der Post und die Verträge über das Münzwesen; das letzte Gebiet dieser Verträge dagegen, das man als den Höhepunkt des internatio- nalen Vertragswesens betrachten kann, die Verträge über die gegen- seitige Vollziehbarkeit der gegenseitigen rechtskräftigen Urtheile ist noch sehr unentwickelt; dennoch ist es bei der immer steigenden Ver- schmelzung von Interessen und Geschäften als ein nothwendiger Schritt anzusehen.
Die Handelsverträge sind bis jetzt nur für die einzelnen Staaten Europas bearbeitet, und auch hier nur in dem Werke von Cussy vollständig für Frank- reich; schon im vorigen Jahrhundert gute Reflexionen bei Mably, droit publ. de l'Eur. Bd. II. bis 1740. Die einzelnen Verträge bei Martens; spe- ciell für Frankreich die Verträge dieses Jahrhunderts aufgezählt bei Block, Dict. v. traites; für Oesterreich: Neumann, Recueil des tr. de l'Autriche; Preußen: Rohrscheidt, Preußens Staatsverträge 1852 (vergl. RauVI. §. 303; RönneII. 530). Allgemeine Betrachtungen vom Standpunkte der Handelsfreiheit bei Ad. SmithII. 308; List, Nat. System s. unten.
C.Das Zollwesen. Um die hervorragende Bedeutung des Zollwesens in der Volkswirthschaftspflege zu erkennen, kann es nicht genügen, seine formale Definition aufzustellen oder ihren Inhalt dar- zulegen. Man muß vielmehr dasselbe in seiner allmähligen und orga- nischen Entwicklung verfolgen.
Der Zoll ist formell die Abgabe, welche der Staat bei dem Ein- gang, Ausgang oder Durchgang gewisser Waaren über gewisse Linien erhebt.
Ein solcher Zoll ist ein Steuerzoll, wenn der Zweck desselben eine bloße Besteuerung der betreffenden Waaren ist; der Zoll selbst ist darum die Steuerhebungsform. Wenn derselbe dagegen einen wirth- schaftlichen Zweck hat, so wird er ein Verwaltungs- oder Schutz- zoll. Die äußere Gränze zwischen beiden ist eben so schwer zu ziehen, als die principielle leicht zu bestimmen ist; denn es können in einem und demselben Zollsatze beide Arten vereinigt sein. In diesem Falle ist derjenige Theil des betreffenden Zollsatzes Schutzzoll, der nicht mehr durch die Besteuerung motivirt ist. Der Steuerzoll gehört nun der Finanzwissenschaft; die (Verwaltungs- oder) Schutzzollfrage dagegen gehört der Volkswirthschaftspflege. Seine Aufgabe ist formell die Ver- theuerung der Waare um den Betrag des Zolles, und damit ein wesentlicher Einfluß auf die Mitwerbung derselben mit den einheimi- schen Waaren. Das Zollwesen ist die Gesammtheit von Bestimmungen und Maßregeln, durch welche diese Erhöhung des Preises der verzollten Waaren erzielt wird. An diese Fähigkeit desselben schließt sich seine historische Entwicklung, die in den zwei großen Epochen des Prohi-
der Poſt und die Verträge über das Münzweſen; das letzte Gebiet dieſer Verträge dagegen, das man als den Höhepunkt des internatio- nalen Vertragsweſens betrachten kann, die Verträge über die gegen- ſeitige Vollziehbarkeit der gegenſeitigen rechtskräftigen Urtheile iſt noch ſehr unentwickelt; dennoch iſt es bei der immer ſteigenden Ver- ſchmelzung von Intereſſen und Geſchäften als ein nothwendiger Schritt anzuſehen.
Die Handelsverträge ſind bis jetzt nur für die einzelnen Staaten Europas bearbeitet, und auch hier nur in dem Werke von Cuſſy vollſtändig für Frank- reich; ſchon im vorigen Jahrhundert gute Reflexionen bei Mably, droit publ. de l’Eur. Bd. II. bis 1740. Die einzelnen Verträge bei Martens; ſpe- ciell für Frankreich die Verträge dieſes Jahrhunderts aufgezählt bei Block, Dict. v. traités; für Oeſterreich: Neumann, Récueil des tr. de l’Autriche; Preußen: Rohrſcheidt, Preußens Staatsverträge 1852 (vergl. RauVI. §. 303; RönneII. 530). Allgemeine Betrachtungen vom Standpunkte der Handelsfreiheit bei Ad. SmithII. 308; Liſt, Nat. Syſtem ſ. unten.
C.Das Zollweſen. Um die hervorragende Bedeutung des Zollweſens in der Volkswirthſchaftspflege zu erkennen, kann es nicht genügen, ſeine formale Definition aufzuſtellen oder ihren Inhalt dar- zulegen. Man muß vielmehr daſſelbe in ſeiner allmähligen und orga- niſchen Entwicklung verfolgen.
Der Zoll iſt formell die Abgabe, welche der Staat bei dem Ein- gang, Ausgang oder Durchgang gewiſſer Waaren über gewiſſe Linien erhebt.
Ein ſolcher Zoll iſt ein Steuerzoll, wenn der Zweck deſſelben eine bloße Beſteuerung der betreffenden Waaren iſt; der Zoll ſelbſt iſt darum die Steuerhebungsform. Wenn derſelbe dagegen einen wirth- ſchaftlichen Zweck hat, ſo wird er ein Verwaltungs- oder Schutz- zoll. Die äußere Gränze zwiſchen beiden iſt eben ſo ſchwer zu ziehen, als die principielle leicht zu beſtimmen iſt; denn es können in einem und demſelben Zollſatze beide Arten vereinigt ſein. In dieſem Falle iſt derjenige Theil des betreffenden Zollſatzes Schutzzoll, der nicht mehr durch die Beſteuerung motivirt iſt. Der Steuerzoll gehört nun der Finanzwiſſenſchaft; die (Verwaltungs- oder) Schutzzollfrage dagegen gehört der Volkswirthſchaftspflege. Seine Aufgabe iſt formell die Ver- theuerung der Waare um den Betrag des Zolles, und damit ein weſentlicher Einfluß auf die Mitwerbung derſelben mit den einheimi- ſchen Waaren. Das Zollweſen iſt die Geſammtheit von Beſtimmungen und Maßregeln, durch welche dieſe Erhöhung des Preiſes der verzollten Waaren erzielt wird. An dieſe Fähigkeit deſſelben ſchließt ſich ſeine hiſtoriſche Entwicklung, die in den zwei großen Epochen des Prohi-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><divn="5"><divn="6"><divn="7"><p><pbfacs="#f0395"n="371"/>
der <hirendition="#g">Poſt</hi> und die Verträge über das <hirendition="#g">Münzweſen</hi>; das letzte Gebiet<lb/>
dieſer Verträge dagegen, das man als den Höhepunkt des internatio-<lb/>
nalen Vertragsweſens betrachten kann, die Verträge über die gegen-<lb/>ſeitige Vollziehbarkeit der gegenſeitigen rechtskräftigen <hirendition="#g">Urtheile</hi> iſt<lb/>
noch ſehr unentwickelt; dennoch iſt es bei der immer ſteigenden Ver-<lb/>ſchmelzung von Intereſſen und Geſchäften als ein <hirendition="#g">nothwendiger</hi><lb/>
Schritt anzuſehen.</p><lb/><p>Die Handelsverträge ſind bis jetzt nur für die <hirendition="#g">einzelnen</hi> Staaten Europas<lb/>
bearbeitet, und auch hier nur in dem Werke von <hirendition="#g">Cuſſy</hi> vollſtändig für Frank-<lb/>
reich; ſchon im vorigen Jahrhundert gute Reflexionen bei <hirendition="#g">Mably</hi>, <hirendition="#aq">droit publ.<lb/>
de l’Eur.</hi> Bd. <hirendition="#aq">II.</hi> bis 1740. Die <hirendition="#g">einzelnen</hi> Verträge bei <hirendition="#g">Martens;</hi>ſpe-<lb/>
ciell für <hirendition="#g">Frankreich</hi> die Verträge dieſes Jahrhunderts aufgezählt bei <hirendition="#g">Block</hi>,<lb/><hirendition="#aq">Dict. v. traités;</hi> für <hirendition="#g">Oeſterreich: Neumann</hi>, <hirendition="#aq">Récueil des tr. de l’Autriche;</hi><lb/><hirendition="#g">Preußen: Rohrſcheidt</hi>, Preußens Staatsverträge 1852 (vergl. <hirendition="#g">Rau</hi><hirendition="#aq">VI.</hi><lb/>
§. 303; <hirendition="#g">Rönne</hi><hirendition="#aq">II.</hi> 530). Allgemeine Betrachtungen vom Standpunkte der<lb/>
Handelsfreiheit bei <hirendition="#g">Ad. Smith</hi><hirendition="#aq">II.</hi> 308; <hirendition="#g">Liſt</hi>, Nat. Syſtem ſ. unten.</p><lb/><p><hirendition="#aq">C.</hi><hirendition="#g">Das Zollweſen</hi>. Um die hervorragende Bedeutung des<lb/>
Zollweſens in der Volkswirthſchaftspflege zu erkennen, kann es nicht<lb/>
genügen, ſeine formale Definition aufzuſtellen oder ihren Inhalt dar-<lb/>
zulegen. Man muß vielmehr daſſelbe in ſeiner allmähligen und orga-<lb/>
niſchen Entwicklung verfolgen.</p><lb/><p>Der Zoll iſt formell die Abgabe, welche der Staat bei dem Ein-<lb/>
gang, Ausgang oder Durchgang gewiſſer Waaren über gewiſſe Linien<lb/>
erhebt.</p><lb/><p>Ein ſolcher Zoll iſt ein <hirendition="#g">Steuerzoll</hi>, wenn der Zweck deſſelben<lb/>
eine bloße Beſteuerung der betreffenden Waaren iſt; der Zoll ſelbſt iſt<lb/>
darum die Steue<hirendition="#g">rhebungsf</hi>orm. Wenn derſelbe dagegen einen wirth-<lb/>ſchaftlichen Zweck hat, ſo wird er ein <hirendition="#g">Verwaltungs</hi>- oder <hirendition="#g">Schutz-<lb/>
zoll</hi>. Die äußere Gränze zwiſchen beiden iſt eben ſo ſchwer zu ziehen,<lb/>
als die principielle leicht zu beſtimmen iſt; denn es können in einem<lb/>
und demſelben Zollſatze beide Arten vereinigt ſein. In dieſem Falle<lb/>
iſt derjenige <hirendition="#g">Theil</hi> des betreffenden Zollſatzes Schutzzoll, der nicht<lb/>
mehr durch die Beſteuerung motivirt iſt. Der Steuerzoll gehört nun<lb/>
der Finanzwiſſenſchaft; die (Verwaltungs- oder) Schutzzollfrage dagegen<lb/>
gehört der Volkswirthſchaftspflege. Seine Aufgabe iſt formell die Ver-<lb/>
theuerung der Waare um den Betrag des Zolles, und damit ein<lb/>
weſentlicher Einfluß auf die Mitwerbung derſelben mit den einheimi-<lb/>ſchen Waaren. Das <hirendition="#g">Zollweſen</hi> iſt die Geſammtheit von Beſtimmungen<lb/>
und Maßregeln, durch welche dieſe Erhöhung des Preiſes der verzollten<lb/>
Waaren erzielt wird. An dieſe Fähigkeit deſſelben ſchließt ſich ſeine<lb/>
hiſtoriſche Entwicklung, die in den zwei großen Epochen des <hirendition="#g">Prohi-<lb/></hi></p></div></div></div></div></div></div></div></body></text></TEI>
[371/0395]
der Poſt und die Verträge über das Münzweſen; das letzte Gebiet
dieſer Verträge dagegen, das man als den Höhepunkt des internatio-
nalen Vertragsweſens betrachten kann, die Verträge über die gegen-
ſeitige Vollziehbarkeit der gegenſeitigen rechtskräftigen Urtheile iſt
noch ſehr unentwickelt; dennoch iſt es bei der immer ſteigenden Ver-
ſchmelzung von Intereſſen und Geſchäften als ein nothwendiger
Schritt anzuſehen.
Die Handelsverträge ſind bis jetzt nur für die einzelnen Staaten Europas
bearbeitet, und auch hier nur in dem Werke von Cuſſy vollſtändig für Frank-
reich; ſchon im vorigen Jahrhundert gute Reflexionen bei Mably, droit publ.
de l’Eur. Bd. II. bis 1740. Die einzelnen Verträge bei Martens; ſpe-
ciell für Frankreich die Verträge dieſes Jahrhunderts aufgezählt bei Block,
Dict. v. traités; für Oeſterreich: Neumann, Récueil des tr. de l’Autriche;
Preußen: Rohrſcheidt, Preußens Staatsverträge 1852 (vergl. Rau VI.
§. 303; Rönne II. 530). Allgemeine Betrachtungen vom Standpunkte der
Handelsfreiheit bei Ad. Smith II. 308; Liſt, Nat. Syſtem ſ. unten.
C. Das Zollweſen. Um die hervorragende Bedeutung des
Zollweſens in der Volkswirthſchaftspflege zu erkennen, kann es nicht
genügen, ſeine formale Definition aufzuſtellen oder ihren Inhalt dar-
zulegen. Man muß vielmehr daſſelbe in ſeiner allmähligen und orga-
niſchen Entwicklung verfolgen.
Der Zoll iſt formell die Abgabe, welche der Staat bei dem Ein-
gang, Ausgang oder Durchgang gewiſſer Waaren über gewiſſe Linien
erhebt.
Ein ſolcher Zoll iſt ein Steuerzoll, wenn der Zweck deſſelben
eine bloße Beſteuerung der betreffenden Waaren iſt; der Zoll ſelbſt iſt
darum die Steuerhebungsform. Wenn derſelbe dagegen einen wirth-
ſchaftlichen Zweck hat, ſo wird er ein Verwaltungs- oder Schutz-
zoll. Die äußere Gränze zwiſchen beiden iſt eben ſo ſchwer zu ziehen,
als die principielle leicht zu beſtimmen iſt; denn es können in einem
und demſelben Zollſatze beide Arten vereinigt ſein. In dieſem Falle
iſt derjenige Theil des betreffenden Zollſatzes Schutzzoll, der nicht
mehr durch die Beſteuerung motivirt iſt. Der Steuerzoll gehört nun
der Finanzwiſſenſchaft; die (Verwaltungs- oder) Schutzzollfrage dagegen
gehört der Volkswirthſchaftspflege. Seine Aufgabe iſt formell die Ver-
theuerung der Waare um den Betrag des Zolles, und damit ein
weſentlicher Einfluß auf die Mitwerbung derſelben mit den einheimi-
ſchen Waaren. Das Zollweſen iſt die Geſammtheit von Beſtimmungen
und Maßregeln, durch welche dieſe Erhöhung des Preiſes der verzollten
Waaren erzielt wird. An dieſe Fähigkeit deſſelben ſchließt ſich ſeine
hiſtoriſche Entwicklung, die in den zwei großen Epochen des Prohi-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Stein, Lorenz von: Handbuch der Verwaltungslehre und des Verwaltungsrechts: mit Vergleichung der Literatur und Gesetzgebung von Frankreich, England und Deutschland; als Grundlage für Vorlesungen. Stuttgart, 1870, S. 371. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_handbuch_1870/395>, abgerufen am 16.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.