Staiger, Emil: Grundbegriffe der Poetik. Zürich, 1946.pst_009.001 Mag aber die Idee auch unveränderlich sein, vielleicht pst_009.025 1 pst_009.030 an Goethe 26. Dezember 1797. 2 pst_009.031
Logische Untersuchungen, 4. Aufl. Halle 1928, Bd. II, 1, S. 91 ff. pst_009.001 Mag aber die Idee auch unveränderlich sein, vielleicht pst_009.025 1 pst_009.030 an Goethe 26. Dezember 1797. 2 pst_009.031
Logische Untersuchungen, 4. Aufl. Halle 1928, Bd. II, 1, S. 91 ff. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0013" n="E9"/><lb n="pst_009.001"/> Schiller «Hermann und Dorothea»<note xml:id="PST_009_1" place="foot" n="1"><lb n="pst_009.030"/> an Goethe 26. Dezember 1797.</note> – als dramatisch <lb n="pst_009.002"/> bezeichne, muß ich schon wissen, was lyrisch oder dramatisch <lb n="pst_009.003"/> ist. Ich weiß dies nicht, indem ich mich an alle <lb n="pst_009.004"/> vorhandenen lyrischen Gedichte und Dramen erinnere. <lb n="pst_009.005"/> Diese Fülle verwirrt mich nur. Ich habe vielmehr vom <lb n="pst_009.006"/> Lyrischen, Epischen und Dramatischen eine Idee. <lb n="pst_009.007"/> Diese Idee ist mir irgendeinmal an einem Beispiel aufgegangen. <lb n="pst_009.008"/> Das Beispiel wird vermutlich eine bestimmte <lb n="pst_009.009"/> Dichtung gewesen sein. Aber nicht einmal dies ist nötig. <lb n="pst_009.010"/> Die, um mit Husserl<note xml:id="PST_009_2" place="foot" n="2"><lb n="pst_009.031"/> Logische Untersuchungen, 4. Aufl. Halle 1928, Bd. II, 1, S. 91 ff.</note> zu reden, «ideale Bedeutung» <lb n="pst_009.011"/> ‚ lyrisch‘ kann ich vor einer Landschaft erfahren <lb n="pst_009.012"/> haben, was episch, ist etwa vor einem Flüchtlingsstrom; <lb n="pst_009.013"/> den Sinn von ‚dramatisch ‘ prägt mir vielleicht ein <lb n="pst_009.014"/> Wortwechsel ein. Solche Bedeutungen stehen fest. Es <lb n="pst_009.015"/> ist, wie Husserl gezeigt hat, widersinnig zu sagen, sie <lb n="pst_009.016"/> können schwanken. Schwanken kann der Gehalt der <lb n="pst_009.017"/> Dichtungen, die ich nach der Idee bemesse; das Einzelne <lb n="pst_009.018"/> mag mehr oder minder lyrisch, episch, dramatisch <lb n="pst_009.019"/> sein. Ferner können an Unsicherheit die «bedeutungverleihenden <lb n="pst_009.020"/> Akte» leiden. Doch eine Idee von <lb n="pst_009.021"/> «lyrisch», die ich einmal gefaßt habe, ist so unverrückbar <lb n="pst_009.022"/> wie die Idee des Dreiecks oder wie die Idee von <lb n="pst_009.023"/> «rot», objektiv, meinem Belieben entrückt.</p> <lb n="pst_009.024"/> <p> Mag aber die Idee auch unveränderlich sein, vielleicht <lb n="pst_009.025"/> ist sie falsch. Wer rotgrünblind ist, hat keine <lb n="pst_009.026"/> richtige Idee von «rot». Gewiß! Doch diese Frage betrifft <lb n="pst_009.027"/> nur die terminologische Zweckmäßigkeit. Meine <lb n="pst_009.028"/> Idee von «rot» muß dem entsprechen, was man gemeinhin <lb n="pst_009.029"/> «rot» nennt. Sonst brauche ich ein falsches </p> </div> </body> </text> </TEI> [E9/0013]
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Schiller «Hermann und Dorothea» 1 – als dramatisch pst_009.002
bezeichne, muß ich schon wissen, was lyrisch oder dramatisch pst_009.003
ist. Ich weiß dies nicht, indem ich mich an alle pst_009.004
vorhandenen lyrischen Gedichte und Dramen erinnere. pst_009.005
Diese Fülle verwirrt mich nur. Ich habe vielmehr vom pst_009.006
Lyrischen, Epischen und Dramatischen eine Idee. pst_009.007
Diese Idee ist mir irgendeinmal an einem Beispiel aufgegangen. pst_009.008
Das Beispiel wird vermutlich eine bestimmte pst_009.009
Dichtung gewesen sein. Aber nicht einmal dies ist nötig. pst_009.010
Die, um mit Husserl 2 zu reden, «ideale Bedeutung» pst_009.011
‚ lyrisch‘ kann ich vor einer Landschaft erfahren pst_009.012
haben, was episch, ist etwa vor einem Flüchtlingsstrom; pst_009.013
den Sinn von ‚dramatisch ‘ prägt mir vielleicht ein pst_009.014
Wortwechsel ein. Solche Bedeutungen stehen fest. Es pst_009.015
ist, wie Husserl gezeigt hat, widersinnig zu sagen, sie pst_009.016
können schwanken. Schwanken kann der Gehalt der pst_009.017
Dichtungen, die ich nach der Idee bemesse; das Einzelne pst_009.018
mag mehr oder minder lyrisch, episch, dramatisch pst_009.019
sein. Ferner können an Unsicherheit die «bedeutungverleihenden pst_009.020
Akte» leiden. Doch eine Idee von pst_009.021
«lyrisch», die ich einmal gefaßt habe, ist so unverrückbar pst_009.022
wie die Idee des Dreiecks oder wie die Idee von pst_009.023
«rot», objektiv, meinem Belieben entrückt.
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Mag aber die Idee auch unveränderlich sein, vielleicht pst_009.025
ist sie falsch. Wer rotgrünblind ist, hat keine pst_009.026
richtige Idee von «rot». Gewiß! Doch diese Frage betrifft pst_009.027
nur die terminologische Zweckmäßigkeit. Meine pst_009.028
Idee von «rot» muß dem entsprechen, was man gemeinhin pst_009.029
«rot» nennt. Sonst brauche ich ein falsches
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an Goethe 26. Dezember 1797.
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Logische Untersuchungen, 4. Aufl. Halle 1928, Bd. II, 1, S. 91 ff.
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