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Sprengel, Christian Konrad: Das entdeckte Geheimniss der Natur im Bau und in der Befruchtung der Blumen. Berlin, 1793.

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Asclepias.
welche sich auf die Blume gesetzt hat, und zwar in umgekehrter
Stellung, weil sie in dieser am bequemsten ihren Saugerüssel in
die Saftmaschinen hineinstecken kann, oftmals, um sich fest zu
halten, einen Fuß auf diesen Theil setzen. Wegen der Glätte
desselben kann der Fuß auf demjenigen Punkt, auf welchen er
zufälligerweise gesetzt worden ist, nicht haften, sondern gleitet
herab bis an den Winkel b. Sobald er bis dahin gekommen ist,
geräth er in den obersten etwas weiteren Theil der Falte a b.
Zweytens haben die Saftmaschinen an beiden Seiten einen sehr
dünnen, aber ziemlich breiten Ansatz c d und g h, welcher un-
mittelbar über jener Falte befindlich ist. Sobald nun das Insekt
einen Fuß auf einen von diesen Ansätzen gesetzt hat, welches oft-
mals geschehen muß, biegt sich dieser, weil er sehr dünne ist, um,
und der Fuß gleitet von ihm herab, und geräth in die Falte a b.
Wenn nun das Insekt seine Stellung ein wenig ändert, so rückt
auch der Fuß fort. Es ist aber natürlicher, daß derselbe in der
Falte bleibe, und sich innerhalb derselben fortbewege, als daß er
aus derselben herauskomme, weil das Letztere dem Insekt einige
Mühe verursachen würde. Sobald er nun auf solche Art an das
Ende der Falte kömmt, so berührt er das Käppchen a, welches
denselben sogleich festhält. Wann das Insekt merkt, daß es mit
einem Fuß fest sitzt, so fängt es an zu ziehen, um denselben wie-
der los zu machen. Hat es nun grade eine solche Stellung, daß
es das Käppchen niederwärts zieht, so löset es dasselbe ab, und
zieht die an demselben hangenden Kölbchen aus ihren Beutelchen
heraus. Hat es aber eine solche Stellung, daß es das Käppchen
in die Höhe zieht, so kann es dasselbe mit den Kölbchen nicht
herausziehen, sondern es reißt entweder das Käppchen von den
Kölbchen ab, wenn es stark ist, oder bleibt, wenn es klein und
schwach ist, an demselben hangen, und wird auf solche Art ge-
fangen. Wenn es im ersten Fall ein Paar Kölbchen herausge-
zogen hat, so bemühet es sich, wiewohl vergebens, dasselbe los-
zumachen. Es fährt also in seinem, durch diesen kleinen Zufall
unterbrochenen, Geschäft fort, und schleppt die Kölbchen allent-
halben mit umher, folglich auch auf das Stigma, welches eben
deswegen von ansehnlicher Grösse ist, damit dieses desto leichter
und unausbleiblicher geschehe. Auf solche Art erhält das Stigma
etwas von dem Oel der Kölbchen, worauf die Befruchtung der
Fruchtknoten so vor sich geht, als ich oben gesagt habe.

Aus dieser Vorstellung von der Befruchtungsart dieser Blume
läßt sich der oben berührte Umstand leicht erklären, daß nemlich
die wenigsten Blumen Früchte ansetzen. Manche Blume ver-
blühet, ohne von einem Insekt besucht worden zu seyn, beson-
ders wenn es, so lange sie geblühet hat, schlechtes Wetter gewe-
sen ist. Andere Blumen können von einem Insekt besucht wer-
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Asclepias.
den, ohne daß es sich jedesmal so trifft, daß dasselbe ein Paar
Kölbchen herauszieht, oder, wenn dies geschehen ist, daß es die-
selben über das Stigma hinüber schleift. Ob nun gleich die meh-
resten Blumen unbefruchtet bleiben, so erreicht dennoch die Na-
tur ihre Absicht, nemlich die Erhaltung und Fortpflanzung der
Art.

Um einzusehen, wie sehr sich Kölreuter geirrt hat, darf
man nur mit seiner Erklärung den Umstand vergleichen, daß
die Insekten die Kölbchen aus den Beutelchen herausziehen.
Aus seiner Erklärung würde folgen, daß die Natur diese und
die übrigen hieher gehörigen Blumen nur darum so künstlich
gebauet, so schön gezieret, mit einem so angenehmen oder un-
angenehmen Geruch begabt, und mit Saft versehen habe, da-
mit Insekten dieselben besuchen, die Kölbchen aus den Beutel-
chen herausziehen, und dadurch die Befruchtung derselben un-
möglich
machen. Läßt sich wohl etwas ungereimteres ge-
denken?

Was den so eben berührten unangenehmen Geruch betrifft,
so gehört hieher Stapelia hirsuta. Wahlboom sagt in seiner
oben angeführten Dissertation, daß diese Blume wie Luder
stinkt, und daß, durch diesen Gestank gelockt, die fleischfressen-
den Fliegen dieselbe häufig besuchen. Auch dieses läßt sich aus
meiner Vorstellung von der Befruchtung sehr leicht erklären.
Denn so wie die meisten Blumen einen den Menschen ange-
nehmen Geruch haben, damit Bienen, Hummeln und andere
Insekten, denen dieser Geruch auch angenehm ist, durch den-
selben gereizt werden, dieselben zu besuchen: eben so haben an-
dere einen den Menschen unangenehmen, oder wohl gar höchst
widrigen und unausstehlichen Geruch, damit andere Insekten,
welche einen solchen Geruch lieben, dieselben besuchen. Stape-
lia hirsuta
stinkt also bloß deswegen wie Luder, damit die
Fleisch- und Luderfliegen, denen dieser Geruch höchst lieblich
ist, dieselbe besuchen und befruchten. Bienen und Hummeln
werden dieselbe gewiß nicht besuchen, weil sie einen solchen Ge-
stank verabscheuen.

In Gleditschs vermischten Abhandlungen finde
ich eine Stelle, welche mir sehr merkwürdig zu seyn scheint.
Er sagt nemlich (Th. 3. S. 152.), daß gewisse Pflanzen,
welche nebst einer ausnehmenden Schärfe, zugleich in ihrer
Grundmischung etwas betäubendes und flüchtiges enthalten,
die Bienen tödten, welche ihre Blumen besuchen. Als ein
Beyspiel solcher Pflanzen führt er die Arten der Asclepias
und des Cynanchum an. Hieraus folgt also erstens, daß die
Bienen zur Befruchtung dieser Blumen keinesweges bestimmt
sind. Dieses wird noch wahrscheinlicher, wenn man bedenkt,

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Aſclepias.
welche ſich auf die Blume geſetzt hat, und zwar in umgekehrter
Stellung, weil ſie in dieſer am bequemſten ihren Saugeruͤſſel in
die Saftmaſchinen hineinſtecken kann, oftmals, um ſich feſt zu
halten, einen Fuß auf dieſen Theil ſetzen. Wegen der Glaͤtte
deſſelben kann der Fuß auf demjenigen Punkt, auf welchen er
zufaͤlligerweiſe geſetzt worden iſt, nicht haften, ſondern gleitet
herab bis an den Winkel b. Sobald er bis dahin gekommen iſt,
geraͤth er in den oberſten etwas weiteren Theil der Falte a b.
Zweytens haben die Saftmaſchinen an beiden Seiten einen ſehr
duͤnnen, aber ziemlich breiten Anſatz c d und g h, welcher un-
mittelbar uͤber jener Falte befindlich iſt. Sobald nun das Inſekt
einen Fuß auf einen von dieſen Anſaͤtzen geſetzt hat, welches oft-
mals geſchehen muß, biegt ſich dieſer, weil er ſehr duͤnne iſt, um,
und der Fuß gleitet von ihm herab, und geraͤth in die Falte a b.
Wenn nun das Inſekt ſeine Stellung ein wenig aͤndert, ſo ruͤckt
auch der Fuß fort. Es iſt aber natuͤrlicher, daß derſelbe in der
Falte bleibe, und ſich innerhalb derſelben fortbewege, als daß er
aus derſelben herauskomme, weil das Letztere dem Inſekt einige
Muͤhe verurſachen wuͤrde. Sobald er nun auf ſolche Art an das
Ende der Falte koͤmmt, ſo beruͤhrt er das Kaͤppchen a, welches
denſelben ſogleich feſthaͤlt. Wann das Inſekt merkt, daß es mit
einem Fuß feſt ſitzt, ſo faͤngt es an zu ziehen, um denſelben wie-
der los zu machen. Hat es nun grade eine ſolche Stellung, daß
es das Kaͤppchen niederwaͤrts zieht, ſo loͤſet es daſſelbe ab, und
zieht die an demſelben hangenden Koͤlbchen aus ihren Beutelchen
heraus. Hat es aber eine ſolche Stellung, daß es das Kaͤppchen
in die Hoͤhe zieht, ſo kann es daſſelbe mit den Koͤlbchen nicht
herausziehen, ſondern es reißt entweder das Kaͤppchen von den
Koͤlbchen ab, wenn es ſtark iſt, oder bleibt, wenn es klein und
ſchwach iſt, an demſelben hangen, und wird auf ſolche Art ge-
fangen. Wenn es im erſten Fall ein Paar Koͤlbchen herausge-
zogen hat, ſo bemuͤhet es ſich, wiewohl vergebens, daſſelbe los-
zumachen. Es faͤhrt alſo in ſeinem, durch dieſen kleinen Zufall
unterbrochenen, Geſchaͤft fort, und ſchleppt die Koͤlbchen allent-
halben mit umher, folglich auch auf das Stigma, welches eben
deswegen von anſehnlicher Groͤſſe iſt, damit dieſes deſto leichter
und unausbleiblicher geſchehe. Auf ſolche Art erhaͤlt das Stigma
etwas von dem Oel der Koͤlbchen, worauf die Befruchtung der
Fruchtknoten ſo vor ſich geht, als ich oben geſagt habe.

Aus dieſer Vorſtellung von der Befruchtungsart dieſer Blume
laͤßt ſich der oben beruͤhrte Umſtand leicht erklaͤren, daß nemlich
die wenigſten Blumen Fruͤchte anſetzen. Manche Blume ver-
bluͤhet, ohne von einem Inſekt beſucht worden zu ſeyn, beſon-
ders wenn es, ſo lange ſie gebluͤhet hat, ſchlechtes Wetter gewe-
ſen iſt. Andere Blumen koͤnnen von einem Inſekt beſucht wer-
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Aſclepias.
den, ohne daß es ſich jedesmal ſo trifft, daß daſſelbe ein Paar
Koͤlbchen herauszieht, oder, wenn dies geſchehen iſt, daß es die-
ſelben uͤber das Stigma hinuͤber ſchleift. Ob nun gleich die meh-
reſten Blumen unbefruchtet bleiben, ſo erreicht dennoch die Na-
tur ihre Abſicht, nemlich die Erhaltung und Fortpflanzung der
Art.

Um einzuſehen, wie ſehr ſich Koͤlreuter geirrt hat, darf
man nur mit ſeiner Erklaͤrung den Umſtand vergleichen, daß
die Inſekten die Koͤlbchen aus den Beutelchen herausziehen.
Aus ſeiner Erklaͤrung wuͤrde folgen, daß die Natur dieſe und
die uͤbrigen hieher gehoͤrigen Blumen nur darum ſo kuͤnſtlich
gebauet, ſo ſchoͤn gezieret, mit einem ſo angenehmen oder un-
angenehmen Geruch begabt, und mit Saft verſehen habe, da-
mit Inſekten dieſelben beſuchen, die Koͤlbchen aus den Beutel-
chen herausziehen, und dadurch die Befruchtung derſelben un-
moͤglich
machen. Laͤßt ſich wohl etwas ungereimteres ge-
denken?

Was den ſo eben beruͤhrten unangenehmen Geruch betrifft,
ſo gehoͤrt hieher Stapelia hirſuta. Wahlboom ſagt in ſeiner
oben angefuͤhrten Diſſertation, daß dieſe Blume wie Luder
ſtinkt, und daß, durch dieſen Geſtank gelockt, die fleiſchfreſſen-
den Fliegen dieſelbe haͤufig beſuchen. Auch dieſes laͤßt ſich aus
meiner Vorſtellung von der Befruchtung ſehr leicht erklaͤren.
Denn ſo wie die meiſten Blumen einen den Menſchen ange-
nehmen Geruch haben, damit Bienen, Hummeln und andere
Inſekten, denen dieſer Geruch auch angenehm iſt, durch den-
ſelben gereizt werden, dieſelben zu beſuchen: eben ſo haben an-
dere einen den Menſchen unangenehmen, oder wohl gar hoͤchſt
widrigen und unausſtehlichen Geruch, damit andere Inſekten,
welche einen ſolchen Geruch lieben, dieſelben beſuchen. Stape-
lia hirſuta
ſtinkt alſo bloß deswegen wie Luder, damit die
Fleiſch- und Luderfliegen, denen dieſer Geruch hoͤchſt lieblich
iſt, dieſelbe beſuchen und befruchten. Bienen und Hummeln
werden dieſelbe gewiß nicht beſuchen, weil ſie einen ſolchen Ge-
ſtank verabſcheuen.

In Gleditſchs vermiſchten Abhandlungen finde
ich eine Stelle, welche mir ſehr merkwuͤrdig zu ſeyn ſcheint.
Er ſagt nemlich (Th. 3. S. 152.), daß gewiſſe Pflanzen,
welche nebſt einer ausnehmenden Schaͤrfe, zugleich in ihrer
Grundmiſchung etwas betaͤubendes und fluͤchtiges enthalten,
die Bienen toͤdten, welche ihre Blumen beſuchen. Als ein
Beyſpiel ſolcher Pflanzen fuͤhrt er die Arten der Aſclepias
und des Cynanchum an. Hieraus folgt alſo erſtens, daß die
Bienen zur Befruchtung dieſer Blumen keinesweges beſtimmt
ſind. Dieſes wird noch wahrſcheinlicher, wenn man bedenkt,

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[[86]/0086] Aſclepias. Aſclepias. welche ſich auf die Blume geſetzt hat, und zwar in umgekehrter Stellung, weil ſie in dieſer am bequemſten ihren Saugeruͤſſel in die Saftmaſchinen hineinſtecken kann, oftmals, um ſich feſt zu halten, einen Fuß auf dieſen Theil ſetzen. Wegen der Glaͤtte deſſelben kann der Fuß auf demjenigen Punkt, auf welchen er zufaͤlligerweiſe geſetzt worden iſt, nicht haften, ſondern gleitet herab bis an den Winkel b. Sobald er bis dahin gekommen iſt, geraͤth er in den oberſten etwas weiteren Theil der Falte a b. Zweytens haben die Saftmaſchinen an beiden Seiten einen ſehr duͤnnen, aber ziemlich breiten Anſatz c d und g h, welcher un- mittelbar uͤber jener Falte befindlich iſt. Sobald nun das Inſekt einen Fuß auf einen von dieſen Anſaͤtzen geſetzt hat, welches oft- mals geſchehen muß, biegt ſich dieſer, weil er ſehr duͤnne iſt, um, und der Fuß gleitet von ihm herab, und geraͤth in die Falte a b. Wenn nun das Inſekt ſeine Stellung ein wenig aͤndert, ſo ruͤckt auch der Fuß fort. Es iſt aber natuͤrlicher, daß derſelbe in der Falte bleibe, und ſich innerhalb derſelben fortbewege, als daß er aus derſelben herauskomme, weil das Letztere dem Inſekt einige Muͤhe verurſachen wuͤrde. Sobald er nun auf ſolche Art an das Ende der Falte koͤmmt, ſo beruͤhrt er das Kaͤppchen a, welches denſelben ſogleich feſthaͤlt. Wann das Inſekt merkt, daß es mit einem Fuß feſt ſitzt, ſo faͤngt es an zu ziehen, um denſelben wie- der los zu machen. Hat es nun grade eine ſolche Stellung, daß es das Kaͤppchen niederwaͤrts zieht, ſo loͤſet es daſſelbe ab, und zieht die an demſelben hangenden Koͤlbchen aus ihren Beutelchen heraus. Hat es aber eine ſolche Stellung, daß es das Kaͤppchen in die Hoͤhe zieht, ſo kann es daſſelbe mit den Koͤlbchen nicht herausziehen, ſondern es reißt entweder das Kaͤppchen von den Koͤlbchen ab, wenn es ſtark iſt, oder bleibt, wenn es klein und ſchwach iſt, an demſelben hangen, und wird auf ſolche Art ge- fangen. Wenn es im erſten Fall ein Paar Koͤlbchen herausge- zogen hat, ſo bemuͤhet es ſich, wiewohl vergebens, daſſelbe los- zumachen. Es faͤhrt alſo in ſeinem, durch dieſen kleinen Zufall unterbrochenen, Geſchaͤft fort, und ſchleppt die Koͤlbchen allent- halben mit umher, folglich auch auf das Stigma, welches eben deswegen von anſehnlicher Groͤſſe iſt, damit dieſes deſto leichter und unausbleiblicher geſchehe. Auf ſolche Art erhaͤlt das Stigma etwas von dem Oel der Koͤlbchen, worauf die Befruchtung der Fruchtknoten ſo vor ſich geht, als ich oben geſagt habe. Aus dieſer Vorſtellung von der Befruchtungsart dieſer Blume laͤßt ſich der oben beruͤhrte Umſtand leicht erklaͤren, daß nemlich die wenigſten Blumen Fruͤchte anſetzen. Manche Blume ver- bluͤhet, ohne von einem Inſekt beſucht worden zu ſeyn, beſon- ders wenn es, ſo lange ſie gebluͤhet hat, ſchlechtes Wetter gewe- ſen iſt. Andere Blumen koͤnnen von einem Inſekt beſucht wer- den, ohne daß es ſich jedesmal ſo trifft, daß daſſelbe ein Paar Koͤlbchen herauszieht, oder, wenn dies geſchehen iſt, daß es die- ſelben uͤber das Stigma hinuͤber ſchleift. Ob nun gleich die meh- reſten Blumen unbefruchtet bleiben, ſo erreicht dennoch die Na- tur ihre Abſicht, nemlich die Erhaltung und Fortpflanzung der Art. Um einzuſehen, wie ſehr ſich Koͤlreuter geirrt hat, darf man nur mit ſeiner Erklaͤrung den Umſtand vergleichen, daß die Inſekten die Koͤlbchen aus den Beutelchen herausziehen. Aus ſeiner Erklaͤrung wuͤrde folgen, daß die Natur dieſe und die uͤbrigen hieher gehoͤrigen Blumen nur darum ſo kuͤnſtlich gebauet, ſo ſchoͤn gezieret, mit einem ſo angenehmen oder un- angenehmen Geruch begabt, und mit Saft verſehen habe, da- mit Inſekten dieſelben beſuchen, die Koͤlbchen aus den Beutel- chen herausziehen, und dadurch die Befruchtung derſelben un- moͤglich machen. Laͤßt ſich wohl etwas ungereimteres ge- denken? Was den ſo eben beruͤhrten unangenehmen Geruch betrifft, ſo gehoͤrt hieher Stapelia hirſuta. Wahlboom ſagt in ſeiner oben angefuͤhrten Diſſertation, daß dieſe Blume wie Luder ſtinkt, und daß, durch dieſen Geſtank gelockt, die fleiſchfreſſen- den Fliegen dieſelbe haͤufig beſuchen. Auch dieſes laͤßt ſich aus meiner Vorſtellung von der Befruchtung ſehr leicht erklaͤren. Denn ſo wie die meiſten Blumen einen den Menſchen ange- nehmen Geruch haben, damit Bienen, Hummeln und andere Inſekten, denen dieſer Geruch auch angenehm iſt, durch den- ſelben gereizt werden, dieſelben zu beſuchen: eben ſo haben an- dere einen den Menſchen unangenehmen, oder wohl gar hoͤchſt widrigen und unausſtehlichen Geruch, damit andere Inſekten, welche einen ſolchen Geruch lieben, dieſelben beſuchen. Stape- lia hirſuta ſtinkt alſo bloß deswegen wie Luder, damit die Fleiſch- und Luderfliegen, denen dieſer Geruch hoͤchſt lieblich iſt, dieſelbe beſuchen und befruchten. Bienen und Hummeln werden dieſelbe gewiß nicht beſuchen, weil ſie einen ſolchen Ge- ſtank verabſcheuen. In Gleditſchs vermiſchten Abhandlungen finde ich eine Stelle, welche mir ſehr merkwuͤrdig zu ſeyn ſcheint. Er ſagt nemlich (Th. 3. S. 152.), daß gewiſſe Pflanzen, welche nebſt einer ausnehmenden Schaͤrfe, zugleich in ihrer Grundmiſchung etwas betaͤubendes und fluͤchtiges enthalten, die Bienen toͤdten, welche ihre Blumen beſuchen. Als ein Beyſpiel ſolcher Pflanzen fuͤhrt er die Arten der Aſclepias und des Cynanchum an. Hieraus folgt alſo erſtens, daß die Bienen zur Befruchtung dieſer Blumen keinesweges beſtimmt ſind. Dieſes wird noch wahrſcheinlicher, wenn man bedenkt,

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Zitationshilfe: Sprengel, Christian Konrad: Das entdeckte Geheimniss der Natur im Bau und in der Befruchtung der Blumen. Berlin, 1793, S. [86]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sprengel_blumen_1793/86>, abgerufen am 25.11.2024.