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Spindler, Christian Gotthold: Unschuldige Jugend-Früchte. Leipzig, 1745.

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Schertzhaffte und verliebte Briefe.
Freund! ich bin nicht mehr dein; sechs Jahre ist
es schon,
Seit dem du mich geliebt, was hast du denn davon?
Du must, erschrockner Freund! auf ewig dich ent-
schliessen,
Mich, dein sonst treues Kind, vielleicht mit Schmertz
zu missen,
So, wie ein Donnerschlag die Sterblichen erschreckt,
Wenn Hagel, Blitz und Dampff ihr dürres Erd-
reich deckt,
So, hefftig war bey mir, in dem so treuen Hertzen,
Die überhäufte Qual bey überhäuften Schmertzen.
Jch fiel wohl hundertmal dir, Liebste! um den Hals.
Des Traurens ächte Frucht, der Zähren bittres
Saltz,
Dieß muste, um dir nur die Redligkeit zu zollen,
Mit gröster Hefftigkeit von meinen Wangen rollen.
Da nun die Raserey den armen Geist bezwang,
Da die Verzweifelung fast mit dem Tode rang,
So fing sie freylich an sehr hefftig auszubrechen.
Verwegner! rief ich aus, ich will mich an dir rächen.
Sieh hier den blancken Stahl, der dir mit stärcksten
Muth,
So viel er nur vermag, gerechten Einhalt thut.
Dir, Ehrvergessenen, will ich gar balde zeigen,
Die Tugend müsse nicht verdamten Räubern weichen.
Ja fordre was du wilt, nimm Reichthum, Glück
und Gut,
Ja nimm, o stoltzer Feind! mein warm erhitztes Blut,
Nur laß mir meinen Schatz, wo nicht, so soll mein
Degen
Dich, Räuber meiner Lust, im Augenblick erlegen.
Und
Schertzhaffte und verliebte Briefe.
Freund! ich bin nicht mehr dein; ſechs Jahre iſt
es ſchon,
Seit dem du mich geliebt, was haſt du denn davon?
Du muſt, erſchrockner Freund! auf ewig dich ent-
ſchlieſſen,
Mich, dein ſonſt treues Kind, vielleicht mit Schmertz
zu miſſen,
So, wie ein Donnerſchlag die Sterblichen erſchreckt,
Wenn Hagel, Blitz und Dampff ihr duͤrres Erd-
reich deckt,
So, hefftig war bey mir, in dem ſo treuen Hertzen,
Die uͤberhaͤufte Qual bey uͤberhaͤuften Schmertzen.
Jch fiel wohl hundertmal dir, Liebſte! um den Hals.
Des Traurens aͤchte Frucht, der Zaͤhren bittres
Saltz,
Dieß muſte, um dir nur die Redligkeit zu zollen,
Mit groͤſter Hefftigkeit von meinen Wangen rollen.
Da nun die Raſerey den armen Geiſt bezwang,
Da die Verzweifelung faſt mit dem Tode rang,
So fing ſie freylich an ſehr hefftig auszubrechen.
Verwegner! rief ich aus, ich will mich an dir raͤchen.
Sieh hier den blancken Stahl, der dir mit ſtaͤrckſten
Muth,
So viel er nur vermag, gerechten Einhalt thut.
Dir, Ehrvergeſſenen, will ich gar balde zeigen,
Die Tugend muͤſſe nicht verdamten Raͤubeꝛn weichẽ.
Ja fordre was du wilt, nimm Reichthum, Gluͤck
und Gut,
Ja nim̃, o ſtoltzer Feind! mein warm erhitztes Blut,
Nur laß mir meinen Schatz, wo nicht, ſo ſoll mein
Degen
Dich, Raͤuber meiner Luſt, im Augenblick erlegen.
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[13/0033] Schertzhaffte und verliebte Briefe. Freund! ich bin nicht mehr dein; ſechs Jahre iſt es ſchon, Seit dem du mich geliebt, was haſt du denn davon? Du muſt, erſchrockner Freund! auf ewig dich ent- ſchlieſſen, Mich, dein ſonſt treues Kind, vielleicht mit Schmertz zu miſſen, So, wie ein Donnerſchlag die Sterblichen erſchreckt, Wenn Hagel, Blitz und Dampff ihr duͤrres Erd- reich deckt, So, hefftig war bey mir, in dem ſo treuen Hertzen, Die uͤberhaͤufte Qual bey uͤberhaͤuften Schmertzen. Jch fiel wohl hundertmal dir, Liebſte! um den Hals. Des Traurens aͤchte Frucht, der Zaͤhren bittres Saltz, Dieß muſte, um dir nur die Redligkeit zu zollen, Mit groͤſter Hefftigkeit von meinen Wangen rollen. Da nun die Raſerey den armen Geiſt bezwang, Da die Verzweifelung faſt mit dem Tode rang, So fing ſie freylich an ſehr hefftig auszubrechen. Verwegner! rief ich aus, ich will mich an dir raͤchen. Sieh hier den blancken Stahl, der dir mit ſtaͤrckſten Muth, So viel er nur vermag, gerechten Einhalt thut. Dir, Ehrvergeſſenen, will ich gar balde zeigen, Die Tugend muͤſſe nicht verdamten Raͤubeꝛn weichẽ. Ja fordre was du wilt, nimm Reichthum, Gluͤck und Gut, Ja nim̃, o ſtoltzer Feind! mein warm erhitztes Blut, Nur laß mir meinen Schatz, wo nicht, ſo ſoll mein Degen Dich, Raͤuber meiner Luſt, im Augenblick erlegen. Und

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Zitationshilfe: Spindler, Christian Gotthold: Unschuldige Jugend-Früchte. Leipzig, 1745, S. 13. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spindler_jugendfruechte_1745/33>, abgerufen am 25.04.2024.