Spyri, Johanna: Heidi's Lehr- und Wanderjahre. Gotha, 1880.wieder auf andere Gedanken bringen konnten. So lief sie "Nimmst's mit?" "Läuft's dem Alm-Oehi fort?" "Es Von dem Tage an machte der Alm-Oehi, wenn er herunter¬ Der Alte verkehrte mit keinem Menschen im Dörfli, er wieder auf andere Gedanken bringen konnten. So lief ſie „Nimmſt's mit?“ „Läuft's dem Alm-Oehi fort?“ „Es Von dem Tage an machte der Alm-Oehi, wenn er herunter¬ Der Alte verkehrte mit keinem Menſchen im Dörfli, er <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0096" n="86"/> wieder auf andere Gedanken bringen konnten. So lief ſie<lb/> ſtracks durch, und das Kind zog dabei noch ſo ſtark an ihrer<lb/> Hand, daß alle Leute es ſehen konnten, wie ſie um des<lb/> Kindes willen ſo preſſiren mußte. So rief ſie auf alle<lb/> die Fragen und Anrufungen, die ihr aus allen Fenſtern und<lb/> Thüren entgegentönten, nur immer zurück: „Ihr ſeht's ja,<lb/> ich kann jetzt nicht ſtill ſtehen, das Kind preſſirt und wir<lb/> haben noch weit.“</p><lb/> <p>„Nimmſt's mit?“ „Läuft's dem Alm-Oehi fort?“ „Es<lb/> iſt nur ein Wunder, daß es noch am Leben iſt!“ „Und dazu<lb/> noch ſo rothbackig!“ So tönte es von allen Seiten, und<lb/> die Dete war froh, daß ſie ohne Verzug durchkam und<lb/> keinen Beſcheid geben mußte und auch Heidi kein Wort<lb/> ſagte, ſondern nur immer vorwärts ſtrebte in großem<lb/> Eifer.</p><lb/> <p>Von dem Tage an machte der Alm-Oehi, wenn er herunter¬<lb/> kam und durch's Dörfli ging, ein böſeres Geſicht, als je<lb/> vorher. Er grüßte keinen Menſchen und ſah mit ſeinem<lb/> Käſereff auf dem Rücken, mit dem ungeheuern Stock in<lb/> der Hand und den zuſammengezogenen dicken Brauen ſo<lb/> drohend aus, daß die Frauen zu den kleinen Kindern ſag¬<lb/> ten: „Gib Acht! Geh dem Alm-Oehi aus dem Weg, er<lb/> könnte dir noch Etwas thun!“</p><lb/> <p>Der Alte verkehrte mit keinem Menſchen im Dörfli, er<lb/> ging nur durch und weit in's Thal hinab, wo er ſeine<lb/> Käſe verhandelte und ſeine Vorräthe an Brod und Fleiſch<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [86/0096]
wieder auf andere Gedanken bringen konnten. So lief ſie
ſtracks durch, und das Kind zog dabei noch ſo ſtark an ihrer
Hand, daß alle Leute es ſehen konnten, wie ſie um des
Kindes willen ſo preſſiren mußte. So rief ſie auf alle
die Fragen und Anrufungen, die ihr aus allen Fenſtern und
Thüren entgegentönten, nur immer zurück: „Ihr ſeht's ja,
ich kann jetzt nicht ſtill ſtehen, das Kind preſſirt und wir
haben noch weit.“
„Nimmſt's mit?“ „Läuft's dem Alm-Oehi fort?“ „Es
iſt nur ein Wunder, daß es noch am Leben iſt!“ „Und dazu
noch ſo rothbackig!“ So tönte es von allen Seiten, und
die Dete war froh, daß ſie ohne Verzug durchkam und
keinen Beſcheid geben mußte und auch Heidi kein Wort
ſagte, ſondern nur immer vorwärts ſtrebte in großem
Eifer.
Von dem Tage an machte der Alm-Oehi, wenn er herunter¬
kam und durch's Dörfli ging, ein böſeres Geſicht, als je
vorher. Er grüßte keinen Menſchen und ſah mit ſeinem
Käſereff auf dem Rücken, mit dem ungeheuern Stock in
der Hand und den zuſammengezogenen dicken Brauen ſo
drohend aus, daß die Frauen zu den kleinen Kindern ſag¬
ten: „Gib Acht! Geh dem Alm-Oehi aus dem Weg, er
könnte dir noch Etwas thun!“
Der Alte verkehrte mit keinem Menſchen im Dörfli, er
ging nur durch und weit in's Thal hinab, wo er ſeine
Käſe verhandelte und ſeine Vorräthe an Brod und Fleiſch
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