Spindler, Christian Gotthold: Unschuldige Jugend-Früchte. Leipzig, 1745.Vermischte Send-Schreiben. Bald ist die Narren-Zunfft von Hasen-Fett geleckt,Die da im Uberfluß verhaßte Possen heckt; Offt kommt der Herr von Wind, er tritt die Quer und Länge, Und macht ein lächerlich, ein seltsames Gepränge, Er sinnet hin und her, wie er die Leute schiert, So geht es, wenn Hanß Krips zum Edelmanne wird. Es will sein Ubermuth, es soll sich jeder schmiegen, Und Mardachai muß sich vor dem Haman biegen. Er gehet vor sich selbst, er denckt, er ists allein, Und jeder neben ihm deucht ihm gar nichts zu seyn. So tobt der freche Neid, so rast die Läster-Zunge, Herr Bruder dencke nur wie jener - - Und fragst du wohl vielleicht: was hat er denn ge- dacht? Er hat sich in der Welt aus niemand nichts gemacht. Du weist es schon voraus, denn es ist was be- kanntes. Leb wohl! mein ander Jch, ich bin dein Freund, Renandes. 29) Als sein Hertzens-Freund Renandes Plaudernde Tasche!ihm eine plaudernde Magd abgemahlet, hat solche schöne Zuschrifft in seinem Werck der Autor erläutert und eingerückt. Schändliche Wasche! Sage mir doch, Was vor ein Loch Du dir erwehlet, Da
Vermiſchte Send-Schreiben. Bald iſt die Narren-Zunfft von Haſen-Fett geleckt,Die da im Uberfluß verhaßte Poſſen heckt; Offt kommt der Herr von Wind, er tritt die Quer und Laͤnge, Und macht ein laͤcherlich, ein ſeltſames Gepraͤnge, Er ſinnet hin und her, wie er die Leute ſchiert, So geht es, wenn Hanß Krips zum Edelmanne wird. Es will ſein Ubermuth, es ſoll ſich jeder ſchmiegen, Und Mardachai muß ſich vor dem Haman biegen. Er gehet vor ſich ſelbſt, er denckt, er iſts allein, Und jeder neben ihm deucht ihm gar nichts zu ſeyn. So tobt der freche Neid, ſo raſt die Laͤſter-Zunge, Herr Bruder dencke nur wie jener ‒ ‒ Und fragſt du wohl vielleicht: was hat er denn ge- dacht? Er hat ſich in der Welt aus niemand nichts gemacht. Du weiſt es ſchon voraus, denn es iſt was be- kanntes. Leb wohl! mein ander Jch, ich bin dein Freund, Renandes. 29) Als ſein Hertzens-Freund Renandes Plaudernde Taſche!ihm eine plaudernde Magd abgemahlet, hat ſolche ſchoͤne Zuſchrifft in ſeinem Werck der Autor erlaͤutert und eingeruͤckt. Schaͤndliche Waſche! Sage mir doch, Was vor ein Loch Du dir erwehlet, Da
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Vermiſchte Send-Schreiben.
Bald iſt die Narren-Zunfft von Haſen-Fett geleckt,
Die da im Uberfluß verhaßte Poſſen heckt;
Offt kommt der Herr von Wind, er tritt die Quer
und Laͤnge,
Und macht ein laͤcherlich, ein ſeltſames Gepraͤnge,
Er ſinnet hin und her, wie er die Leute ſchiert,
So geht es, wenn Hanß Krips zum Edelmanne
wird.
Es will ſein Ubermuth, es ſoll ſich jeder ſchmiegen,
Und Mardachai muß ſich vor dem Haman biegen.
Er gehet vor ſich ſelbſt, er denckt, er iſts allein,
Und jeder neben ihm deucht ihm gar nichts zu ſeyn.
So tobt der freche Neid, ſo raſt die Laͤſter-Zunge,
Herr Bruder dencke nur wie jener ‒ ‒
Und fragſt du wohl vielleicht: was hat er denn ge-
dacht?
Er hat ſich in der Welt aus niemand nichts gemacht.
Du weiſt es ſchon voraus, denn es iſt was be-
kanntes.
Leb wohl! mein ander Jch, ich bin dein Freund,
Renandes.
29) Als ſein Hertzens-Freund Renandes
ihm eine plaudernde Magd abgemahlet,
hat ſolche ſchoͤne Zuſchrifft in ſeinem Werck der
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Plaudernde Taſche!
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