neben dem Grundstück selbst empfängt. Dieß geschieht durch öffentliche Anerkennung der Schuld vermöge der Landtafel. Das ist die erste Epoche des Grundbuchswesens. Sie hat nur noch mit der Pfandschuld zu thun; das Eigenthumsrecht liegt außerhalb ihrer Sphäre. Daran schließt sich die erste wissenschaftliche Behandlung in dem (germanischen) Privatrechte in England, Frankreich und Deutschland.
Die zweite Epoche beginnt im achtzehnten Jahrhundert mit dem allgemeineren Bedürfniß der Landwirthschaft nach Geldkapital. Die Nothwendigkeit des letzteren für die erstere, namentlich durch die Kriege hervorgebracht, wird so groß, daß die Verwaltungen beginnen, die Bedingungen der öffentlichen Sicherheit des Darlehens ihrerseits her- zustellen, und die Grundsätze der Pfandschuld auch auf das Eigenthums- recht auszudehnen. So entsteht aus der Landtafel das Grundbuch.
Noch aber ist der Verkehr überhaupt, also auch der Verkehr im Werth, kein allgemeiner. Das Bedürfniß ist ein örtliches; daher behält auch das Grundbuch seine durchaus örtliche Gestalt. Ja in England und Frankreich kommt es überhaupt noch zu keinem Grundbuchswesen; nur in den deutschen Staaten entwickelt sich dasselbe. Aber auch hier ist es ganz auf die Intelligenz der Regierungen angewiesen, und tritt daher in selbständiger und rationeller Form als eigene "Hypotheken- gesetzgebung" nur in Preußen und Oesterreich auf (preußisches Hy- potheken-Gesetz von 1783 auf Grundlage der ersten Versuche seit 1722; in Oesterreich Hypothekengesetze für die einzelnen Kronländer, Grundbuchs-Ordnung in der Manz'schen Gesetzausgabe), während die übrigen deutschen Staaten sich begnügen, dasselbe bloß in ihren Landes- rechten aufzunehmen (vgl. Mittermaier, deutsches Privatrecht I. §. 261). Die Folge davon ist, daß das entstehende Grundbuch sich mit wenigen Ausnahmen auf die öffentlichen Bedingungen der Sicherheit des Einzel- darlehens beschränkt, ohne noch einen höheren Standpunkt anzu- nehmen.
Erst mit dem völligen Siege der staatsbürgerlichen Gesellschaft in unserem Jahrhundert, die in ihrer wirthschaftlichen Grundlage auf dem selbständigen Werth und Credit beruht, siegt die Ansicht, daß das Grundbuchswesen den Bedürfnissen des Credits überhaupt zu entsprechen habe, und daher ein allgemeines, alle Punkte umfassendes und gleichartiges sein müsse. Diese Erkenntniß ist jetzt allgemein. Frankreich und zuletzt sogar England erkennen es, und haben daher jedes in seiner Weise das Grundbuchswesen gesetzlich eingeführt. Allein zwei Gründe haben bisher die volle Entwicklung dieser Verwaltungs- anstalt gehindert. Erstlich ist es sehr schwierig, ein einmal eingeführ- tes Grundbuchssystem zu ändern; zweitens aber hatte der historische
neben dem Grundſtück ſelbſt empfängt. Dieß geſchieht durch öffentliche Anerkennung der Schuld vermöge der Landtafel. Das iſt die erſte Epoche des Grundbuchsweſens. Sie hat nur noch mit der Pfandſchuld zu thun; das Eigenthumsrecht liegt außerhalb ihrer Sphäre. Daran ſchließt ſich die erſte wiſſenſchaftliche Behandlung in dem (germaniſchen) Privatrechte in England, Frankreich und Deutſchland.
Die zweite Epoche beginnt im achtzehnten Jahrhundert mit dem allgemeineren Bedürfniß der Landwirthſchaft nach Geldkapital. Die Nothwendigkeit des letzteren für die erſtere, namentlich durch die Kriege hervorgebracht, wird ſo groß, daß die Verwaltungen beginnen, die Bedingungen der öffentlichen Sicherheit des Darlehens ihrerſeits her- zuſtellen, und die Grundſätze der Pfandſchuld auch auf das Eigenthums- recht auszudehnen. So entſteht aus der Landtafel das Grundbuch.
Noch aber iſt der Verkehr überhaupt, alſo auch der Verkehr im Werth, kein allgemeiner. Das Bedürfniß iſt ein örtliches; daher behält auch das Grundbuch ſeine durchaus örtliche Geſtalt. Ja in England und Frankreich kommt es überhaupt noch zu keinem Grundbuchsweſen; nur in den deutſchen Staaten entwickelt ſich daſſelbe. Aber auch hier iſt es ganz auf die Intelligenz der Regierungen angewieſen, und tritt daher in ſelbſtändiger und rationeller Form als eigene „Hypotheken- geſetzgebung“ nur in Preußen und Oeſterreich auf (preußiſches Hy- potheken-Geſetz von 1783 auf Grundlage der erſten Verſuche ſeit 1722; in Oeſterreich Hypothekengeſetze für die einzelnen Kronländer, Grundbuchs-Ordnung in der Manz’ſchen Geſetzausgabe), während die übrigen deutſchen Staaten ſich begnügen, daſſelbe bloß in ihren Landes- rechten aufzunehmen (vgl. Mittermaier, deutſches Privatrecht I. §. 261). Die Folge davon iſt, daß das entſtehende Grundbuch ſich mit wenigen Ausnahmen auf die öffentlichen Bedingungen der Sicherheit des Einzel- darlehens beſchränkt, ohne noch einen höheren Standpunkt anzu- nehmen.
Erſt mit dem völligen Siege der ſtaatsbürgerlichen Geſellſchaft in unſerem Jahrhundert, die in ihrer wirthſchaftlichen Grundlage auf dem ſelbſtändigen Werth und Credit beruht, ſiegt die Anſicht, daß das Grundbuchsweſen den Bedürfniſſen des Credits überhaupt zu entſprechen habe, und daher ein allgemeines, alle Punkte umfaſſendes und gleichartiges ſein müſſe. Dieſe Erkenntniß iſt jetzt allgemein. Frankreich und zuletzt ſogar England erkennen es, und haben daher jedes in ſeiner Weiſe das Grundbuchsweſen geſetzlich eingeführt. Allein zwei Gründe haben bisher die volle Entwicklung dieſer Verwaltungs- anſtalt gehindert. Erſtlich iſt es ſehr ſchwierig, ein einmal eingeführ- tes Grundbuchsſyſtem zu ändern; zweitens aber hatte der hiſtoriſche
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Epoche des Grundbuchsweſens. Sie hat nur noch mit der Pfandſchuld
zu thun; das Eigenthumsrecht liegt außerhalb ihrer Sphäre. Daran
ſchließt ſich die erſte wiſſenſchaftliche Behandlung in dem (germaniſchen)
Privatrechte in England, Frankreich und Deutſchland.
Die zweite Epoche beginnt im achtzehnten Jahrhundert mit dem
allgemeineren Bedürfniß der Landwirthſchaft nach Geldkapital. Die
Nothwendigkeit des letzteren für die erſtere, namentlich durch die Kriege
hervorgebracht, wird ſo groß, daß die Verwaltungen beginnen, die
Bedingungen der öffentlichen Sicherheit des Darlehens ihrerſeits her-
zuſtellen, und die Grundſätze der Pfandſchuld auch auf das Eigenthums-
recht auszudehnen. So entſteht aus der Landtafel das Grundbuch.
Noch aber iſt der Verkehr überhaupt, alſo auch der Verkehr im
Werth, kein allgemeiner. Das Bedürfniß iſt ein örtliches; daher behält
auch das Grundbuch ſeine durchaus örtliche Geſtalt. Ja in England
und Frankreich kommt es überhaupt noch zu keinem Grundbuchsweſen;
nur in den deutſchen Staaten entwickelt ſich daſſelbe. Aber auch hier
iſt es ganz auf die Intelligenz der Regierungen angewieſen, und tritt
daher in ſelbſtändiger und rationeller Form als eigene „Hypotheken-
geſetzgebung“ nur in Preußen und Oeſterreich auf (preußiſches Hy-
potheken-Geſetz von 1783 auf Grundlage der erſten Verſuche ſeit
1722; in Oeſterreich Hypothekengeſetze für die einzelnen Kronländer,
Grundbuchs-Ordnung in der Manz’ſchen Geſetzausgabe), während die
übrigen deutſchen Staaten ſich begnügen, daſſelbe bloß in ihren Landes-
rechten aufzunehmen (vgl. Mittermaier, deutſches Privatrecht I. §. 261).
Die Folge davon iſt, daß das entſtehende Grundbuch ſich mit wenigen
Ausnahmen auf die öffentlichen Bedingungen der Sicherheit des Einzel-
darlehens beſchränkt, ohne noch einen höheren Standpunkt anzu-
nehmen.
Erſt mit dem völligen Siege der ſtaatsbürgerlichen Geſellſchaft in
unſerem Jahrhundert, die in ihrer wirthſchaftlichen Grundlage auf dem
ſelbſtändigen Werth und Credit beruht, ſiegt die Anſicht, daß das
Grundbuchsweſen den Bedürfniſſen des Credits überhaupt zu entſprechen
habe, und daher ein allgemeines, alle Punkte umfaſſendes und
gleichartiges ſein müſſe. Dieſe Erkenntniß iſt jetzt allgemein.
Frankreich und zuletzt ſogar England erkennen es, und haben daher
jedes in ſeiner Weiſe das Grundbuchsweſen geſetzlich eingeführt. Allein
zwei Gründe haben bisher die volle Entwicklung dieſer Verwaltungs-
anſtalt gehindert. Erſtlich iſt es ſehr ſchwierig, ein einmal eingeführ-
tes Grundbuchsſyſtem zu ändern; zweitens aber hatte der hiſtoriſche
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Stein, Lorenz von: Handbuch der Verwaltungslehre und des Verwaltungsrechts: mit Vergleichung der Literatur und Gesetzgebung von Frankreich, England und Deutschland; als Grundlage für Vorlesungen. Stuttgart, 1870, S. 263. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_handbuch_1870/287>, abgerufen am 25.11.2024.
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