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Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 3 (2,2). Stuttgart, 1867.

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schaftliche Verrechnung ist sehr genau geordnet. Die Verpflichtung
zur Aufnahme gegen Zahlung ist allgemein; zur Zahlung verpflichtet ist
die Geburtsheimath bis zum fünfundzwanzigsten Jahre bei den indigents;
bei den Kranken gibt der bloße gewerbsmäßige Aufenthalt das Recht
zur Aufnahme. Nach dem Gesetz vom 7. August 1851 sur les hospices
wird jede Gemeinde gezwungen, die Verpflegungskosten ihrer Heimath-
berechtigten in einem anderen hospice oder hopital zu tragen, wenn
derselbe "prive de ressources" ist; doch kann das Departement dieselbe
unterstützen, und hat die letztere das Recht des Rekurses gegen die
zahlungsfähigen Angehörigen. Die Führung der Rechnungsbücher (livre
de souches
und livre de detail nebst Journal etc.) genau vorgeschrieben,
sowie die Kranken- und Todtenlisten. Die Ordonnanz vom 23. April
1823 und das Gesetz vom 18. Juli 1833 haben demgemäß die Theil-
nahme der Gemeinden an der Verwaltung der hospices geordnet. Das
Hospitalsrecht nimmt daher in Frankreich eigentlich den
Platz unseres deutschen Heimathswesens ein
und hat eine
große Literatur erzeugt. Hauptwerk: de Wattewille, Code de
l'administration charitable
1847. Neuere Bestimmungen und Literatur:
M. Doisy v. Hopitaux bei Block. Tardieu, Dictionnaire d'hy-
giene
ebend. Laferriere, Droit admin. II. L. II. T. II. ch. IV.
über die hospices und ihre wirthschaftliche Verwaltung; I. L. 1. 1. 2
über die hopitaux und ihre Vermögensverwaltung. -- Das Verhältniß
der Hospitäler in Belgien hat dagegen vielmehr den deutschen Cha-
rakter von Gemeindeanstalten oder Stiftungen (de Fooz, Droit adm.
belge, hospices civils IV.
364 und hospice de Messines ib. 395). --
Das System Oesterreichs beruht in etwas ähnlicher Weise auf dem
Unterschied zwischen Kranken (heilbaren) und Siechen (unheilbaren).
Grundsatz ist, daß die Kranken- und Siechenhäuser als Lokalanstalten
angesehen und daher von den Gemeinden erhalten werden (Dekret vom
22. Oktober 1822), dabei aber dennoch unter der Aufsicht der Bezirks-
und Kreisärzte stehen (Stubenrauch I. §. 262; Medicinalverordnung
vom 1. Oktober 1850). Pflicht zur Verpflegung wird nach Röm. Recht
durch das Allgem. bürgerliche Gesetzbuch zuerst den Ascendenten und
Descendenten (§§. 139, 143 und 154), dann der Gemeinde zugewiesen
(Gem. Ges. vom 17. März 1849), eventuell dem Landesfonds. Auf-
nahme allgemein gegen Krankenschein. Verhältniß der Kranken- und
Siechenhäuser (Erlaß vom 4. Dec. 1855; Stubenrauch II. 298).
Besondere Direktoren für die Aufnahme seit 4. Mai 1811; Bescheini-
gung des Pfarrers (Stubenrauch II. 354 und 356). -- Die Armen-
krankenpflege (out door relief derselben) beruht auf dem organisch durch-
geführten Grundsatz der Anstellung von Armenärzten, Wundärzten

ſchaftliche Verrechnung iſt ſehr genau geordnet. Die Verpflichtung
zur Aufnahme gegen Zahlung iſt allgemein; zur Zahlung verpflichtet iſt
die Geburtsheimath bis zum fünfundzwanzigſten Jahre bei den indigents;
bei den Kranken gibt der bloße gewerbsmäßige Aufenthalt das Recht
zur Aufnahme. Nach dem Geſetz vom 7. Auguſt 1851 sur les hospices
wird jede Gemeinde gezwungen, die Verpflegungskoſten ihrer Heimath-
berechtigten in einem anderen hospice oder hôpital zu tragen, wenn
derſelbe „privé de ressources“ iſt; doch kann das Departement dieſelbe
unterſtützen, und hat die letztere das Recht des Rekurſes gegen die
zahlungsfähigen Angehörigen. Die Führung der Rechnungsbücher (livre
de souches
und livre de detail nebſt Journal ꝛc.) genau vorgeſchrieben,
ſowie die Kranken- und Todtenliſten. Die Ordonnanz vom 23. April
1823 und das Geſetz vom 18. Juli 1833 haben demgemäß die Theil-
nahme der Gemeinden an der Verwaltung der hospices geordnet. Das
Hoſpitalsrecht nimmt daher in Frankreich eigentlich den
Platz unſeres deutſchen Heimathsweſens ein
und hat eine
große Literatur erzeugt. Hauptwerk: de Wattewille, Code de
l’administration charitable
1847. Neuere Beſtimmungen und Literatur:
M. Doisy v. Hôpitaux bei Block. Tardieu, Dictionnaire d’hy-
giène
ebend. Laferrière, Droit admin. II. L. II. T. II. ch. IV.
über die hospices und ihre wirthſchaftliche Verwaltung; I. L. 1. 1. 2
über die hôpitaux und ihre Vermögensverwaltung. — Das Verhältniß
der Hoſpitäler in Belgien hat dagegen vielmehr den deutſchen Cha-
rakter von Gemeindeanſtalten oder Stiftungen (de Fooz, Droit adm.
belge, hospices civils IV.
364 und hospice de Messines ib. 395). —
Das Syſtem Oeſterreichs beruht in etwas ähnlicher Weiſe auf dem
Unterſchied zwiſchen Kranken (heilbaren) und Siechen (unheilbaren).
Grundſatz iſt, daß die Kranken- und Siechenhäuſer als Lokalanſtalten
angeſehen und daher von den Gemeinden erhalten werden (Dekret vom
22. Oktober 1822), dabei aber dennoch unter der Aufſicht der Bezirks-
und Kreisärzte ſtehen (Stubenrauch I. §. 262; Medicinalverordnung
vom 1. Oktober 1850). Pflicht zur Verpflegung wird nach Röm. Recht
durch das Allgem. bürgerliche Geſetzbuch zuerſt den Aſcendenten und
Deſcendenten (§§. 139, 143 und 154), dann der Gemeinde zugewieſen
(Gem. Geſ. vom 17. März 1849), eventuell dem Landesfonds. Auf-
nahme allgemein gegen Krankenſchein. Verhältniß der Kranken- und
Siechenhäuſer (Erlaß vom 4. Dec. 1855; Stubenrauch II. 298).
Beſondere Direktoren für die Aufnahme ſeit 4. Mai 1811; Beſcheini-
gung des Pfarrers (Stubenrauch II. 354 und 356). — Die Armen-
krankenpflege (out door relief derſelben) beruht auf dem organiſch durch-
geführten Grundſatz der Anſtellung von Armenärzten, Wundärzten

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[125/0141] ſchaftliche Verrechnung iſt ſehr genau geordnet. Die Verpflichtung zur Aufnahme gegen Zahlung iſt allgemein; zur Zahlung verpflichtet iſt die Geburtsheimath bis zum fünfundzwanzigſten Jahre bei den indigents; bei den Kranken gibt der bloße gewerbsmäßige Aufenthalt das Recht zur Aufnahme. Nach dem Geſetz vom 7. Auguſt 1851 sur les hospices wird jede Gemeinde gezwungen, die Verpflegungskoſten ihrer Heimath- berechtigten in einem anderen hospice oder hôpital zu tragen, wenn derſelbe „privé de ressources“ iſt; doch kann das Departement dieſelbe unterſtützen, und hat die letztere das Recht des Rekurſes gegen die zahlungsfähigen Angehörigen. Die Führung der Rechnungsbücher (livre de souches und livre de detail nebſt Journal ꝛc.) genau vorgeſchrieben, ſowie die Kranken- und Todtenliſten. Die Ordonnanz vom 23. April 1823 und das Geſetz vom 18. Juli 1833 haben demgemäß die Theil- nahme der Gemeinden an der Verwaltung der hospices geordnet. Das Hoſpitalsrecht nimmt daher in Frankreich eigentlich den Platz unſeres deutſchen Heimathsweſens ein und hat eine große Literatur erzeugt. Hauptwerk: de Wattewille, Code de l’administration charitable 1847. Neuere Beſtimmungen und Literatur: M. Doisy v. Hôpitaux bei Block. Tardieu, Dictionnaire d’hy- giène ebend. Laferrière, Droit admin. II. L. II. T. II. ch. IV. über die hospices und ihre wirthſchaftliche Verwaltung; I. L. 1. 1. 2 über die hôpitaux und ihre Vermögensverwaltung. — Das Verhältniß der Hoſpitäler in Belgien hat dagegen vielmehr den deutſchen Cha- rakter von Gemeindeanſtalten oder Stiftungen (de Fooz, Droit adm. belge, hospices civils IV. 364 und hospice de Messines ib. 395). — Das Syſtem Oeſterreichs beruht in etwas ähnlicher Weiſe auf dem Unterſchied zwiſchen Kranken (heilbaren) und Siechen (unheilbaren). Grundſatz iſt, daß die Kranken- und Siechenhäuſer als Lokalanſtalten angeſehen und daher von den Gemeinden erhalten werden (Dekret vom 22. Oktober 1822), dabei aber dennoch unter der Aufſicht der Bezirks- und Kreisärzte ſtehen (Stubenrauch I. §. 262; Medicinalverordnung vom 1. Oktober 1850). Pflicht zur Verpflegung wird nach Röm. Recht durch das Allgem. bürgerliche Geſetzbuch zuerſt den Aſcendenten und Deſcendenten (§§. 139, 143 und 154), dann der Gemeinde zugewieſen (Gem. Geſ. vom 17. März 1849), eventuell dem Landesfonds. Auf- nahme allgemein gegen Krankenſchein. Verhältniß der Kranken- und Siechenhäuſer (Erlaß vom 4. Dec. 1855; Stubenrauch II. 298). Beſondere Direktoren für die Aufnahme ſeit 4. Mai 1811; Beſcheini- gung des Pfarrers (Stubenrauch II. 354 und 356). — Die Armen- krankenpflege (out door relief derſelben) beruht auf dem organiſch durch- geführten Grundſatz der Anſtellung von Armenärzten, Wundärzten

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Zitationshilfe: Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 3 (2,2). Stuttgart, 1867, S. 125. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre03_1867/141>, abgerufen am 09.05.2024.