dessen Schutz das Vermögen erworben und erhalten worden sei, auch durch Entziehung desselben nicht geschwächt und daher ein Theil zur Bestreitung des Staatsaufwandes zurückbehalten werden dürfe, wie schon Mevius in seinen Decisiones. (II. dec. 163. VII. dec. 18) und Ludolf in seinen Observations (II. obs. 189) bei der Untersuchung des Detractsrechts es aussprechen, während Heumann später in seinem "Geist der Gesetze der Teutschen" (C. II. 8 und C. 25. 11) es publi- cistisch beweist. Die preußische Verwaltung, unter allen deutschen stets diejenige, welche dem Einfluß geistiger Bewegung am meisten zugänglich war, stand daher keinen Augenblick an, das ganze Detractsrecht polizeilich zu organisiren (Preußische Instruction vom 30. Juli 1774 und Rescript vom 4. December 1767) und der Grundsatz ward ohne weiteres angenommen, daß erstlich das Heimfallsrecht nur noch retor- sionsweise ausgeübt werden solle, und daß zweitens dem Erblasser vergönnt ist, bei Lebzeiten über sein ganzes Vermögen zu disponiren (Rescript vom 29. August 1739 und 16. März 1743), was mit der freisinnigen Auffassung des Einwanderungsrechts eng zusammenhängt (Fischer, §. 611. 612). Daraus ergab sich die Folgerung, daß über Detractsfälle "nur die Landesregierungen unter Einberichtung an das auswärtige Departement erkennen durften" (Fischer, §. 627). Dieß Princip war nun zwar sehr einfach; allein es entstanden nun eine Masse von Rechtsfragen; zunächst die über das Detractsrecht bei dem freien Adel, dann die Streitigkeiten zwischen den verschiedenen Landestheilen, und diese zwangen allerdings wieder, auf die rein juristische Seite der Sache zurückzugehen, und damit die staatswissenschaftliche fallen zu las- sen. Zur Zeit des allgemeinen Landrechts war das Heimfallsrecht, als die ursprüngliche und strenge Form, vollkommen verschwunden. Das Abzugs- oder Detractsrecht wird dagegen vom allgemeinen Landrecht (II. 17. Abschn. 2) als ein Ausfluß der Gerichtsbarkeit und "niederes Regal" anerkannt (Abschoßgeld, gabella hereditaria, §. 161--173; Ab- fahrtsgeld, gabella emigrationis, §. 141--160; die Verleihung dieser Rechte an Privatpersonen, §. 174--183). Das inländische Abfahrts- oder Abzugsrecht ward in Folge der freiern Auffassung durch Verord- nung vom 27. November 1777 aufgehoben, aber durch Edikt vom 15. Nov. 1787 wieder eingeführt; die definitive Aufhebung geschieht erst durch Gesetz vom 21. Juni 1816. (Rönne, preußisches Staatsrecht, §. 91). Ueber die Auffassung, welche den Bestimmungen des allgemei- nen Landrechts zum Grunde liegt, Simon, preußisches Staatsrecht II. 573 und Rönne a. a. O. Note 4. -- In Württemberg ist das Abzugs- recht vollständig durch das Gesetz vom 19. November 1833 aufgehoben. (Mohl, württemberg. Verfassungsrecht, §. 75). Den Abschluß dieser
deſſen Schutz das Vermögen erworben und erhalten worden ſei, auch durch Entziehung deſſelben nicht geſchwächt und daher ein Theil zur Beſtreitung des Staatsaufwandes zurückbehalten werden dürfe, wie ſchon Mevius in ſeinen Decisiones. (II. dec. 163. VII. dec. 18) und Ludolf in ſeinen Observations (II. obs. 189) bei der Unterſuchung des Detractsrechts es ausſprechen, während Heumann ſpäter in ſeinem „Geiſt der Geſetze der Teutſchen“ (C. II. 8 und C. 25. 11) es publi- ciſtiſch beweist. Die preußiſche Verwaltung, unter allen deutſchen ſtets diejenige, welche dem Einfluß geiſtiger Bewegung am meiſten zugänglich war, ſtand daher keinen Augenblick an, das ganze Detractsrecht polizeilich zu organiſiren (Preußiſche Inſtruction vom 30. Juli 1774 und Reſcript vom 4. December 1767) und der Grundſatz ward ohne weiteres angenommen, daß erſtlich das Heimfallsrecht nur noch retor- ſionsweiſe ausgeübt werden ſolle, und daß zweitens dem Erblaſſer vergönnt iſt, bei Lebzeiten über ſein ganzes Vermögen zu disponiren (Reſcript vom 29. Auguſt 1739 und 16. März 1743), was mit der freiſinnigen Auffaſſung des Einwanderungsrechts eng zuſammenhängt (Fiſcher, §. 611. 612). Daraus ergab ſich die Folgerung, daß über Detractsfälle „nur die Landesregierungen unter Einberichtung an das auswärtige Departement erkennen durften“ (Fiſcher, §. 627). Dieß Princip war nun zwar ſehr einfach; allein es entſtanden nun eine Maſſe von Rechtsfragen; zunächſt die über das Detractsrecht bei dem freien Adel, dann die Streitigkeiten zwiſchen den verſchiedenen Landestheilen, und dieſe zwangen allerdings wieder, auf die rein juriſtiſche Seite der Sache zurückzugehen, und damit die ſtaatswiſſenſchaftliche fallen zu laſ- ſen. Zur Zeit des allgemeinen Landrechts war das Heimfallsrecht, als die urſprüngliche und ſtrenge Form, vollkommen verſchwunden. Das Abzugs- oder Detractsrecht wird dagegen vom allgemeinen Landrecht (II. 17. Abſchn. 2) als ein Ausfluß der Gerichtsbarkeit und „niederes Regal“ anerkannt (Abſchoßgeld, gabella hereditaria, §. 161—173; Ab- fahrtsgeld, gabella emigrationis, §. 141—160; die Verleihung dieſer Rechte an Privatperſonen, §. 174—183). Das inländiſche Abfahrts- oder Abzugsrecht ward in Folge der freiern Auffaſſung durch Verord- nung vom 27. November 1777 aufgehoben, aber durch Edikt vom 15. Nov. 1787 wieder eingeführt; die definitive Aufhebung geſchieht erſt durch Geſetz vom 21. Juni 1816. (Rönne, preußiſches Staatsrecht, §. 91). Ueber die Auffaſſung, welche den Beſtimmungen des allgemei- nen Landrechts zum Grunde liegt, Simon, preußiſches Staatsrecht II. 573 und Rönne a. a. O. Note 4. — In Württemberg iſt das Abzugs- recht vollſtändig durch das Geſetz vom 19. November 1833 aufgehoben. (Mohl, württemberg. Verfaſſungsrecht, §. 75). Den Abſchluß dieſer
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[196/0218]
deſſen Schutz das Vermögen erworben und erhalten worden ſei, auch
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ſchon Mevius in ſeinen Decisiones. (II. dec. 163. VII. dec. 18) und
Ludolf in ſeinen Observations (II. obs. 189) bei der Unterſuchung
des Detractsrechts es ausſprechen, während Heumann ſpäter in ſeinem
„Geiſt der Geſetze der Teutſchen“ (C. II. 8 und C. 25. 11) es publi-
ciſtiſch beweist. Die preußiſche Verwaltung, unter allen deutſchen ſtets
diejenige, welche dem Einfluß geiſtiger Bewegung am meiſten zugänglich
war, ſtand daher keinen Augenblick an, das ganze Detractsrecht
polizeilich zu organiſiren (Preußiſche Inſtruction vom 30. Juli 1774
und Reſcript vom 4. December 1767) und der Grundſatz ward ohne
weiteres angenommen, daß erſtlich das Heimfallsrecht nur noch retor-
ſionsweiſe ausgeübt werden ſolle, und daß zweitens dem Erblaſſer
vergönnt iſt, bei Lebzeiten über ſein ganzes Vermögen zu disponiren
(Reſcript vom 29. Auguſt 1739 und 16. März 1743), was mit der
freiſinnigen Auffaſſung des Einwanderungsrechts eng zuſammenhängt
(Fiſcher, §. 611. 612). Daraus ergab ſich die Folgerung, daß über
Detractsfälle „nur die Landesregierungen unter Einberichtung an das
auswärtige Departement erkennen durften“ (Fiſcher, §. 627). Dieß
Princip war nun zwar ſehr einfach; allein es entſtanden nun eine Maſſe
von Rechtsfragen; zunächſt die über das Detractsrecht bei dem freien
Adel, dann die Streitigkeiten zwiſchen den verſchiedenen Landestheilen,
und dieſe zwangen allerdings wieder, auf die rein juriſtiſche Seite der
Sache zurückzugehen, und damit die ſtaatswiſſenſchaftliche fallen zu laſ-
ſen. Zur Zeit des allgemeinen Landrechts war das Heimfallsrecht, als
die urſprüngliche und ſtrenge Form, vollkommen verſchwunden. Das
Abzugs- oder Detractsrecht wird dagegen vom allgemeinen Landrecht
(II. 17. Abſchn. 2) als ein Ausfluß der Gerichtsbarkeit und „niederes
Regal“ anerkannt (Abſchoßgeld, gabella hereditaria, §. 161—173; Ab-
fahrtsgeld, gabella emigrationis, §. 141—160; die Verleihung dieſer
Rechte an Privatperſonen, §. 174—183). Das inländiſche Abfahrts-
oder Abzugsrecht ward in Folge der freiern Auffaſſung durch Verord-
nung vom 27. November 1777 aufgehoben, aber durch Edikt vom
15. Nov. 1787 wieder eingeführt; die definitive Aufhebung geſchieht erſt
durch Geſetz vom 21. Juni 1816. (Rönne, preußiſches Staatsrecht,
§. 91). Ueber die Auffaſſung, welche den Beſtimmungen des allgemei-
nen Landrechts zum Grunde liegt, Simon, preußiſches Staatsrecht II.
573 und Rönne a. a. O. Note 4. — In Württemberg iſt das Abzugs-
recht vollſtändig durch das Geſetz vom 19. November 1833 aufgehoben.
(Mohl, württemberg. Verfaſſungsrecht, §. 75). Den Abſchluß dieſer
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Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 2 (2,1). Stuttgart, 1866, S. 196. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre02_1866/218>, abgerufen am 27.11.2024.
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