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Spindler, Christian Gotthold: Unschuldige Jugend-Früchte. Leipzig, 1745.

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Schertzhaffte und verliebte Briefe.
Ja, dir soll, zu deiner Kränckung, der gesetzte Lei-
chenstein
Mit der Jnschrifft voller Rache, deines Ehstands
Hölle seyn.
Gehe! thue was du wilt! laß dich etwas bessers
küssen,
Meine Marter soll der Tod, meine Pein die
Grufft versüssen.
Wie ein Pilgrim hier in Kedar schüchtern und
verlassen irrt,
Wie er halb verzweiffelnde stöhnet, seuffzet, klagt
und girrt,
Eben so ists auch mit mir; Himmel! höre doch
mein Bitten!
Reiße mich, so bald du wilt, aus den falschen
Mesechs Hütten!
Brich den schwachen Bau des Cörpers! brich
ihn heute noch entzwey!
Laß es heute noch geschehen, alles gilt mir einer-
ley.
Nun ich sterbe. Wenn ich einst aus dem Stau-
be auch erwache,
O! so ruff ich über dir! Meineids-volle Rache!
Rache!
Die durch den Tod betrübte Liebe.
Die Elendsvolle Sterblichkeit
Hat mir mein bestes hingenommen,
Und durch den Hinfall dieser Zeit
Bin ich um meinen Schatz gekommen!
O! Freund! hilff mir mein Liebstes klagen,
Bemercke nur mein banges Zagen,
Der
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Schertzhaffte und verliebte Briefe.
Ja, dir ſoll, zu deiner Kraͤnckung, der geſetzte Lei-
chenſtein
Mit der Jnſchrifft voller Rache, deines Ehſtands
Hoͤlle ſeyn.
Gehe! thue was du wilt! laß dich etwas beſſers
kuͤſſen,
Meine Marter ſoll der Tod, meine Pein die
Grufft verſuͤſſen.
Wie ein Pilgrim hier in Kedar ſchuͤchtern und
verlaſſen irrt,
Wie er halb verzweiffelnde ſtoͤhnet, ſeuffzet, klagt
und girrt,
Eben ſo iſts auch mit mir; Himmel! hoͤre doch
mein Bitten!
Reiße mich, ſo bald du wilt, aus den falſchen
Meſechs Huͤtten!
Brich den ſchwachen Bau des Coͤrpers! brich
ihn heute noch entzwey!
Laß es heute noch geſchehen, alles gilt mir einer-
ley.
Nun ich ſterbe. Wenn ich einſt aus dem Stau-
be auch erwache,
O! ſo ruff ich uͤber dir! Meineids-volle Rache!
Rache!
Die durch den Tod betruͤbte Liebe.
Die Elendsvolle Sterblichkeit
Hat mir mein beſtes hingenommen,
Und durch den Hinfall dieſer Zeit
Bin ich um meinen Schatz gekommen!
O! Freund! hilff mir mein Liebſtes klagen,
Bemercke nur mein banges Zagen,
Der
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[5/0025] Schertzhaffte und verliebte Briefe. Ja, dir ſoll, zu deiner Kraͤnckung, der geſetzte Lei- chenſtein Mit der Jnſchrifft voller Rache, deines Ehſtands Hoͤlle ſeyn. Gehe! thue was du wilt! laß dich etwas beſſers kuͤſſen, Meine Marter ſoll der Tod, meine Pein die Grufft verſuͤſſen. Wie ein Pilgrim hier in Kedar ſchuͤchtern und verlaſſen irrt, Wie er halb verzweiffelnde ſtoͤhnet, ſeuffzet, klagt und girrt, Eben ſo iſts auch mit mir; Himmel! hoͤre doch mein Bitten! Reiße mich, ſo bald du wilt, aus den falſchen Meſechs Huͤtten! Brich den ſchwachen Bau des Coͤrpers! brich ihn heute noch entzwey! Laß es heute noch geſchehen, alles gilt mir einer- ley. Nun ich ſterbe. Wenn ich einſt aus dem Stau- be auch erwache, O! ſo ruff ich uͤber dir! Meineids-volle Rache! Rache! Die durch den Tod betruͤbte Liebe. Die Elendsvolle Sterblichkeit Hat mir mein beſtes hingenommen, Und durch den Hinfall dieſer Zeit Bin ich um meinen Schatz gekommen! O! Freund! hilff mir mein Liebſtes klagen, Bemercke nur mein banges Zagen, Der A 3

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Zitationshilfe: Spindler, Christian Gotthold: Unschuldige Jugend-Früchte. Leipzig, 1745, S. 5. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spindler_jugendfruechte_1745/25>, abgerufen am 26.04.2024.