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Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 1. Stuttgart, 1865.

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die Entlassung oder Suspension wegen Nichtausführung widerrechtlicher
Beschlüsse des Verwaltungsrathes von demselben verfügt wird.

Neben diesem Rechte hat der Verwaltungsrath das der Disciplin
über die Angestellten. Das Disciplinarrecht desselben erscheint als eine
Bedingung der richtigen Vollziehung der Vereinsthätigkeiten, und muß
daher dem Verwaltungsrathe zustehen, ganz gleichgültig dagegen, ob es
ausdrücklich verliehen ward oder nicht. Es folgt daraus, daß die Ent-
scheidungen über Disciplinarvergehen der Angestellten bis zur Suspension,
ja bis zur Entlassung führen können, selbst wenn diese Fälle im An-
stellungsvertrage nicht ausdrücklich vorgesehen sind. Das Recht der An-
gestellten ist dabei unbezweifelt, auch in diesem Falle eine gerichtliche
Entscheidung zu erwirken; nur wird das Klagfundament des An-
stellungsvertrages im Falle eines Vergehens gegen die Ordnung der Ge-
sellschaft nicht berücksichtigt werden können, sondern nur die Frage, ob
die Disciplinarvergehen wirklich der Art waren, die Entlassung zu
motiviren.

Diesen Rechten des Verwaltungsrathes gegenüber steht die Pflicht
desselben, für die ordnungsmäßige Thätigkeit der Angestellten dem
Vereine selbst zu haften. Es ist aber von großer Wichtigkeit, diese
Haftungspflicht, soll sie nicht entweder eine inhaltslose, oder eine uner-
füllbare werden, auf ein möglichst einfaches Princip zurückzuführen.

Offenbar sind die Verwaltungsräthe keine Angestellten des Vereins.
Indem sie ihre Stellung einnehmen, wird daher für sie nicht voraus-
gesetzt, weder daß sie eigentliche Fachkunde haben, noch auch daß sie
ihre ganze Kraft auf ihre Thätigkeit im Vereine verwenden können.
Ihre Haftung für die Thätigkeit der Angestellten des Vereins muß
daher auf ein bestimmtes Maß zurückgeführt werden, und dieses Maß
liegt in den obigen Sätzen.

Zuerst können die Verwaltungsräthe niemals für alle diejenigen
Thätigkeiten im Verein haften, welche eine besondere Fachkenntniß
oder Geschicklichkeit voraussetzen. Die Gränze ihrer Hastung kann
hier nur in demjenigen liegen, was ein gebildeter und aufmerksamer
Mann überhaupt durch Theilnahme an einer solchen Verwaltung zu
erkennen und zu beurtheilen im Stande ist. Das Richtige und Vor-
theilhafte, was hier geschieht, wird im Gebiete der Fachthätigkeit nie
dem Verwaltungsrathe zu Gute kommen, aber die Fehler der Aus-
führung berühren ihn auch erst dann, wenn sie in ihren Consequenzen
für die Vereinsthätigkeit auch dem dritten aufmerksamen Beobachter zur
Erscheinung gelangen. Und auch hier kann nur höchst selten eine per-
sönliche Haftung eintreten, weil die Gränze dieser Verpflichtung, also
die Gränze einer speziellen und der allgemeinen Bildung fast unnach-

die Entlaſſung oder Suſpenſion wegen Nichtausführung widerrechtlicher
Beſchlüſſe des Verwaltungsrathes von demſelben verfügt wird.

Neben dieſem Rechte hat der Verwaltungsrath das der Disciplin
über die Angeſtellten. Das Disciplinarrecht deſſelben erſcheint als eine
Bedingung der richtigen Vollziehung der Vereinsthätigkeiten, und muß
daher dem Verwaltungsrathe zuſtehen, ganz gleichgültig dagegen, ob es
ausdrücklich verliehen ward oder nicht. Es folgt daraus, daß die Ent-
ſcheidungen über Disciplinarvergehen der Angeſtellten bis zur Suſpenſion,
ja bis zur Entlaſſung führen können, ſelbſt wenn dieſe Fälle im An-
ſtellungsvertrage nicht ausdrücklich vorgeſehen ſind. Das Recht der An-
geſtellten iſt dabei unbezweifelt, auch in dieſem Falle eine gerichtliche
Entſcheidung zu erwirken; nur wird das Klagfundament des An-
ſtellungsvertrages im Falle eines Vergehens gegen die Ordnung der Ge-
ſellſchaft nicht berückſichtigt werden können, ſondern nur die Frage, ob
die Disciplinarvergehen wirklich der Art waren, die Entlaſſung zu
motiviren.

Dieſen Rechten des Verwaltungsrathes gegenüber ſteht die Pflicht
deſſelben, für die ordnungsmäßige Thätigkeit der Angeſtellten dem
Vereine ſelbſt zu haften. Es iſt aber von großer Wichtigkeit, dieſe
Haftungspflicht, ſoll ſie nicht entweder eine inhaltsloſe, oder eine uner-
füllbare werden, auf ein möglichſt einfaches Princip zurückzuführen.

Offenbar ſind die Verwaltungsräthe keine Angeſtellten des Vereins.
Indem ſie ihre Stellung einnehmen, wird daher für ſie nicht voraus-
geſetzt, weder daß ſie eigentliche Fachkunde haben, noch auch daß ſie
ihre ganze Kraft auf ihre Thätigkeit im Vereine verwenden können.
Ihre Haftung für die Thätigkeit der Angeſtellten des Vereins muß
daher auf ein beſtimmtes Maß zurückgeführt werden, und dieſes Maß
liegt in den obigen Sätzen.

Zuerſt können die Verwaltungsräthe niemals für alle diejenigen
Thätigkeiten im Verein haften, welche eine beſondere Fachkenntniß
oder Geſchicklichkeit vorausſetzen. Die Gränze ihrer Haſtung kann
hier nur in demjenigen liegen, was ein gebildeter und aufmerkſamer
Mann überhaupt durch Theilnahme an einer ſolchen Verwaltung zu
erkennen und zu beurtheilen im Stande iſt. Das Richtige und Vor-
theilhafte, was hier geſchieht, wird im Gebiete der Fachthätigkeit nie
dem Verwaltungsrathe zu Gute kommen, aber die Fehler der Aus-
führung berühren ihn auch erſt dann, wenn ſie in ihren Conſequenzen
für die Vereinsthätigkeit auch dem dritten aufmerkſamen Beobachter zur
Erſcheinung gelangen. Und auch hier kann nur höchſt ſelten eine per-
ſönliche Haftung eintreten, weil die Gränze dieſer Verpflichtung, alſo
die Gränze einer ſpeziellen und der allgemeinen Bildung faſt unnach-

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[601/0625] die Entlaſſung oder Suſpenſion wegen Nichtausführung widerrechtlicher Beſchlüſſe des Verwaltungsrathes von demſelben verfügt wird. Neben dieſem Rechte hat der Verwaltungsrath das der Disciplin über die Angeſtellten. Das Disciplinarrecht deſſelben erſcheint als eine Bedingung der richtigen Vollziehung der Vereinsthätigkeiten, und muß daher dem Verwaltungsrathe zuſtehen, ganz gleichgültig dagegen, ob es ausdrücklich verliehen ward oder nicht. Es folgt daraus, daß die Ent- ſcheidungen über Disciplinarvergehen der Angeſtellten bis zur Suſpenſion, ja bis zur Entlaſſung führen können, ſelbſt wenn dieſe Fälle im An- ſtellungsvertrage nicht ausdrücklich vorgeſehen ſind. Das Recht der An- geſtellten iſt dabei unbezweifelt, auch in dieſem Falle eine gerichtliche Entſcheidung zu erwirken; nur wird das Klagfundament des An- ſtellungsvertrages im Falle eines Vergehens gegen die Ordnung der Ge- ſellſchaft nicht berückſichtigt werden können, ſondern nur die Frage, ob die Disciplinarvergehen wirklich der Art waren, die Entlaſſung zu motiviren. Dieſen Rechten des Verwaltungsrathes gegenüber ſteht die Pflicht deſſelben, für die ordnungsmäßige Thätigkeit der Angeſtellten dem Vereine ſelbſt zu haften. Es iſt aber von großer Wichtigkeit, dieſe Haftungspflicht, ſoll ſie nicht entweder eine inhaltsloſe, oder eine uner- füllbare werden, auf ein möglichſt einfaches Princip zurückzuführen. Offenbar ſind die Verwaltungsräthe keine Angeſtellten des Vereins. Indem ſie ihre Stellung einnehmen, wird daher für ſie nicht voraus- geſetzt, weder daß ſie eigentliche Fachkunde haben, noch auch daß ſie ihre ganze Kraft auf ihre Thätigkeit im Vereine verwenden können. Ihre Haftung für die Thätigkeit der Angeſtellten des Vereins muß daher auf ein beſtimmtes Maß zurückgeführt werden, und dieſes Maß liegt in den obigen Sätzen. Zuerſt können die Verwaltungsräthe niemals für alle diejenigen Thätigkeiten im Verein haften, welche eine beſondere Fachkenntniß oder Geſchicklichkeit vorausſetzen. Die Gränze ihrer Haſtung kann hier nur in demjenigen liegen, was ein gebildeter und aufmerkſamer Mann überhaupt durch Theilnahme an einer ſolchen Verwaltung zu erkennen und zu beurtheilen im Stande iſt. Das Richtige und Vor- theilhafte, was hier geſchieht, wird im Gebiete der Fachthätigkeit nie dem Verwaltungsrathe zu Gute kommen, aber die Fehler der Aus- führung berühren ihn auch erſt dann, wenn ſie in ihren Conſequenzen für die Vereinsthätigkeit auch dem dritten aufmerkſamen Beobachter zur Erſcheinung gelangen. Und auch hier kann nur höchſt ſelten eine per- ſönliche Haftung eintreten, weil die Gränze dieſer Verpflichtung, alſo die Gränze einer ſpeziellen und der allgemeinen Bildung faſt unnach-

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Zitationshilfe: Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 1. Stuttgart, 1865, S. 601. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre01_1865/625>, abgerufen am 22.11.2024.