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Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 1. Stuttgart, 1865.

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zusammenfällt, aber eine ganz selbständige Organisation hat. Aus
diesen einzelnen Kirchspielsarmengemeinden sind dann die Kreisarmen-
gemeinden
, die Unions, mit ihren Organen, den Guardians und
Overseers, entstanden; beide haben ihre eigene Verfassung und Ver-
waltung, deren genauere Darstellung jedoch ohne das ganze Armenwesen
nicht gegeben werden kann.

Neben diesen bestehen nun die oben erwähnten Formationen, die
man als die modernen Verwaltungsgemeinden bezeichnen kann,
in den Boards und Commissions für alle inneren Angelegenheiten der
Verwaltung, namentlich wie gesagt für Sanitäts- und Communi-
cationswesen.

Das ist das System der Verwaltungsgemeinden. Dieses System
ist nun in eigenthümlicher Weise zusammengefaßt in dem Amte der
Justice of the Peace, dem Haupte der Kreisgemeinde.

Der ursprüngliche Gedanke des Friedensrichteramts ist kein anderer
als Aufstellung eines Amtes für die Erhaltung des Friedens. Er ist
daher ursprünglich einerseits das Organ der Sicherheitspolizei, anderer-
seits aber ist er auch das Gericht über alle Unterlassungen im Gebiete
der Aufgaben der Verwaltungsgemeinde. Er hat daher einen doppelten
Charakter. Er geht einerseits aus den Elementen der Selbstverwaltung
hervor, auf der andern Seite ist er ein Beamteter. Der Ausdruck und
die Verbindung beider Elemente in der Person des Friedensrichters
besteht nun darin, daß der Friedensrichter allerdings vom Könige er-
nannt, aber aus der Classe der größeren Grundbesitzer, der gentry,
genommen wird. Er ist mit seinem öffentlichen Recht ein Beamteter,
und fungirt im Namen des Staats, aber mit seinem privaten Leben
ist er ein Privatmann; er hat kein Gehalt und keinen Rang, und
haftet als reiner Privatmann mit privater Verantwortlichkeit für alle
seine Thätigkeiten und Unterlassungen. Er verwaltet daher nichts, als
die Sicherheitspolizei, aber er richtet über alle Verwaltung der Organe
der Verwaltungsgemeinden, indem er auf sie das geltende Recht an-
wendet. Aber auch das thut er nicht als Einzelner, sondern bei Straf-
justiz und Polizei tritt die Selbstverwaltung der Rechtspflege im Ge-
schwornengericht auf. Gerade aber jenes, im Friedensrichterthum liegende
Element der Selbstverwaltung hat demselben wieder eine Organisation
gegeben, welche, wie alle Verwaltungsorganisation in England, nicht
systematisch entstanden ist und daher auch nicht systematisch dargestellt
werden kann, sondern sich an die Verhältnisse anschließt, und den
Uebergang zur Landschaft bildet, welche in den Quarter Sessions auch
als ein friedensrichterlicher Organismus erscheint. Diese Uebergänge
vom einzelnen Friedensrichterthum zur County bestehen in den Petty und

zuſammenfällt, aber eine ganz ſelbſtändige Organiſation hat. Aus
dieſen einzelnen Kirchſpielsarmengemeinden ſind dann die Kreisarmen-
gemeinden
, die Unions, mit ihren Organen, den Guardians und
Overseers, entſtanden; beide haben ihre eigene Verfaſſung und Ver-
waltung, deren genauere Darſtellung jedoch ohne das ganze Armenweſen
nicht gegeben werden kann.

Neben dieſen beſtehen nun die oben erwähnten Formationen, die
man als die modernen Verwaltungsgemeinden bezeichnen kann,
in den Boards und Commissions für alle inneren Angelegenheiten der
Verwaltung, namentlich wie geſagt für Sanitäts- und Communi-
cationsweſen.

Das iſt das Syſtem der Verwaltungsgemeinden. Dieſes Syſtem
iſt nun in eigenthümlicher Weiſe zuſammengefaßt in dem Amte der
Justice of the Peace, dem Haupte der Kreisgemeinde.

Der urſprüngliche Gedanke des Friedensrichteramts iſt kein anderer
als Aufſtellung eines Amtes für die Erhaltung des Friedens. Er iſt
daher urſprünglich einerſeits das Organ der Sicherheitspolizei, anderer-
ſeits aber iſt er auch das Gericht über alle Unterlaſſungen im Gebiete
der Aufgaben der Verwaltungsgemeinde. Er hat daher einen doppelten
Charakter. Er geht einerſeits aus den Elementen der Selbſtverwaltung
hervor, auf der andern Seite iſt er ein Beamteter. Der Ausdruck und
die Verbindung beider Elemente in der Perſon des Friedensrichters
beſteht nun darin, daß der Friedensrichter allerdings vom Könige er-
nannt, aber aus der Claſſe der größeren Grundbeſitzer, der gentry,
genommen wird. Er iſt mit ſeinem öffentlichen Recht ein Beamteter,
und fungirt im Namen des Staats, aber mit ſeinem privaten Leben
iſt er ein Privatmann; er hat kein Gehalt und keinen Rang, und
haftet als reiner Privatmann mit privater Verantwortlichkeit für alle
ſeine Thätigkeiten und Unterlaſſungen. Er verwaltet daher nichts, als
die Sicherheitspolizei, aber er richtet über alle Verwaltung der Organe
der Verwaltungsgemeinden, indem er auf ſie das geltende Recht an-
wendet. Aber auch das thut er nicht als Einzelner, ſondern bei Straf-
juſtiz und Polizei tritt die Selbſtverwaltung der Rechtspflege im Ge-
ſchwornengericht auf. Gerade aber jenes, im Friedensrichterthum liegende
Element der Selbſtverwaltung hat demſelben wieder eine Organiſation
gegeben, welche, wie alle Verwaltungsorganiſation in England, nicht
ſyſtematiſch entſtanden iſt und daher auch nicht ſyſtematiſch dargeſtellt
werden kann, ſondern ſich an die Verhältniſſe anſchließt, und den
Uebergang zur Landſchaft bildet, welche in den Quarter Sessions auch
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[471/0495] zuſammenfällt, aber eine ganz ſelbſtändige Organiſation hat. Aus dieſen einzelnen Kirchſpielsarmengemeinden ſind dann die Kreisarmen- gemeinden, die Unions, mit ihren Organen, den Guardians und Overseers, entſtanden; beide haben ihre eigene Verfaſſung und Ver- waltung, deren genauere Darſtellung jedoch ohne das ganze Armenweſen nicht gegeben werden kann. Neben dieſen beſtehen nun die oben erwähnten Formationen, die man als die modernen Verwaltungsgemeinden bezeichnen kann, in den Boards und Commissions für alle inneren Angelegenheiten der Verwaltung, namentlich wie geſagt für Sanitäts- und Communi- cationsweſen. Das iſt das Syſtem der Verwaltungsgemeinden. Dieſes Syſtem iſt nun in eigenthümlicher Weiſe zuſammengefaßt in dem Amte der Justice of the Peace, dem Haupte der Kreisgemeinde. Der urſprüngliche Gedanke des Friedensrichteramts iſt kein anderer als Aufſtellung eines Amtes für die Erhaltung des Friedens. Er iſt daher urſprünglich einerſeits das Organ der Sicherheitspolizei, anderer- ſeits aber iſt er auch das Gericht über alle Unterlaſſungen im Gebiete der Aufgaben der Verwaltungsgemeinde. Er hat daher einen doppelten Charakter. Er geht einerſeits aus den Elementen der Selbſtverwaltung hervor, auf der andern Seite iſt er ein Beamteter. Der Ausdruck und die Verbindung beider Elemente in der Perſon des Friedensrichters beſteht nun darin, daß der Friedensrichter allerdings vom Könige er- nannt, aber aus der Claſſe der größeren Grundbeſitzer, der gentry, genommen wird. Er iſt mit ſeinem öffentlichen Recht ein Beamteter, und fungirt im Namen des Staats, aber mit ſeinem privaten Leben iſt er ein Privatmann; er hat kein Gehalt und keinen Rang, und haftet als reiner Privatmann mit privater Verantwortlichkeit für alle ſeine Thätigkeiten und Unterlaſſungen. Er verwaltet daher nichts, als die Sicherheitspolizei, aber er richtet über alle Verwaltung der Organe der Verwaltungsgemeinden, indem er auf ſie das geltende Recht an- wendet. Aber auch das thut er nicht als Einzelner, ſondern bei Straf- juſtiz und Polizei tritt die Selbſtverwaltung der Rechtspflege im Ge- ſchwornengericht auf. Gerade aber jenes, im Friedensrichterthum liegende Element der Selbſtverwaltung hat demſelben wieder eine Organiſation gegeben, welche, wie alle Verwaltungsorganiſation in England, nicht ſyſtematiſch entſtanden iſt und daher auch nicht ſyſtematiſch dargeſtellt werden kann, ſondern ſich an die Verhältniſſe anſchließt, und den Uebergang zur Landſchaft bildet, welche in den Quarter Sessions auch als ein friedensrichterlicher Organismus erſcheint. Dieſe Uebergänge vom einzelnen Friedensrichterthum zur County beſtehen in den Petty und

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Zitationshilfe: Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 1. Stuttgart, 1865, S. 471. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre01_1865/495>, abgerufen am 22.11.2024.