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Spyri, Johanna: Heidi's Lehr- und Wanderjahre. Gotha, 1880.

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Capitel XII.
Im Hause Sesemann spukt's.


Seit einigen Tagen wanderte Fräulein Rottenmeier
meistens schweigend und in sich gekehrt im Haus herum.
Wenn sie um die Zeit der Dämmerung von einem Zimmer
in's andere, oder über den langen Corridor ging, schaute
sie öfters um sich, gegen die Ecken hin und auch schnell
einmal hinter sich, so als denke sie, es könnte Jemand leise
hinter ihr herkommen und sie unversehens am Rock zupfen.
So allein ging sie aber nur noch in den bewohnten Räumen
herum. Hatte sie auf dem obern Boden, wo die feierlich
aufgerüsteten Gastzimmer lagen, oder gar in den untern
Räumen Etwas zu besorgen, wo der große geheimnißvolle
Saal war, in dem jeder Tritt einen weithin schallenden
Wiederhall gab und die alten Rathsherren mit den großen,
weißen Kragen so ernsthaft und unverwandt auf Einen
niederschauten, da rief sie nun regelmäßig die Tinette herbei
und sagte ihr, sie habe mitzukommen, im Fall Etwas von

Capitel XII.
Im Hauſe Seſemann ſpukt's.


Seit einigen Tagen wanderte Fräulein Rottenmeier
meiſtens ſchweigend und in ſich gekehrt im Haus herum.
Wenn ſie um die Zeit der Dämmerung von einem Zimmer
in's andere, oder über den langen Corridor ging, ſchaute
ſie öfters um ſich, gegen die Ecken hin und auch ſchnell
einmal hinter ſich, ſo als denke ſie, es könnte Jemand leiſe
hinter ihr herkommen und ſie unverſehens am Rock zupfen.
So allein ging ſie aber nur noch in den bewohnten Räumen
herum. Hatte ſie auf dem obern Boden, wo die feierlich
aufgerüſteten Gaſtzimmer lagen, oder gar in den untern
Räumen Etwas zu beſorgen, wo der große geheimnißvolle
Saal war, in dem jeder Tritt einen weithin ſchallenden
Wiederhall gab und die alten Rathsherren mit den großen,
weißen Kragen ſo ernſthaft und unverwandt auf Einen
niederſchauten, da rief ſie nun regelmäßig die Tinette herbei
und ſagte ihr, ſie habe mitzukommen, im Fall Etwas von

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[0185] Capitel XII. Im Hauſe Seſemann ſpukt's. Seit einigen Tagen wanderte Fräulein Rottenmeier meiſtens ſchweigend und in ſich gekehrt im Haus herum. Wenn ſie um die Zeit der Dämmerung von einem Zimmer in's andere, oder über den langen Corridor ging, ſchaute ſie öfters um ſich, gegen die Ecken hin und auch ſchnell einmal hinter ſich, ſo als denke ſie, es könnte Jemand leiſe hinter ihr herkommen und ſie unverſehens am Rock zupfen. So allein ging ſie aber nur noch in den bewohnten Räumen herum. Hatte ſie auf dem obern Boden, wo die feierlich aufgerüſteten Gaſtzimmer lagen, oder gar in den untern Räumen Etwas zu beſorgen, wo der große geheimnißvolle Saal war, in dem jeder Tritt einen weithin ſchallenden Wiederhall gab und die alten Rathsherren mit den großen, weißen Kragen ſo ernſthaft und unverwandt auf Einen niederſchauten, da rief ſie nun regelmäßig die Tinette herbei und ſagte ihr, ſie habe mitzukommen, im Fall Etwas von

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Zitationshilfe: Spyri, Johanna: Heidi's Lehr- und Wanderjahre. Gotha, 1880, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spyri_heidi_1880/185>, abgerufen am 23.11.2024.