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Stein, Lorenz von: Handbuch der Verwaltungslehre und des Verwaltungsrechts: mit Vergleichung der Literatur und Gesetzgebung von Frankreich, England und Deutschland; als Grundlage für Vorlesungen. Stuttgart, 1870.

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das Princip an sich sein mag. Und von diesem Standpunkt aus muß
daher die folgende Darstellung ihre Ordnung empfangen.

3) Diese nun wird, so wie man über die Idee der Freiheit der
Einzelwirthschaft als erste Grundlage der wahren Entwicklung einig ist,
durch Einen großen Gedanken beherrscht. Allerdings vermögen Staat
und Verwaltung, welche jene Befreiung vollzogen, auch nach derselben
noch viel für die Entwicklung der freien Wirthschaft überhaupt, und
speciell der Landwirthschaft zu leisten. Allein das, was die Verwaltung
für die Landwirthschaft positiv thun und die Punkte, auf denen sie
in den Landwirthschaftsbetrieb eingreifen kann, sind sehr unwesentlich,
und weit unbedeutender als bei irgend einem andern Theile der Volks-
wirthschaftspflege. In der That war es zuerst die große Mission der
Verwaltung, die Landwirthschaft frei zu machen. So wie sie
diese erfüllt hat, ist auch das Gebiet ihrer positiven Thätigkeit im
wesentlichen erschöpft. Von diesem Punkte aus muß sich dieß Gebiet
der Volkswirthschaft, von den Fesseln der früheren Zustände befreit,
selbst helfen. Das Bewußtsein der Wichtigkeit seiner großen volks-
wirthschaftlichen Funktion und der Gesetze, nach welchen durch eigene
Thätigkeit sein Besitz ihm Selbständigkeit und Einkommen gibt, muß
an die Stelle der positiven Fürsorge der Regierung treten; in ihm
liegt die Hülfe gegen die Gefahren der Landwirthschaft, in ihm auch
die wahre und beste Entscheidung über die Zweifel, die über den Werth
und Erfolg der Gesetze und Regierungsmaßregeln stets entstehen wer-
den. Die Freiheit der Landwirthschaft ist zuletzt nur die Negation der
historischen Beschränkungen derselben; die dann noch nöthigen speciellen
Bestimmungen für das öffentliche Recht derselben sind Ausnahmen; die
wahre Basis des Fortschrittes der Landwirthschaft ist der tüchtige, durch
die möglichste Entwicklung der allgemeinen Volkswirthschaftspflege unter-
stützte und getragene Landwirth selber; das Organ, durch welches
er thätig ist, das landwirthschaftliche Vereinswesen neben der Regie-
rung, wird nur noch die höhere Ordnerin für die Einheit und Gleich-
artigkeit dessen sein, was die Landwirthe für sich selber thun.

Die Literatur der Landwirthschaft ist sehr groß, aber sie ist keine Einheit.
Faßt man sie als Ganzes, so erscheinen folgende Grundzüge. Sie beginnt
in der Mitte des vorigen Jahrhunderts mit der Anerkennung der Wichtigkeit
der Landwirthschaft überhaupt. Daraus entstehen die ersten Bearbeitungen,
die sich zunächst an die Polizeiwissenschaft anschließen, und zwar theils als
selbständige Werke, namentlich Frank, landwirthschaftliche Polizei 2 Bde. und
Benekendorf, Oeconomia forensis 2 Bde. 1776, theils als unmittelbarer
Theil der eigentlichen Polizeiwissenschaft, zuerst bei Heumann, Jus politiae
Cap. 27; dann Justi, Grundsätze 1. Buch, 1. Theil; besonders bei Berg,

das Princip an ſich ſein mag. Und von dieſem Standpunkt aus muß
daher die folgende Darſtellung ihre Ordnung empfangen.

3) Dieſe nun wird, ſo wie man über die Idee der Freiheit der
Einzelwirthſchaft als erſte Grundlage der wahren Entwicklung einig iſt,
durch Einen großen Gedanken beherrſcht. Allerdings vermögen Staat
und Verwaltung, welche jene Befreiung vollzogen, auch nach derſelben
noch viel für die Entwicklung der freien Wirthſchaft überhaupt, und
ſpeciell der Landwirthſchaft zu leiſten. Allein das, was die Verwaltung
für die Landwirthſchaft poſitiv thun und die Punkte, auf denen ſie
in den Landwirthſchaftsbetrieb eingreifen kann, ſind ſehr unweſentlich,
und weit unbedeutender als bei irgend einem andern Theile der Volks-
wirthſchaftspflege. In der That war es zuerſt die große Miſſion der
Verwaltung, die Landwirthſchaft frei zu machen. So wie ſie
dieſe erfüllt hat, iſt auch das Gebiet ihrer poſitiven Thätigkeit im
weſentlichen erſchöpft. Von dieſem Punkte aus muß ſich dieß Gebiet
der Volkswirthſchaft, von den Feſſeln der früheren Zuſtände befreit,
ſelbſt helfen. Das Bewußtſein der Wichtigkeit ſeiner großen volks-
wirthſchaftlichen Funktion und der Geſetze, nach welchen durch eigene
Thätigkeit ſein Beſitz ihm Selbſtändigkeit und Einkommen gibt, muß
an die Stelle der poſitiven Fürſorge der Regierung treten; in ihm
liegt die Hülfe gegen die Gefahren der Landwirthſchaft, in ihm auch
die wahre und beſte Entſcheidung über die Zweifel, die über den Werth
und Erfolg der Geſetze und Regierungsmaßregeln ſtets entſtehen wer-
den. Die Freiheit der Landwirthſchaft iſt zuletzt nur die Negation der
hiſtoriſchen Beſchränkungen derſelben; die dann noch nöthigen ſpeciellen
Beſtimmungen für das öffentliche Recht derſelben ſind Ausnahmen; die
wahre Baſis des Fortſchrittes der Landwirthſchaft iſt der tüchtige, durch
die möglichſte Entwicklung der allgemeinen Volkswirthſchaftspflege unter-
ſtützte und getragene Landwirth ſelber; das Organ, durch welches
er thätig iſt, das landwirthſchaftliche Vereinsweſen neben der Regie-
rung, wird nur noch die höhere Ordnerin für die Einheit und Gleich-
artigkeit deſſen ſein, was die Landwirthe für ſich ſelber thun.

Die Literatur der Landwirthſchaft iſt ſehr groß, aber ſie iſt keine Einheit.
Faßt man ſie als Ganzes, ſo erſcheinen folgende Grundzüge. Sie beginnt
in der Mitte des vorigen Jahrhunderts mit der Anerkennung der Wichtigkeit
der Landwirthſchaft überhaupt. Daraus entſtehen die erſten Bearbeitungen,
die ſich zunächſt an die Polizeiwiſſenſchaft anſchließen, und zwar theils als
ſelbſtändige Werke, namentlich Frank, landwirthſchaftliche Polizei 2 Bde. und
Benekendorf, Oeconomia forensis 2 Bde. 1776, theils als unmittelbarer
Theil der eigentlichen Polizeiwiſſenſchaft, zuerſt bei Heumann, Jus politiae
Cap. 27; dann Juſti, Grundſätze 1. Buch, 1. Theil; beſonders bei Berg,

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[329/0353] das Princip an ſich ſein mag. Und von dieſem Standpunkt aus muß daher die folgende Darſtellung ihre Ordnung empfangen. 3) Dieſe nun wird, ſo wie man über die Idee der Freiheit der Einzelwirthſchaft als erſte Grundlage der wahren Entwicklung einig iſt, durch Einen großen Gedanken beherrſcht. Allerdings vermögen Staat und Verwaltung, welche jene Befreiung vollzogen, auch nach derſelben noch viel für die Entwicklung der freien Wirthſchaft überhaupt, und ſpeciell der Landwirthſchaft zu leiſten. Allein das, was die Verwaltung für die Landwirthſchaft poſitiv thun und die Punkte, auf denen ſie in den Landwirthſchaftsbetrieb eingreifen kann, ſind ſehr unweſentlich, und weit unbedeutender als bei irgend einem andern Theile der Volks- wirthſchaftspflege. In der That war es zuerſt die große Miſſion der Verwaltung, die Landwirthſchaft frei zu machen. So wie ſie dieſe erfüllt hat, iſt auch das Gebiet ihrer poſitiven Thätigkeit im weſentlichen erſchöpft. Von dieſem Punkte aus muß ſich dieß Gebiet der Volkswirthſchaft, von den Feſſeln der früheren Zuſtände befreit, ſelbſt helfen. Das Bewußtſein der Wichtigkeit ſeiner großen volks- wirthſchaftlichen Funktion und der Geſetze, nach welchen durch eigene Thätigkeit ſein Beſitz ihm Selbſtändigkeit und Einkommen gibt, muß an die Stelle der poſitiven Fürſorge der Regierung treten; in ihm liegt die Hülfe gegen die Gefahren der Landwirthſchaft, in ihm auch die wahre und beſte Entſcheidung über die Zweifel, die über den Werth und Erfolg der Geſetze und Regierungsmaßregeln ſtets entſtehen wer- den. Die Freiheit der Landwirthſchaft iſt zuletzt nur die Negation der hiſtoriſchen Beſchränkungen derſelben; die dann noch nöthigen ſpeciellen Beſtimmungen für das öffentliche Recht derſelben ſind Ausnahmen; die wahre Baſis des Fortſchrittes der Landwirthſchaft iſt der tüchtige, durch die möglichſte Entwicklung der allgemeinen Volkswirthſchaftspflege unter- ſtützte und getragene Landwirth ſelber; das Organ, durch welches er thätig iſt, das landwirthſchaftliche Vereinsweſen neben der Regie- rung, wird nur noch die höhere Ordnerin für die Einheit und Gleich- artigkeit deſſen ſein, was die Landwirthe für ſich ſelber thun. Die Literatur der Landwirthſchaft iſt ſehr groß, aber ſie iſt keine Einheit. Faßt man ſie als Ganzes, ſo erſcheinen folgende Grundzüge. Sie beginnt in der Mitte des vorigen Jahrhunderts mit der Anerkennung der Wichtigkeit der Landwirthſchaft überhaupt. Daraus entſtehen die erſten Bearbeitungen, die ſich zunächſt an die Polizeiwiſſenſchaft anſchließen, und zwar theils als ſelbſtändige Werke, namentlich Frank, landwirthſchaftliche Polizei 2 Bde. und Benekendorf, Oeconomia forensis 2 Bde. 1776, theils als unmittelbarer Theil der eigentlichen Polizeiwiſſenſchaft, zuerſt bei Heumann, Jus politiae Cap. 27; dann Juſti, Grundſätze 1. Buch, 1. Theil; beſonders bei Berg,

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Zitationshilfe: Stein, Lorenz von: Handbuch der Verwaltungslehre und des Verwaltungsrechts: mit Vergleichung der Literatur und Gesetzgebung von Frankreich, England und Deutschland; als Grundlage für Vorlesungen. Stuttgart, 1870, S. 329. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_handbuch_1870/353>, abgerufen am 23.11.2024.