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Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 3 (2,2). Stuttgart, 1867.

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angesehen wurden. Bis zum achtzehnten Jahrhundert blieb beides dann
unbeachtet. Die "Bäder" erscheinen als Einzelbäder, reines Heilmittel
in einzelnen Fällen, und gehören in dem Zunftwesen der "Bader" dem
niederen Heilwesen an. Mit dem achtzehnten Jahrhundert zieht aber
die allgemeine Gesundheitsverwaltung wieder die Heilbäder in den
Kreis ihrer Oberaufsicht, obgleich sie ihnen zunächst ganz den Charakter
von gewerblichen Unternehmungen läßt, aber das Heilwesen derselben
zu ordnen beginnt, während von öffentlichen Badeanstalten noch keine
Rede ist. Die letzteren entstehen dann mit unserem Jahrhundert,
und zwar auf Grundlage theils von Privatunternehmungen für das
Bedürfniß des Publikums, theils aber durch das Vereinswesen in
England als allgemeines Gesundheitsmittel mit speciellem socialem Zwecke
für die niederen Classen. Die wachsende Ueberzeugung von der unend-
lichen Wichtigkeit der Bäder für die öffentliche Gesundheit läßt dann
die Anlage solcher öffentlichen Badeanstalten als eine Aufgabe zunächst
der örtlichen Sanitätsverwaltungen erscheinen, deren Bedeutung auch
hier mit der Dichtigkeit der Bevölkerung zunimmt. Auf diese Weise
entstehen zwei große Gruppen des öffentlichen Rechts des Badewesens,
von denen namentlich die letztere viel mehr Aufmerksamkeit und
Anstrengungen fordert
, als ihr bisher in Literatur und Gesetz-
gebung zu Theil geworden ist.

Die Heilbäder oder Gesundbrunnen stehen nur unter einer allge-
mein öffentlichen Oberaufsicht, die meist nur den Schutz der Kranken
gegen Ausbeutung zur Aufgabe hat. Die medicinische Seite läßt
keine Gesetzgebung zu.

Die öffentlichen Badeanstalten dagegen haben ein doppeltes
Rechtsverhältniß.

Insofern sie gewerbliche Unternehmungen sind, stehen sie als
(genehmigte) Gewerbe unter den Gewerbeordnungen, und unter der
allgemeinen Sicherheitspolizei.

Die öffentlichen (Volks) Bäder dagegen sind, meistens leider
nur noch im Entstehen begriffene Anstalten für die (möglichst) freie
Benützung des Publikums, werden entweder von den Gemeinden oder
von Vereinen errichtet, und haben ihre einfachen administrativen und
sicherheitspolizeilichen örtlichen Ordnungen.


Die Gesetzgebung über die Heilbäder in Frankreich beginnt schon
im siebzehnten Jahrhundert (Mai 1603); die Grundzüge der Gesetz-
gebung des achtzehnten sind durch die Gesetze vom 3. Flor. an VIII
und 6 Niv. an IX und endlich durch die Ordonnanz vom 18. Juni 1823

angeſehen wurden. Bis zum achtzehnten Jahrhundert blieb beides dann
unbeachtet. Die „Bäder“ erſcheinen als Einzelbäder, reines Heilmittel
in einzelnen Fällen, und gehören in dem Zunftweſen der „Bader“ dem
niederen Heilweſen an. Mit dem achtzehnten Jahrhundert zieht aber
die allgemeine Geſundheitsverwaltung wieder die Heilbäder in den
Kreis ihrer Oberaufſicht, obgleich ſie ihnen zunächſt ganz den Charakter
von gewerblichen Unternehmungen läßt, aber das Heilweſen derſelben
zu ordnen beginnt, während von öffentlichen Badeanſtalten noch keine
Rede iſt. Die letzteren entſtehen dann mit unſerem Jahrhundert,
und zwar auf Grundlage theils von Privatunternehmungen für das
Bedürfniß des Publikums, theils aber durch das Vereinsweſen in
England als allgemeines Geſundheitsmittel mit ſpeciellem ſocialem Zwecke
für die niederen Claſſen. Die wachſende Ueberzeugung von der unend-
lichen Wichtigkeit der Bäder für die öffentliche Geſundheit läßt dann
die Anlage ſolcher öffentlichen Badeanſtalten als eine Aufgabe zunächſt
der örtlichen Sanitätsverwaltungen erſcheinen, deren Bedeutung auch
hier mit der Dichtigkeit der Bevölkerung zunimmt. Auf dieſe Weiſe
entſtehen zwei große Gruppen des öffentlichen Rechts des Badeweſens,
von denen namentlich die letztere viel mehr Aufmerkſamkeit und
Anſtrengungen fordert
, als ihr bisher in Literatur und Geſetz-
gebung zu Theil geworden iſt.

Die Heilbäder oder Geſundbrunnen ſtehen nur unter einer allge-
mein öffentlichen Oberaufſicht, die meiſt nur den Schutz der Kranken
gegen Ausbeutung zur Aufgabe hat. Die mediciniſche Seite läßt
keine Geſetzgebung zu.

Die öffentlichen Badeanſtalten dagegen haben ein doppeltes
Rechtsverhältniß.

Inſofern ſie gewerbliche Unternehmungen ſind, ſtehen ſie als
(genehmigte) Gewerbe unter den Gewerbeordnungen, und unter der
allgemeinen Sicherheitspolizei.

Die öffentlichen (Volks) Bäder dagegen ſind, meiſtens leider
nur noch im Entſtehen begriffene Anſtalten für die (möglichſt) freie
Benützung des Publikums, werden entweder von den Gemeinden oder
von Vereinen errichtet, und haben ihre einfachen adminiſtrativen und
ſicherheitspolizeilichen örtlichen Ordnungen.


Die Geſetzgebung über die Heilbäder in Frankreich beginnt ſchon
im ſiebzehnten Jahrhundert (Mai 1603); die Grundzüge der Geſetz-
gebung des achtzehnten ſind durch die Geſetze vom 3. Flor. an VIII
und 6 Niv. an IX und endlich durch die Ordonnanz vom 18. Juni 1823

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[132/0148] angeſehen wurden. Bis zum achtzehnten Jahrhundert blieb beides dann unbeachtet. Die „Bäder“ erſcheinen als Einzelbäder, reines Heilmittel in einzelnen Fällen, und gehören in dem Zunftweſen der „Bader“ dem niederen Heilweſen an. Mit dem achtzehnten Jahrhundert zieht aber die allgemeine Geſundheitsverwaltung wieder die Heilbäder in den Kreis ihrer Oberaufſicht, obgleich ſie ihnen zunächſt ganz den Charakter von gewerblichen Unternehmungen läßt, aber das Heilweſen derſelben zu ordnen beginnt, während von öffentlichen Badeanſtalten noch keine Rede iſt. Die letzteren entſtehen dann mit unſerem Jahrhundert, und zwar auf Grundlage theils von Privatunternehmungen für das Bedürfniß des Publikums, theils aber durch das Vereinsweſen in England als allgemeines Geſundheitsmittel mit ſpeciellem ſocialem Zwecke für die niederen Claſſen. Die wachſende Ueberzeugung von der unend- lichen Wichtigkeit der Bäder für die öffentliche Geſundheit läßt dann die Anlage ſolcher öffentlichen Badeanſtalten als eine Aufgabe zunächſt der örtlichen Sanitätsverwaltungen erſcheinen, deren Bedeutung auch hier mit der Dichtigkeit der Bevölkerung zunimmt. Auf dieſe Weiſe entſtehen zwei große Gruppen des öffentlichen Rechts des Badeweſens, von denen namentlich die letztere viel mehr Aufmerkſamkeit und Anſtrengungen fordert, als ihr bisher in Literatur und Geſetz- gebung zu Theil geworden iſt. Die Heilbäder oder Geſundbrunnen ſtehen nur unter einer allge- mein öffentlichen Oberaufſicht, die meiſt nur den Schutz der Kranken gegen Ausbeutung zur Aufgabe hat. Die mediciniſche Seite läßt keine Geſetzgebung zu. Die öffentlichen Badeanſtalten dagegen haben ein doppeltes Rechtsverhältniß. Inſofern ſie gewerbliche Unternehmungen ſind, ſtehen ſie als (genehmigte) Gewerbe unter den Gewerbeordnungen, und unter der allgemeinen Sicherheitspolizei. Die öffentlichen (Volks) Bäder dagegen ſind, meiſtens leider nur noch im Entſtehen begriffene Anſtalten für die (möglichſt) freie Benützung des Publikums, werden entweder von den Gemeinden oder von Vereinen errichtet, und haben ihre einfachen adminiſtrativen und ſicherheitspolizeilichen örtlichen Ordnungen. Die Geſetzgebung über die Heilbäder in Frankreich beginnt ſchon im ſiebzehnten Jahrhundert (Mai 1603); die Grundzüge der Geſetz- gebung des achtzehnten ſind durch die Geſetze vom 3. Flor. an VIII und 6 Niv. an IX und endlich durch die Ordonnanz vom 18. Juni 1823

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Zitationshilfe: Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 3 (2,2). Stuttgart, 1867, S. 132. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre03_1867/148>, abgerufen am 22.11.2024.