Spyri, Johanna: Heidi's Lehr- und Wanderjahre. Gotha, 1880.der Brief anlangte, der die Abreise der Frau Sesemann Klara war voller Freude über die Nachricht und er¬ der Brief anlangte, der die Abreiſe der Frau Seſemann Klara war voller Freude über die Nachricht und er¬ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0159" n="149"/> der Brief anlangte, der die Abreiſe der Frau Seſemann<lb/> aus Holſtein, wo ſie auf einem alten Gute wohnte, an¬<lb/> zeigte und die beſtimmte Zeit ihrer Ankunft auf den fol¬<lb/> genden Tag meldete, damit der Wagen nach dem Bahnhof<lb/> geſchickt würde, um ſie abzuholen.</p><lb/> <p>Klara war voller Freude über die Nachricht und er¬<lb/> zählte noch an demſelben Abend dem Heidi ſo viel und ſo lange<lb/> von der Großmama, daß Heidi auch anfing, von der „Gro߬<lb/> mama“ zu reden, worauf Fräulein Rottenmeier Heidi mit<lb/> Mißbilligung anblickte, was aber das Kind auf nichts Be¬<lb/> ſonderes bezog, denn es fühlte ſich unter fortdauernder Mi߬<lb/> billigung der Dame. Als es ſich dann ſpäter entfernte, um<lb/> in ſein Schlafzimmer zu gehen, berief Fräulein Rottenmeier<lb/> es erſt in das ihrige herein und erklärte ihm hier, es habe<lb/> niemals den Namen „Großmama“ anzuwenden, ſondern<lb/> wenn Frau Seſemann nun da ſei, habe es ſie ſtets „gnä¬<lb/> dige Frau“ anzureden. „Verſtehſt du das?“ fragte die<lb/> Dame, als Heidi ſie etwas zweifelhaft anſah; ſie gab ihm<lb/> aber einen ſo abſchließenden Blick zurück, daß Heidi ſich keine<lb/> Erklärung mehr erbat, obſchon es den Titel nicht verſtanden<lb/> hatte.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </body> </text> </TEI> [149/0159]
der Brief anlangte, der die Abreiſe der Frau Seſemann
aus Holſtein, wo ſie auf einem alten Gute wohnte, an¬
zeigte und die beſtimmte Zeit ihrer Ankunft auf den fol¬
genden Tag meldete, damit der Wagen nach dem Bahnhof
geſchickt würde, um ſie abzuholen.
Klara war voller Freude über die Nachricht und er¬
zählte noch an demſelben Abend dem Heidi ſo viel und ſo lange
von der Großmama, daß Heidi auch anfing, von der „Gro߬
mama“ zu reden, worauf Fräulein Rottenmeier Heidi mit
Mißbilligung anblickte, was aber das Kind auf nichts Be¬
ſonderes bezog, denn es fühlte ſich unter fortdauernder Mi߬
billigung der Dame. Als es ſich dann ſpäter entfernte, um
in ſein Schlafzimmer zu gehen, berief Fräulein Rottenmeier
es erſt in das ihrige herein und erklärte ihm hier, es habe
niemals den Namen „Großmama“ anzuwenden, ſondern
wenn Frau Seſemann nun da ſei, habe es ſie ſtets „gnä¬
dige Frau“ anzureden. „Verſtehſt du das?“ fragte die
Dame, als Heidi ſie etwas zweifelhaft anſah; ſie gab ihm
aber einen ſo abſchließenden Blick zurück, daß Heidi ſich keine
Erklärung mehr erbat, obſchon es den Titel nicht verſtanden
hatte.
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