchieht, bilden das Recht der Einzelpolizei.
Dem Obigen gemäß zerfällt dieß Recht der Einzelpolizei daher in zwei große Abtheilungen. Die Polizei kann nämlich zuerſt bei jenen Eingriffen in die perſönliche Freiheit als das vollziehende Organ der Rechtspflege oder des Gerichts auftreten, und dann iſt ſie gerichtliche Polizei. Oder ſie kann als Organ der öffentlichen Rechtsſicherheit die Sicherung der letzteren durch ſolche Eingriffe herſtellen, und dann iſt ſie Sicherheitspolizei. Das Recht beider Arten der Funktionen iſt ſchon früher bezeichnet. Das Recht der gerichtlichen Polizei beſteht darin, daß die Einzelpolizei hier keine andere Verpflichtung hat, als die der Aus- führung eines Befehles, und daher auch keine Haftung übernimmt. Das Recht der Verantwortlichkeit für das, den Befehl gebende Gericht iſt von dem Strafproceß vorgeſchrieben, oder in den Inſtruktionen der Staatsanwaltſchaft enthalten, und die Haftung der Polizei beſteht daher eben nur in der richtigen Ausführung des Befehles. Die Formen dieſer Ausführung und die Gränze, bis zu welcher dieſe Ausführung in den Eingriffen in die perſönliche Freiheit gehen kann, ſind in den geſetzlichen Vorſchriften über das gerichtliche Verfahren beſtimmt, wie bei Verhaftung, Hausſuchung u. ſ. w. Alle dieſe Vorſchriften bilden kein Polizeirecht, ganz gleichgültig, ob ſie von der Polizei oder von einem
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Beſchränkungen der individuellen Freiheit durch die Organe der Sicher-
heitspolizei, welche durch die Bedrohung der öffentlichen Sicherheit und
Rechtsordnung durch den Einzelnen gefordert werden.
Dieſe Bedrohung oder Gefährdung iſt es nun, welche durch ihre
zwei Grundformen die zwei Grundformen der polizeilichen Thätigkeit
und damit die zwei Rechtsſyſteme der Einzelpolizei hervorruft.
Jene Gefährdung kann nämlich einerſeits in der durch die Thätig-
keit der Betreffenden erzeugten Strafloſigkeit einer bereits geſchehenen
Rechtsverletzung liegen, oder ſie kann in der Gefahr beſtehen, daß
eine ſolche Verletzung des öffentlichen oder Privatrechts durch beſtimmte
Handlungen des Einzelnen demnächſt entſtehe. Beide Fälle der Ge-
fahr, obwohl ganz ungleichartiger Natur, hat die Polzei abzuwenden.
In beiden Fällen kann ſie in die Lage kommen, um der öffentlichen
Sicherheit willen in die Rechtsſphäre des einzelnen Individuums ein-
greifen zu müſſen. In beiden Fällen muß die Aktion, welche ihr noth-
wendig erſcheint, bis zu einem gewiſſen Grade ihrem einſeitigen Er-
meſſen aus den bereits im allgemeinen Theile aufgeſtellten Gründen
überlaſſen werden. Aber da in beiden Fällen die Unverletzlichkeit des
Einzelnen zugleich erhalten und vor Irrthum und Willkür der Polizei
geſchützt werden ſoll, ſo muß jene Gränze für das Ermeſſen der Polizei
rechtlich feſtgeſtellt werden. Und diejenigen rechtlichen Beſtimmungen
nun, durch welche dieß geſchieht, bilden das Recht der Einzelpolizei.
Dem Obigen gemäß zerfällt dieß Recht der Einzelpolizei daher in
zwei große Abtheilungen. Die Polizei kann nämlich zuerſt bei jenen
Eingriffen in die perſönliche Freiheit als das vollziehende Organ der
Rechtspflege oder des Gerichts auftreten, und dann iſt ſie gerichtliche
Polizei. Oder ſie kann als Organ der öffentlichen Rechtsſicherheit die
Sicherung der letzteren durch ſolche Eingriffe herſtellen, und dann iſt ſie
Sicherheitspolizei. Das Recht beider Arten der Funktionen iſt ſchon
früher bezeichnet. Das Recht der gerichtlichen Polizei beſteht darin, daß
die Einzelpolizei hier keine andere Verpflichtung hat, als die der Aus-
führung eines Befehles, und daher auch keine Haftung übernimmt. Das
Recht der Verantwortlichkeit für das, den Befehl gebende Gericht iſt
von dem Strafproceß vorgeſchrieben, oder in den Inſtruktionen der
Staatsanwaltſchaft enthalten, und die Haftung der Polizei beſteht daher
eben nur in der richtigen Ausführung des Befehles. Die Formen
dieſer Ausführung und die Gränze, bis zu welcher dieſe Ausführung
in den Eingriffen in die perſönliche Freiheit gehen kann, ſind in den
geſetzlichen Vorſchriften über das gerichtliche Verfahren beſtimmt, wie
bei Verhaftung, Hausſuchung u. ſ. w. Alle dieſe Vorſchriften bilden
kein Polizeirecht, ganz gleichgültig, ob ſie von der Polizei oder von einem
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Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 4. Stuttgart, 1867, S. 133. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre04_1867/155>, abgerufen am 28.07.2024.
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