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Stein, Lorenz von: Handbuch der Verwaltungslehre und des Verwaltungsrechts: mit Vergleichung der Literatur und Gesetzgebung von Frankreich, England und Deutschland; als Grundlage für Vorlesungen. Stuttgart, 1870.

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wissenschaft Bd. V. 494 f. beginnt, zwei Hauptformen scheiden; die erste, die
sich auf die Interessen der Landwirthschaft überhaupt bezieht, und die zweite,
an deren Spitze Rau steht, die mit tiefer gehendem Verständniß das Vereins-
wesen als Quelle des Realcredits ansieht, und daher mit Recht den Schwer-
punkt in die Charakteristik der Statuten der betreffenden Vereine legt. Roscher
hat dann das historische Element betont. Jetzt ist die Auffassung des Ganzen
als Theil der Verwaltungslehre zu vollziehen.

Der Realcredit-Verein.

Die Bedeutung des Vereinswesens als Grundlage der Realcredit-
anstalten besteht nun zuerst darin, daß durch sie die Möglichkeit und
zweitens das eigentliche Gebiet des Realcreditwesens zum Bewußtsein
gekommen, und in die Creditverwaltung aufgenommen ist. Sie haben
die Aufgabe gelöst, das Gesammtinteresse der Volkswirthschaft an der
Entwicklung des Immobiliarcredits, mit der ersten Voraussetzung alles
Credits, den Forderungen des beweglichen Capitals, in Harmonie zu
bringen. In der Art und Weise, wie sie das gethan, besteht ihr
Princip; in den Formen, in denen es geschieht, bestehen ihre Arten.
Das Princip ist allen Arten gemein; die Formen sind, und zwar auf
historischer Basis, verschieden.

a) Princip und System desselben.

Das Princip der Realcreditvereine besteht darin, für den Immo-
biliarcredit ein seiner Natur entsprechendes und mithin selbständig wir-
kendes Capital zu schaffen und ihm seine gehörige Sicherheit zu
geben. Beides kann nur dann geschehen, wenn die Voraussetzungen
beider Elemente statt wie im Hypothekarcredit zum Gegenstand der in-
dividuellen Thätigkeit, hier vielmehr zur Aufgabe der Vereinsthätigkeit
auf Grundlage der Vereinshaftung werden. Aller Realcredit kann daher
nur als Gegenstand einer Vereinsverwaltung gedacht wer-
den, welche in ihm das allgemeine Interesse mit dem Einzelinteresse
in Harmonie bringt.

a) Um das zu erzielen, muß zuerst der Realcredit, statt ein bloßes
Eigenthum am Werth zu sein, eine Waare für den Markt wer-
den
, und damit den Charakter und das Recht eines jeden anderen
Verkehrsgegenstandes annehmen. Dieß geschieht, indem der Verein
nicht mehr den Werth eines einzelnen bestimmten Gutes, wie beim
Grundbuchscredit, sondern die durch solidarische Haft vereinigte Werth-
masse vieler Güter als ein Ganzes in den Verkehr bringt, und dabei
jedem Einzelnen es möglich macht, von diesem Werth so viel zu er-
werben, als er braucht. Die Form dafür ist der Pfandbrief, der

wiſſenſchaft Bd. V. 494 f. beginnt, zwei Hauptformen ſcheiden; die erſte, die
ſich auf die Intereſſen der Landwirthſchaft überhaupt bezieht, und die zweite,
an deren Spitze Rau ſteht, die mit tiefer gehendem Verſtändniß das Vereins-
weſen als Quelle des Realcredits anſieht, und daher mit Recht den Schwer-
punkt in die Charakteriſtik der Statuten der betreffenden Vereine legt. Roſcher
hat dann das hiſtoriſche Element betont. Jetzt iſt die Auffaſſung des Ganzen
als Theil der Verwaltungslehre zu vollziehen.

Der Realcredit-Verein.

Die Bedeutung des Vereinsweſens als Grundlage der Realcredit-
anſtalten beſteht nun zuerſt darin, daß durch ſie die Möglichkeit und
zweitens das eigentliche Gebiet des Realcreditweſens zum Bewußtſein
gekommen, und in die Creditverwaltung aufgenommen iſt. Sie haben
die Aufgabe gelöst, das Geſammtintereſſe der Volkswirthſchaft an der
Entwicklung des Immobiliarcredits, mit der erſten Vorausſetzung alles
Credits, den Forderungen des beweglichen Capitals, in Harmonie zu
bringen. In der Art und Weiſe, wie ſie das gethan, beſteht ihr
Princip; in den Formen, in denen es geſchieht, beſtehen ihre Arten.
Das Princip iſt allen Arten gemein; die Formen ſind, und zwar auf
hiſtoriſcher Baſis, verſchieden.

a) Princip und Syſtem deſſelben.

Das Princip der Realcreditvereine beſteht darin, für den Immo-
biliarcredit ein ſeiner Natur entſprechendes und mithin ſelbſtändig wir-
kendes Capital zu ſchaffen und ihm ſeine gehörige Sicherheit zu
geben. Beides kann nur dann geſchehen, wenn die Vorausſetzungen
beider Elemente ſtatt wie im Hypothekarcredit zum Gegenſtand der in-
dividuellen Thätigkeit, hier vielmehr zur Aufgabe der Vereinsthätigkeit
auf Grundlage der Vereinshaftung werden. Aller Realcredit kann daher
nur als Gegenſtand einer Vereinsverwaltung gedacht wer-
den, welche in ihm das allgemeine Intereſſe mit dem Einzelintereſſe
in Harmonie bringt.

a) Um das zu erzielen, muß zuerſt der Realcredit, ſtatt ein bloßes
Eigenthum am Werth zu ſein, eine Waare für den Markt wer-
den
, und damit den Charakter und das Recht eines jeden anderen
Verkehrsgegenſtandes annehmen. Dieß geſchieht, indem der Verein
nicht mehr den Werth eines einzelnen beſtimmten Gutes, wie beim
Grundbuchscredit, ſondern die durch ſolidariſche Haft vereinigte Werth-
maſſe vieler Güter als ein Ganzes in den Verkehr bringt, und dabei
jedem Einzelnen es möglich macht, von dieſem Werth ſo viel zu er-
werben, als er braucht. Die Form dafür iſt der Pfandbrief, der

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[279/0303] wiſſenſchaft Bd. V. 494 f. beginnt, zwei Hauptformen ſcheiden; die erſte, die ſich auf die Intereſſen der Landwirthſchaft überhaupt bezieht, und die zweite, an deren Spitze Rau ſteht, die mit tiefer gehendem Verſtändniß das Vereins- weſen als Quelle des Realcredits anſieht, und daher mit Recht den Schwer- punkt in die Charakteriſtik der Statuten der betreffenden Vereine legt. Roſcher hat dann das hiſtoriſche Element betont. Jetzt iſt die Auffaſſung des Ganzen als Theil der Verwaltungslehre zu vollziehen. Der Realcredit-Verein. Die Bedeutung des Vereinsweſens als Grundlage der Realcredit- anſtalten beſteht nun zuerſt darin, daß durch ſie die Möglichkeit und zweitens das eigentliche Gebiet des Realcreditweſens zum Bewußtſein gekommen, und in die Creditverwaltung aufgenommen iſt. Sie haben die Aufgabe gelöst, das Geſammtintereſſe der Volkswirthſchaft an der Entwicklung des Immobiliarcredits, mit der erſten Vorausſetzung alles Credits, den Forderungen des beweglichen Capitals, in Harmonie zu bringen. In der Art und Weiſe, wie ſie das gethan, beſteht ihr Princip; in den Formen, in denen es geſchieht, beſtehen ihre Arten. Das Princip iſt allen Arten gemein; die Formen ſind, und zwar auf hiſtoriſcher Baſis, verſchieden. a) Princip und Syſtem deſſelben. Das Princip der Realcreditvereine beſteht darin, für den Immo- biliarcredit ein ſeiner Natur entſprechendes und mithin ſelbſtändig wir- kendes Capital zu ſchaffen und ihm ſeine gehörige Sicherheit zu geben. Beides kann nur dann geſchehen, wenn die Vorausſetzungen beider Elemente ſtatt wie im Hypothekarcredit zum Gegenſtand der in- dividuellen Thätigkeit, hier vielmehr zur Aufgabe der Vereinsthätigkeit auf Grundlage der Vereinshaftung werden. Aller Realcredit kann daher nur als Gegenſtand einer Vereinsverwaltung gedacht wer- den, welche in ihm das allgemeine Intereſſe mit dem Einzelintereſſe in Harmonie bringt. a) Um das zu erzielen, muß zuerſt der Realcredit, ſtatt ein bloßes Eigenthum am Werth zu ſein, eine Waare für den Markt wer- den, und damit den Charakter und das Recht eines jeden anderen Verkehrsgegenſtandes annehmen. Dieß geſchieht, indem der Verein nicht mehr den Werth eines einzelnen beſtimmten Gutes, wie beim Grundbuchscredit, ſondern die durch ſolidariſche Haft vereinigte Werth- maſſe vieler Güter als ein Ganzes in den Verkehr bringt, und dabei jedem Einzelnen es möglich macht, von dieſem Werth ſo viel zu er- werben, als er braucht. Die Form dafür iſt der Pfandbrief, der

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Zitationshilfe: Stein, Lorenz von: Handbuch der Verwaltungslehre und des Verwaltungsrechts: mit Vergleichung der Literatur und Gesetzgebung von Frankreich, England und Deutschland; als Grundlage für Vorlesungen. Stuttgart, 1870, S. 279. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_handbuch_1870/303>, abgerufen am 22.11.2024.