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Sprengel, Christian Konrad: Das entdeckte Geheimniss der Natur im Bau und in der Befruchtung der Blumen. Berlin, 1793.

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Einleitung.

Man findet zuweilen in Blumen, welche wirklich Saftblu-
men sind, keinen Saft, entweder weil er schon von Insekten ist
verzehret worden, welcher Fall um so viel mehr möglich ist, wenn
man nur einige Exemplare hat und untersuchen kann, oder weil
die späte Jahreszeit daran Schuld ist. Manche Pflanzen brin-
gen zwar noch bey später Jahreszeit Blumen hervor, scheinen
aber nicht mehr so viel Kraft zu haben, um in denselben auch Saft
bereiten zu können. Eben dieses gilt von solchen Blumen, welche
man im Winter aus einem Gewächs- oder Treibhause erhält.
Die erkünstelte Wärme scheint manche Blumen nicht zu einer sol-
chen Vollkommenheit bringen zu können, daß sie auch wirklich
Saft absondern. Wer aber von dem Bau der Blumen einige
Kenntniß hat, wird demungeachtet sich oftmals in dergleichen
Fällen davon überzeugen können, daß dergleichen Blumen Saft-
blumen sind. So untersuchte ich im Spätherbst die Jasione mon-
tana.
Saft fand ich in derselben nicht; dennoch schloß ich aus
einem Umstand, welchen ich in ihrer Struktur bemerkte, daß sie
eine Saftblume sey. Und daß ich richtig geschlossen hatte, lehrte
mich im folgenden Sommer die Erfahrung. In der Coronilla
Emerus,
welche ich im Winter aus einem Gewächshause erhalten
hatte, fand ich keinen Saft. Aus ihrer ganzen Struktur aber
sahe ich ein, daß sie eine Saftblume sey. Als ich die Blume nach-
gehends im Sommer untersuchte, fand ich wirklich Saft in
derselben.

Die Insekten können uns bey dieser Untersuchung sehr be-
hülflich seyn. Eine Blume, welche von Einer oder mehrern Ar-
ten von Insekten häufig besucht wird, hat wahrscheinlich Saft.
Nur muß man hievon die Bienen ausnehmen, als welche auch
saftleere Blumen besuchen, nehmlich des Staubes wegen, und
von den Hummeln wenigstens Eine Art, welche gleichfalls Staub
sammelt. Von einzelnen Insekten kann man jedoch leicht irre ge-
führt werden, wenn man es an gehöriger Untersuchung fehlen
läßt. Denn zuweilen suchen sie in saftleeren Blumen, oder in
solchen Theilen der Saftblumen Saft, welche den Saft nicht
enthalten, wovon ich unter andern bey der Lychnis dioeca ein
Beispiel anführen werde. Dies gilt aber nur von Fliegen, Blatt-
läusen, Blumenkäfern und andern unedleren Insekten, keineswe-
ges aber von Bienen und Hummeln, als welche den Saft jeder
Blume sehr leicht zu finden wissen.

Wenn eine Blume eine solche Struktur hat, daß vermittelst
derselben die Regentropfen von ihrem Innersten abgehalten wer-
den, so kann man erwarten, daß sie Saft habe. Dahin gehören
die röhrenförmigen Blumen, ferner diejenigen, welche herabhan-
gen, besonders wenn sie dabey eine glockenförmige, oder gar wal-
zenförmige Gestalt haben. Daß Blumen, welche eine Röhre
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Einleitung.
haben, Saft in derselben enthalten, ist so allgemein, daß bloß
die Scheinsaftblumen hievon eine Ausnahme machen; aber eben
dieses ist zugleich die Ursache, warum die Scheinsaftblumen eine
Röhre oder einen röhrenförmigen Theil haben, welches wenig-
stens von den vier mir bis jetzt bekannt gewordenen Scheinsaft-
blumen gilt. Denn wenn die Natur ihre Absicht erreichen wollte,
welche dahin geht, die Insekten zu täuschen, und sie zu verleiten,
in diese Blumen hineinzukriechen: so mußte sie denselben eine solche
Bildung geben, daß die Insekten nothwendig sie für Saftblu-
men halten müssen. Folglich mußte sie dieselben mit einer Röhre
versehen, weil die Insekten aus der Erfahrung wissen, daß eine
Röhre Saft enthält.

Blumen, welche eine besondere Saftdecke haben, müssen
auch Saftblumen seyn. Wenn man also in einer Blume Haare
findet, so halte man dieselben für die Saftdecke, und man wird
unterhalb derselben den Saft bald finden. Wer dieses nicht weiß,
wird in vielen Malvenblumen die Saftdrüsen lange und dennoch
vielleicht vergebens suchen. Denn sie befinden sich an einer ziem-
lich verborgenen Stelle. Wem dieses aber bekannt ist, der schlie-
ßet aus den Haaren, welche er im Grunde der Krone sieht, so-
gleich, daß unter denselben der Saft befindlich seyn müsse, und
findet diesen und die Saftdrüsen bald. Wenn eine röhrenförmige
Blume um die Oeffnung der Röhre herum gewisse Ansätze hat, so
halte man dieselben nicht, wie Linne zuweilen gethan hat, für
Saftdrüsen, sondern für die Saftdecke, schließe aus der Gegen-
wart derselben, daß die Blume Saft haben müsse, und suche die-
sen im Grunde der Röhre oder des röhrenförmigen Theils: so
wird man denselben daselbst leicht finden.

Blumen, welche ein Saftmaal haben, sind mehrentheils
Saftblumen. Und so wie dasselbe den Insekten behülflich ist,
den Saft zu finden, so können auch wir uns desselben zu gleichem
Endzweck bedienen.

Nicht jede mit einer Krone versehene Blume hat Saft. Denn
um nicht der Scheinsaftblumen zu gedenken, so giebt es noch an-
dere, welche eine ansehnliche Krone, und doch keinen Saft ha-
ben. Die Krone dieser Blumen ist entweder etwas ganz unerklär-
liches, oder sie dienet dazu, daß die Blumen den Bienen, welche
den Staub derselhen sammlen, von weitem in die Augen fallen.
Und wenn dieses richtig ist, so folgt hieraus, daß auch diese Blu-
men, welches ich durch verschiedene Beispiele aus der Erfahrung
beweisen werde, von den Bienen befruchtet werden. Denn wenn
sie auf eine mechanische Art befruchtet werden sollen, so ist der
Umstand, daß Bienen ihren Staub sammlen, den Blumen nicht
vortheilhaft, sondern nachtheilig, weil ihre Befruchtung eben so sehr
erschweret wird, als ihr Staubvorrath vermindert wird. Folglich

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Einleitung.

Man findet zuweilen in Blumen, welche wirklich Saftblu-
men ſind, keinen Saft, entweder weil er ſchon von Inſekten iſt
verzehret worden, welcher Fall um ſo viel mehr moͤglich iſt, wenn
man nur einige Exemplare hat und unterſuchen kann, oder weil
die ſpaͤte Jahreszeit daran Schuld iſt. Manche Pflanzen brin-
gen zwar noch bey ſpaͤter Jahreszeit Blumen hervor, ſcheinen
aber nicht mehr ſo viel Kraft zu haben, um in denſelben auch Saft
bereiten zu koͤnnen. Eben dieſes gilt von ſolchen Blumen, welche
man im Winter aus einem Gewaͤchs- oder Treibhauſe erhaͤlt.
Die erkuͤnſtelte Waͤrme ſcheint manche Blumen nicht zu einer ſol-
chen Vollkommenheit bringen zu koͤnnen, daß ſie auch wirklich
Saft abſondern. Wer aber von dem Bau der Blumen einige
Kenntniß hat, wird demungeachtet ſich oftmals in dergleichen
Faͤllen davon uͤberzeugen koͤnnen, daß dergleichen Blumen Saft-
blumen ſind. So unterſuchte ich im Spaͤtherbſt die Jaſione mon-
tana.
Saft fand ich in derſelben nicht; dennoch ſchloß ich aus
einem Umſtand, welchen ich in ihrer Struktur bemerkte, daß ſie
eine Saftblume ſey. Und daß ich richtig geſchloſſen hatte, lehrte
mich im folgenden Sommer die Erfahrung. In der Coronilla
Emerus,
welche ich im Winter aus einem Gewaͤchshauſe erhalten
hatte, fand ich keinen Saft. Aus ihrer ganzen Struktur aber
ſahe ich ein, daß ſie eine Saftblume ſey. Als ich die Blume nach-
gehends im Sommer unterſuchte, fand ich wirklich Saft in
derſelben.

Die Inſekten koͤnnen uns bey dieſer Unterſuchung ſehr be-
huͤlflich ſeyn. Eine Blume, welche von Einer oder mehrern Ar-
ten von Inſekten haͤufig beſucht wird, hat wahrſcheinlich Saft.
Nur muß man hievon die Bienen ausnehmen, als welche auch
ſaftleere Blumen beſuchen, nehmlich des Staubes wegen, und
von den Hummeln wenigſtens Eine Art, welche gleichfalls Staub
ſammelt. Von einzelnen Inſekten kann man jedoch leicht irre ge-
fuͤhrt werden, wenn man es an gehoͤriger Unterſuchung fehlen
laͤßt. Denn zuweilen ſuchen ſie in ſaftleeren Blumen, oder in
ſolchen Theilen der Saftblumen Saft, welche den Saft nicht
enthalten, wovon ich unter andern bey der Lychnis dioeca ein
Beiſpiel anfuͤhren werde. Dies gilt aber nur von Fliegen, Blatt-
laͤuſen, Blumenkaͤfern und andern unedleren Inſekten, keineswe-
ges aber von Bienen und Hummeln, als welche den Saft jeder
Blume ſehr leicht zu finden wiſſen.

Wenn eine Blume eine ſolche Struktur hat, daß vermittelſt
derſelben die Regentropfen von ihrem Innerſten abgehalten wer-
den, ſo kann man erwarten, daß ſie Saft habe. Dahin gehoͤren
die roͤhrenfoͤrmigen Blumen, ferner diejenigen, welche herabhan-
gen, beſonders wenn ſie dabey eine glockenfoͤrmige, oder gar wal-
zenfoͤrmige Geſtalt haben. Daß Blumen, welche eine Roͤhre
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Einleitung.
haben, Saft in derſelben enthalten, iſt ſo allgemein, daß bloß
die Scheinſaftblumen hievon eine Ausnahme machen; aber eben
dieſes iſt zugleich die Urſache, warum die Scheinſaftblumen eine
Roͤhre oder einen roͤhrenfoͤrmigen Theil haben, welches wenig-
ſtens von den vier mir bis jetzt bekannt gewordenen Scheinſaft-
blumen gilt. Denn wenn die Natur ihre Abſicht erreichen wollte,
welche dahin geht, die Inſekten zu taͤuſchen, und ſie zu verleiten,
in dieſe Blumen hineinzukriechen: ſo mußte ſie denſelben eine ſolche
Bildung geben, daß die Inſekten nothwendig ſie fuͤr Saftblu-
men halten muͤſſen. Folglich mußte ſie dieſelben mit einer Roͤhre
verſehen, weil die Inſekten aus der Erfahrung wiſſen, daß eine
Roͤhre Saft enthaͤlt.

Blumen, welche eine beſondere Saftdecke haben, muͤſſen
auch Saftblumen ſeyn. Wenn man alſo in einer Blume Haare
findet, ſo halte man dieſelben fuͤr die Saftdecke, und man wird
unterhalb derſelben den Saft bald finden. Wer dieſes nicht weiß,
wird in vielen Malvenblumen die Saftdruͤſen lange und dennoch
vielleicht vergebens ſuchen. Denn ſie befinden ſich an einer ziem-
lich verborgenen Stelle. Wem dieſes aber bekannt iſt, der ſchlie-
ßet aus den Haaren, welche er im Grunde der Krone ſieht, ſo-
gleich, daß unter denſelben der Saft befindlich ſeyn muͤſſe, und
findet dieſen und die Saftdruͤſen bald. Wenn eine roͤhrenfoͤrmige
Blume um die Oeffnung der Roͤhre herum gewiſſe Anſaͤtze hat, ſo
halte man dieſelben nicht, wie Linné zuweilen gethan hat, fuͤr
Saftdruͤſen, ſondern fuͤr die Saftdecke, ſchließe aus der Gegen-
wart derſelben, daß die Blume Saft haben muͤſſe, und ſuche die-
ſen im Grunde der Roͤhre oder des roͤhrenfoͤrmigen Theils: ſo
wird man denſelben daſelbſt leicht finden.

Blumen, welche ein Saftmaal haben, ſind mehrentheils
Saftblumen. Und ſo wie daſſelbe den Inſekten behuͤlflich iſt,
den Saft zu finden, ſo koͤnnen auch wir uns deſſelben zu gleichem
Endzweck bedienen.

Nicht jede mit einer Krone verſehene Blume hat Saft. Denn
um nicht der Scheinſaftblumen zu gedenken, ſo giebt es noch an-
dere, welche eine anſehnliche Krone, und doch keinen Saft ha-
ben. Die Krone dieſer Blumen iſt entweder etwas ganz unerklaͤr-
liches, oder ſie dienet dazu, daß die Blumen den Bienen, welche
den Staub derſelhen ſammlen, von weitem in die Augen fallen.
Und wenn dieſes richtig iſt, ſo folgt hieraus, daß auch dieſe Blu-
men, welches ich durch verſchiedene Beiſpiele aus der Erfahrung
beweiſen werde, von den Bienen befruchtet werden. Denn wenn
ſie auf eine mechaniſche Art befruchtet werden ſollen, ſo iſt der
Umſtand, daß Bienen ihren Staub ſammlen, den Blumen nicht
vortheilhaft, ſondern nachtheilig, weil ihre Befruchtung eben ſo ſehr
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[[26]/0026] Einleitung. Einleitung. Man findet zuweilen in Blumen, welche wirklich Saftblu- men ſind, keinen Saft, entweder weil er ſchon von Inſekten iſt verzehret worden, welcher Fall um ſo viel mehr moͤglich iſt, wenn man nur einige Exemplare hat und unterſuchen kann, oder weil die ſpaͤte Jahreszeit daran Schuld iſt. Manche Pflanzen brin- gen zwar noch bey ſpaͤter Jahreszeit Blumen hervor, ſcheinen aber nicht mehr ſo viel Kraft zu haben, um in denſelben auch Saft bereiten zu koͤnnen. Eben dieſes gilt von ſolchen Blumen, welche man im Winter aus einem Gewaͤchs- oder Treibhauſe erhaͤlt. Die erkuͤnſtelte Waͤrme ſcheint manche Blumen nicht zu einer ſol- chen Vollkommenheit bringen zu koͤnnen, daß ſie auch wirklich Saft abſondern. Wer aber von dem Bau der Blumen einige Kenntniß hat, wird demungeachtet ſich oftmals in dergleichen Faͤllen davon uͤberzeugen koͤnnen, daß dergleichen Blumen Saft- blumen ſind. So unterſuchte ich im Spaͤtherbſt die Jaſione mon- tana. Saft fand ich in derſelben nicht; dennoch ſchloß ich aus einem Umſtand, welchen ich in ihrer Struktur bemerkte, daß ſie eine Saftblume ſey. Und daß ich richtig geſchloſſen hatte, lehrte mich im folgenden Sommer die Erfahrung. In der Coronilla Emerus, welche ich im Winter aus einem Gewaͤchshauſe erhalten hatte, fand ich keinen Saft. Aus ihrer ganzen Struktur aber ſahe ich ein, daß ſie eine Saftblume ſey. Als ich die Blume nach- gehends im Sommer unterſuchte, fand ich wirklich Saft in derſelben. Die Inſekten koͤnnen uns bey dieſer Unterſuchung ſehr be- huͤlflich ſeyn. Eine Blume, welche von Einer oder mehrern Ar- ten von Inſekten haͤufig beſucht wird, hat wahrſcheinlich Saft. Nur muß man hievon die Bienen ausnehmen, als welche auch ſaftleere Blumen beſuchen, nehmlich des Staubes wegen, und von den Hummeln wenigſtens Eine Art, welche gleichfalls Staub ſammelt. Von einzelnen Inſekten kann man jedoch leicht irre ge- fuͤhrt werden, wenn man es an gehoͤriger Unterſuchung fehlen laͤßt. Denn zuweilen ſuchen ſie in ſaftleeren Blumen, oder in ſolchen Theilen der Saftblumen Saft, welche den Saft nicht enthalten, wovon ich unter andern bey der Lychnis dioeca ein Beiſpiel anfuͤhren werde. Dies gilt aber nur von Fliegen, Blatt- laͤuſen, Blumenkaͤfern und andern unedleren Inſekten, keineswe- ges aber von Bienen und Hummeln, als welche den Saft jeder Blume ſehr leicht zu finden wiſſen. Wenn eine Blume eine ſolche Struktur hat, daß vermittelſt derſelben die Regentropfen von ihrem Innerſten abgehalten wer- den, ſo kann man erwarten, daß ſie Saft habe. Dahin gehoͤren die roͤhrenfoͤrmigen Blumen, ferner diejenigen, welche herabhan- gen, beſonders wenn ſie dabey eine glockenfoͤrmige, oder gar wal- zenfoͤrmige Geſtalt haben. Daß Blumen, welche eine Roͤhre haben, Saft in derſelben enthalten, iſt ſo allgemein, daß bloß die Scheinſaftblumen hievon eine Ausnahme machen; aber eben dieſes iſt zugleich die Urſache, warum die Scheinſaftblumen eine Roͤhre oder einen roͤhrenfoͤrmigen Theil haben, welches wenig- ſtens von den vier mir bis jetzt bekannt gewordenen Scheinſaft- blumen gilt. Denn wenn die Natur ihre Abſicht erreichen wollte, welche dahin geht, die Inſekten zu taͤuſchen, und ſie zu verleiten, in dieſe Blumen hineinzukriechen: ſo mußte ſie denſelben eine ſolche Bildung geben, daß die Inſekten nothwendig ſie fuͤr Saftblu- men halten muͤſſen. Folglich mußte ſie dieſelben mit einer Roͤhre verſehen, weil die Inſekten aus der Erfahrung wiſſen, daß eine Roͤhre Saft enthaͤlt. Blumen, welche eine beſondere Saftdecke haben, muͤſſen auch Saftblumen ſeyn. Wenn man alſo in einer Blume Haare findet, ſo halte man dieſelben fuͤr die Saftdecke, und man wird unterhalb derſelben den Saft bald finden. Wer dieſes nicht weiß, wird in vielen Malvenblumen die Saftdruͤſen lange und dennoch vielleicht vergebens ſuchen. Denn ſie befinden ſich an einer ziem- lich verborgenen Stelle. Wem dieſes aber bekannt iſt, der ſchlie- ßet aus den Haaren, welche er im Grunde der Krone ſieht, ſo- gleich, daß unter denſelben der Saft befindlich ſeyn muͤſſe, und findet dieſen und die Saftdruͤſen bald. Wenn eine roͤhrenfoͤrmige Blume um die Oeffnung der Roͤhre herum gewiſſe Anſaͤtze hat, ſo halte man dieſelben nicht, wie Linné zuweilen gethan hat, fuͤr Saftdruͤſen, ſondern fuͤr die Saftdecke, ſchließe aus der Gegen- wart derſelben, daß die Blume Saft haben muͤſſe, und ſuche die- ſen im Grunde der Roͤhre oder des roͤhrenfoͤrmigen Theils: ſo wird man denſelben daſelbſt leicht finden. Blumen, welche ein Saftmaal haben, ſind mehrentheils Saftblumen. Und ſo wie daſſelbe den Inſekten behuͤlflich iſt, den Saft zu finden, ſo koͤnnen auch wir uns deſſelben zu gleichem Endzweck bedienen. Nicht jede mit einer Krone verſehene Blume hat Saft. Denn um nicht der Scheinſaftblumen zu gedenken, ſo giebt es noch an- dere, welche eine anſehnliche Krone, und doch keinen Saft ha- ben. Die Krone dieſer Blumen iſt entweder etwas ganz unerklaͤr- liches, oder ſie dienet dazu, daß die Blumen den Bienen, welche den Staub derſelhen ſammlen, von weitem in die Augen fallen. Und wenn dieſes richtig iſt, ſo folgt hieraus, daß auch dieſe Blu- men, welches ich durch verſchiedene Beiſpiele aus der Erfahrung beweiſen werde, von den Bienen befruchtet werden. Denn wenn ſie auf eine mechaniſche Art befruchtet werden ſollen, ſo iſt der Umſtand, daß Bienen ihren Staub ſammlen, den Blumen nicht vortheilhaft, ſondern nachtheilig, weil ihre Befruchtung eben ſo ſehr erſchweret wird, als ihr Staubvorrath vermindert wird. Folglich

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Zitationshilfe: Sprengel, Christian Konrad: Das entdeckte Geheimniss der Natur im Bau und in der Befruchtung der Blumen. Berlin, 1793, S. [26]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sprengel_blumen_1793/26>, abgerufen am 23.11.2024.