Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Spitzer, Daniel: Das Herrenrecht. Eine Novelle in Briefen. Wien, 1877.

Bild:
<< vorherige Seite

hob, das Geheimniss eines wunderbaren Beines ahnungslos preisgab. Nachdem ich langsam folgend dieses entzückende Schauspiel eine Zeit lang genossen hatte, lief ich in das Waldesdickicht und als ich sie, ohne dass sie mich hätte sehen können, ziemlich weit überholt hatte, kam ich wieder auf den Weg und ging Monica entgegen. Sie war überrascht, als sie mich kommen sah, und wenn sie auch sofort wieder ihre Heiligenmiene annahm, hatte ich doch bemerkt, dass ihr die Begegnung willkommen war. Ich rief ihr Guten Morgen zu und obwohl ich sie, als wir zusammen getroffen waren, am liebsten in meine Arme geschlossen hätte, begnügte ich mich doch, ihre Hand zu fassen und diese zu küssen. Sie sah mich mit einem strafenden Blicke an, nahm dann ihren Handschuh aus der Tasche und zog diesen demonstrativ mit feierlicher Langsamkeit an. Erst, nachdem sie diesen zugeknöpft und die Falten desselben geglättet hatte, fragte sie mich besorgt nach dem Befinden ihres kranken Bräutigams, den sie besuche. Ich wollte schon erwidern, er sei heute Nacht in meinen Armen

hob, das Geheimniss eines wunderbaren Beines ahnungslos preisgab. Nachdem ich langsam folgend dieses entzückende Schauspiel eine Zeit lang genossen hatte, lief ich in das Waldesdickicht und als ich sie, ohne dass sie mich hätte sehen können, ziemlich weit überholt hatte, kam ich wieder auf den Weg und ging Monica entgegen. Sie war überrascht, als sie mich kommen sah, und wenn sie auch sofort wieder ihre Heiligenmiene annahm, hatte ich doch bemerkt, dass ihr die Begegnung willkommen war. Ich rief ihr Guten Morgen zu und obwohl ich sie, als wir zusammen getroffen waren, am liebsten in meine Arme geschlossen hätte, begnügte ich mich doch, ihre Hand zu fassen und diese zu küssen. Sie sah mich mit einem strafenden Blicke an, nahm dann ihren Handschuh aus der Tasche und zog diesen demonstrativ mit feierlicher Langsamkeit an. Erst, nachdem sie diesen zugeknöpft und die Falten desselben geglättet hatte, fragte sie mich besorgt nach dem Befinden ihres kranken Bräutigams, den sie besuche. Ich wollte schon erwidern, er sei heute Nacht in meinen Armen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0044" n="42"/>
hob, das Geheimniss eines wunderbaren Beines ahnungslos preisgab. Nachdem ich langsam folgend dieses entzückende Schauspiel eine Zeit lang genossen hatte, lief ich in das Waldesdickicht und als ich sie, ohne dass sie mich hätte sehen können, ziemlich weit überholt hatte, kam ich wieder auf den Weg und ging Monica entgegen. Sie war überrascht, als sie mich kommen sah, und wenn sie auch sofort wieder ihre Heiligenmiene annahm, hatte ich doch bemerkt, dass ihr die Begegnung willkommen war. Ich rief ihr Guten Morgen zu und obwohl ich sie, als wir zusammen getroffen waren, am liebsten in meine Arme geschlossen hätte, begnügte ich mich doch, ihre Hand zu fassen und diese zu küssen. Sie sah mich mit einem strafenden Blicke an, nahm dann ihren Handschuh aus der Tasche und zog diesen demonstrativ mit feierlicher Langsamkeit an. Erst, nachdem sie diesen zugeknöpft und die Falten desselben geglättet hatte, fragte sie mich besorgt nach dem Befinden ihres kranken Bräutigams, den sie besuche. Ich wollte schon erwidern, er sei heute Nacht in meinen Armen
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[42/0044] hob, das Geheimniss eines wunderbaren Beines ahnungslos preisgab. Nachdem ich langsam folgend dieses entzückende Schauspiel eine Zeit lang genossen hatte, lief ich in das Waldesdickicht und als ich sie, ohne dass sie mich hätte sehen können, ziemlich weit überholt hatte, kam ich wieder auf den Weg und ging Monica entgegen. Sie war überrascht, als sie mich kommen sah, und wenn sie auch sofort wieder ihre Heiligenmiene annahm, hatte ich doch bemerkt, dass ihr die Begegnung willkommen war. Ich rief ihr Guten Morgen zu und obwohl ich sie, als wir zusammen getroffen waren, am liebsten in meine Arme geschlossen hätte, begnügte ich mich doch, ihre Hand zu fassen und diese zu küssen. Sie sah mich mit einem strafenden Blicke an, nahm dann ihren Handschuh aus der Tasche und zog diesen demonstrativ mit feierlicher Langsamkeit an. Erst, nachdem sie diesen zugeknöpft und die Falten desselben geglättet hatte, fragte sie mich besorgt nach dem Befinden ihres kranken Bräutigams, den sie besuche. Ich wollte schon erwidern, er sei heute Nacht in meinen Armen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-29T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-29T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-29T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/spitzer_herrenrecht_1877
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/spitzer_herrenrecht_1877/44
Zitationshilfe: Spitzer, Daniel: Das Herrenrecht. Eine Novelle in Briefen. Wien, 1877, S. 42. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spitzer_herrenrecht_1877/44>, abgerufen am 03.12.2024.