freien Verwaltung in Chambres de Commerce und Associations nur geringen Spielraum; in Deutschland endlich arbeiten beide Elemente mit einander fast durchstehend in Harmonie, aber ohne Bewußtsein ihrer Gemeinschaft. Allerdings sieht man die ganze Bedeutung der Sache erst in dem Folgenden. Ueber das Vereinswesen s. Stein, Vereinswesen und Vereinsrecht.
2) Allgemeine Verwaltung.
Die allgemeine Volkswirthschaftspflege hat nun, in ihrer speciellen Anwendung auf die Industrie, davon auszugehen, daß die allgemeinen Bedingungen der Entwicklung der letzteren nicht etwas Besonderes for- dern, sondern ihrem Wesen nach genau dieselben sind, welche für das Gewerbe gelten, so daß in dem, was von Seiten des Staats dafür geschieht, gar keine feste Gränze zwischen Gewerbe, Handel und Indu- strie vorhanden ist. Das gilt sowohl für die Anstalten der wirthschaft- lichen Berufsbildung, dem gesammten Realschulwesen, als für die all- gemeine industrielle Bildung durch öffentliche Sammlungen und Aus- stellungen, als endlich für das Verkehrswesen in allen seinen Zweigen. Wohl aber fordert die Industrie dieselben Leistungen in größerem Um- fange; und hier tritt zuerst das specifische Element der industriellen Verwaltung ein. In der That kann nicht der Staat den Umfang dessen bestimmen oder ausfüllen, was speciell die Industrie fordert, da er für alle gleichmäßig thätig sein muß, sondern die Industrie muß in dieser Beziehung selbst helfen. Das nun geschieht durch das Ver- einswesen, und zwar nach den beiden großen Kategorien des Ver- einswesens durch die Interessenvereine, welche die speciellen Be- dürfnisse der Industrie zum Ausdruck und zum Bewußtsein bringen, und andererseits durch die Unternehmungsvereine, indem diese die Herstellungen der allgemeinen Bedingungen für die Industrie und ihre massenhafte Güter- und Werthbewegung zum Gegenstande selbstän- diger Unternehmungen machen. Die Hauptformen der letzteren sind die Eisenbahngesellschaften für das Communikationswesen, und die Banken und Creditanstalten für das Creditwesen. So ergibt sich der leitende Grundsatz für die Industrie und ihre Verwaltung, daß die letztere für die erstere durch das Vereinswesen verwirklicht wird, und daß somit die Thätigkeit der Regierung hier vorzugsweise in den Funktionen der Oberaufsicht für diese Vereine besteht, deren Grundsätze und Inhalt bereits oben bezeichnet wurden. Je weiter die Industrie sich entwickelt, desto bestimmter tritt dieses Princip hervor, und desto klarer wird es, daß der Staat selbst durch unmittelbares Eingreifen weder der Natur der Industrie entspricht, noch auch etwas positiv Förderliches zu leisten im Stande ist. Und derselbe Charakter
freien Verwaltung in Chambres de Commerce und Associations nur geringen Spielraum; in Deutſchland endlich arbeiten beide Elemente mit einander faſt durchſtehend in Harmonie, aber ohne Bewußtſein ihrer Gemeinſchaft. Allerdings ſieht man die ganze Bedeutung der Sache erſt in dem Folgenden. Ueber das Vereinsweſen ſ. Stein, Vereinsweſen und Vereinsrecht.
2) Allgemeine Verwaltung.
Die allgemeine Volkswirthſchaftspflege hat nun, in ihrer ſpeciellen Anwendung auf die Induſtrie, davon auszugehen, daß die allgemeinen Bedingungen der Entwicklung der letzteren nicht etwas Beſonderes for- dern, ſondern ihrem Weſen nach genau dieſelben ſind, welche für das Gewerbe gelten, ſo daß in dem, was von Seiten des Staats dafür geſchieht, gar keine feſte Gränze zwiſchen Gewerbe, Handel und Indu- ſtrie vorhanden iſt. Das gilt ſowohl für die Anſtalten der wirthſchaft- lichen Berufsbildung, dem geſammten Realſchulweſen, als für die all- gemeine induſtrielle Bildung durch öffentliche Sammlungen und Aus- ſtellungen, als endlich für das Verkehrsweſen in allen ſeinen Zweigen. Wohl aber fordert die Induſtrie dieſelben Leiſtungen in größerem Um- fange; und hier tritt zuerſt das ſpecifiſche Element der induſtriellen Verwaltung ein. In der That kann nicht der Staat den Umfang deſſen beſtimmen oder ausfüllen, was ſpeciell die Induſtrie fordert, da er für alle gleichmäßig thätig ſein muß, ſondern die Induſtrie muß in dieſer Beziehung ſelbſt helfen. Das nun geſchieht durch das Ver- einsweſen, und zwar nach den beiden großen Kategorien des Ver- einsweſens durch die Intereſſenvereine, welche die ſpeciellen Be- dürfniſſe der Induſtrie zum Ausdruck und zum Bewußtſein bringen, und andererſeits durch die Unternehmungsvereine, indem dieſe die Herſtellungen der allgemeinen Bedingungen für die Induſtrie und ihre maſſenhafte Güter- und Werthbewegung zum Gegenſtande ſelbſtän- diger Unternehmungen machen. Die Hauptformen der letzteren ſind die Eiſenbahngeſellſchaften für das Communikationsweſen, und die Banken und Creditanſtalten für das Creditweſen. So ergibt ſich der leitende Grundſatz für die Induſtrie und ihre Verwaltung, daß die letztere für die erſtere durch das Vereinsweſen verwirklicht wird, und daß ſomit die Thätigkeit der Regierung hier vorzugsweiſe in den Funktionen der Oberaufſicht für dieſe Vereine beſteht, deren Grundſätze und Inhalt bereits oben bezeichnet wurden. Je weiter die Induſtrie ſich entwickelt, deſto beſtimmter tritt dieſes Princip hervor, und deſto klarer wird es, daß der Staat ſelbſt durch unmittelbares Eingreifen weder der Natur der Induſtrie entſpricht, noch auch etwas poſitiv Förderliches zu leiſten im Stande iſt. Und derſelbe Charakter
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freien Verwaltung in Chambres de Commerce und Associations nur geringen
Spielraum; in Deutſchland endlich arbeiten beide Elemente mit einander faſt
durchſtehend in Harmonie, aber ohne Bewußtſein ihrer Gemeinſchaft. Allerdings
ſieht man die ganze Bedeutung der Sache erſt in dem Folgenden. Ueber das
Vereinsweſen ſ. Stein, Vereinsweſen und Vereinsrecht.
2) Allgemeine Verwaltung.
Die allgemeine Volkswirthſchaftspflege hat nun, in ihrer ſpeciellen
Anwendung auf die Induſtrie, davon auszugehen, daß die allgemeinen
Bedingungen der Entwicklung der letzteren nicht etwas Beſonderes for-
dern, ſondern ihrem Weſen nach genau dieſelben ſind, welche für
das Gewerbe gelten, ſo daß in dem, was von Seiten des Staats dafür
geſchieht, gar keine feſte Gränze zwiſchen Gewerbe, Handel und Indu-
ſtrie vorhanden iſt. Das gilt ſowohl für die Anſtalten der wirthſchaft-
lichen Berufsbildung, dem geſammten Realſchulweſen, als für die all-
gemeine induſtrielle Bildung durch öffentliche Sammlungen und Aus-
ſtellungen, als endlich für das Verkehrsweſen in allen ſeinen Zweigen.
Wohl aber fordert die Induſtrie dieſelben Leiſtungen in größerem Um-
fange; und hier tritt zuerſt das ſpecifiſche Element der induſtriellen
Verwaltung ein. In der That kann nicht der Staat den Umfang
deſſen beſtimmen oder ausfüllen, was ſpeciell die Induſtrie fordert, da
er für alle gleichmäßig thätig ſein muß, ſondern die Induſtrie muß
in dieſer Beziehung ſelbſt helfen. Das nun geſchieht durch das Ver-
einsweſen, und zwar nach den beiden großen Kategorien des Ver-
einsweſens durch die Intereſſenvereine, welche die ſpeciellen Be-
dürfniſſe der Induſtrie zum Ausdruck und zum Bewußtſein bringen,
und andererſeits durch die Unternehmungsvereine, indem dieſe
die Herſtellungen der allgemeinen Bedingungen für die Induſtrie und
ihre maſſenhafte Güter- und Werthbewegung zum Gegenſtande ſelbſtän-
diger Unternehmungen machen. Die Hauptformen der letzteren ſind
die Eiſenbahngeſellſchaften für das Communikationsweſen, und die
Banken und Creditanſtalten für das Creditweſen. So ergibt ſich der
leitende Grundſatz für die Induſtrie und ihre Verwaltung, daß die
letztere für die erſtere durch das Vereinsweſen verwirklicht wird,
und daß ſomit die Thätigkeit der Regierung hier vorzugsweiſe in den
Funktionen der Oberaufſicht für dieſe Vereine beſteht, deren
Grundſätze und Inhalt bereits oben bezeichnet wurden. Je weiter die
Induſtrie ſich entwickelt, deſto beſtimmter tritt dieſes Princip hervor,
und deſto klarer wird es, daß der Staat ſelbſt durch unmittelbares
Eingreifen weder der Natur der Induſtrie entſpricht, noch auch etwas
poſitiv Förderliches zu leiſten im Stande iſt. Und derſelbe Charakter
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Stein, Lorenz von: Handbuch der Verwaltungslehre und des Verwaltungsrechts: mit Vergleichung der Literatur und Gesetzgebung von Frankreich, England und Deutschland; als Grundlage für Vorlesungen. Stuttgart, 1870, S. 356. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_handbuch_1870/380>, abgerufen am 23.11.2024.
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