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Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 1. Stuttgart, 1865.

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aufgehoben ist, treten ohne besonderen Beschluß alle Organe sofort
wieder in ihre statutenmäßige Thätigkeit und Verpflichtungen ein.

Das letzte Verhältniß ist nur das des Verbotes eines Vereins,
dem die polizeiliche Auflösung entspricht.

Das Verbot eines Vereins kann nur ausgesprochen werden, weil
der Zweck eines Vereins dem Staatszwecke widerspricht. Es kann
ebendeßhalb gegen dieses Verbot keine Berufung an ein Gericht statt-
finden, da kein Gericht über den Staatszweck, sondern nur über die
Gesetze des Staats zu entscheiden hat. Nur in Einem Falle kann ein
Verbot auch wegen der Organisirung des Vereins gedacht werden; dann
nämlich, wenn der Verein sich statutenmäßig zum organischen Gliede
eines außerhalb des eigenen Staates stehenden Vereins macht. Der
Grund eines solchen Verbots beruht unter allen Umständen darauf,
daß die Gewähr für die Innehaltung aller Verpflichtungen des Vereins
sowohl gegenüber dem Staate als dem Einzelnen darin besteht, daß
der Verein als juristische Persönlichkeit mit seinem Willen und Thun
dem Urtheilspruche und der Vollziehung des einheimischen Gerichts
unterliegen muß, während der einheimische Verein als Glied eines aus-
wärtigen nicht mehr als selbstbestimmte Persönlichkeit, sondern nur als
Organ des dem Staate fremden und ihm nicht haftenden Willens er-
scheint. Schwierig kann diese Frage nur da werden, wo ein einheimischer
Verein, statt ein untergeordnetes Glied eines größeren auswärtigen
Vereins zu sein, unter formeller Aufrechthaltung seiner Selbständigkeit
in Verbindung mit einem fremden steht, die zum Theil so weit
gehen kann, daß es zweifelhaft wird, ob er noch ein selbständiger Verein
ist oder nicht. Hiefür läßt sich, da das Vereinswesen so unendlich viele
Formen und Zwecke hat, nichts für alle Fälle bestimmtes sagen, da
sogar die Aufstellung eines eigenen Vereinsorganismus die formelle
Selbständigkeit mit einer unzweifelhaften materiellen Unterordnung ver-
binden kann. Man muß daher zu dem Schlusse kommen, daß die
Staatsverwaltung in allen diesen Fällen das Recht hat, eine genaue
Darlegung des Sachverhältnisses unter solidarischer Haftung der Vor-
standsmitglieder für die Vollständigkeit und Richtigkeit ihrer Angaben
zu fordern, und dann von Fall zu Fall zu entscheiden. Diese Ent-
scheidung kann auf Auflösung des Vereins lauten, und zwar dann,
wenn der Vereinszweck ohne jene Verbindung mit dem fremden Vereine
nicht verwirklicht werden kann; und zwar darum, weil in diesem Falle
sich diese Verbindung sicher von selbst wieder herstellen wird. Sie kann
aber auch auf Abbrechen der Verbindung lauten, welche dann nach
der Natur des Vereins zu erzielen ist.

Es ergibt sich daraus, daß das Verbot eines Vereines vor der

aufgehoben iſt, treten ohne beſonderen Beſchluß alle Organe ſofort
wieder in ihre ſtatutenmäßige Thätigkeit und Verpflichtungen ein.

Das letzte Verhältniß iſt nur das des Verbotes eines Vereins,
dem die polizeiliche Auflöſung entſpricht.

Das Verbot eines Vereins kann nur ausgeſprochen werden, weil
der Zweck eines Vereins dem Staatszwecke widerſpricht. Es kann
ebendeßhalb gegen dieſes Verbot keine Berufung an ein Gericht ſtatt-
finden, da kein Gericht über den Staatszweck, ſondern nur über die
Geſetze des Staats zu entſcheiden hat. Nur in Einem Falle kann ein
Verbot auch wegen der Organiſirung des Vereins gedacht werden; dann
nämlich, wenn der Verein ſich ſtatutenmäßig zum organiſchen Gliede
eines außerhalb des eigenen Staates ſtehenden Vereins macht. Der
Grund eines ſolchen Verbots beruht unter allen Umſtänden darauf,
daß die Gewähr für die Innehaltung aller Verpflichtungen des Vereins
ſowohl gegenüber dem Staate als dem Einzelnen darin beſteht, daß
der Verein als juriſtiſche Perſönlichkeit mit ſeinem Willen und Thun
dem Urtheilſpruche und der Vollziehung des einheimiſchen Gerichts
unterliegen muß, während der einheimiſche Verein als Glied eines aus-
wärtigen nicht mehr als ſelbſtbeſtimmte Perſönlichkeit, ſondern nur als
Organ des dem Staate fremden und ihm nicht haftenden Willens er-
ſcheint. Schwierig kann dieſe Frage nur da werden, wo ein einheimiſcher
Verein, ſtatt ein untergeordnetes Glied eines größeren auswärtigen
Vereins zu ſein, unter formeller Aufrechthaltung ſeiner Selbſtändigkeit
in Verbindung mit einem fremden ſteht, die zum Theil ſo weit
gehen kann, daß es zweifelhaft wird, ob er noch ein ſelbſtändiger Verein
iſt oder nicht. Hiefür läßt ſich, da das Vereinsweſen ſo unendlich viele
Formen und Zwecke hat, nichts für alle Fälle beſtimmtes ſagen, da
ſogar die Aufſtellung eines eigenen Vereinsorganismus die formelle
Selbſtändigkeit mit einer unzweifelhaften materiellen Unterordnung ver-
binden kann. Man muß daher zu dem Schluſſe kommen, daß die
Staatsverwaltung in allen dieſen Fällen das Recht hat, eine genaue
Darlegung des Sachverhältniſſes unter ſolidariſcher Haftung der Vor-
ſtandsmitglieder für die Vollſtändigkeit und Richtigkeit ihrer Angaben
zu fordern, und dann von Fall zu Fall zu entſcheiden. Dieſe Ent-
ſcheidung kann auf Auflöſung des Vereins lauten, und zwar dann,
wenn der Vereinszweck ohne jene Verbindung mit dem fremden Vereine
nicht verwirklicht werden kann; und zwar darum, weil in dieſem Falle
ſich dieſe Verbindung ſicher von ſelbſt wieder herſtellen wird. Sie kann
aber auch auf Abbrechen der Verbindung lauten, welche dann nach
der Natur des Vereins zu erzielen iſt.

Es ergibt ſich daraus, daß das Verbot eines Vereines vor der

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[644/0668] aufgehoben iſt, treten ohne beſonderen Beſchluß alle Organe ſofort wieder in ihre ſtatutenmäßige Thätigkeit und Verpflichtungen ein. Das letzte Verhältniß iſt nur das des Verbotes eines Vereins, dem die polizeiliche Auflöſung entſpricht. Das Verbot eines Vereins kann nur ausgeſprochen werden, weil der Zweck eines Vereins dem Staatszwecke widerſpricht. Es kann ebendeßhalb gegen dieſes Verbot keine Berufung an ein Gericht ſtatt- finden, da kein Gericht über den Staatszweck, ſondern nur über die Geſetze des Staats zu entſcheiden hat. Nur in Einem Falle kann ein Verbot auch wegen der Organiſirung des Vereins gedacht werden; dann nämlich, wenn der Verein ſich ſtatutenmäßig zum organiſchen Gliede eines außerhalb des eigenen Staates ſtehenden Vereins macht. Der Grund eines ſolchen Verbots beruht unter allen Umſtänden darauf, daß die Gewähr für die Innehaltung aller Verpflichtungen des Vereins ſowohl gegenüber dem Staate als dem Einzelnen darin beſteht, daß der Verein als juriſtiſche Perſönlichkeit mit ſeinem Willen und Thun dem Urtheilſpruche und der Vollziehung des einheimiſchen Gerichts unterliegen muß, während der einheimiſche Verein als Glied eines aus- wärtigen nicht mehr als ſelbſtbeſtimmte Perſönlichkeit, ſondern nur als Organ des dem Staate fremden und ihm nicht haftenden Willens er- ſcheint. Schwierig kann dieſe Frage nur da werden, wo ein einheimiſcher Verein, ſtatt ein untergeordnetes Glied eines größeren auswärtigen Vereins zu ſein, unter formeller Aufrechthaltung ſeiner Selbſtändigkeit in Verbindung mit einem fremden ſteht, die zum Theil ſo weit gehen kann, daß es zweifelhaft wird, ob er noch ein ſelbſtändiger Verein iſt oder nicht. Hiefür läßt ſich, da das Vereinsweſen ſo unendlich viele Formen und Zwecke hat, nichts für alle Fälle beſtimmtes ſagen, da ſogar die Aufſtellung eines eigenen Vereinsorganismus die formelle Selbſtändigkeit mit einer unzweifelhaften materiellen Unterordnung ver- binden kann. Man muß daher zu dem Schluſſe kommen, daß die Staatsverwaltung in allen dieſen Fällen das Recht hat, eine genaue Darlegung des Sachverhältniſſes unter ſolidariſcher Haftung der Vor- ſtandsmitglieder für die Vollſtändigkeit und Richtigkeit ihrer Angaben zu fordern, und dann von Fall zu Fall zu entſcheiden. Dieſe Ent- ſcheidung kann auf Auflöſung des Vereins lauten, und zwar dann, wenn der Vereinszweck ohne jene Verbindung mit dem fremden Vereine nicht verwirklicht werden kann; und zwar darum, weil in dieſem Falle ſich dieſe Verbindung ſicher von ſelbſt wieder herſtellen wird. Sie kann aber auch auf Abbrechen der Verbindung lauten, welche dann nach der Natur des Vereins zu erzielen iſt. Es ergibt ſich daraus, daß das Verbot eines Vereines vor der

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Zitationshilfe: Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 1. Stuttgart, 1865, S. 644. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre01_1865/668>, abgerufen am 24.04.2024.