tritt an ihre Stelle der Arbeitszwang in den dazu errichteten Arbeitshäusern. Nach vielen Versuchen und Untersuchungen ist man sich einig, daß die Produktivität der Arbeitshäuser eine sehr geringe ist, und daß man den in ihnen zur Geltung gelangenden Arbeitszwang als wirthschaftliche Ordnungsstrafe betrachten und behandeln muß. Darnach bleibt auch dieses System noch ein rein negatives der Repression. Zu einem positiven, die Uebelstände zugleich aufhebenden System wird es erst durch zwei Momente, deren Keim unsere Gegenwart empfangen hat, und die sich mit der Zeit vollständig und in heilsamer Weise ausbilden werden. Das erste ist die Einfüh- rung der, wenn auch nur elementaren geistigen Bildung in die Auf- gabe der Arbeitshäuser; das zweite ist die Errichtung von öffentlichen Lagerstätten mit Bett, Bad und Wäsche für Unterstandslose. Es ist klar, daß das alles fast nur für große Städte thunlich ist, und daß es daher der Selbstverwaltung angehört. Wir stehen in dieser Beziehung in einer Uebergangsepoche; die Basis der künftigen Gestal- tung ist die allmählig immer klarer werdende Erkenntniß, daß die Ver- ordnungen und Kosten für diese Anstalten sich durch die Verminderung der Quellen der Armuth, Mangel an Ordnung und Bildung, und damit durch Verminderung der Armenlast reichlich wieder ersetzen. Hier liegt noch eine große Aufgabe zu lösen.
Ueber Recht und Pflicht, Bettel und Vagabundiren polizeilich zu unter- drücken, hat niemals, auch in der Geschlechterordnung nicht, ein Zweifel bestanden. Die erste Epoche der peinlichen Strafe für beides reicht bis in unser Jahrhundert; für Deutschland s. Berg, Polizeirecht III. 241; vom poli- tischen, Quistorp, Grundsätze des teutschen peinlichen Rechts I. 437; vom strafrechtlichen Standpunkt. Ueber das allerdings der Sicherheitspolizei ange- hörige Landstreicher- und Gaunerwesen namentlich Mohl, Präventivjustiz §. 19 und 20, mit reicher Literatur; für England strenge Gesetze schon seit Hein- rich VIII.; Hauptgesetz 17. G. II. 5 mit den noch heute bestehenden drei Classen von "Vagabonds" bei Gneist, Engl. Verwaltungsrecht II. §. 37 und Straf- system für dieselben. -- Für Frankreich strenge Strafen schon 1351 und 1541 von Franz I. Andere Verordnungen des 17. und 18. Jahrhunderts bei Block, Mendiants. Das 18. Jahrhundert gelangt von der einfachen Strafe zum System der Arbeitshäuser und dem Correlat, der Ordnungsstrafe. Das englische System bei Kries, Englische Armenpflege S. 17 ff. Vor- trefflich über die Workhouses und die Abneigung der Armen gegen dieselben, die dieselben als Gefängnisse ansehen S. 19 f. Die Workhouses als in door relief gegenüber der eigentlichen Armenpflege als out door relief (vergl. Klein- schrod, Pauperismus in England S. 162). Charakter derselben ist die enge Verbindung mit dem eigentlichen Armenwesen, während die Bettelei für sich strafbar ist. -- In Frankreich schon vor der Revolution Errichtung der Maisons de correction (Strafarbeitshäuser seit 1764); damals, nach Einfüh-
tritt an ihre Stelle der Arbeitszwang in den dazu errichteten Arbeitshäuſern. Nach vielen Verſuchen und Unterſuchungen iſt man ſich einig, daß die Produktivität der Arbeitshäuſer eine ſehr geringe iſt, und daß man den in ihnen zur Geltung gelangenden Arbeitszwang als wirthſchaftliche Ordnungsſtrafe betrachten und behandeln muß. Darnach bleibt auch dieſes Syſtem noch ein rein negatives der Repreſſion. Zu einem poſitiven, die Uebelſtände zugleich aufhebenden Syſtem wird es erſt durch zwei Momente, deren Keim unſere Gegenwart empfangen hat, und die ſich mit der Zeit vollſtändig und in heilſamer Weiſe ausbilden werden. Das erſte iſt die Einfüh- rung der, wenn auch nur elementaren geiſtigen Bildung in die Auf- gabe der Arbeitshäuſer; das zweite iſt die Errichtung von öffentlichen Lagerſtätten mit Bett, Bad und Wäſche für Unterſtandsloſe. Es iſt klar, daß das alles faſt nur für große Städte thunlich iſt, und daß es daher der Selbſtverwaltung angehört. Wir ſtehen in dieſer Beziehung in einer Uebergangsepoche; die Baſis der künftigen Geſtal- tung iſt die allmählig immer klarer werdende Erkenntniß, daß die Ver- ordnungen und Koſten für dieſe Anſtalten ſich durch die Verminderung der Quellen der Armuth, Mangel an Ordnung und Bildung, und damit durch Verminderung der Armenlaſt reichlich wieder erſetzen. Hier liegt noch eine große Aufgabe zu löſen.
Ueber Recht und Pflicht, Bettel und Vagabundiren polizeilich zu unter- drücken, hat niemals, auch in der Geſchlechterordnung nicht, ein Zweifel beſtanden. Die erſte Epoche der peinlichen Strafe für beides reicht bis in unſer Jahrhundert; für Deutſchland ſ. Berg, Polizeirecht III. 241; vom poli- tiſchen, Quiſtorp, Grundſätze des teutſchen peinlichen Rechts I. 437; vom ſtrafrechtlichen Standpunkt. Ueber das allerdings der Sicherheitspolizei ange- hörige Landſtreicher- und Gaunerweſen namentlich Mohl, Präventivjuſtiz §. 19 und 20, mit reicher Literatur; für England ſtrenge Geſetze ſchon ſeit Hein- rich VIII.; Hauptgeſetz 17. G. II. 5 mit den noch heute beſtehenden drei Claſſen von „Vagabonds“ bei Gneiſt, Engl. Verwaltungsrecht II. §. 37 und Straf- ſyſtem für dieſelben. — Für Frankreich ſtrenge Strafen ſchon 1351 und 1541 von Franz I. Andere Verordnungen des 17. und 18. Jahrhunderts bei Block, Mendiants. Das 18. Jahrhundert gelangt von der einfachen Strafe zum Syſtem der Arbeitshäuſer und dem Correlat, der Ordnungsſtrafe. Das engliſche Syſtem bei Kries, Engliſche Armenpflege S. 17 ff. Vor- trefflich über die Workhouses und die Abneigung der Armen gegen dieſelben, die dieſelben als Gefängniſſe anſehen S. 19 f. Die Workhouses als in door relief gegenüber der eigentlichen Armenpflege als out door relief (vergl. Klein- ſchrod, Pauperismus in England S. 162). Charakter derſelben iſt die enge Verbindung mit dem eigentlichen Armenweſen, während die Bettelei für ſich ſtrafbar iſt. — In Frankreich ſchon vor der Revolution Errichtung der Maisons de correction (Strafarbeitshäuſer ſeit 1764); damals, nach Einfüh-
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Arbeitshäuſern. Nach vielen Verſuchen und Unterſuchungen iſt
man ſich einig, daß die Produktivität der Arbeitshäuſer eine ſehr
geringe iſt, und daß man den in ihnen zur Geltung gelangenden
Arbeitszwang als wirthſchaftliche Ordnungsſtrafe betrachten
und behandeln muß. Darnach bleibt auch dieſes Syſtem noch ein rein
negatives der Repreſſion. Zu einem poſitiven, die Uebelſtände zugleich
aufhebenden Syſtem wird es erſt durch zwei Momente, deren Keim
unſere Gegenwart empfangen hat, und die ſich mit der Zeit vollſtändig
und in heilſamer Weiſe ausbilden werden. Das erſte iſt die Einfüh-
rung der, wenn auch nur elementaren geiſtigen Bildung in die Auf-
gabe der Arbeitshäuſer; das zweite iſt die Errichtung von öffentlichen
Lagerſtätten mit Bett, Bad und Wäſche für Unterſtandsloſe. Es
iſt klar, daß das alles faſt nur für große Städte thunlich iſt, und daß
es daher der Selbſtverwaltung angehört. Wir ſtehen in dieſer
Beziehung in einer Uebergangsepoche; die Baſis der künftigen Geſtal-
tung iſt die allmählig immer klarer werdende Erkenntniß, daß die Ver-
ordnungen und Koſten für dieſe Anſtalten ſich durch die Verminderung
der Quellen der Armuth, Mangel an Ordnung und Bildung, und
damit durch Verminderung der Armenlaſt reichlich wieder erſetzen.
Hier liegt noch eine große Aufgabe zu löſen.
Ueber Recht und Pflicht, Bettel und Vagabundiren polizeilich zu unter-
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beſtanden. Die erſte Epoche der peinlichen Strafe für beides reicht bis in
unſer Jahrhundert; für Deutſchland ſ. Berg, Polizeirecht III. 241; vom poli-
tiſchen, Quiſtorp, Grundſätze des teutſchen peinlichen Rechts I. 437; vom
ſtrafrechtlichen Standpunkt. Ueber das allerdings der Sicherheitspolizei ange-
hörige Landſtreicher- und Gaunerweſen namentlich Mohl, Präventivjuſtiz §. 19
und 20, mit reicher Literatur; für England ſtrenge Geſetze ſchon ſeit Hein-
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von „Vagabonds“ bei Gneiſt, Engl. Verwaltungsrecht II. §. 37 und Straf-
ſyſtem für dieſelben. — Für Frankreich ſtrenge Strafen ſchon 1351 und
1541 von Franz I. Andere Verordnungen des 17. und 18. Jahrhunderts bei
Block, Mendiants. Das 18. Jahrhundert gelangt von der einfachen Strafe
zum Syſtem der Arbeitshäuſer und dem Correlat, der Ordnungsſtrafe.
Das engliſche Syſtem bei Kries, Engliſche Armenpflege S. 17 ff. Vor-
trefflich über die Workhouses und die Abneigung der Armen gegen dieſelben,
die dieſelben als Gefängniſſe anſehen S. 19 f. Die Workhouses als in door
relief gegenüber der eigentlichen Armenpflege als out door relief (vergl. Klein-
ſchrod, Pauperismus in England S. 162). Charakter derſelben iſt die enge
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ſich ſtrafbar iſt. — In Frankreich ſchon vor der Revolution Errichtung der
Maisons de correction (Strafarbeitshäuſer ſeit 1764); damals, nach Einfüh-
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Stein, Lorenz von: Handbuch der Verwaltungslehre und des Verwaltungsrechts: mit Vergleichung der Literatur und Gesetzgebung von Frankreich, England und Deutschland; als Grundlage für Vorlesungen. Stuttgart, 1870, S. 418. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_handbuch_1870/442>, abgerufen am 23.11.2024.
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