der Bevölkerung gelten, und da man bald erkannte, daß hier wenig durch den Staat geschehen könne, so blieb nichts anderes übrig, als einfach an die Stelle der Lehre vom ganzen Bevölkerungswesen die Theorie über das Wachsthum der Bevölkerung zu setzen. Selbst schon der sonst so geistvolle Berg erwehrt sich dessen kaum mehr, und die ganze Verwaltung der Bevölkerung erscheint bei ihm in den oben angedeuteten zwei Gruppen; die Bevölkerungspolitik und ihr Recht -- was sich daraus retten ließ -- in Thl. II. 3. Bd. 2. Hauptst.: und die Ordnung der Bevölkerung unter der Sicherheitspolizei. Von da an herrscht dieser Standpunkt, aber die Theorie ist sich ihrer Sache doch nicht recht sicher. Die Bevölkerungspolizei, für die man den großen Standpunkt Justi's verloren hat als Aufstellung eines selbständigen Gebietes, muß jetzt einem andern Theile einverleibt werden, wie die Bevölkerungsordnung der Sicherheitspolizei. Dieser Theil ist nun schon in der ganzen Auffassung der Bevölkerungspolitik indicirt. Die Zu- und Abnahme der Bevölkerung verliert allerdings in etwas ihren Cha- rakter einer bloßen Machtfrage, wird aber dafür eine der volkswirthschaft- lichen Bedingungen der "Wohlfahrt;" und so fällt sie jetzt mit der ganzen Theorie der Populationistik in die Nationalökonomie. Zuerst spricht dieß theo- retisch Soden aus, der überhaupt "die Staatspolizei nach den Grundsätzen der Nationalökonomie" ausschließend behandelt (Nat.-Oek. Bd. 7), und hier die "Bevölkerungspolizei" im 21. Buch, §. 96 ff. aufführt, nur von Bevölkerungs- politik redend. Von da an wird es Gewohnheit, namentlich unter dem Ein- druck Say's, der die Bevölkerungslehre geradezu als Theil der Economie politique hinstellt (Cours d'Econ. Pol. Pars VII.), die Theorien über Bevöl- kerung als integrirende Bestandtheile der Nationalökonomie zu behandeln, um so mehr, da die Deutschen den Franzosen und Engländern folgten, die nicht im Stande waren, die von Justi und Sonnenfels gewonnene Scheidung von Volkswirthschafts-, Finanz- und Verwaltungslehre festzuhalten. Daß daneben die Bevölkerungslehre ihren eigenen Weg ging, versteht sich von selbst. Doch bleibt die Vorstellung, daß das Bevölkerungswesen selbständig sein müsse; auch Pölitz hat sie noch, wenn auch als Politik, selbständig als Theil der Polizei- wissenschaft aufgestellt (Bd. II. Polizei-Wissenschaft Nr. 33). Bedeutsamer war es, daß Rau sie dann in die "Volkswirthschaftspflege" hinübernahm (Bd. I.), was aber freilich nicht durchgriff, da er nach Smiths Vorgange in der Bevöl- kerung nur die "Zahl der Arbeiter" sah. Warum hat Max Wirth in seinem 2. Bande der National-Oekonomie die Sache mit so einfacher Beschränkung auf die Smithsche Regel abgethan, ohne über Rau hinaus zu gehen? (2. Buch I.) Mit dem Auftreten der Mohl'schen Richtung schien nun die bessere Zeit kom- men zu müssen. Jacobs faßt noch in seinen "Grundsätzen der Polizeigesetz- gebung" (1809) die ganze Bevölkerungspolitik rein als vorzugsweise in den Händen der Regierung liegende Angelegenheit derselben auf (§. 72); Mohl da- gegen hat das unbestreitbare Verdienst, die wissenschaftlich gefundenen Gesetze der Bewegung der Bevölkerung auch als Grundlage der polizeilichen Thätigkeit hinzustellen. Allein da er sich selbst über das Verhältniß von Polizei und Ver- waltung durchaus unklar blieb, so geschah es ihm, daß er die Bevölkerungs- polizei in die Polizeiwissenschaft (1. Buch, 1. Cap.) nach Justi's Vorgange
der Bevölkerung gelten, und da man bald erkannte, daß hier wenig durch den Staat geſchehen könne, ſo blieb nichts anderes übrig, als einfach an die Stelle der Lehre vom ganzen Bevölkerungsweſen die Theorie über das Wachsthum der Bevölkerung zu ſetzen. Selbſt ſchon der ſonſt ſo geiſtvolle Berg erwehrt ſich deſſen kaum mehr, und die ganze Verwaltung der Bevölkerung erſcheint bei ihm in den oben angedeuteten zwei Gruppen; die Bevölkerungspolitik und ihr Recht — was ſich daraus retten ließ — in Thl. II. 3. Bd. 2. Hauptſt.: und die Ordnung der Bevölkerung unter der Sicherheitspolizei. Von da an herrſcht dieſer Standpunkt, aber die Theorie iſt ſich ihrer Sache doch nicht recht ſicher. Die Bevölkerungspolizei, für die man den großen Standpunkt Juſti’s verloren hat als Aufſtellung eines ſelbſtändigen Gebietes, muß jetzt einem andern Theile einverleibt werden, wie die Bevölkerungsordnung der Sicherheitspolizei. Dieſer Theil iſt nun ſchon in der ganzen Auffaſſung der Bevölkerungspolitik indicirt. Die Zu- und Abnahme der Bevölkerung verliert allerdings in etwas ihren Cha- rakter einer bloßen Machtfrage, wird aber dafür eine der volkswirthſchaft- lichen Bedingungen der „Wohlfahrt;“ und ſo fällt ſie jetzt mit der ganzen Theorie der Populationiſtik in die Nationalökonomie. Zuerſt ſpricht dieß theo- retiſch Soden aus, der überhaupt „die Staatspolizei nach den Grundſätzen der Nationalökonomie“ ausſchließend behandelt (Nat.-Oek. Bd. 7), und hier die „Bevölkerungspolizei“ im 21. Buch, §. 96 ff. aufführt, nur von Bevölkerungs- politik redend. Von da an wird es Gewohnheit, namentlich unter dem Ein- druck Say’s, der die Bevölkerungslehre geradezu als Theil der Économie politique hinſtellt (Cours d’Econ. Pol. Pars VII.), die Theorien über Bevöl- kerung als integrirende Beſtandtheile der Nationalökonomie zu behandeln, um ſo mehr, da die Deutſchen den Franzoſen und Engländern folgten, die nicht im Stande waren, die von Juſti und Sonnenfels gewonnene Scheidung von Volkswirthſchafts-, Finanz- und Verwaltungslehre feſtzuhalten. Daß daneben die Bevölkerungslehre ihren eigenen Weg ging, verſteht ſich von ſelbſt. Doch bleibt die Vorſtellung, daß das Bevölkerungsweſen ſelbſtändig ſein müſſe; auch Pölitz hat ſie noch, wenn auch als Politik, ſelbſtändig als Theil der Polizei- wiſſenſchaft aufgeſtellt (Bd. II. Polizei-Wiſſenſchaft Nr. 33). Bedeutſamer war es, daß Rau ſie dann in die „Volkswirthſchaftspflege“ hinübernahm (Bd. I.), was aber freilich nicht durchgriff, da er nach Smiths Vorgange in der Bevöl- kerung nur die „Zahl der Arbeiter“ ſah. Warum hat Max Wirth in ſeinem 2. Bande der National-Oekonomie die Sache mit ſo einfacher Beſchränkung auf die Smithſche Regel abgethan, ohne über Rau hinaus zu gehen? (2. Buch I.) Mit dem Auftreten der Mohl’ſchen Richtung ſchien nun die beſſere Zeit kom- men zu müſſen. Jacobs faßt noch in ſeinen „Grundſätzen der Polizeigeſetz- gebung“ (1809) die ganze Bevölkerungspolitik rein als vorzugsweiſe in den Händen der Regierung liegende Angelegenheit derſelben auf (§. 72); Mohl da- gegen hat das unbeſtreitbare Verdienſt, die wiſſenſchaftlich gefundenen Geſetze der Bewegung der Bevölkerung auch als Grundlage der polizeilichen Thätigkeit hinzuſtellen. Allein da er ſich ſelbſt über das Verhältniß von Polizei und Ver- waltung durchaus unklar blieb, ſo geſchah es ihm, daß er die Bevölkerungs- polizei in die Polizeiwiſſenſchaft (1. Buch, 1. Cap.) nach Juſti’s Vorgange
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der Bevölkerung gelten, und da man bald erkannte, daß hier wenig durch den
Staat geſchehen könne, ſo blieb nichts anderes übrig, als einfach an die Stelle
der Lehre vom ganzen Bevölkerungsweſen die Theorie über das Wachsthum der
Bevölkerung zu ſetzen. Selbſt ſchon der ſonſt ſo geiſtvolle Berg erwehrt ſich
deſſen kaum mehr, und die ganze Verwaltung der Bevölkerung erſcheint bei
ihm in den oben angedeuteten zwei Gruppen; die Bevölkerungspolitik und ihr
Recht — was ſich daraus retten ließ — in Thl. II. 3. Bd. 2. Hauptſt.: und
die Ordnung der Bevölkerung unter der Sicherheitspolizei. Von da an herrſcht
dieſer Standpunkt, aber die Theorie iſt ſich ihrer Sache doch nicht recht ſicher.
Die Bevölkerungspolizei, für die man den großen Standpunkt Juſti’s verloren
hat als Aufſtellung eines ſelbſtändigen Gebietes, muß jetzt einem andern Theile
einverleibt werden, wie die Bevölkerungsordnung der Sicherheitspolizei. Dieſer
Theil iſt nun ſchon in der ganzen Auffaſſung der Bevölkerungspolitik indicirt.
Die Zu- und Abnahme der Bevölkerung verliert allerdings in etwas ihren Cha-
rakter einer bloßen Machtfrage, wird aber dafür eine der volkswirthſchaft-
lichen Bedingungen der „Wohlfahrt;“ und ſo fällt ſie jetzt mit der ganzen
Theorie der Populationiſtik in die Nationalökonomie. Zuerſt ſpricht dieß theo-
retiſch Soden aus, der überhaupt „die Staatspolizei nach den Grundſätzen
der Nationalökonomie“ ausſchließend behandelt (Nat.-Oek. Bd. 7), und hier die
„Bevölkerungspolizei“ im 21. Buch, §. 96 ff. aufführt, nur von Bevölkerungs-
politik redend. Von da an wird es Gewohnheit, namentlich unter dem Ein-
druck Say’s, der die Bevölkerungslehre geradezu als Theil der Économie
politique hinſtellt (Cours d’Econ. Pol. Pars VII.), die Theorien über Bevöl-
kerung als integrirende Beſtandtheile der Nationalökonomie zu behandeln, um
ſo mehr, da die Deutſchen den Franzoſen und Engländern folgten, die nicht
im Stande waren, die von Juſti und Sonnenfels gewonnene Scheidung von
Volkswirthſchafts-, Finanz- und Verwaltungslehre feſtzuhalten. Daß daneben
die Bevölkerungslehre ihren eigenen Weg ging, verſteht ſich von ſelbſt. Doch
bleibt die Vorſtellung, daß das Bevölkerungsweſen ſelbſtändig ſein müſſe; auch
Pölitz hat ſie noch, wenn auch als Politik, ſelbſtändig als Theil der Polizei-
wiſſenſchaft aufgeſtellt (Bd. II. Polizei-Wiſſenſchaft Nr. 33). Bedeutſamer war
es, daß Rau ſie dann in die „Volkswirthſchaftspflege“ hinübernahm (Bd. I.),
was aber freilich nicht durchgriff, da er nach Smiths Vorgange in der Bevöl-
kerung nur die „Zahl der Arbeiter“ ſah. Warum hat Max Wirth in ſeinem
2. Bande der National-Oekonomie die Sache mit ſo einfacher Beſchränkung auf
die Smithſche Regel abgethan, ohne über Rau hinaus zu gehen? (2. Buch I.)
Mit dem Auftreten der Mohl’ſchen Richtung ſchien nun die beſſere Zeit kom-
men zu müſſen. Jacobs faßt noch in ſeinen „Grundſätzen der Polizeigeſetz-
gebung“ (1809) die ganze Bevölkerungspolitik rein als vorzugsweiſe in den
Händen der Regierung liegende Angelegenheit derſelben auf (§. 72); Mohl da-
gegen hat das unbeſtreitbare Verdienſt, die wiſſenſchaftlich gefundenen Geſetze
der Bewegung der Bevölkerung auch als Grundlage der polizeilichen Thätigkeit
hinzuſtellen. Allein da er ſich ſelbſt über das Verhältniß von Polizei und Ver-
waltung durchaus unklar blieb, ſo geſchah es ihm, daß er die Bevölkerungs-
polizei in die Polizeiwiſſenſchaft (1. Buch, 1. Cap.) nach Juſti’s Vorgange
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Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 2 (2,1). Stuttgart, 1866, S. 109. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre02_1866/131>, abgerufen am 05.12.2024.
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