Staiger, Emil: Grundbegriffe der Poetik. Zürich, 1946.pst_042.001 Ein einziger Nebensatz steht am Schluß. Gerade hier pst_042.002 Deduke men a selanna pst_042.010 pst_042.013kai pleiades; mesai de pst_042.011 nuktes , para d'erkhet' ora; pst_042.012 ego de mona kateudo. Doch mit dem Begriff "parataktisch" ist lyrische pst_042.014 pst_042.001 Ein einziger Nebensatz steht am Schluß. Gerade hier pst_042.002 Δέδυκε μὲν ἀ σελάννα pst_042.010 pst_042.013καὶ πληίαδες· μέσαι δὲ pst_042.011 νύκτες ‚ παρὰ δ‘ἔρχετ' ὤρα· pst_042.012 ἔγω δὲ μόνα κατεύδω. Doch mit dem Begriff «parataktisch» ist lyrische pst_042.014 <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0046" n="42"/> <lb n="pst_042.001"/> <p> Ein einziger Nebensatz steht am Schluß. Gerade hier <lb n="pst_042.002"/> läßt aber auch die lyrische Wirkung fühlbar nach und <lb n="pst_042.003"/> geht das Singen in Sprechen über. Ein solches «daß» <lb n="pst_042.004"/> gehört offenbar zu den unlyrischen Konjunktionen. <lb n="pst_042.005"/> Die Volkslieder schließen sich hier an, und aus der Antike <lb n="pst_042.006"/> sei wieder Sappho erwähnt, jener lyrische Urlaut, <lb n="pst_042.007"/> der aus der Ferne von zweieinhalb Jahrtausenden als <lb n="pst_042.008"/> vertrautes Geheimnis herübertönt:</p> <lb n="pst_042.009"/> <lg> <l> <foreign xml:lang="grc">Δέδυκε μὲν ἀ σελάννα</foreign> </l> <lb n="pst_042.010"/> <l> <foreign xml:lang="grc">καὶ πληίαδες·</foreign> <foreign xml:lang="grc">μέσαι δὲ</foreign> </l> <lb n="pst_042.011"/> <l><foreign xml:lang="grc">νύκτες</foreign>  ‚ <foreign xml:lang="grc">παρὰ δ</foreign>‘<foreign xml:lang="grc">ἔρχετ' ὤρα·</foreign></l> <lb n="pst_042.012"/> <l><foreign xml:lang="grc">ἔγω δὲ μόνα κατεύδω</foreign>.</l> </lg> <lb n="pst_042.013"/> <p> Doch mit dem Begriff «parataktisch» ist lyrische <lb n="pst_042.014"/> Sprache noch nicht genügend bestimmt. Denn auch die <lb n="pst_042.015"/> epische ist parataktisch, so daß man ebenso sagen könnte: <lb n="pst_042.016"/> je parataktischer, desto epischer (vergleiche Seite 120). <lb n="pst_042.017"/> Im Epischen aber sind die Teile selbständig, im Lyrischen <lb n="pst_042.018"/> sind sie es nicht. Das zeigt sich in neuerer Dichtung <lb n="pst_042.019"/> schon orthographisch, indem hier ganze Sätze oft <lb n="pst_042.020"/> nur durch Komma abgetrennt werden. Es wäre nicht <lb n="pst_042.021"/> nur öde Pedanterie, sondern Stilwidrigkeit, in Eichendorffs <lb n="pst_042.022"/> «Rückkehr» oder in Goethes «An den Mond» <lb n="pst_042.023"/> nach dem Duden verfahren zu wollen. Der lyrische <lb n="pst_042.024"/> Fluß geriete ins Stocken. Noch deutlicher wird der Unterschied, <lb n="pst_042.025"/> wenn wir etwa die Prosa Eichendorffs mit <lb n="pst_042.026"/> der Prosa Kleists oder Lessings vergleichen. Hier die <lb n="pst_042.027"/> reichste Interpunktion, dort eine Scheu, schärfer trennende <lb n="pst_042.028"/> Zeichen zu setzen, die an die Gepflogenheiten <lb n="pst_042.029"/> im Briefstil von Frauen gemahnt. Es sind dieselben <lb n="pst_042.030"/> «Frauenzimmer», die Goethe in den Gesprächen mit </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [42/0046]
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Ein einziger Nebensatz steht am Schluß. Gerade hier pst_042.002
läßt aber auch die lyrische Wirkung fühlbar nach und pst_042.003
geht das Singen in Sprechen über. Ein solches «daß» pst_042.004
gehört offenbar zu den unlyrischen Konjunktionen. pst_042.005
Die Volkslieder schließen sich hier an, und aus der Antike pst_042.006
sei wieder Sappho erwähnt, jener lyrische Urlaut, pst_042.007
der aus der Ferne von zweieinhalb Jahrtausenden als pst_042.008
vertrautes Geheimnis herübertönt:
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Δέδυκε μὲν ἀ σελάννα pst_042.010
καὶ πληίαδες· μέσαι δὲ pst_042.011
νύκτες ‚ παρὰ δ‘ἔρχετ' ὤρα· pst_042.012
ἔγω δὲ μόνα κατεύδω.
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Doch mit dem Begriff «parataktisch» ist lyrische pst_042.014
Sprache noch nicht genügend bestimmt. Denn auch die pst_042.015
epische ist parataktisch, so daß man ebenso sagen könnte: pst_042.016
je parataktischer, desto epischer (vergleiche Seite 120). pst_042.017
Im Epischen aber sind die Teile selbständig, im Lyrischen pst_042.018
sind sie es nicht. Das zeigt sich in neuerer Dichtung pst_042.019
schon orthographisch, indem hier ganze Sätze oft pst_042.020
nur durch Komma abgetrennt werden. Es wäre nicht pst_042.021
nur öde Pedanterie, sondern Stilwidrigkeit, in Eichendorffs pst_042.022
«Rückkehr» oder in Goethes «An den Mond» pst_042.023
nach dem Duden verfahren zu wollen. Der lyrische pst_042.024
Fluß geriete ins Stocken. Noch deutlicher wird der Unterschied, pst_042.025
wenn wir etwa die Prosa Eichendorffs mit pst_042.026
der Prosa Kleists oder Lessings vergleichen. Hier die pst_042.027
reichste Interpunktion, dort eine Scheu, schärfer trennende pst_042.028
Zeichen zu setzen, die an die Gepflogenheiten pst_042.029
im Briefstil von Frauen gemahnt. Es sind dieselben pst_042.030
«Frauenzimmer», die Goethe in den Gesprächen mit
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