Spitzer, Daniel: Das Herrenrecht. Eine Novelle in Briefen. Wien, 1877.als Retter in der Noth an mein Herz schliesse, mit der jesuitischen Reservatio mentalis, eine halbe Stunde später ein warmes Bad zu nehmen. Da ich aber erst drei und zwanzig Jahre alt bin, hat der Oheim leider noch immer nicht die Hoffnung aufgegeben, mich zu bessern und mich hierher auf sein grosses Gut in die Verbannung geschleppt, wo allerdings die den guten Sitten so unentbehrlichen bösen Beispiele gänzlich mangeln, so dass ich gar keine Gelegenheit habe, mich in den dummen Streichen, zu denen ich eine so grosse Anlage besitze, weiter auszubilden. Es ist hier bei der Abgeschiedenheit, in der wir uns befinden, auch nicht zu der kleinsten unglücklichen Liebe Gelegenheit, und obwohl ich erst seit drei Tagen hier bin, langweile ich mich doch schon so entsetzlich, dass ich mich entschlossen habe, dir zu schreiben und so endlich das Versprechen zu erfüllen, das ich dir schon vor vier Monaten in einer schwachen Stunde gegeben, als der Abschiedschampagner, den wir vor deiner Abreise nach deinen böhmischen Gütern tranken, meinen Verstand verwirrt hatte. als Retter in der Noth an mein Herz schliesse, mit der jesuitischen Reservatio mentalis, eine halbe Stunde später ein warmes Bad zu nehmen. Da ich aber erst drei und zwanzig Jahre alt bin, hat der Oheim leider noch immer nicht die Hoffnung aufgegeben, mich zu bessern und mich hierher auf sein grosses Gut in die Verbannung geschleppt, wo allerdings die den guten Sitten so unentbehrlichen bösen Beispiele gänzlich mangeln, so dass ich gar keine Gelegenheit habe, mich in den dummen Streichen, zu denen ich eine so grosse Anlage besitze, weiter auszubilden. Es ist hier bei der Abgeschiedenheit, in der wir uns befinden, auch nicht zu der kleinsten unglücklichen Liebe Gelegenheit, und obwohl ich erst seit drei Tagen hier bin, langweile ich mich doch schon so entsetzlich, dass ich mich entschlossen habe, dir zu schreiben und so endlich das Versprechen zu erfüllen, das ich dir schon vor vier Monaten in einer schwachen Stunde gegeben, als der Abschiedschampagner, den wir vor deiner Abreise nach deinen böhmischen Gütern tranken, meinen Verstand verwirrt hatte. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0004" n="2"/> als Retter in der Noth an mein Herz schliesse, mit der jesuitischen <hi rendition="#i">Reservatio mentalis</hi>, eine halbe Stunde später ein warmes Bad zu nehmen. Da ich aber erst drei und zwanzig Jahre alt bin, hat der Oheim leider noch immer nicht die Hoffnung aufgegeben, mich zu bessern und mich hierher auf sein grosses Gut in die Verbannung geschleppt, wo allerdings die den guten Sitten so unentbehrlichen bösen Beispiele gänzlich mangeln, so dass ich gar keine Gelegenheit habe, mich in den dummen Streichen, zu denen ich eine so grosse Anlage besitze, weiter auszubilden. Es ist hier bei der Abgeschiedenheit, in der wir uns befinden, auch nicht zu der kleinsten unglücklichen Liebe Gelegenheit, und obwohl ich erst seit drei Tagen hier bin, langweile ich mich doch schon so entsetzlich, dass ich mich entschlossen habe, dir zu schreiben und so endlich das Versprechen zu erfüllen, das ich dir schon vor vier Monaten in einer schwachen Stunde gegeben, als der Abschiedschampagner, den wir vor deiner Abreise nach deinen böhmischen Gütern tranken, meinen Verstand verwirrt hatte.</p> </div> </body> </text> </TEI> [2/0004]
als Retter in der Noth an mein Herz schliesse, mit der jesuitischen Reservatio mentalis, eine halbe Stunde später ein warmes Bad zu nehmen. Da ich aber erst drei und zwanzig Jahre alt bin, hat der Oheim leider noch immer nicht die Hoffnung aufgegeben, mich zu bessern und mich hierher auf sein grosses Gut in die Verbannung geschleppt, wo allerdings die den guten Sitten so unentbehrlichen bösen Beispiele gänzlich mangeln, so dass ich gar keine Gelegenheit habe, mich in den dummen Streichen, zu denen ich eine so grosse Anlage besitze, weiter auszubilden. Es ist hier bei der Abgeschiedenheit, in der wir uns befinden, auch nicht zu der kleinsten unglücklichen Liebe Gelegenheit, und obwohl ich erst seit drei Tagen hier bin, langweile ich mich doch schon so entsetzlich, dass ich mich entschlossen habe, dir zu schreiben und so endlich das Versprechen zu erfüllen, das ich dir schon vor vier Monaten in einer schwachen Stunde gegeben, als der Abschiedschampagner, den wir vor deiner Abreise nach deinen böhmischen Gütern tranken, meinen Verstand verwirrt hatte.
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