Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 2 (2,1). Stuttgart, 1866.Fall, wo sich beide trennen. Es ist der, wo ein Ministerium abtritt. Nachdem wir auf diese Weise die Vollziehung von der Verwaltung Die innere Verwaltung des Staats umfaßt daher die Gesammt- Wenn wir nun von der Ueberzeugung ausgehen, daß diese innere Fall, wo ſich beide trennen. Es iſt der, wo ein Miniſterium abtritt. Nachdem wir auf dieſe Weiſe die Vollziehung von der Verwaltung Die innere Verwaltung des Staats umfaßt daher die Geſammt- Wenn wir nun von der Ueberzeugung ausgehen, daß dieſe innere <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0027" n="5"/> Fall, wo ſich beide trennen. Es iſt der, wo ein Miniſterium abtritt.<lb/> Das Miniſterium bezeichnet eben in dieſem Fall den Träger des Prin-<lb/> cips der Verwaltung. Dieſe bleibt, aber die Regierung ändert ſich.<lb/> Und es wird daher auch leicht verſtändlich ſein, wenn wir ſagen, daß<lb/> man eine Regierung angreifen kann, ohne die Verwaltung anzugreifen,<lb/> und umgekehrt, und daß ſich bei gleicher Regierung die Verwaltung<lb/> ändern kann, und bei gleicher Verwaltung die Regierung. Der Unter-<lb/> ſchied zwiſchen beiden iſt daher ein praktiſcher; nur kann er natürlich<lb/> nicht in den einzelnen Thätigkeiten zur Erſcheinung kommen. Und da wir<lb/> im Folgenden mit den einzelnen Thätigkeiten zu thun haben, ſo iſt damit<lb/> das ganze Gebiet dieſer Frage als ein für uns hier erledigtes anzuſehen.</p><lb/> <p>Nachdem wir auf dieſe Weiſe die Vollziehung von der Verwaltung<lb/> unterſchieden, haben wir dieſe eigentliche Verwaltung nun ſyſtematiſiren<lb/> müſſen. Wir haben dabei den Satz zum Grunde gelegt, daß der Be-<lb/> griff der Verwaltung, für ſich betrachtet, weder ein Syſtem hat noch<lb/> haben kann, ſondern daß ſein Syſtem ihm durch ſeinen Inhalt gegeben<lb/> wird. Dieſer Inhalt iſt das Leben des Staats; die großen Elemente<lb/> des Staatslebens bilden daher auch die großen Gebiete, und mit ihnen<lb/> das Syſtem der Verwaltung. Dieſe Lebensgebiete — oder dieſe Ob-<lb/> jekte der Verwaltung waren nun <choice><sic>folgenden</sic><corr>folgende</corr></choice>: zuerſt das Güterleben des<lb/> Staats, welches die <hi rendition="#g">Staatswirthſchaft</hi> als das erſte Gebiet der<lb/> Verwaltung ergänzt; dann die rechtliche Selbſtändigkeit der Einzelnen<lb/> einander gegenüber, welche als Gegenſtand der Verwaltung zur <hi rendition="#g">Rechts-<lb/> pflege</hi> wird; und endlich die individuelle Entwicklung der einzelnen<lb/> Staatsangehörigen, welche als Aufgabe des Staats den dritten Theil<lb/> der Verwaltung oder die <hi rendition="#g">innere Verwaltung</hi> bildet.</p><lb/> <p>Die innere Verwaltung des Staats umfaßt daher die Geſammt-<lb/> heit <hi rendition="#g">aller derjenigen wirklichen Thätigkeiten des Staats,<lb/> deren Aufgabe und letztes Ziel ſich als die individuelle<lb/> Entwicklung aller dem Staate angehörenden einzelnen Per-<lb/> ſönlichkeiten</hi> — und zwar im weiteſten Sinne des Wortes — darſtellt.<lb/> Die <hi rendition="#g">innere Verwaltungslehre</hi> ihrerſeits enthält die Geſammtheit der<lb/> Grundſätze im Staate, durch welche ſich dieſe Thätigkeit der innern<lb/> Verwaltung im Ganzen wie im Einzelnen beſtimmen ſoll. — Das iſt<lb/> nun dasjenige, was wir als die äußerliche Definition der Verwaltung<lb/> und Verwaltungslehre zu betrachten haben.</p><lb/> <p>Wenn wir nun von der Ueberzeugung ausgehen, daß dieſe innere<lb/> Verwaltung das höchſte Gebiet des Staatslebens und die innerlich und<lb/> äußerlich reichſte Aufgabe deſſelben enthält, ſo müſſen wir dieſe Auf-<lb/> faſſung allerdings näher begründen.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [5/0027]
Fall, wo ſich beide trennen. Es iſt der, wo ein Miniſterium abtritt.
Das Miniſterium bezeichnet eben in dieſem Fall den Träger des Prin-
cips der Verwaltung. Dieſe bleibt, aber die Regierung ändert ſich.
Und es wird daher auch leicht verſtändlich ſein, wenn wir ſagen, daß
man eine Regierung angreifen kann, ohne die Verwaltung anzugreifen,
und umgekehrt, und daß ſich bei gleicher Regierung die Verwaltung
ändern kann, und bei gleicher Verwaltung die Regierung. Der Unter-
ſchied zwiſchen beiden iſt daher ein praktiſcher; nur kann er natürlich
nicht in den einzelnen Thätigkeiten zur Erſcheinung kommen. Und da wir
im Folgenden mit den einzelnen Thätigkeiten zu thun haben, ſo iſt damit
das ganze Gebiet dieſer Frage als ein für uns hier erledigtes anzuſehen.
Nachdem wir auf dieſe Weiſe die Vollziehung von der Verwaltung
unterſchieden, haben wir dieſe eigentliche Verwaltung nun ſyſtematiſiren
müſſen. Wir haben dabei den Satz zum Grunde gelegt, daß der Be-
griff der Verwaltung, für ſich betrachtet, weder ein Syſtem hat noch
haben kann, ſondern daß ſein Syſtem ihm durch ſeinen Inhalt gegeben
wird. Dieſer Inhalt iſt das Leben des Staats; die großen Elemente
des Staatslebens bilden daher auch die großen Gebiete, und mit ihnen
das Syſtem der Verwaltung. Dieſe Lebensgebiete — oder dieſe Ob-
jekte der Verwaltung waren nun folgende: zuerſt das Güterleben des
Staats, welches die Staatswirthſchaft als das erſte Gebiet der
Verwaltung ergänzt; dann die rechtliche Selbſtändigkeit der Einzelnen
einander gegenüber, welche als Gegenſtand der Verwaltung zur Rechts-
pflege wird; und endlich die individuelle Entwicklung der einzelnen
Staatsangehörigen, welche als Aufgabe des Staats den dritten Theil
der Verwaltung oder die innere Verwaltung bildet.
Die innere Verwaltung des Staats umfaßt daher die Geſammt-
heit aller derjenigen wirklichen Thätigkeiten des Staats,
deren Aufgabe und letztes Ziel ſich als die individuelle
Entwicklung aller dem Staate angehörenden einzelnen Per-
ſönlichkeiten — und zwar im weiteſten Sinne des Wortes — darſtellt.
Die innere Verwaltungslehre ihrerſeits enthält die Geſammtheit der
Grundſätze im Staate, durch welche ſich dieſe Thätigkeit der innern
Verwaltung im Ganzen wie im Einzelnen beſtimmen ſoll. — Das iſt
nun dasjenige, was wir als die äußerliche Definition der Verwaltung
und Verwaltungslehre zu betrachten haben.
Wenn wir nun von der Ueberzeugung ausgehen, daß dieſe innere
Verwaltung das höchſte Gebiet des Staatslebens und die innerlich und
äußerlich reichſte Aufgabe deſſelben enthält, ſo müſſen wir dieſe Auf-
faſſung allerdings näher begründen.
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