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Stein, Lorenz von: Handbuch der Verwaltungslehre und des Verwaltungsrechts: mit Vergleichung der Literatur und Gesetzgebung von Frankreich, England und Deutschland; als Grundlage für Vorlesungen. Stuttgart, 1870.

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Die betreffende Gesetzgebung der europäischen Staaten ebend. III. 469.
Eben so Rau II. §. 332. Beide mit reicher Geschichte und Literatur.

b) Die Sparkassen.

Das Wesen der Sparkassen ist nun die Förderung der Capital-
bildung für die capitallose Wirthschaft, und zwar durch Sammlung
und Verwaltung der in ihrer Zerstreuung bei den Einzelnen zu jeder
Produktivität unfähigen kleinen Beträge. Ihre Aufgabe ist es daher,
zuerst diesen kleinen Ueberschüssen die Möglichkeit der Ansammlung,
und dann vermöge der letzteren ihnen wieder die Fähigkeit zum Zins-
ertrage
zu geben. Zugleich aber bilden sie ein Hülfscapital für
den Fall der Noth. Aus den ersten beiden Momenten geht die Noth-
wendigkeit hervor, die Einzahlungen fest und zinstragend anzulegen,
aus den letzteren die den Betrag derselben dennoch stets für den Ein-
leger zur Rückzahlung verfügbar zu halten. Auf der Lösung beider
Aufgaben beruht die Verwaltung der Sparkassen. Ihre formelle
Grundlage ist die des wirthschaftlichen Vereinswesens, indem jeder Ein-
leger sofort Mitglied des Vereins wird und stets wieder austreten kann
durch Rückforderung seiner Einlage, während der Verwaltungsrath die
vorhandenen Einlagen verwaltet; ihr gesellschaftliches Princip
dagegen besteht darin, daß die wirkliche Verwaltung unentgeldlich
von Mitgliedern der besitzenden Classe vollzogen werden muß, und
daß daher statt der allgemeinen Wahl eine Selbstergänzung der leiten-
den Organe eintritt. Eben dadurch bilden die Sparkassen den Ueber-
gang vom Vereinswesen zur Selbstverwaltung, indem die Elemente
beider in denselben vertreten sind. Sie haben deßhalb den Charakter
öffentlicher Anstalten und stehen in ihrer ganzen Verwaltung unter
öffentlicher Aufsicht. Die formelle Verwaltung hat drei Hauptaufgaben.
Zuerst die Aufnahme durch die Einlage mit dem Sparkassenbuch;
die freie Bewegung des Capitals fordert für dasselbe das Recht des
Inhaberpapiers trotz der Ausstellung auf den Namen, so wie die
Amortisation. Der gesellschaftliche Gesichtspunkt, der in jeder
Sparkasse liegt, tritt dabei in dem zuerst in Frankreich ausgeführten
Grundsatz hervor, daß nur Einlagen bis zu einer gewissen Höhe an-
genommen, und die Capitalien bis zu einem beschränkten Betrage in
der Sparkasse belassen werden. Der wirthschaftliche Grund dafür
besteht darin, daß Einlagen und Kündigungen über eine gewisse Summe
hinaus einen zu starken Umsatz erzeugen würden, um bei vollkommener
Sicherheit der Geldverwaltung noch regelmäßige Zinsen geben zu können.
Zweitens die Verwaltung der Einlagen. Um die Einlagen ver-
zinsen
zu können, sind zwei Systeme möglich. Das erste ist das ganz

Die betreffende Geſetzgebung der europäiſchen Staaten ebend. III. 469.
Eben ſo Rau II. §. 332. Beide mit reicher Geſchichte und Literatur.

b) Die Sparkaſſen.

Das Weſen der Sparkaſſen iſt nun die Förderung der Capital-
bildung für die capitalloſe Wirthſchaft, und zwar durch Sammlung
und Verwaltung der in ihrer Zerſtreuung bei den Einzelnen zu jeder
Produktivität unfähigen kleinen Beträge. Ihre Aufgabe iſt es daher,
zuerſt dieſen kleinen Ueberſchüſſen die Möglichkeit der Anſammlung,
und dann vermöge der letzteren ihnen wieder die Fähigkeit zum Zins-
ertrage
zu geben. Zugleich aber bilden ſie ein Hülfscapital für
den Fall der Noth. Aus den erſten beiden Momenten geht die Noth-
wendigkeit hervor, die Einzahlungen feſt und zinstragend anzulegen,
aus den letzteren die den Betrag derſelben dennoch ſtets für den Ein-
leger zur Rückzahlung verfügbar zu halten. Auf der Löſung beider
Aufgaben beruht die Verwaltung der Sparkaſſen. Ihre formelle
Grundlage iſt die des wirthſchaftlichen Vereinsweſens, indem jeder Ein-
leger ſofort Mitglied des Vereins wird und ſtets wieder austreten kann
durch Rückforderung ſeiner Einlage, während der Verwaltungsrath die
vorhandenen Einlagen verwaltet; ihr geſellſchaftliches Princip
dagegen beſteht darin, daß die wirkliche Verwaltung unentgeldlich
von Mitgliedern der beſitzenden Claſſe vollzogen werden muß, und
daß daher ſtatt der allgemeinen Wahl eine Selbſtergänzung der leiten-
den Organe eintritt. Eben dadurch bilden die Sparkaſſen den Ueber-
gang vom Vereinsweſen zur Selbſtverwaltung, indem die Elemente
beider in denſelben vertreten ſind. Sie haben deßhalb den Charakter
öffentlicher Anſtalten und ſtehen in ihrer ganzen Verwaltung unter
öffentlicher Aufſicht. Die formelle Verwaltung hat drei Hauptaufgaben.
Zuerſt die Aufnahme durch die Einlage mit dem Sparkaſſenbuch;
die freie Bewegung des Capitals fordert für daſſelbe das Recht des
Inhaberpapiers trotz der Ausſtellung auf den Namen, ſo wie die
Amortiſation. Der geſellſchaftliche Geſichtspunkt, der in jeder
Sparkaſſe liegt, tritt dabei in dem zuerſt in Frankreich ausgeführten
Grundſatz hervor, daß nur Einlagen bis zu einer gewiſſen Höhe an-
genommen, und die Capitalien bis zu einem beſchränkten Betrage in
der Sparkaſſe belaſſen werden. Der wirthſchaftliche Grund dafür
beſteht darin, daß Einlagen und Kündigungen über eine gewiſſe Summe
hinaus einen zu ſtarken Umſatz erzeugen würden, um bei vollkommener
Sicherheit der Geldverwaltung noch regelmäßige Zinſen geben zu können.
Zweitens die Verwaltung der Einlagen. Um die Einlagen ver-
zinſen
zu können, ſind zwei Syſteme möglich. Das erſte iſt das ganz

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[447/0471] Die betreffende Geſetzgebung der europäiſchen Staaten ebend. III. 469. Eben ſo Rau II. §. 332. Beide mit reicher Geſchichte und Literatur. b) Die Sparkaſſen. Das Weſen der Sparkaſſen iſt nun die Förderung der Capital- bildung für die capitalloſe Wirthſchaft, und zwar durch Sammlung und Verwaltung der in ihrer Zerſtreuung bei den Einzelnen zu jeder Produktivität unfähigen kleinen Beträge. Ihre Aufgabe iſt es daher, zuerſt dieſen kleinen Ueberſchüſſen die Möglichkeit der Anſammlung, und dann vermöge der letzteren ihnen wieder die Fähigkeit zum Zins- ertrage zu geben. Zugleich aber bilden ſie ein Hülfscapital für den Fall der Noth. Aus den erſten beiden Momenten geht die Noth- wendigkeit hervor, die Einzahlungen feſt und zinstragend anzulegen, aus den letzteren die den Betrag derſelben dennoch ſtets für den Ein- leger zur Rückzahlung verfügbar zu halten. Auf der Löſung beider Aufgaben beruht die Verwaltung der Sparkaſſen. Ihre formelle Grundlage iſt die des wirthſchaftlichen Vereinsweſens, indem jeder Ein- leger ſofort Mitglied des Vereins wird und ſtets wieder austreten kann durch Rückforderung ſeiner Einlage, während der Verwaltungsrath die vorhandenen Einlagen verwaltet; ihr geſellſchaftliches Princip dagegen beſteht darin, daß die wirkliche Verwaltung unentgeldlich von Mitgliedern der beſitzenden Claſſe vollzogen werden muß, und daß daher ſtatt der allgemeinen Wahl eine Selbſtergänzung der leiten- den Organe eintritt. Eben dadurch bilden die Sparkaſſen den Ueber- gang vom Vereinsweſen zur Selbſtverwaltung, indem die Elemente beider in denſelben vertreten ſind. Sie haben deßhalb den Charakter öffentlicher Anſtalten und ſtehen in ihrer ganzen Verwaltung unter öffentlicher Aufſicht. Die formelle Verwaltung hat drei Hauptaufgaben. Zuerſt die Aufnahme durch die Einlage mit dem Sparkaſſenbuch; die freie Bewegung des Capitals fordert für daſſelbe das Recht des Inhaberpapiers trotz der Ausſtellung auf den Namen, ſo wie die Amortiſation. Der geſellſchaftliche Geſichtspunkt, der in jeder Sparkaſſe liegt, tritt dabei in dem zuerſt in Frankreich ausgeführten Grundſatz hervor, daß nur Einlagen bis zu einer gewiſſen Höhe an- genommen, und die Capitalien bis zu einem beſchränkten Betrage in der Sparkaſſe belaſſen werden. Der wirthſchaftliche Grund dafür beſteht darin, daß Einlagen und Kündigungen über eine gewiſſe Summe hinaus einen zu ſtarken Umſatz erzeugen würden, um bei vollkommener Sicherheit der Geldverwaltung noch regelmäßige Zinſen geben zu können. Zweitens die Verwaltung der Einlagen. Um die Einlagen ver- zinſen zu können, ſind zwei Syſteme möglich. Das erſte iſt das ganz

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Zitationshilfe: Stein, Lorenz von: Handbuch der Verwaltungslehre und des Verwaltungsrechts: mit Vergleichung der Literatur und Gesetzgebung von Frankreich, England und Deutschland; als Grundlage für Vorlesungen. Stuttgart, 1870, S. 447. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_handbuch_1870/471>, abgerufen am 25.11.2024.