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Stein, Lorenz von: Handbuch der Verwaltungslehre und des Verwaltungsrechts: mit Vergleichung der Literatur und Gesetzgebung von Frankreich, England und Deutschland; als Grundlage für Vorlesungen. Stuttgart, 1870.

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Von besonderem Interesse ist das Princip des Bankwesens von Nord-
amerika
, das nach langen Kämpfen zu folgenden einfachen Grundsätzen gelangt
ist durch das Gesetz vom 30. Juni 1864: "Jede Notenbank hat den Betrag
ihrer zu emittirenden Noten in Staatspapieren zu deponiren, und erhält
dafür 90 Proc. in United States Notes. Damit hat sie zu operiren. Der
Gesammtbetrag ist auf 300 Mill. Doll. festgestellt; Pflicht: 25 Proc. der Staats-
schuldverschreibungen im Depot zu haben und vierteljährliche Revision (vergl.
das treffliche Werk von K. v. Hock, Finanzen und Finanzgeschichte der Ver-
einigten Staaten (S. 731--743).

Deutschland. In keinem Lande der Welt ist das Bankwesen so un-
organisch als in Deutschland; es fehlt nicht bloß alle Einheit, sondern auch
die formale Anerkennung gleichartiger Principien, und es ist klar, daß das
Bankwesen Deutschlands erst durch die Einheit seiner Verwaltung überhaupt
entstehen kann. Die Literatur hat sich viel mit den theoretischen Grund-
fragen, aber wenig mit den faktischen Zuständen des Bank- und Notenwesens
Deutschlands beschäftigt. Der Gedanke des deutschen Bankwesens schon an-
geregt Justi, Polizeiwesen 6. Buch, Hauptst. 24. und Buch 7. Hauptst. 36.
Hübner, Banken. Dennoch ist gerade das Bankwesen Deutschlands höchst
belehrend, denn es trägt auch hier durchaus den Charakter der stattlichen
Entwicklung.

Preußens Bankwesen hat eine kurze und klare Geschichte. Sie ward
als reine Regierungsanstalt "königl. Giro- und Lehnbank" am 17. Juni
1765 errichtet, ohne Noten, also als ein Creditinstitut für Unternehmungscredit.
Diesen streng amtlichen Charakter behielt sie; 1808 dem Finanzministerium
untergeordnet, bloß mit Staatsmitteln fundirt; dann 1817 neue Organisation,
jedoch unter ausschließlicher Leitung des königl. Commissarius. Aber erst
durch Kabinetsordre vom 3. Okt. 1846 Errichtung einer eigentlichen Bank,
fundirt auf Aktien neben dem Staatscapital, mit Notenausgabe und grund-
sätzlicher Beschränkung auf den Zahlungscredit und Feststellung der Drittel-
deckung. Jedoch ward das Issuing Department in der "königl. Immediatcom-
mission zur Controlirung der Banknoten" durch Kabinetsordre vom 11. Jan.
1846 wiedergegeben; die Leitung hat nach wie vor ein amtlicher Chef, unter
ihm ein gewählter Bankausschuß; Comptoire und Filiale in den Provinzen;
neuere Bestimmungen durch Gesetz vom 7. Mai 1856. Neben dieser eigent-
lichen Bank die örtlichen Banken mit beschränkter Zettelausgabe (7 Mill.),
deren Zweck neben den Filialen der preuß. Bank nicht einzusehen ist, und un-
klare Scheidung des Unternehmungscredits (Cassenverein, s. unten) während die
Banknoten dennoch keine Währung haben. Ohne eigene Literatur. Vergl.
Rönne, Staatsrecht II. §. 235. Stein a. a. O. S. 150 ff. -- Oester-
reichs
Bankwesen datirt eigentlich von dem Entstehen der Nationalbank
(Patent vom 1. Juli 1816). Sie war bestimmt, vor allem Ordnung in das
zerrüttete Papiergeldwesen Oesterreichs zu bringen. Ihr Princip war und ist
daher von Anfang an allerdings das einer eigentlichen Bank für den Zah-
lungscredit, aber dadurch daß sie ihre fundirten Noten an die Stelle der durch
sie einzuziehenden Währungsscheine setzen mußte, entstand das Verhältniß, das

Von beſonderem Intereſſe iſt das Princip des Bankweſens von Nord-
amerika
, das nach langen Kämpfen zu folgenden einfachen Grundſätzen gelangt
iſt durch das Geſetz vom 30. Juni 1864: „Jede Notenbank hat den Betrag
ihrer zu emittirenden Noten in Staatspapieren zu deponiren, und erhält
dafür 90 Proc. in United States Notes. Damit hat ſie zu operiren. Der
Geſammtbetrag iſt auf 300 Mill. Doll. feſtgeſtellt; Pflicht: 25 Proc. der Staats-
ſchuldverſchreibungen im Depot zu haben und vierteljährliche Reviſion (vergl.
das treffliche Werk von K. v. Hock, Finanzen und Finanzgeſchichte der Ver-
einigten Staaten (S. 731—743).

Deutſchland. In keinem Lande der Welt iſt das Bankweſen ſo un-
organiſch als in Deutſchland; es fehlt nicht bloß alle Einheit, ſondern auch
die formale Anerkennung gleichartiger Principien, und es iſt klar, daß das
Bankweſen Deutſchlands erſt durch die Einheit ſeiner Verwaltung überhaupt
entſtehen kann. Die Literatur hat ſich viel mit den theoretiſchen Grund-
fragen, aber wenig mit den faktiſchen Zuſtänden des Bank- und Notenweſens
Deutſchlands beſchäftigt. Der Gedanke des deutſchen Bankweſens ſchon an-
geregt Juſti, Polizeiweſen 6. Buch, Hauptſt. 24. und Buch 7. Hauptſt. 36.
Hübner, Banken. Dennoch iſt gerade das Bankweſen Deutſchlands höchſt
belehrend, denn es trägt auch hier durchaus den Charakter der ſtattlichen
Entwicklung.

Preußens Bankweſen hat eine kurze und klare Geſchichte. Sie ward
als reine Regierungsanſtalt „königl. Giro- und Lehnbank“ am 17. Juni
1765 errichtet, ohne Noten, alſo als ein Creditinſtitut für Unternehmungscredit.
Dieſen ſtreng amtlichen Charakter behielt ſie; 1808 dem Finanzminiſterium
untergeordnet, bloß mit Staatsmitteln fundirt; dann 1817 neue Organiſation,
jedoch unter ausſchließlicher Leitung des königl. Commiſſarius. Aber erſt
durch Kabinetsordre vom 3. Okt. 1846 Errichtung einer eigentlichen Bank,
fundirt auf Aktien neben dem Staatscapital, mit Notenausgabe und grund-
ſätzlicher Beſchränkung auf den Zahlungscredit und Feſtſtellung der Drittel-
deckung. Jedoch ward das Issuing Department in der „königl. Immediatcom-
miſſion zur Controlirung der Banknoten“ durch Kabinetsordre vom 11. Jan.
1846 wiedergegeben; die Leitung hat nach wie vor ein amtlicher Chef, unter
ihm ein gewählter Bankausſchuß; Comptoire und Filiale in den Provinzen;
neuere Beſtimmungen durch Geſetz vom 7. Mai 1856. Neben dieſer eigent-
lichen Bank die örtlichen Banken mit beſchränkter Zettelausgabe (7 Mill.),
deren Zweck neben den Filialen der preuß. Bank nicht einzuſehen iſt, und un-
klare Scheidung des Unternehmungscredits (Caſſenverein, ſ. unten) während die
Banknoten dennoch keine Währung haben. Ohne eigene Literatur. Vergl.
Rönne, Staatsrecht II. §. 235. Stein a. a. O. S. 150 ff. — Oeſter-
reichs
Bankweſen datirt eigentlich von dem Entſtehen der Nationalbank
(Patent vom 1. Juli 1816). Sie war beſtimmt, vor allem Ordnung in das
zerrüttete Papiergeldweſen Oeſterreichs zu bringen. Ihr Princip war und iſt
daher von Anfang an allerdings das einer eigentlichen Bank für den Zah-
lungscredit, aber dadurch daß ſie ihre fundirten Noten an die Stelle der durch
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[299/0323] Von beſonderem Intereſſe iſt das Princip des Bankweſens von Nord- amerika, das nach langen Kämpfen zu folgenden einfachen Grundſätzen gelangt iſt durch das Geſetz vom 30. Juni 1864: „Jede Notenbank hat den Betrag ihrer zu emittirenden Noten in Staatspapieren zu deponiren, und erhält dafür 90 Proc. in United States Notes. Damit hat ſie zu operiren. Der Geſammtbetrag iſt auf 300 Mill. Doll. feſtgeſtellt; Pflicht: 25 Proc. der Staats- ſchuldverſchreibungen im Depot zu haben und vierteljährliche Reviſion (vergl. das treffliche Werk von K. v. Hock, Finanzen und Finanzgeſchichte der Ver- einigten Staaten (S. 731—743). Deutſchland. In keinem Lande der Welt iſt das Bankweſen ſo un- organiſch als in Deutſchland; es fehlt nicht bloß alle Einheit, ſondern auch die formale Anerkennung gleichartiger Principien, und es iſt klar, daß das Bankweſen Deutſchlands erſt durch die Einheit ſeiner Verwaltung überhaupt entſtehen kann. Die Literatur hat ſich viel mit den theoretiſchen Grund- fragen, aber wenig mit den faktiſchen Zuſtänden des Bank- und Notenweſens Deutſchlands beſchäftigt. Der Gedanke des deutſchen Bankweſens ſchon an- geregt Juſti, Polizeiweſen 6. Buch, Hauptſt. 24. und Buch 7. Hauptſt. 36. Hübner, Banken. Dennoch iſt gerade das Bankweſen Deutſchlands höchſt belehrend, denn es trägt auch hier durchaus den Charakter der ſtattlichen Entwicklung. Preußens Bankweſen hat eine kurze und klare Geſchichte. Sie ward als reine Regierungsanſtalt „königl. Giro- und Lehnbank“ am 17. Juni 1765 errichtet, ohne Noten, alſo als ein Creditinſtitut für Unternehmungscredit. Dieſen ſtreng amtlichen Charakter behielt ſie; 1808 dem Finanzminiſterium untergeordnet, bloß mit Staatsmitteln fundirt; dann 1817 neue Organiſation, jedoch unter ausſchließlicher Leitung des königl. Commiſſarius. Aber erſt durch Kabinetsordre vom 3. Okt. 1846 Errichtung einer eigentlichen Bank, fundirt auf Aktien neben dem Staatscapital, mit Notenausgabe und grund- ſätzlicher Beſchränkung auf den Zahlungscredit und Feſtſtellung der Drittel- deckung. Jedoch ward das Issuing Department in der „königl. Immediatcom- miſſion zur Controlirung der Banknoten“ durch Kabinetsordre vom 11. Jan. 1846 wiedergegeben; die Leitung hat nach wie vor ein amtlicher Chef, unter ihm ein gewählter Bankausſchuß; Comptoire und Filiale in den Provinzen; neuere Beſtimmungen durch Geſetz vom 7. Mai 1856. Neben dieſer eigent- lichen Bank die örtlichen Banken mit beſchränkter Zettelausgabe (7 Mill.), deren Zweck neben den Filialen der preuß. Bank nicht einzuſehen iſt, und un- klare Scheidung des Unternehmungscredits (Caſſenverein, ſ. unten) während die Banknoten dennoch keine Währung haben. Ohne eigene Literatur. Vergl. Rönne, Staatsrecht II. §. 235. Stein a. a. O. S. 150 ff. — Oeſter- reichs Bankweſen datirt eigentlich von dem Entſtehen der Nationalbank (Patent vom 1. Juli 1816). Sie war beſtimmt, vor allem Ordnung in das zerrüttete Papiergeldweſen Oeſterreichs zu bringen. Ihr Princip war und iſt daher von Anfang an allerdings das einer eigentlichen Bank für den Zah- lungscredit, aber dadurch daß ſie ihre fundirten Noten an die Stelle der durch ſie einzuziehenden Währungsſcheine ſetzen mußte, entſtand das Verhältniß, das

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Zitationshilfe: Stein, Lorenz von: Handbuch der Verwaltungslehre und des Verwaltungsrechts: mit Vergleichung der Literatur und Gesetzgebung von Frankreich, England und Deutschland; als Grundlage für Vorlesungen. Stuttgart, 1870, S. 299. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_handbuch_1870/323>, abgerufen am 23.11.2024.