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Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 1. Stuttgart, 1865.

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ist klar; das ist das Communikationswesen, das mehrere Dorf-
schaften zugleich umfaßt. An dasselbe schließt sich daher eine Verfassung,
welche wieder auf den Steuernden beruht, aber zu ihrem Haupte direkt
oder indirekt den Fachkundigen hat, der entweder leitet, oder doch
die Oberaufsicht führt, und eine Verwaltung, welche zuerst in Natural-
leistungen, dann in Geldleistungen erscheint. Diese Verwaltung muß
ein System sein, indem sie Pflichten und Leistungen nach bestimmten
Grundsätzen zu vertheilen hat; nach ihrem Beispiel können andere Auf-
gaben in gleicher Weise entstehen, und so erzeugt sich das, was wir
im engeren Sinne die Verwaltungsgemeinde nennen, dasjenige
System der Gemeinde, welches wesentlich die volkswirthschaftlichen
Aufgaben durch Selbstverwaltung zu vollziehen hat.

So wie nun diese Aufgaben sich entwickeln und ihre Selbstver-
waltungen durch die Einheiten der Dorfgemeinden erzeugen, so muß
die Staatsverwaltung hinzutreten, denn die Interessen, um die es sich hier
handelt, gewinnen so sehr an Umfang und Bedeutung, daß sie Gesammt-
interessen werden. Sie beginnt daher theils Verwaltungsgesetze zu geben,
theils leitende Behörden aufzustellen. Selbstverwaltung und Staats-
verwaltung berühren sich, und aus dem Zusammenwirken beider entsteht
ein System, das wir eben die innere Verwaltung im Allgemeinen nennen.

Dieses ganze System hat nun, wie man sieht, Eine Voraussetzung.
Es ist die, daß die freie Bauernschaft ungebrochen fortbesteht. Es kann
nur gedacht werden, wo die Beiträge für jene Verwaltungszwecke auf
dem freien Willen der Einzelnen beruhen, und die Beschlüsse daher auch
nur durch die freie Versammlung der Besitzenden gefaßt werden. Die
Ortsgemeinde ist mit ihrer örtlichen Selbständigkeit dabei durchaus nicht
ausgeschlossen; sie lebt in der Verwaltungsgemeinde fort; sie muß sogar
fortleben, denn die letztere, nur für einen ganz bestimmten Zweck ent-
standen, hat auch nur diese ganz bestimmten Aufgaben. Sie kümmert
sich um die Sachen der Ortsgemeinde an sich nicht; dieselbe bleibt für
alles, was nicht der einen Verwaltungsgemeinde angehört, ganz selb-
ständig. Nur sind die Ortsgemeinden nicht verschieden. Es kann
hier keinen Unterschied zwischen Stadt und Land geben, denn in Stadt
und Land ist der Besitzer ein gleich freier Mann. Das ständische Element
erscheint nicht in der Form des herrschenden Besitzers, sondern nur in
der des Berufes. Und so steht dieß System da auf Grundlage des
Princips, daß jedes seiner Theile einen selbständigen Selbstver-
waltungskörper bildet
.

Es ist kein Zweifel, daß wir hier auf Grundlage der socialen
Zustände nichts anderes, als das englisch-nordamerikanische System
geschildert haben.


iſt klar; das iſt das Communikationsweſen, das mehrere Dorf-
ſchaften zugleich umfaßt. An daſſelbe ſchließt ſich daher eine Verfaſſung,
welche wieder auf den Steuernden beruht, aber zu ihrem Haupte direkt
oder indirekt den Fachkundigen hat, der entweder leitet, oder doch
die Oberaufſicht führt, und eine Verwaltung, welche zuerſt in Natural-
leiſtungen, dann in Geldleiſtungen erſcheint. Dieſe Verwaltung muß
ein Syſtem ſein, indem ſie Pflichten und Leiſtungen nach beſtimmten
Grundſätzen zu vertheilen hat; nach ihrem Beiſpiel können andere Auf-
gaben in gleicher Weiſe entſtehen, und ſo erzeugt ſich das, was wir
im engeren Sinne die Verwaltungsgemeinde nennen, dasjenige
Syſtem der Gemeinde, welches weſentlich die volkswirthſchaftlichen
Aufgaben durch Selbſtverwaltung zu vollziehen hat.

So wie nun dieſe Aufgaben ſich entwickeln und ihre Selbſtver-
waltungen durch die Einheiten der Dorfgemeinden erzeugen, ſo muß
die Staatsverwaltung hinzutreten, denn die Intereſſen, um die es ſich hier
handelt, gewinnen ſo ſehr an Umfang und Bedeutung, daß ſie Geſammt-
intereſſen werden. Sie beginnt daher theils Verwaltungsgeſetze zu geben,
theils leitende Behörden aufzuſtellen. Selbſtverwaltung und Staats-
verwaltung berühren ſich, und aus dem Zuſammenwirken beider entſteht
ein Syſtem, das wir eben die innere Verwaltung im Allgemeinen nennen.

Dieſes ganze Syſtem hat nun, wie man ſieht, Eine Vorausſetzung.
Es iſt die, daß die freie Bauernſchaft ungebrochen fortbeſteht. Es kann
nur gedacht werden, wo die Beiträge für jene Verwaltungszwecke auf
dem freien Willen der Einzelnen beruhen, und die Beſchlüſſe daher auch
nur durch die freie Verſammlung der Beſitzenden gefaßt werden. Die
Ortsgemeinde iſt mit ihrer örtlichen Selbſtändigkeit dabei durchaus nicht
ausgeſchloſſen; ſie lebt in der Verwaltungsgemeinde fort; ſie muß ſogar
fortleben, denn die letztere, nur für einen ganz beſtimmten Zweck ent-
ſtanden, hat auch nur dieſe ganz beſtimmten Aufgaben. Sie kümmert
ſich um die Sachen der Ortsgemeinde an ſich nicht; dieſelbe bleibt für
alles, was nicht der einen Verwaltungsgemeinde angehört, ganz ſelb-
ſtändig. Nur ſind die Ortsgemeinden nicht verſchieden. Es kann
hier keinen Unterſchied zwiſchen Stadt und Land geben, denn in Stadt
und Land iſt der Beſitzer ein gleich freier Mann. Das ſtändiſche Element
erſcheint nicht in der Form des herrſchenden Beſitzers, ſondern nur in
der des Berufes. Und ſo ſteht dieß Syſtem da auf Grundlage des
Princips, daß jedes ſeiner Theile einen ſelbſtändigen Selbſtver-
waltungskörper bildet
.

Es iſt kein Zweifel, daß wir hier auf Grundlage der ſocialen
Zuſtände nichts anderes, als das engliſch-nordamerikaniſche Syſtem
geſchildert haben.


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[443/0467] iſt klar; das iſt das Communikationsweſen, das mehrere Dorf- ſchaften zugleich umfaßt. An daſſelbe ſchließt ſich daher eine Verfaſſung, welche wieder auf den Steuernden beruht, aber zu ihrem Haupte direkt oder indirekt den Fachkundigen hat, der entweder leitet, oder doch die Oberaufſicht führt, und eine Verwaltung, welche zuerſt in Natural- leiſtungen, dann in Geldleiſtungen erſcheint. Dieſe Verwaltung muß ein Syſtem ſein, indem ſie Pflichten und Leiſtungen nach beſtimmten Grundſätzen zu vertheilen hat; nach ihrem Beiſpiel können andere Auf- gaben in gleicher Weiſe entſtehen, und ſo erzeugt ſich das, was wir im engeren Sinne die Verwaltungsgemeinde nennen, dasjenige Syſtem der Gemeinde, welches weſentlich die volkswirthſchaftlichen Aufgaben durch Selbſtverwaltung zu vollziehen hat. So wie nun dieſe Aufgaben ſich entwickeln und ihre Selbſtver- waltungen durch die Einheiten der Dorfgemeinden erzeugen, ſo muß die Staatsverwaltung hinzutreten, denn die Intereſſen, um die es ſich hier handelt, gewinnen ſo ſehr an Umfang und Bedeutung, daß ſie Geſammt- intereſſen werden. Sie beginnt daher theils Verwaltungsgeſetze zu geben, theils leitende Behörden aufzuſtellen. Selbſtverwaltung und Staats- verwaltung berühren ſich, und aus dem Zuſammenwirken beider entſteht ein Syſtem, das wir eben die innere Verwaltung im Allgemeinen nennen. Dieſes ganze Syſtem hat nun, wie man ſieht, Eine Vorausſetzung. Es iſt die, daß die freie Bauernſchaft ungebrochen fortbeſteht. Es kann nur gedacht werden, wo die Beiträge für jene Verwaltungszwecke auf dem freien Willen der Einzelnen beruhen, und die Beſchlüſſe daher auch nur durch die freie Verſammlung der Beſitzenden gefaßt werden. Die Ortsgemeinde iſt mit ihrer örtlichen Selbſtändigkeit dabei durchaus nicht ausgeſchloſſen; ſie lebt in der Verwaltungsgemeinde fort; ſie muß ſogar fortleben, denn die letztere, nur für einen ganz beſtimmten Zweck ent- ſtanden, hat auch nur dieſe ganz beſtimmten Aufgaben. Sie kümmert ſich um die Sachen der Ortsgemeinde an ſich nicht; dieſelbe bleibt für alles, was nicht der einen Verwaltungsgemeinde angehört, ganz ſelb- ſtändig. Nur ſind die Ortsgemeinden nicht verſchieden. Es kann hier keinen Unterſchied zwiſchen Stadt und Land geben, denn in Stadt und Land iſt der Beſitzer ein gleich freier Mann. Das ſtändiſche Element erſcheint nicht in der Form des herrſchenden Beſitzers, ſondern nur in der des Berufes. Und ſo ſteht dieß Syſtem da auf Grundlage des Princips, daß jedes ſeiner Theile einen ſelbſtändigen Selbſtver- waltungskörper bildet. Es iſt kein Zweifel, daß wir hier auf Grundlage der ſocialen Zuſtände nichts anderes, als das engliſch-nordamerikaniſche Syſtem geſchildert haben.

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Zitationshilfe: Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 1. Stuttgart, 1865, S. 443. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre01_1865/467>, abgerufen am 22.11.2024.