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Starck, Johann Friedrich: Tägliches Hand-Buch in guten und bösen Tagen. Frankfurt/Leipzig, 1749.

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und bittet um Verzeihung.
Fehle nicht vergebet, so wird euch euer
Vater eure Fehle auch nicht vergeben.

ZU der wahren Vorbereitung zum seligen Ster-
ben gehöret auch die Versöhnung mit dem
Nächsten; Diese Versöhnung nun sol ein Ster-
bender nicht auf die lange Banck schieben, sondern
sie in Zeiten, da sein Verstand noch vollkommen
ist, vornehmen. Es sol sich aber ein Sterbender
1) erinnern, wenn ihm von andern Leuten ist viel
zuwider gethan worden, daß er keinen Groll gegen
seine Feinde und Beleidiger mit ins Grab nehme,
sondern es ihnen von Hertzen verzeihe, und, so es
möglich, mit Wohlthaten oder durch gute Freun-
de ihnen kund thue, daß er ihnen verziehen habe.
Wenn aber 2) er andern Leuten Verdruß ange-
than und sie beleidiget hat, so sol er nicht ehe ruhen,
bißer sich mit ihnen versöhnet, ja er sol sich nicht
schämen, sie vor sein Sterbe-Bette kommen zu
lassen, und sie mit Hertz, Mund und Hand, um
Verzeihung zu bitten, oder, wenn sie abwesend
sind, es ihnen schrifftlich abzubitten, oder, wenn
sie todt sind, GOtt um Verzeihung deswegen an-
zuflehen. Hiebey sol man auch das Gestohlne
und Entwendete, auch das dem Nächsten mit Un-
recht Entrissene wieder geben, oder ihren Erben,
weil die Sünde nicht kan vergeben werden, wenn
das Entwendete und Gestohlne, oder der Werth
desselben nicht wieder gegeben wird. Zu solcher
Versöhnung sol 3) einen Sterbenden antreiben, so

wohl
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und bittet um Verzeihung.
Fehle nicht vergebet, ſo wird euch euer
Vater eure Fehle auch nicht vergeben.

ZU der wahren Vorbereitung zum ſeligen Ster-
ben gehoͤret auch die Verſoͤhnung mit dem
Naͤchſten; Dieſe Verſoͤhnung nun ſol ein Ster-
bender nicht auf die lange Banck ſchieben, ſondern
ſie in Zeiten, da ſein Verſtand noch vollkommen
iſt, vornehmen. Es ſol ſich aber ein Sterbender
1) erinnern, wenn ihm von andern Leuten iſt viel
zuwider gethan worden, daß er keinen Groll gegen
ſeine Feinde und Beleidiger mit ins Grab nehme,
ſondern es ihnen von Hertzen verzeihe, und, ſo es
moͤglich, mit Wohlthaten oder durch gute Freun-
de ihnen kund thue, daß er ihnen verziehen habe.
Wenn aber 2) er andern Leuten Verdruß ange-
than und ſie beleidiget hat, ſo ſol er nicht ehe ruhen,
bißer ſich mit ihnen verſoͤhnet, ja er ſol ſich nicht
ſchaͤmen, ſie vor ſein Sterbe-Bette kommen zu
laſſen, und ſie mit Hertz, Mund und Hand, um
Verzeihung zu bitten, oder, wenn ſie abweſend
ſind, es ihnen ſchrifftlich abzubitten, oder, wenn
ſie todt ſind, GOtt um Verzeihung deswegen an-
zuflehen. Hiebey ſol man auch das Geſtohlne
und Entwendete, auch das dem Naͤchſten mit Un-
recht Entriſſene wieder geben, oder ihren Erben,
weil die Suͤnde nicht kan vergeben werden, wenn
das Entwendete und Geſtohlne, oder der Werth
deſſelben nicht wieder gegeben wird. Zu ſolcher
Verſoͤhnung ſol 3) einen Sterbenden antreiben, ſo

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[531/0561] und bittet um Verzeihung. Fehle nicht vergebet, ſo wird euch euer Vater eure Fehle auch nicht vergeben. ZU der wahren Vorbereitung zum ſeligen Ster- ben gehoͤret auch die Verſoͤhnung mit dem Naͤchſten; Dieſe Verſoͤhnung nun ſol ein Ster- bender nicht auf die lange Banck ſchieben, ſondern ſie in Zeiten, da ſein Verſtand noch vollkommen iſt, vornehmen. Es ſol ſich aber ein Sterbender 1) erinnern, wenn ihm von andern Leuten iſt viel zuwider gethan worden, daß er keinen Groll gegen ſeine Feinde und Beleidiger mit ins Grab nehme, ſondern es ihnen von Hertzen verzeihe, und, ſo es moͤglich, mit Wohlthaten oder durch gute Freun- de ihnen kund thue, daß er ihnen verziehen habe. Wenn aber 2) er andern Leuten Verdruß ange- than und ſie beleidiget hat, ſo ſol er nicht ehe ruhen, bißer ſich mit ihnen verſoͤhnet, ja er ſol ſich nicht ſchaͤmen, ſie vor ſein Sterbe-Bette kommen zu laſſen, und ſie mit Hertz, Mund und Hand, um Verzeihung zu bitten, oder, wenn ſie abweſend ſind, es ihnen ſchrifftlich abzubitten, oder, wenn ſie todt ſind, GOtt um Verzeihung deswegen an- zuflehen. Hiebey ſol man auch das Geſtohlne und Entwendete, auch das dem Naͤchſten mit Un- recht Entriſſene wieder geben, oder ihren Erben, weil die Suͤnde nicht kan vergeben werden, wenn das Entwendete und Geſtohlne, oder der Werth deſſelben nicht wieder gegeben wird. Zu ſolcher Verſoͤhnung ſol 3) einen Sterbenden antreiben, ſo wohl L l 2

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Zitationshilfe: Starck, Johann Friedrich: Tägliches Hand-Buch in guten und bösen Tagen. Frankfurt/Leipzig, 1749, S. 531. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/starck_handbuch_1749/561>, abgerufen am 23.11.2024.